• Keine Ergebnisse gefunden

Das römische Stadtbild von Kyrene

H. Segmente

3. Die Römer in der Kyrenaika

3.4 Das römische Stadtbild von Kyrene

Zweifellos bilden die in der Augustus-Inschrift erwähnten Individuen mit römischem Bürgerrecht nur die Spitze des Eisberges, denn seit der Regierungszeit von Kaiser Augustus verändert sich das Stadtbild von Kyrene beträchtlich. Die Stadt bekommt ein römisches Gepräge, das bis in die Spätantike überdauern wird. Auf diese markanten Veränderungen wird im Folgenden eingegangen. Östlich der Agora entsteht ein Caesareum mit rechteckigem Grundriss, er wird als Tempel zu Ehren des vergöttlichten Caesar gedeutet (Abb. 3 Nr. 1).1006

1002 Oliver 1989, 50. Selbst Leseunkundige sehen zumindest eine Statue des Kaisers, wie das zweite Edikt belegt.

1003 Steinwenter 1931 Sp. 354.

1004 Millar 1984, 53 denkt als Adressaten an das Klientel von Augustus. Für die nachaugusteische Zeit überliefern nur wenige Quellen die Anwendung des fünften Ediktes, doch werden Repetundendelikte in derselben Weise vor dem Senat verhandelt, wie im Edikt beschrieben. Eine Liste für belegte Fälle in der Zeit von Augustus bis Trajan bietet Brunt 1961, 224-226; Bleicken 1962 Appendix I.

1005 Kienast 31999, 511 Anm. 236. Vgl. Tac. ann. 1, 9, 5: „Das Meer und lange Ströme umschlossen das Imperium, Legionen, Provinzen und Flotten wurden in ihrer Gesamtheit verbunden, es herrschte Recht unter den Bürgern, Wohlverhalten bei den Bundesgenossen, die Stadt Rom hatte er großartig geschmückt, höchst selten wendete er Gewalt an, damit andere ihre Ruhe hatten.“

1006 Das Caesareum wird 1935 ausgegraben und in den nachfolgenden Jahren restauriert. Zu diesem Bau Ward-Perkins – Balance 1958, 137-167; Goodchild 1971, 69-74. Zu den Kulten in der römischen Periode und dem Kaiserkult im Caesareum Reynolds 2011, 501-505.

Das Caesareum ist an drei Seiten mit dorischen Portiken umgeben, an der Nordseite steht eine Basilika mit einer Apsis. In die Mitte des Caesareums baut man einen kleinen Tempel. Das Caesareum wird nach dem Diasporaaufstand restauriert, im Innenraum jedoch entstehen im 3.

Jh. n. Chr. einfache Wohnungen. Auf der Agora wird in augusteischer Zeit zwischen der westlichen und nördlichen Stoa (Abb. 3 Nr. 13; 16) ein großes Brunnenhaus in ein Augusteum umgewandelt.1007 Die nördliche Stoa widmet man Zeus, Roma und Augustus. Der Zeustempel (Abb. 3 Nr. 39), erbaut in der Spätarchaik oder Frühklassik, wird in der Regierungszeit von Augustus oder Tiberius neu verkleidet. Einige Säulen richtet man wieder auf, andere werden sichtlich restauriert. Wie zwei Inschriften belegen, widmet ein Prokonsul, dessen Name nicht überliefert ist, den Tempel „Augustus Jupiter“. Nach dem Diasporaaufstand restauriert man den Zeustempel bis in die Regierungszeit des Mark Aurel.

Dabei konzentriert man sich auf die Cella und errichtet eine kolossale Zeusstatue.1008 Das Heiligtum des Apollon im Nordwesten der Stadt wird um Propyläen, einen kleinen Brunnen, Becken und kleinere Tempel ergänzt.1009 Das in hellenistischer Zeit erbaute Strategeion im Heiligtum (Abb. 3 Nr. 22) wird unter der Herrschaft des Tiberius umgebaut und mit einer Statue eines nicht eindeutig identifizierten Kaisers versehen. Das Strategeion fällt 365 n. Chr.

einem Erdbeben zum Opfer. 1010 Der Apollontempel (Abb. 3 Nr. 24) wird in der Regierungszeit von Augustus oder Tiberius restauriert und nach dem Diasporaaufstand bis zum Ende des 2. Jh. n. Chr. wieder aufgebaut.1011

