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Zur Effektivität extrinsischer Anreize in der Landwirtschaft

6 Handlungsempfehlungen für die landwirtschaftliche Praxis

6.1 Leitfaden zur leistungsorientierten Lohngestaltung

6.1.1 Zur Effektivität extrinsischer Anreize in der Landwirtschaft

Die Effektivität extrinsischer Anreize ist ein wichtiges Erfolgskriterium für die leistungsorientierte Lohngestaltung und wird von verschiedenen Einflussfaktoren bestimmt. Eine allgemeingültige Handlungsempfehlung, die für alle betrieblichen Situationen gilt, ist deshalb nicht ableitbar. Letztendlich liegt es in der Ermessenssache und der persönlichen Einschätzung einer jeden Führungskraft, diese Faktoren für den eigenen Betrieb abzuschätzen. Gestützt durch die theoretischen und empirischen Ergebnisse kann diese Entscheidung jedoch vereinfacht werden.

Eine leistungsorientierte Entlohnung kann nur der Mitarbeitermotivation zuträglich sein, wenn der betreffende Mitarbeiter finanzielle Anreize auch schätzt. Dies ist eine Konsequenz aus den Valenztheorien der Motivation. Aus der Perspektive der Maslowschen Bedürfnishierarchie ist zunächst sicherzustellen, dass die Mitarbeiter durch die Entlohnung ihren Lebensunterhalt auch decken können, um existentielle Bedürfnisse wie Wohnen und Essen bestreiten zu können. Diese Grundbedürfnisse werden in den Mischformen leistungsorientierter Vergütung wie dem Grundlohn mit Leistungszulage oder Prämie in der Regel durch eine feste Basisvergütung abgegolten.

Für Mitglieder der Tarifparteien regeln die Tarifverträge die Grundsicherung durch einen tariflichen Grundlohn.

Aus der Sicht der Motivationstheorie von Herzberg bieten finanzielle Anreize keinen Beitrag zur Motivation der Mitarbeiter, sondern dienen nur als Hygienefaktor, d.h. sie können letztendlich nur Unzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz vermeiden. Diese Schlussfolgerung wird durch die empirischen Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung gestützt. Es zeigt sich ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Freude an der Arbeit und dem Arbeitsinhalt, der Würdigung der Arbeitsleistung durch den Chef und der Einbindung in betriebliche Entscheidungen. Hingegen beeinflussen extrinsische Anreize kaum die Motivation der Mitarbeiter.

Dass finanzielle Anreize hinsichtlich ihrer Motivationswirkung bei den befragten Mitarbeitern nicht an erster Stelle stehen, zeigt das Ergebnis der Befragung. Ein sicherer Arbeitsplatz und ein gutes Betriebsklima haben hier eine höhere Bedeutung. Jedoch wurde bei der Diskussion der Ergebnisse mit den Mitarbeitern darauf hingewiesen, dass dies möglicherweise nur bei Mitarbeitern der Fall ist, deren Lohn den Grundbedarf bereits abdeckt. Eine Schlussfolgerung, die auch Maslows Bedürfnishierarchie nahe

legt, nach der eine Bedürfnisebene nur so lange verhaltensbestimmend ist, bis sie befriedigt ist. Diese Vermutung der Mitarbeiter wird jedoch durch ein Befragungsergebnis der SÄCHSISCHEN LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT

widerlegt, nach dem Mitarbeiter juristischer Personen, die durchschnittlich geringere Einkommensmöglichkeiten als Einzelunternehmen bieten, gute Verdienstmöglichkeiten erst an vierter Stelle hinsichtlich einer positiven Motivationswirkung nennen (SÄCHSISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT 2002: 32). Auch landwirtschaftliche Berater mit Erfahrungen in der Führung von landwirtschaftlichen Großbetrieben empfehlen, finanzielle Anreize nicht über zu bewerten, da sie auf Dauer ein schlechtes Betriebsklima nicht kompensieren könnten (KOESLING 2006: 26).

Neben der Wertschätzung finanzieller Anreize ist es motivationstheoretisch von großer Bedeutung, dass die Mitarbeiter die zum Erhalt der Belohnung notwendige Leistung auch erbringen können. D.h., die Betriebsleiter müssen realistische Zielvorgaben formulieren oder durch Weiterqualifikation der Mitarbeiter dazu beitragen, dass diese die Ziele auch erreichen können. Je nachdem wie die Mitarbeiter ihre persönliche Rolle im Unternehmen und ihre eigenen Fähigkeiten wahrnehmen, fällt ihr Urteil darüber aus, ob sie ein durch die Betriebsleitung gesetztes Ziel auch als erreichbar einschätzen.

Experimentelle Ergebnisse und die theoretischen Ausführungen zur Bedeutung intrinsischer Motivation zeigen, dass extrinsische Anreize unter Umständen intrinsische Motivation verdrängen werden. Die Wechselwirkung von intrinsischer und extrinsischer Motivation kann positiv, neutral oder negativ sein und wird von vielen Faktoren beeinflusst, so dass eine Aussage über den Gesamteffekt leistungsorientierter Entlohnung nur schwer zu treffen ist.

