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Clusteranalyse zu den Betriebsleitererfahrungen mit

5 Empirische Analyse zur leistungsorientierten Entlohnung in der Landwirtschaft110

5.5 Erfahrungen mit leistungsorientierter Lohngestaltung

5.5.1 Erfahrungen der Betriebsleiter

5.5.1.2 Clusteranalyse zu den Betriebsleitererfahrungen mit

In einem weiteren Schritt wurden die Betriebsleiter, die Aussagen zur leistungsorientierten Entlohnung gemacht hatten, mit Hilfe einer Clusteranalyse gruppiert. Das Ziel ist es, Informationen darüber zu erhalten, wie sich die Erfahrungen der Betriebsleiter in Bezug auf Leistungslöhne unterscheiden, und Einflussgrößen auf ein unterschiedliches Antwortverhalten herauszuarbeiten, um daraus Anwendungsempfehlungen für diese Entlohnungsform ableiten zu können.

Die gebildeten Gruppen sollen in sich homogen und untereinander möglichst heterogen sein. Voraussetzung für die Clusterbildung ist die Unkorreliertheit der in die Analyse

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eingehenden Faktoren. Zu diesem Zwecke wurden die Statements zu den Erfahrungen mit leistungsorientierter Entlohnung zunächst einer Faktorenanalyse unterzogen.

Es konnte zwar eine 4-Faktorlösung gefunden werden, die letzten beiden Faktoren beinhalteten jedoch nur je ein Item. Aus diesem Grunde wurde auf die Einbeziehung der Faktoren als clusterbildende Variablen verzichtet und es wurden vier unkorrelierte Items zur Clusterbildung verwendet.

Zur Eliminierung von Ausreißern wurde zunächst die Methode des nächstgelegenen Nachbars verwendet. Die Clusterbildung erfolgt mit der Ward-Methode, die zu einer plausiblen 3-Clusterlösung führte, die die 88 Nennungen verhältnismäßig gleichmäßig verteilt. Die Tabelle 29 zeigt, in welchen Punkten sich die Cluster in den clusterbildenden Variablen unterscheiden:

TABELLE 29:CLUSTERBESCHREIBUNG

Cluster 1

Entlohnungssysteme führen zu einer besseren Motivation meiner Entlohnungssystem fühlen sich meine Mitarbeiter zu sehr kontrolliert.“***

-1,12

(σ=0,331) 0,25

(σ=0,442) -0,87 (σ=0,670)

„Leistungsbeurteilungen setzen klare

Maßstäbe voraus.“* 1,24

(σ=0,561) 1

(σ=0,417) 1,32 (σ=0,475)

„Ich achte darauf, dass die Einkommensunterschiede zwischen meinen Mitarbeitern nicht zu hoch werden.“***

Signifikanzniveaus: ***: p < 0,001, **: p <0,05, *: p: <0,1 Quelle: Eigene Erhebung

Cluster 1: „Uneingeschränkte Befürworter“ (n=33)

Das erste Cluster lässt sich mit der Bezeichnung „Uneingeschränkte Befürworter“

leistungsorientierter Entlohnungssysteme beschreiben. Die in diesem Cluster enthaltenen Betriebsleiter sind überwiegend der Meinung, dass leistungsorientierte Entlohnungssysteme zu einer besseren Motivation ihrer Mitarbeiter führen. Sie lehnen in hohem Maße das Statement ab, dass leistungsorientierte Entlohnungssysteme von den Mitarbeitern als starke Fremdkontrolle empfunden werden könnte. Diese Betriebsleiter

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sind in hohem Maße der Meinung, dass klare Maßstäbe bei der Lohnfindung eine wichtige Voraussetzung für leistungsorientierte Entgeltsysteme sind, und achten darauf, dass zwischen den Mitarbeitern die Einkommensunterschiede nicht zu groß werden.