Darüber hinaus werden in Kyrene in der römischen Periode kleinere Tempel umgebaut und neue kleine Tempel für Artemis (Abb. 3 Nr. 25), Hermes und Hekate errichtet,1012 Häuser für Wohlhabende im römischen Stil (Abb. 3 Nr. 8; 17; 37) sowie Brunnen, Bäder und drei kleinere römische Theater gebaut. In der zweiten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. wird ein Triumphbogen zu Ehren von Marc Aurel errichtet (Abb. 3 Nr. 31), es entsteht ferner ein Markt-Theater-Komplex (Abb. 3 Nr. 32).1013 Im späten 2. Jh. n. Chr. baut man westlich dieses Komplexes die Severischen Propyläen, bestehend aus vier Kalksteinsäulen, korinthischen Kapitellen und einem Fries. Die Severischen Propyläen stürzen wohl während des großen Erdbebens von 365 n. Chr. ein.1014 Ferner beginnen unter Kaiser Claudius Erneuerungen des Straßennetzes rund um Kyrene; die langwierigen Arbeiten bezeugen Meilensteine zwischen den Orten Kyrene – Balagrae und Kyrene – Apollonia. Zum einen verbessern die römischen Ingenieure frühere griechische Straßen, zum anderen erschließen sie einen neuen Weg zur Küstenstadt Apollonia. 1015 Unter Claudius, Nero und Vespasian stellt man massive Grenzsteine auf, sie markieren die Landvermessungen und die Einverleibung der königlichen Ländereien in den Besitz des römischen populus.

Der Einfluss des römischen Reiches äußert sich auch in den Grabbauten kyrenischer Aristokraten. Im Kontrast zu den 292 Gräbern der klassischen und hellenistischen Periode datieren nur 114 Gräber in die Zeit nach der Einrichtung der Provinz. 96 dieser Gräber werden in den Felsen gehauen. Die Datierung bereitet aufgrund des Erhaltungszustandes Probleme, denn von diesen 96 Gräbern stammen 87 aus früheren Epochen und werden wiederverwendet. Die vorherige Bausubstanz wird zum Teil durch das Anlegen von Nischen zerstört, in denen man nun Grabbüsten nach römischer Manier aufstellt. Zeitgleich stellen die Angehörigen keine Grabfiguren mehr auf, wie es in früheren Epochen üblich gewesen ist.1016

1007 Zum Augusteum Goodchild 1971, 99-101. An den Wänden finden die Ausgräber Widmungen an verschiedene Gottheiten, unter anderem Apollon und Diana, die Gottheiten tragen den Beinamen augustus oder augusta.

1008 Zum Zeus-Tempel Goodchild – Reynolds – Herington 1958, 30-62; Goodchild 1971, 149-155 mit Literatur;

Klose 2012-2013, 261-321.

1009 Zu diesen Bauten Goodchild 1971, 110-115.

1010 Das Strategeion behandelt Goodchild 1971, 113-115 (mit Literatur).

1011 Zum Apollontempel Stucchi 1961, 55-81; Goodchild 1971, 118-119.

1012 Möglicherweise gehört zu diesen Tempel auch das sogenannte Capitolinum (Abb. 3 Nr. 10), in dem eine Statue den Kaisern Hadrian und Antoninus Pius geweiht wurde. Dazu Goodchild 1971, 92.

1013 Zu diesem Komplex Ward-Perkins – Gibson 1976-1977, 331-375.

1014 Zu den Propyläen Strong 1972-1973, 27-35.

1015 Auf diese Straßen geht Goodchild 1950, 83-91; 1971, 40 ein.

1016 Cherstisch – Santucci 2010, 35-36. Zu den Nischen Rosenbaum 1960, 13-50; Cherstich 2008b, 84-86; 2011,

Aufgrund dieser Nischen gelten zahlreiche Grabbauten als römisch. Zudem wurden erst kürzlich Malereien im 2. Stil in einem späthellenistischen Grab entdeckt, es existiert in Kyrene keine Parallele.1017 Im 2. Jh. n. Chr. treten weitere Veränderungen ein, die sich am Geschmack der römischen Oberschicht orientieren: Marmorsarkophage, Tempel-Gräber im römischen Stil sowie einige arcosolia.1018 Inzwischen haben sich die kyrenischen Aristokraten an die materielle Kultur der Eliten im römischen Reich weitestgehend angepasst und grenzen sich mit immer kostspieligeren Grabmälern – in denen weniger Verstorbene Aufnahme finden als in den hellenistischen – von Konkurrenten ab.1019 Und nach dem Diasporaaufstand (ca.