Als einfache Formel kann festgehalten werden, dass intrinsische Motivation nur dort zerstört werden kann, wo sie vorhanden ist. Die Ergebnisse von Betriebsleiter- und Mitarbeiterbefragung und die Diskussionen während der Ergebnisworkshops zeigen aber, dass die Motivation der Mitarbeiter in der Landwirtschaft in der durch die Befragung repräsentierten Stichprobe als sehr hoch angesehen werden muss. Ein Ergebnis, das auch mit dem positiven Empfinden der Tätigkeit in der Landwirtschaft zusammenhängt. Eine abwechslungsreiche und flexible Aufgabe in der Natur macht den Arbeitsplatz für die befragten Mitarbeiter besonders attraktiv und auch die Betriebsleiter, die einen breiten Querschnitt über die Lohnarbeitsbetriebe in den alten

und neuen Bundesländern widerspiegeln, bestätigen eine hohe Motivation ihrer beschäftigten Lohnarbeitskräfte, was gegen eine leistungsorientierte Entlohnung spricht, da diese hohe intrinsische Motivation verdrängt werden könnte.

Die Wahrscheinlichkeit, dass durch ein leistungsorientiertes Entlohnungssystem intrinsische Motivation verdrängt wird, steigt, wenn die Mitarbeiter das Vergütungssystem als Fremdkontrolle und Mangel an Anerkennung interpretieren. Die befragten Betriebsleiter, die bereits Erfahrung mit dieser Vergütungsform gesammelt haben, unterscheiden sich hinsichtlich dieser möglichen Risiken und lassen sich nach ihren unterschiedlichen Erfahrungen mit leistungsorientierter Entlohnung klassifizieren.

Eine Gruppe von Betriebsleitern, die im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen durch kleinere Betriebe mit einem höheren Eigentumsanteil und weniger Mitarbeitern charakterisiert ist, ist eher kritisch hinsichtlich der möglichen Verhaltenswirkungen leistungsorientierter Entlohnung. Diese Gruppe von Betriebsleitern hat ihren Betriebssitz häufig in den alten Bundesländern und betreibt vielfach ökologischen Landbau.

Eine besondere Rolle spielt außerdem Fairness für die Motivation der Mitarbeiter.

Fühlen sich die Mitarbeiter durch das Entlohnungssystem ungerecht behandelt, so ist eine positive Motivationswirkung in Frage gestellt. Menschen orientieren sich in ihrem Urteil hinsichtlich der Lohngerechtigkeit an Referenzpersonen im und außerhalb des Betriebes, von denen sie denken, dass sie ähnliche Fähigkeiten einbringen.

Die befragten Mitarbeiter fühlen sich im Mittel gerecht behandelt gegenüber ihren Kol-legen im Betrieb und im Vergleich zu anderen Betrieben. Es handelt sich jedoch vor allem um Mitarbeiter, die im Zeitlohnsystem arbeiten. Ein kritischer Punkt ist hier vor allem die Bemessungsgrundlage der Leistungslöhne. In der Diskussion mit den Mitar-beitern über die von den befragten Betriebsleitern eingesetzten Leistungsindikatoren wurde deutlich, dass faktisch alle Indikatoren als zu störanfällig gegenüber Einflüssen wie der Witterung oder der Leistung der Kollegen eingeschätzt wurden, um eine ge-rechte Basis für eine leistungsorientierte Entlohnung darzustellen.

Die Wahrnehmung von Gerechtigkeit kann durch die Betriebsleiter verbessert werden, indem klargemacht wird, wie Unterschiede in der Entlohnung zustande kommen.

Empirische Ergebnisse zeigen außerdem, dass sich Menschen in ihrer Bewertung von Situationen am Status Quo orientieren. Führt man ein anderes Lohnsystem ein, so wird

die neue Situation häufig mit der alten Situation, an die man gewöhnt ist, verglichen. Da man einmal lieb gewonnenes ungern verliert, neigen viele Menschen zur Verlustaversion. Neue Systeme lassen sich folglich mit neuen Mitarbeitern leichter einführen als mit alten. Da jedoch ein Betrieb nur bei Neugründungen oder bei einem Betriebsleiterwechsel in dieser günstigen Situation ist, gilt es in allen anderen Betrieben, den Menschen zu verdeutlichen, dass die alte Situation nicht mehr zur Disposition steht.

Außerdem folgt aus der Orientierung am Status Quo und der Verlustaversion, dass es schwierig ist, bei Einführung eines Leistungslohnsystems einen Teil des bisherigen Lohnes als variabel zu erklären. Betriebsleitern ist zu empfehlen, den bisherigen Lohn als Ausgangspunkt zu nehmen und den variablen Anteil bei Erreichen bestimmter Leistungen zusätzlich zu gewähren. Wie die Ergebnisdiskussion zeigte, ist die erste Variante für die befragten Mitarbeiter völlig unakzeptabel und würde zur Demotivation führen. Diese Feststellung deckt sich auch mit den Erfahrungen der SÄCHSISCHEN

LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT (2002:40).

6.1.2 Möglichkeiten der zielorientierten Steuerung in den Betrieben