Diese Antwort mag zunächst nicht plausibel erscheinen, denn wenn ein Betriebsleiter leistungsabhängig belohnt, führt dies automatisch zu Einkommensunterschieden zwischen den Mitarbeiter. Der Anspruch der Lohngerechtigkeit als wichtiger Erfolgsbedingung für leistungsorientierte Entlohnung beinhaltet aber, dass die Einkommensunterschiede durch die unterschiedliche Leistung erklärbar sind. Nur wenn das Verhältnis von Input zu Output im Vergleich zu einer Referenzperson nachvollziehbar ist, wird das Entlohnungssystem als fair wahrgenommen und kann auch hohe Motivation induzieren. Große Einkommensunterschiede können zum Beispiel zwischen verschiedenen Hierarchieebenen entstehen. Eine starke Überbezahlung von Führungskräften wäre zum Beispiel ein Anlass für Ungerechtigkeitsempfinden zwischen den Mitarbeitern.

Cluster 2: „Kritische Befürworter“ (n=24)

Das Cluster 2 ist durch eine ambivalente Einstellung zur leistungsorientierten Entlohnung geprägt. Zwar ist hier die größte Zustimmung zur positiven Motivationswirkung dieser Entlohnungsform zu finden. Die zum zweiten Cluster gehörenden Betriebsleiter sind sich jedoch der möglichen Nachteile leistungsorientierter Entlohnung durchaus bewusst. Von den anderen beiden Clustern unterscheidet sich diese Gruppe vor allem dadurch, dass sie dem Statement „Wahrnehmung von Fremdkontrolle“ eher zustimmen. Wie im Cluster 1 ist nach Ansicht der Betriebsleiter des zweiten Clusters die Formulierung klarer Maßstäbe für den Erfolg des leistungsorientierten Lohnsystems von Bedeutung.

Cluster 3: „Lohndifferenzierer“ (n=31)

Im Vergleich zu den ersten beiden Clustern stimmen die Betriebsleiter des Clusters 3 einer positiven Wirkung leistungsorientierter Entlohnung am wenigsten zu. In Bezug auf die möglichen Nachteile leistungsorientierter Entlohnung gleichen sie in ihrem Antwortverhalten stark dem Cluster 1. Die Betriebsleiter in Cluster 1 und 2 stimmten dem Statement „Ich achte darauf, dass Einkommensunterschiede zwischen meinen Mitarbeitern nicht zu groß werden“ zu. Die zum dritten Cluster gehörenden Landwirte

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lehnen diese Aussage eher ab. Cluster 3 zeigt die höchste Zustimmung zur Notwendigkeit klarer Maßstäbe bei der Lohngestaltung.

Im Folgenden soll beleuchtet werden, wie sich die Cluster in Bezug auf weitere mögliche Einflussgrößen unterscheiden. Zunächst sollen die betriebsstrukturellen Unterschiede dargelegt werden (Tabelle 30).

TABELLE 30:BETRIEBSSTRUKTUR DER CLUSTER Uneingeschränkte

Ackerfläche* 988,58 928,00 1375,48

Durchschnittliche

Anzahl Milchkühe* 316 280 549

Durchschnittlicher Anteil Pachtfläche an

Gesamtfläche** 76,9 % 65,31 % 85,09 %

Fremdarbeitskräfte 18,13 14,25 29,33

Anteil Standort ABL Quelle: Eigene Erhebung, Betriebsleiterbefragung

Die Cluster unterscheiden sich deutlich hinsichtlich der Betriebstruktur. Es sind nur die betriebsstrukturellen Parameter ausgewiesen, die einen signifikanten Einfluss auf das Antwortverhalten haben und von denen innerhalb der Cluster eine geringe Anzahl fehlender Werte vorlagen.

Die zum Cluster 1 gehörenden Betriebsleiter, die sich durch eine uneingeschränkte Befürwortung leistungsorientierter Entlohnungssysteme auszeichnen, bewirtschaften in Bezug auf die Ackerfläche, Milchkühe und Fremdarbeitskräfte größere Betriebe als die Betriebsleiter des zweiten Clusters. Im Vergleich zum dritten Cluster sind die Betriebe um fast 30 % kleiner hinsichtlich der durchschnittlichen Ackerfläche und es werden auch nur 57 % der Milchkühe des Clusters 3 gehalten.