116-117 n. Chr.) wird Kyrene unter der Leitung der römischen Administration aufgebaut, sodass der Einfluss der römischen Kunst weiter anwächst. Die bereits erwähnten städtebaulichen Veränderungen setzen eine größere Anzahl von Ingenieuren und Legionären voraus, die in Kyrene seit augusteischer Zeit in der Kyrenaika arbeiten und stationiert sind.

Das nächste Kapitel geht auf die spärlichen Quellen ein, die über die in der Kyrenaika stationierten Einheiten informieren.

3.5 Das römische Militär in der Kyrenaika

Diese Kapitel informiert über den Einfluss der römischen Truppen auf die Poliskollektive in der Kyrenaika. Dazu wird auf die Stärke der Truppen, ihre Herkunft, den Ort ihrer Stationierung eingegangen. Die Stationierung römischer Soldaten in der Kyrenaika belegen nur wenige epigraphische Zeugnisse, die Inschriften erwähnen nur selten die Truppeneinheit oder den Zeitraum der Stationierung. Ein Kollektivbewusstsein unter den römischen Truppen ist vorauszusetzen, aber aufgrund der Quellenlage nicht bestimmbar. Auch die Datierung der Inschriften erweist sich als kompliziert, denn Jahresangaben in der Kyrenaika beziehen sich entweder auf Herrscherjahre, ohne aber den Kaiser zu nennen, oder auf die actische Zählung.1020 Wie einige Inschriften zeigen, die in das letzte Jahrzehnt des 1. Jh. v. Chr.

datieren, kämpfen noch in augusteischer Zeit lokale griechische Milizen gegen libysche Stämme, die aus der Peripherie eindringen. Aus dem Osten dringt der Stamm der Marmaridae in die Kyrenaika ein. Eine stark beschädigte Inschrift (O.G.I.S. II, 767, Z. 7-12) aus Kyrene berichtet, wie ein Aristokrat namens Phaos eine städtische Miliz gegen die Marmaridae anführt und nach Rom reist, um weitere Hilfe zu erbitten. Eine zweite Inschrift (SECir Nr.

105) informiert über einen Kyrener namens Aleximachos, den Sohn des Aiglanor, der als Anführer eine militärische Einheit aus Kyrene ebenfalls gegen den Stamm der Marmaridae kommandiert. In einer dritten Inschrift aus Kyrene (S.E.G. 9, 63), datiert in das Jahr 2 n. Chr., dankt ein gewisser Lucius Orbius dem Priester Pausanias für die Beendigung des Krieges. Die genauen Umstände sind unbekannt. Wie andere Inschriften belegen, greifen die Stämme auch Ptolemais (SECir Nr. 211), Taucheria (S.E.G. 26, 1817) und Berenike (S.E.G. 28, 1540) an.1021 Auch die römischen Flotteneinheiten sind nur selten präsent, obgleich die Römer im Bürgerkrieg die Häfen der Kyrenaika für militärische Operationen nutzen.1022

Letztlich können die lokalen Kräfte allein für die Sicherheit der Kyrenaika nicht

34-36. Die Grabstatuen behandelt Cassels 1955, 4-6.

1017 Zu diesen Malereien Cherstisch – Santucci 2010, 37-43.

1018 Cherstich 2008b, 87. Obgleich sich das Wissen um arcosolia im östlichen Mittelmeerraum seit dem 1. Jh. v.

Chr. ausbreitet, finden sich in Kyrene nur 13 Belege.

1019 Cherstich 2008b, 87; Cherstich 2011, 41-43.

1020 Goodchild 1971, 38 zufolge wird die actische Zeitrechnung mit dem ägyptischen Kalender bis in das dritte 3 Jh. n. Chr. verwendet. Aufgrund der fehlenden Herrschernennungen scheinen die Angaben nach Reynolds 1968, 184-186; 1971, 40 nur kurzfristigen Zielen zu dienen. Vielfach erschweren diese Angaben die Arbeit. Je niedriger die Zahl, desto größer dürften die Unsicherheiten hinsichtlich einer präzisen Datierung sein.

