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Das Landesverwaltungspflegegesetz schreibt einen Mindestinhalt von Verfügungen und Entscheidungen vor, der bei deren Eröffnung zu be­

achten ist58. Art. 82 und 83 Abs. 2-4 legen Form und Inhalt einer Ent­

scheidung fest und sind zwingender Natur59. Erfüllt eine Entscheidung diese Formvorschriften nicht, so ist sie gemäss Art. 106 Abs. 1 lit. b von Amtes wegen nichtig zu erklären. Nach Art. 82 Abs. 1 LVG müssen schriftliche Ausfertigungen von Entscheidungen folgende Elemente enthalten:

- eine Entscheidung (Verfügung) ist als solche zu bezeichnen, d.h. mit einer entsprechenden Uberschrift zu versehen (lit. a)60;

- die Verfügung muss die sie ausstellende Behörde, z.B. die Regierung, und die Verfahrensparteien bezeichnen sowie die Daten der geführten Verhandlungen und den verantwortlichen Verhandlungsleiter auf­

führen (lit. b)61;

- der Verwaltungsakt muss einen Rechtsspruch (Dispositiv) enthalten (lit c.)62 sowie die allfällige Vollstreckungsanordnung (lit. d);

- die Verfügung soll den Tatbestand, welcher dem Spruch zugrunde ge­

legt worden ist und die Entscheidungsgründe aufführen (lit. e)63 und - sie muss schliesslich eine Rechtsmittelbelehrung (lit. f)64 und eine Un­

terschrift (lit. g)65 enthalten.

Der Betroffene kann auf die schriftliche Ausfertigung verzichten (Art. 82 Abs. 3 LVG).

58 Vgl. VBI 1975/1, Entscheidung vom 23.4.1975, ELG 1973-78, S. 119(120).

59 Vgl. VBI 1996/3, Entscheidung vom 6.3.1996, LES 1996, S. 141 (142); VBI 1995/57, Ent­

scheidung vom 4.10.1995, LES 1996, S. 70; VBI 1959/1, ELG 1955-61, S. 37; LES 1981, S. 102; VBI 1995/48, Entscheidung vom 10.7.1995, LES 1995, S. 144; vgl. auch VBI 1996/12, Entscheidung vom 3.4.1996, LES 1996, S. 203 (205).

60 Diese Vorschriften entsprechen dem österreichischen Recht, vgl. § 58 Abs. 1 AVG und dazu Walter/Mayer Nr. 408.

61 Diese Vorschriften entsprechen dem österreichischen Recht, vgl. § 58 Abs. 3 i.V.m. § 18 Abs. 4 AVG, vgl. Walter/Mayer Nr. 410.

62 Vgl. dazu S. 117 und ähnlich § 58 Abs. 1 AVG und dazu Walter/Mayer Nr. 412 f.

63 Vg'- präzisierend Art. 83 Abs. 2-4 LVG. Vgl. § 58 Abs. 2 AVG und Walter/Mayer Nr.

417 ff.

64 Vgl. auch § 58 Abs. 1 A VG und dazu Walter/Mayer Nr. 422 ff.

65 Vgl. § 58 Abs. 3 i.V.m. § 18 Abs. 4 AVG und dazu Walter/Mayer Nr. 425.

Diese einzelnen Bestandteile der Verfügung müssen gemäss Art. 83 Abs. 1 LVG "scharf" voneinander getrennt werden66. Die Vorschrift hat für die wichtige Unterscheidung von Dispositiv und Begründung eine praktische Bedeutung. Im übrigen ist kaum eine schriftliche Ausfertigung einer Verfügung vorstellbar, welche beispielsweise Überschrift, Datierung und Unterschrift nicht "scharf" voneinander trennt.

Die Vorschriften über die Eröffnung der Verfügungen gelten für die verwaltungsinternen Instanzen bis zur Verwaltungsbeschwerdeinstanz.

Deren Entscheidungen haben nach Art. 101 Abs. 5 LVG zusätzlich ei­

nen "deutlichen Hinweis" zu enthalten, dass sie endgültig sind67. Die Beschwerde an den Staatsgerichtshof wegen Verletzung verfassungs­

mässiger Rechte steht gleichwohl offen.