Der Pachtanteil unterscheidet sich ebenfalls zwischen den Clustern. Er liegt in Cluster 2 am niedrigsten, gefolgt von Cluster 1 und Cluster 3. Dieses Ergebnis ist konsistent mit der Betriebsgröße und dem Standort der untersuchten Betriebe. Hier unterscheidet sich

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Cluster 2 erheblich von den anderen Clustern: Fast 35 % der Betriebe, deren Leiter zu den kritischen Befürwortern gehören, liegen in den alten Bundesländern.

Ein weiterer interessanter, signifikanter Unterschied zwischen den drei Clustern liegt in der Wirtschaftsweise. 20,8 % der zu Cluster 2 gehörenden Betriebsleiter bewirtschaften ihren Betrieb ökologisch. Von den ökologisch wirtschaftenden Betriebsleitern gehören 83,3 % dem Cluster 2 an. Möglicherweise zeichnet sich hier eine unterschiedliche Mentalität der Betriebsleiter von ökologischen und konventionellen Betrieben ab.

Aus den betriebsstrukturellen Unterschieden wird deutlich, dass die Betriebsleiter, die kleinere Betriebe bewirtschaften, eher zu den Befürwortern dieses Lohnsystems gehören als die Betriebsleiter von Großbetrieben. Die Zuordnung als kleinerer oder größerer Betrieb ist jedoch relativ zu bewerten, denn im statistischen Durchschnitt muss man die analysierten Betriebe ungeachtet der Clusterzugehörigkeit als landwirtschaftliche Großbetriebe bzw. Agrarunternehmen bezeichnen.

ABBILDUNG 24:RECHTSFORMUNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN CLUSTERN

27%

Einzelunternehmen GbR GmbH eG KG Sonstige

Quelle: Eigene Erhebung, Betriebsleiterbefragung

Abbildung 24 zeigt die relativen Häufigkeiten der verschiedenen Rechtsformen in den untersuchten Clustern. Sie spiegelt die unterschiedlichen Betriebsgrößen in den Clustern wider.

Die Cluster der Befürworter leistungsorientierter Entlohnung (Cluster 1 und 2), sind überwiegend von Betriebsleitern der Rechtsform Einzelunternehmen und

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Personengesellschaften geprägt. Die Einzelunternehmen sind am häufigsten im Cluster vertreten, gefolgt von Cluster 2. Auch die GbR findet sich vermehrt in den befürwortenden Clustern.

Es wird deutlich, dass die juristischen Personen im Cluster Lohndifferenzierer einen bedeutenderen Anteil als in den anderen beiden Clustern haben. Die Einzelunternehmen spielen in diesem Cluster die geringste Rolle. Im dritten Cluster sind vor allem die Betriebsleiter juristischer Personen enthalten. Dementsprechend beschäftigen sie auch im Durchschnitt mehr Lohnarbeitskräfte als die anderen Cluster. Betriebsleiter, die aufgrund des Vorhandenseins verschiedener Hierarchieebenen die Löhne differenzieren müssen, versuchen vielleicht durch eine transparente Lohnfindung potentiellem Ungerechtigkeitsempfinden unter den Mitarbeitern entgegenzuwirken. Es ist hinzuzufügen, dass die Betriebsleiter der Agrargenossenschaften wahrscheinlich über die längste Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung verfügen. Die Rechtsform hat außerdem einen Einfluss auf die Möglichkeit, ein solches Entgeltsystem überhaupt zu implementieren. Ein befragter Geschäftsführer einer Agrargenossenschaft merkte an, dass die Akzeptanz von Leistungslöhnen im Aufsichtsrat der Genossenschaft nicht gegeben ist und diese Systeme auf Wunsch des Aufsichtsrates abgeschafft wurden. Dies verdeutlicht den Einfluss des Rechts auf unternehmerische Mitbestimmung der Mitarbeiter (vgl. Kapitel 2.3.2.2) auf die Gestaltung von Entlohnungssystemen.

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ABBILDUNG 25:BETRIEBSLEITEREINSTELLUNGEN ZU ANREIZSYSTEMEN

-1,06

Uneingeschränkte Befürworter Kritische Befürworter Lohndifferenzierer

Leistungsorientierte Entlohnung führt zu Unmut im Team.

Die Höhe der Leistungszulagen wird von den Mitarbeitern als ungerecht empfunden .