1021 Im Ehrendekret S.E.G. 28, 1540 aus Berenike, das in das Jahr 62-61 v. Chr. datiert, gibt es in Z. 9 einen expliziten Verweis auf die νεανίσκες (ehemalige Epheben), die gegen unbekannte Angreifer kämpfen.

1022 Zu den Flotteneinheiten Alföldi 1966, 25-34. Nach der Schlacht von Pharsalos 48 v. Chr. weigern sich die Bewohner eines der Häfen Kyrenes, Phykous, der Flotte Catos ihre Ankerplätze zur Verfügung zu stellen.

Folglich wird Phykous geschleift. Kyrene wiederum weigert sich, dem Pompeianer T. Labienus Einlass zu gewähren und wird von Cato erobert (Lucan 9, 36-41; 297-298). Von Berenike aus beginnt anschließend Catos mühevoller Marsch durch die Sirte (Strab. 17, 3, 20; Lucan 9, 524).

garantieren, denn wie Florus (2, 31) berichtet, kämpft der Statthalter Sulpicius Quirinius gegen die Marmaridae und Garamanten (im Süden Libyens) und kehrt als Held nach Rom zurück.1023 Hiernach stationiert Rom dauerhaft Truppen an den Randzonen in kleinen Festungen, dort bilden sie Kollektive ersten Grades. Seitdem geht von den libyschen Stämmen bis zur Mitte des 3. Jh. n. Chr. keine Gefahr mehr aus. Einzig die Nasamonen rebellieren im Jahre 86 n. Chr. gegen die römische Herrschaft in Nordafrika (Zon. 11, 19).

Wie mehrere Untersuchungen vermuten, werden einige Stämme im späten 1. Jh. n. Chr. auch sesshaft, sodass die Bedrohung durch einfallende Stämme dauerhaft abnimmt.1024 Für A.

Lewin ist es daher nicht verwunderlich, dass die Kyrenaika „fu organizzata lungo questo arco di tempo con i tratti caratteristici della provincia inermis (priva di legion e protetta dalle sole unità ausiliarie)“.1025 Wie die Geschichte der Kyrenaika zeigt, können im 1. Jh. n. Chr. bei Unruhen oder Aufständen erst die Römer den Frieden wiederherstellen. Der judäisch-römische Historiker Flavius Josephus berichtet in seinem Werk bellum Judaicum (bell. Iud. 7, 11, 1 [440]) über einen Einsatz römischer Truppen in Kyrene. Der römische Statthalter Catullus gibt seinen Infanteristen und Reitern den Befehl, gegen eine Schar von Judäern vorzugehen. In der Mehrzahl aber belegen im 1. Jh. n. Chr. Grabinschriften die Anwesenheit römischer Einheiten. Die Archäologen finden einige Grabsteine in Kyrene und Ptolemais, doch die meisten finden sie im Südwesten der Region (Abb. 1), in den Festungen Adschdabiya (Corniculanum), Zaviet Msus (antiker Name unbekannt) und Sceleidima (antiker Name unbekannt). Dort sind die römischen Einheiten in den Befestigungsanlagen am limes stationiert.1026 Sie bilden mit anderen Einheiten, die an den Grenzen des römischen Reiches stationiert sind, eine pankollektive Formation aus Legionären, die ihren Dienst ableisten, Festungen errichten, das Umland kultivieren und die Grenzen sichern.

Die größte Anzahl an Inschriften stammt aus dem antiken Corniculanum (heute Adschdabiya), einem Handelsknotenpunkt im Südwesten der Kyrenaika. Die Inschriften datieren in die erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Zu den Einheiten gehört möglicherweise die cohors II Hispanorum scutata Cyrenaica, die anhand von drei Grabsteinen belegt ist.

Dagegen meint M. Le Glay anhand einer neuen Lesung der Inschriften feststellen zu können, dass es sich in Wirklichkeit um die cohors I Hispanorum equitata handelt.1027 Einige Soldaten bezeichnen sich in Inschriften als Syrier oder geben als Heimat das syrische Apamea oder Antiochia an, sodass F. Cumont annimmt, dass sie zur cohors Apamenorum gehören, die Sulpicius Quirinius einst herführte und seitdem hier stationiert ist.1028 Die frühere Forschung vermutet, dass diese Einheit nach Dakien verlegt wird, im Verlauf des Diasporaaufstandes aber wieder in die Kyrenaika abkommandiert wird.1029 Reynolds vertritt hingegen die These, dass die Einheit bereits im Verlauf des Μαρμαρικος πολέμος am Ende des 1. Jh. v. Chr. die Kyrenaika erreicht, sie dauerhaft an den Limes verlegt und dann bei den Befestigungen in Kyrene und Ptolemais eingesetzt wird. 1030 In Zaviet Msus finden Archäologen an Festungsmauern einige Graffiti, die alle auf Griechisch verfasst wurden und in die Regierungszeit von Augustus und Tiberius datieren. Die Soldaten geben sich als Infanteristen und Reiter (hippeis) zu erkennen. Darüber hinaus finden sich libysch anmutende Namen, welche die Anwerbung von Einheimischen suggerieren. In Sceleidima (Abb. 1) finden Archäologen einige lateinisch- und griechischsprachige Inschriften. Es handelte sich wohl um