2. Rechtsfolgen bei Formverstössen: Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit

Hält sich eine Verfügung oder Entscheidung nicht an wesentliche Formvorschriften, so ist die Rechtsfolge deren Nichtigkeit. Leichte Ver­

stösse gegen diese Formvorschriften, z.B. eine unvollständige Nennung der Verhandlungstage, ziehen nicht die Ungültigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der Verfügung nach sich68. In der Praxis werden aller­

dings schwer mangelhafte Verfügungen auch angefochten und auf dem Rechtsmittelweg aufgehoben69:

" Vgl. VBI 1996/3, Entscheidung vom 6.3.1996, LES 1996, S. 141 (142); VBI 1995/57, Ent­

scheidung vom 4.10.1995, LES 1996, S. 70; In VBI 1972/2, Entscheidung vom 6.7.1972, ELG 1973-78, S. 340 (243 f., wonach gerade keine Trennung von Tatbestand, Urteils­

motiven und Urteilsspruch nötig sei) wurde Art. 83 Abs. 1 LVG wohl übersehen.

" Vgl. VBI 1974/36, Entscheidung vom 5.11.1975, ELG 1973-78, S. 120 (121).

68 Vgl. VBI 1949/7, ELG 1947-54, S. 12 f. und VBI 1959/1, ELG 1955-61, S. 37.

69 VBI 1996/3, Entscheidung vom 6.3.1996, LES 1996, S. 141 (142); VBI 1995/57, Ent­

scheidung vom 4.10.1995, LES 1996, S. 70; vgl. ferner VBI 1995/48, Entscheidung vom 10.7.1995, LES 1995, S. 144; VBI 1994/29, Entscheidung vom 28.9.1994, LES 1995, S. 37 (38); vgl. ferner VBI 1949/7, ELG 1947-54, S. 12 f. und VBI 1959/1, ELG 1955-61, S. 37. Siehe zu den andern Nichtigkeitsgründen ausser den Formverstössen, Art. 106 LVG und dazu unten S. 132 ff.

Die Nichtigerklärung einer Verfügung kann durch die erlassende Instanz oder durch die Rechtsmittelinstanz erfolgen, vgl. StGH 1995/13-15, Urteil vom 23.6.1995, LES 1996, S. 10(18).

"Da die Entscheidungen der Regierung ... sich nicht an die gesetz­

lichen Vorschriften halten bzw. ihnen schwere Formfehler anhaften, sind sie zwecks Beseitigung einer erheblichen Verletzung öffentlicher Rechte oder Interessen, welche gemäss den das Verwaltungsverfahren zwingend regelnden Rechtsvorschriften zu beachten sind ..., aufzuhe­

ben und der Regierung eine allfällig neuerliche Entscheidung aufzu­

tragen (Art. 106 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 98 Abs. 1 LVG)".

Die Verwaltungsbeschwerdeinstanz hebt im Falle schwerer Formfehler Verfügungen auf und weist die Angelegenheit an die Vorinstanz zurück.

Dieses Vorgehen ist aus Praktikabilitätsgründen zweifellos gerechtfer­

tigt. Die dadurch bedingte Relativierung des Unterschieds von Anfecht­

barkeit und Nichtigkeit ist unbedenklich, weil der Rechtsschutz ge­

wahrt bleibt. Allerdings muss bei diesem Vorgehen sichergestellt blei­

ben, dass schwer mangelhafte Verfügungen auch ausserhalb eines eigentlichen Beschwerdeverfahrens gemäss Art. 106 Abs. 1 lit. a LVG aufgehoben werden können.

Fehlt die Rechtsmittelbelehrung, so beginnt die Rechtsmittelfrist gemäss Art. 85 Abs. 3 LVG gar nicht zu laufen. Wird in diesem Falle eine Vorstellung70 eingereicht und ist die Regierung nicht in der Lage, dem Verlangen der Partei zu entsprechen, so ist diese als Beschwerde zu behandeln, sofern die Partei nicht ausdrücklich auf letzteres verzichtet hat (Art. 89 Abs. 3 LVG).

3. Begründung von Verfügungen

Die Angabe der Entscheidungsgründe gemäss Art. 82 Abs. 1 lit. e i.V.m.