Gute Leistung honorieren wir immer finanziell.

In der Landwirtschaft verdient man sich keine goldene Nase, Leistungszuschläge kommen meinen Mitarbeiter gerade recht.

.

Quelle: Eigene Erhebung, Betriebsleiterbefragung

Abbildung 25 veranschaulicht die Unterschiede im Antwortverhalten der Betriebsleiter zu verschiedenen Statements zur Gestaltung von Anreizsystemen. Es wurden nur Statements dargestellt, in denen sich die Cluster signifikant voneinander unterscheiden.

Es zeigt sich wieder, das Cluster 2 am kritischsten hinsichtlich der Nachteile leistungsorientierter Entlohnungssysteme ist. Zwar lehnen die Betriebsleiter dieses Clusters die Statements „Leistungsorientierte Entlohnung führt zu Unmut im Team“

und „Die Höhe der Leistungszulagen wird von den Mitarbeitern als ungerecht empfunden“ ab, die Ablehnung ist im Vergleich zu den anderen beiden Clustern nur schwach. Folglich stimmen diese Betriebsleiter den möglichen negativen Wirkungen von Leistungslöhnen auf das Betriebsklima und die Lohngerechtigkeit am ehesten zu.

Interessanterweise stimmt dieses Cluster dem Statement „Gute Leistung belohnen wir immer finanziell“ eher zu, während Cluster 1, das leistungsorientierte Entlohnung uneingeschränkt befürwortet, das gleiche Statement leicht ablehnt. Die Betriebsleiter des ersten Clusters honorieren gute Leistungen trotz der nach ihrer Meinung guten Motivationswirkung von Leistungslöhnen nicht nur finanziell. Die Wertschätzung finanzieller Anreize durch die Mitarbeiter wird von den Betriebsleitern unterschiedlich gesehen. Cluster 1 und Cluster 3 stimmen eher zu und Cluster 2 eher ab. Die

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Betriebsleiter des zweiten Clusters zahlen auch durchschnittlich die höchsten Bruttostundenlöhne in Pflanzen- und Tierproduktion. Die Unterschiede im Lohnniveau sind zwischen den Clustern jedoch nicht signifikant.

Aus den Ergebnissen der Clusteranalyse lässt sich das folgende Zwischenfazit ziehen:

Die positive Motivationswirkung von Leistungslöhnen wird von den Betriebsleitern insgesamt bestätigt. Die Leiter der besonders großen Betriebe der Stichprobe beurteilen die Motivationswirkung jedoch am kritischsten. Dieses ist die Gruppe der Betriebsleiter, die am häufigsten Erfahrung mit Leistungslöhnen gemacht haben. Negative Wirkung auf das Betriebsklima beobachten die Betriebsleiter eher nicht, das gleiche gilt für ein mögliches Ungerechtigkeitsempfinden in Bezug auf die Höhe der Leistungszulagen.

Motivationsdefizite, die durch ein Ungerechtigkeitsempfinden der Mitarbeiter hervorgerufen werden, sind also tendenziell nicht zu beobachten. Die Ausführungen zum Verdrängungseffekt haben gezeigt, dass die Wahrnehmung von Fremdkontrolle durch leistungsorientierte Entlohnung eine positive Motivationswirkung verdrängen kann. Die Betriebsleiter antworten hier in unterschiedliche Richtungen. Die Betriebsleiter, die zum insgesamt kritischsten Cluster hinsichtlich der möglichen Nachteile dieser Entlohnungsform gehören, stimmen hier eher zu. Differenzierte Handlungsempfehlungen für die Leistungsentlohnung in unterschiedlichen Rechtsformen lassen sich aus den Ergebnissen der Clusteranalyse nicht direkt ableiten.

Wie die logistische Regression zeigt auch die Clusteranalyse, dass sich die Betriebsleiter in ihrer Einstellung zu Leistungslöhnen unterschieden. Für die Großbetriebe lässt sich festhalten, dass in diesen die Erfüllung der notwendigen Erfolgsbedingungen für leistungsorientierte Entlohnungssysteme die größte Herausforderung stellt.

5.5.2 Erfahrungen der Arbeitnehmer mit leistungsorientierter Entlohnung