1023 Zu dieser Situation und der Datierung des Feldzuges schreibt Reynolds 1988, 167: „Roman help might be sought, but seems not to have been so readily available, even during the reign of Augustus, when peace was eventually reestablished, probably after the campaign of Sulpicius Quirinius.“ Der Feldzug wird von der Forschung in die Jahre 15 v. Chr. datiert, der Zeitraum bleibt jedoch unsicher.

1024 Die Literatur zusammengestellt bei Lewin 1991, 759 Anm. 12.

1025 Das Zitat bei Lewin 1991, 759. Hervorhebung von Lewin.

1026 Zum limes in der Kyrenaika Goodchild 1953, 65-76.

1027 Le Glay 1985, 120-122. Die Einheit soll am Ende des 1. Jh. n. Chr. in Ägypten stationiert sein. Bezeugt ist sie durch eine Grabinschrift (AE 1915, 111): T. Pompei|us Licyrgus | Autrico | ann XL | eques I | cohorte | hispanor | aer XX | h(ic) s(i)tus | clemes pa|trono.

1028 Cumont 1927, 84.

1029 Romanelli 1943, 192-193; Applebaum 1950, 26; Fuks 1953, 142.

1030 Reynolds 1981, 51-52. s zum Charakter der Inschriften auch Reynolds 1988, 169.

eine gemischte Einheit aus Infanteristen und Reitern.1031

Insgesamt ist die Heimat der meisten Legionäre, die ihren Dienst in der Kyrenaika leisten, nicht zu bestimmen. Von Einheiten, die man in Italien oder den westlichen Provinzen aushebt, ist in keiner Quelle die Rede, zudem rekrutiert man auch Griechen und stationiert sie an den Grenzen.1032 Unsicher bleibt auch der Ursprung der legio III Cyrenaica. Möglicherweise wird die Einheit bereits von Lepidus, dem Statthalter in den Jahren 43-36 v. Chr. ausgehoben oder erhält ihren Namen erst unter Augustus.1033 Laut J. Lesquier erhält die Einheit ihren Namen nicht aufgrund der Herkunft der Soldaten aus der Provinz, sondern aufgrund des Übertritts der Legion zu Augustus nach der Schlacht von Actium.1034 H. A. Sanders stellt nach Untersuchungen von Inschriften die These auf, dass viele der Legionäre dieser Legion aus Galatien stammen.1035 Zusammen mit der Legio XXII Deioteriana, vereinzelt auch als Legio XXII Cyrenaica bezeichnet, wird sie vorwiegend in Ägypten, Idumaea und Arabia eingesetzt.1036 Eine weitere Einheit ist die Cohors I Lusitanorum Cyrenaica equitata, in augusteischer Zeit steht sie unter dem Kommando des Präfekten M. Sufenas M. f.

Proculus.1037 Im späten 1. Jh. n. Chr. wird sie nach Dakien abkommandiert.1038

Beim Ausbruch des Diasporaaufstandes im Jahre 116 n. Chr. ist keine militärische Einheit in der Nähe einer Polis stationiert. Doch Goodchild und Reynolds belegen anhand einer Inschrift, dass kurz darauf die legio III Augusta in Ptolemais Verteidigungsmauern errichten soll.1039 Die frühere Forschung glaubt anhand epigraphischer Zeugnisse und Textquellen auch eine Ansiedlung von römischen Veteranen nach dem judäischen Aufstand erkennen zu können. Diese Inschriften und Texte werden im Folgenden besprochen, denn sie widerlegen eine Politik der Ansiedlung von Römern. Die früheste Quelle, die eine Ansiedlung belegen soll, ist eine sehr gut erhaltene Inschrift auf einer Statuenbasis (S.E.G. 17, 584) aus Attaleia (Antalya) in Pamphylien. Die Inschrift wird 1947 gefunden und befindet sich heute im Museum in Antalya. Sie datiert in das 2. Jh. n. Chr. und informiert über die Entsendung von 3.000 Veteranen in die Kyrenaika unter der Führung des Präfekten Gaius Fronto:1040