Art. 83 Abs. 3 LVG ist von rechtsstaatlich wesentlicher Bedeutung. Da­

nach sind "die von der Behörde in dem entschiedenen Fall zur Anwen­

dung gebrachten Rechtssätze"71 anzuführen. Ferner muss die Behörde mit der Begründung zugleich die Absicht erkennen lassen, die getroffene Entscheidung in überzeugender Weise zu rechtfertigen. "Wesentlich ist allerdings nicht die in dieser Bestimmung angedeutete subjektive Kom­

70 Vgl. dazu S. 278 ff.

71 Vgl. VBI 1994/29, Entscheidung vom 28.9.1994, LES 1995, S. 37; VBI 1996/7, Entschei­

dung vom 24.4.1996, LES 1996, S. 144 (14).

ponente, sondern der objektive Massstab, ob aus den Entscheidungs­

gründen tatsächlich hervorgeht, von welchen Erwägungen sich die Behörde bei ihrer Entscheidung leiten liess"72. Die Begründungspflicht gilt sowohl für die Verwaltungsbehörden als auch für die Verwaltungs­

beschwerdeinstanz (Art. 101 Abs. 1 LVG). Eine Verfügung oder Ent­

scheidung kann daher nicht in der Form eines gewöhnlichen Briefes ohne Angabe der angewandten Rechtsgrundlagen eröffnet werden73. Das Landesverwaltungspflegegesetz lässt zwar Formulare zu (Art. 82 Abs. 3 LVG) und es schreibt sie für Verwaltungsbote sogar vor (Art. 49 Abs. 4 LVG). Doch dies entbindet die Verwaltung nicht von einer aus­

reichenden Begründung74.

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hat ein Beschwerdeführer, "der vernünftige und keineswegs willkürliche oder rechtsmissbräuchliche Behauptungen in zulässiger Form vorträgt, Anspruch auf eine angemessene Entscheidungsbegründung"75. Dies steht im Interesse des Beschwerdeführers selbst. Sodann hat dies zu er­

folgen, um eine sinnvolle Beschwerdeführung zu ermöglichen76. Die Verpflichtung zur Offenlegung der Entscheidungsgründe zeigt dem Be­

troffenen die Überlegungen, warum die Behörde gegen seinen Antrag entschieden hat. Zudem soll eine transparente Entscheidungsbe­

gründung verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt. Gleichzeitig stellt eine rechtsgenügliche Begründung die Herrschaft des Gesetzes sicher, denn der Verwaltungsakt muss sich letztlich auf ein formelles Gesetz abstützen77. Sowohl der Betroffene als auch die Rechtsmittelinstanz müssen sich über die Tragweite des Ent­

scheides ein Bild machen können. Deshalb müssen die Überlegungen, von denen sich die entscheidende Behörde hat leiten lassen, wenigstens kurz dargelegt werden78. Geht die zuständige Instanz in ihrer Entschei­

72 StGH 1995/21, Urteil vom 23.5.1995, LES 1997, S. 18 (27).

73 Vgl. VB1 1994/29, Entscheidung vom 28.9.1994, LES 1995, S. 37. Allerdings hat der Staatsgerichtshof in StGH 1978/11, Entscheidung vom 11.10.1978, LES 1981, S. 99 (102) die Zusicherung einer Gewerbebewilligung in einem Schreiben als Verfügung gewertet.

" Vgl. VBI 1994/37, Entscheidung vom 28.9.1994, LES 1995, S. 38 (39).

75 StGH 1986/9, Urteil vom 5.5.1987, LES 1987, S. 145 ff. (147); StGH 1985/8, Urteil vom 9.4.1986, LES 1987, S. 48 ff. (50).

76 StGH 1986/9, Urteil vom 5.5.1987, LES 1987, S. 145; StGH 1985/8, Urteil vom 9.4.1986, LES 1987, S. 48.

77 Vgl. unten S. 167 ff.

78 Alle Zitate aus VBI 1995/43, Entscheidung vom 4.10.1995, LES 1996, S. 32 (34 f.); vgl. fer­

ner zum letzteren Zitat StGH 1989/14, Entscheidung vom 31.5.1990, LES 1992, S. 1 (2 ).

dung nicht auf die Anträge und vernünftigen Begründungen des Antrag­

stellers ein, so verletzt sie den Grundsatz des rechtlichen Gehörs79 sowie den aus Art. 31 und 43 LV un d aus Art. 83 Abs. 3 und 4 L VG herzulei­

tenden Anspruch auf eine rechtsgenügliche Begründung von Ent­

scheidungen80.

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