Λ(ούκιον) Γάουιον Λ(ουκίου) Γάουίου Φρόν|τωνας υ(ἱὸν) Φρόντωνα, πρει|μοπειλάπιον λεγ(εῶ νος) γ´ Κυρηνα|ικῆς καὶ στρατοπεδάρ|χην λεγ(εῶνος) ιέ Ἀπολλονιαρί||5ας πρῶτον καὶ μόνον έκ|

τῆς πατρίδος, πατέρα Λ(ουκίου) Γάουίου Αἰλιανοῦ ταμίου καὶ | ἀντιστρατήγου δήμου Ῥωμαί|ων, πάππον Λ(ουκίου) Γαουίου Κλάρου | πλατυσήμου, ἵππῳ δημοσί|ω τετειμημένον ὑπὸ τοῦ Σε|βαστοῦ καὶ τειμαῖς ἀπιστεί|οις, ἐνχειρισθέντα ὑπὸ θε||10οῦ Τραιανοῦ τρισχειλίους οὐ|ετρανοὺς λεγεωναρίους είς τὸ | κατοικίσαι Κυρήνην, ἐπηνγελμέ|νον αἰώνιον γυμνασιαρχίαν κα|τὰ πενταετίαν πρῶτον ἀρχιε||15ρέα πάντων τῶν ί Σεβαστῶν ἐπὶ | τετραετίαν καὶ ἀγωνοθέτην ἐ|κ τῶν ἰδίων σκηνικῶν ἀγώνων | καὶ γυμνικῶν · Λ(ούκίος) Γάουιος Σέ|λευκος τὸν ἑαυτοῦ πάτρωνα| καὶ εὐεργέτην.

1031 Die diesen Orten Reynolds 1971a, 39-42; 1979, 458; 1988, 169-171. s. zu den Inschriften aus Zaviet Msus AE 1954, 122; S.E.G. 13, 620.

1032 s. etwa die Inschriften S.E.G. 9, 773-795. In der Vergangenheit wird aus unhellenisch anmutenden Namen eine ethnische Heterogenität geschlussfolgert. Vgl. dazu Reynolds 1971a, 40-41, die aufgrund von bestimmten eingeritzten Namen auf Festungsmauern (Ἰτθανύρας, Ἀριπαχθ[ίς], Δάχις) auf Libyer im römischen Heer schließt. Zu den cohortes mit Beinahmen Cyrenaica Ritterling 1927, 28-29; Roxan, 1997, 292 mit Tab. 2.

1033 So die These von Ritterling 1925, Sp. 1506, die lediglich auf dem Namen „Cyrenaica“ fußt.

1034 Lesquier 1918, 56.

1035 Sanders 1941, 85-87.

1036 Zu dieser Legion Ritterling 1925, Sp. 1506–1513; Broulet 1984, 175-179; Gatier 2000, 341-349.

1037 AE 1978, 829-830. Zu seiner Person Demougin 1978, 620-624. Die Einheit erhält ihren Namen wohl aufgrund der Involvierung der Einheit bei der Bekämpfung von judäischen sicarii im Jahre 73 n. Chr.

1038 Dies belegt die Inschrift (AE 1957, 189) eines Veteranen dieser Einheit aus Tomi. Dazu Roxan, 1997, 292

1039 Goodchild – Reynolds 1962, 39-41. Die Inschrift lautet: Ped(atura) uexil(ationis) le(ionis) | [I]II Aug(ustae) curante | Aur(elio) Muciano duc(?). Nach Reynolds 1979, 459 dienten auch commilitones beim Wiederaufbau Kyrenes. Diese Truppen sind ebenfalls durch Inschriften in Ghadames, einer Oasenstadt im westlichen Tripolitanien, belegt. Vgl. Reynolds 1958, 135.

1040 Zur Inschrift Bosch 1947, 101-104 Nr. 19; Robert – Robert 1948, 198-203; Fraser 1950, 84 Anm. 37; Paci 1994, 252. Die steinerne Basis ist 1,47 Meter hoch, 0,59 Meter breit und 0,59 Meter tief. Robert – Robert datieren die Inschrift in die Zeit nach dem judäischen Aufstand, geben aber zu, weder die Inschrift, noch die Buchstabenformen gesehen zu haben.

„Lucius Gaius Fronto, Sohn des Lucius Gaius Fronto, primipilaris der legio III Cyrenaica und praefectus castrorum der legio XV Apolloniaris, der erste und einzige aus seiner Heimat(-stadt), Vater des Lucius Gaius Aelianus, Quästor pro praetore des römischen Staatsvolkes, Großvater des Lucius Gaius mit dem breitem (Purpursaum), geehrt mit dem Staatspferd von Augustus und anvertraut vom Gott Trajan (divus Trajanus), mit 3000 Veteranen Kyrene zu besiedeln.

Designiert wurde mit einer Gymnasiarchie auf Lebenszeit und für die ersten 5 Jahre als erster Oberpriester aller zehn Augusti und er war Agonothet auf eigene Kosten für die schauspielerischen und gymnischen Spiele. Lucius Gaius Seleukos (stellt dieses Bildnis) seinem Patron und Wohltäter (auf).“

Die Karriere des Gaius Fronto lässt nicht mit aller Sicherheit rekonstruieren. Die Inschrift ehrt ihn als ersten in seiner Familie, der in den Rang eines praefectus castrorum aufsteigen konnte.

Sein Sohn L. Gaius Aelianus wurde quaestor pro praetore in einer nicht gekannten Provinz, sein Enkel Lucius Gaius Clarus wird Prätor und ein Freund des Rhetors Marcus Cornelius Fronto. 1041 Die Existenz einer Veteranenansiedlung – es wäre das erste römische Dachkollektiv in der Kyrenaika – kann diese Inschrift jedoch nicht belegen. Die Inschrift wird deshalb von einigen Forschern mit Abgaben bei Eusebius, Orosius und der Tabula Peutingeriana in Verbindung gebracht, die ebenfalls über eine Ansiedlung von Römern nach dem Aufstand berichten. Auf diese Quellen wird im Folgenden eingegangen. In seiner Chronik schreibt Eusebius (Hier. Chron. ad. Ol. 225, Hadrian 5) zum Jahr 120 n. Chr. über eine Koloniegründung in Libyen nach dem judäischen Aufstand: Hadrianus in Libyam, quae a Iudaeis uastata fuerat colonias deducit. Ebenso berichtet Orosius (Adv. Pag. 7, 12, 6-7) über den Plan einer Wiederbevölkerung:

Incredibili deinde motu sub uno tempore Iudaei quasi rabie efferati per diuersas terrarum partes exarserunt. nam et per totam Libyam aduersus incolas atrocissima bella gesserunt: quae adeo tunc interfectis cultoribus desolata est, ut, nisi postea Hadrianus imperator collectas illuc aliunde colonias deduxisset, uacua penitus terra abraso habitatore mansisset. Aegyptum uero totam et Cyrenen et Thebaidam cruentis seditionibus turbauerunt.

„Ein unglaublicher Aufstand brach ungefähr zur selben Zeit in unterschiedlichen Teilen der Erde unter den Judäern aus, als wären sie verrückt geworden. In ganz Libyen führten sie einen schrecklichen Krieg gegen die Bewohner. Und die Region war wie entvölkert durch das Massaker an ihren Bewohnern und wenn sie in der Folge nicht von anderen Kolonien (Menschen) umgesiedelt hätten, würde das Land nach diesem Massaker schier verwüstet bleiben. Sie verwüsteten ganz Ägypten, Kyrene und die Thebais durch ihren blutigen Aufruhr.“

Die dritte Quelle, die Tabula Peutingeriana (8, 4, 5), eine Straßenkarte aus der zweiten Hälfte des 4. Jh. n. Chr., nennt Kyrene und Taucheira eine colonia. Sie weist beiden Orten also den Status einer neugegründeten und besiedelten Ortschaft zu. Aus diesen verstreuten

Die dritte Quelle, die Tabula Peutingeriana (8, 4, 5), eine Straßenkarte aus der zweiten Hälfte des 4. Jh. n. Chr., nennt Kyrene und Taucheira eine colonia. Sie weist beiden Orten also den Status einer neugegründeten und besiedelten Ortschaft zu. Aus diesen verstreuten