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5 Empirische Analyse zur leistungsorientierten Entlohnung in der Landwirtschaft110

5.5 Erfahrungen mit leistungsorientierter Lohngestaltung

5.5.1 Erfahrungen der Betriebsleiter

5.5.1.1 Ergebnisse der logistischen Regression

Mit Hilfe verschiedener binärer Logit-Modelle soll der Einfluss unterschiedlicher unabhängiger Variablen auf die abhängige Variable „Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung“ untersucht werden. Ziel der Logitanalyse ist zu modellieren, welche

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Variablen die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, dass ein Betriebsleiter bereits Erfahrung mit leistungsorientierten Entlohnungssystemen gesammelt hat. Außerdem soll das Modell zeigen, in welche Richtung der Zusammenhang zwischen unabhängiger und abhängiger Variablen gilt.

Die logistische Regression ermöglicht den Einfluss von unabhängigen intervallskalierten, dichotomen und kategorialen (nach Transformation in dichotome Variable) Variablen auf eine dichotome (binär logistische Regression) oder polytom nicht-metrische abhängige Variable (multinomiale logistische Regression) zu messen (DIEKMANN 2004: 614).

Die abhängige Variable, die bei der binär logistischen Regression in der Regel die Werte „0“ oder „1“ hat, wird durch logarithmieren und weitere Umformungen so transformiert, dass sie einen theoretischen Wertebereich -∞ bis +∞ annehmen kann. Als abhängige Größe wird die Wahrscheinlichkeit des Übergangs zur Referenzgruppe p(yi=1) betrachtet. SPSS sieht als Referenzgruppe immer die Gruppe mit der höchsten Codierung an. Im hier vorliegenden Logit-Modell ist die Zustimmung zur Frage „Haben Sie bereits Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung gesammelt?“ die Referenzgröße.

Die Schätzung der ß–Koeffizienten zur Trennung der zwei Ausprägungen der abhängigen Variablen wird mit der Maximum-Likelihood-Methode vorgenommen.

Im Untersuchungsmodell der empirischen Analyse wurde angenommen, dass verschiedene Einflussgrößen die Eignung bzw. die Wahl eines Anreizsystems begründen können.

Im Folgenden wird geprüft, welchen Einfluss verschiedene Variablen auf die Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung haben. Hierzu zählen:

• Flächenausstattung und Tierbestände,

• Anzahl der Arbeitskräfte,

• Produktionsrichtung und –weise, Rechtsform,

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• Mitarbeitermotivation,

• Betriebsleitereigenschaften und –einstellungen,

• und soziodemographische Angaben der Betriebsleiter.

Die Logit-Modelle wurden durch die zweistufige Eliminierung von Ausreißern verbessert, deren Pearson-Residuen sich um mehr als zwei Standardabweichungen von den anderen Fällen unterschieden (FROMM 2005: 27).

Zunächst wird der Einfluss unterschiedlicher Betriebsgrößenkennzahlen auf die Erfahrung der Betriebsleiter mit leistungsorientierter Entlohnung untersucht. Die dazugehörigen Logit-Modelle sind in Tabelle 27 dargestellt.

Das Modell „Milchkühe und Acker“ zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Betriebsleiter bereits Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung gesammelt hat, steigt, wenn

• die Anzahl der Milchkühe und Rinder zunimmt und

• die Gesamtfläche des Betriebes steigt.

Hingegen sinkt die Wahrscheinlichkeit der Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung mit steigender Ackerfläche.

Auch in Schweine haltenden Betrieben steigt die Wahrscheinlichkeit der Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung mit steigender Bestandesgröße und Gesamtfläche des Betriebes. Der Einfluss der Größe des Mastschweinebestandes ist sogar hoch signifikant. Analog zum Modell „Milchkühe und Acker“ hat eine zunehmende Ackerfläche eine senkende Wirkung auf die Wahrscheinlichkeit mit leistungsorientierter Entlohnung.

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TABELLE 27:EINFLUSS DER BETRIEBS- UND BESTANDESGRÖßEN AUF DIE ERFAHRUNG MIT LEISTUNGSORIENTIERTER ENTLOHNUNG

Modell „Milchkühe und Acker“

n=135 Modell „Acker und Schweine“

n=32 Regressionskoeffizienten β

Konstante -1,668*** -3,813*

Anzahl Milchkühe ,002

Anzahl Rinder ,001

Mastschweineplätze 0,002**

Zuchtsauen 0,002

Ackerfläche in ha -,003* -0,009*

Gesamtfläche in ha ,003** ,007*

Cox-Snell-Pseudo r²: 0,223 0,478

Nagelkerkes r²: 0,298 0,638

Prozentsatz der Richtigen 72,6 % 81,3 %

Signifikanzniveaus: *p ≤ 0,05, **p ≤ 0,01, ***p ≤ 0,001

Quelle: Eigene Erhebung, Betriebsleiterbefragung, ohne Ausreißer

Die Güte der Modellanpassung bewegt sich mit Pseudo-r²-Werten zwischen 0,223 und 0,298 im Modell „Acker und Milchkühe“ und 0,478 und 0,638 im Modell „Acker und Milchkühe“ im akzeptablen bis guten Bereich (DIAZ-BONEUND KÜNEMUND 2003: 13).

Dies verdeutlicht auch der gute Prognoseerfolg des Modells. Das erste Modell ordnet mit Hilfe der ausgewiesenen Parameter die Betriebsleiter zu 72,6 % der richtigen Gruppe, das zweite Modell mit 81,3 %.

Die betriebswirtschaftliche Ausrichtung des Betriebes liefert keinen bedeutenden Erklärungsbeitrag zur Prognose der Wahrscheinlichkeit einer leistungsorientierten Entlohnung, aus diesem Grunde ist das Logit-Modell nicht aufgeführt. Dieses Ergebnis

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ist durchaus konsistent mit den obigen Modellen, die deutlich machen, dass die Betriebs- bzw. Bestandsgröße eine entscheidende Variable ist. Da in der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung jedoch Betriebe mit unterschiedlichen Größen enthalten sind, liefert diese Variable keinen Beitrag zur Erklärung des Sachverhalts.

Auch die soziodemographischen Variablen wie Bildungsgrad, Alter und Geschlecht des Betriebsleiters liefern keinen signifikanten und deutlichen Betrag auf die abhängige Variable.

Hingegen erhöht die Zugehörigkeit zur Rechtsform juristischer Personen die Wahrscheinlichkeit, dass der Betriebsleiter schon einmal Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung gesammelt hat.

Betriebsleitereigenschaften

Wie Tabelle 28 zeigt, kann ein Teil der Varianz der Zustimmung zu den Erfahrungen mit leistungsorientierter Entlohnung durch weitere unabhängige Variablen erklärt werden. Hierzu wurden verschiedene Variablen schrittweise in das Modell aufgenommen. Es wurde der Algorithmus „Vorwärts schrittweise Likelihood-Quotient“

verwendet. D.h., es wird in jedem Schritt (nach Aufnahme der Konstanten) eine Variable aufgenommen, die den größten Teil der Varianz erklärt und das Wahrscheinlichkeitsverhältnis maximiert.

TABELLE 28:BINÄRES LOGIT-MODELL ZUR ERFAHRUNG MIT LEISTUNGSORIENTIERTER

ENTLOHNUNG

Regressionskoeffizient β Effekt-Koeffizient (Exp(β))

Konstante -0,703** 0,495

Anzahl Fremdarbeitskräfte 0,032** 1,033

„Gute Leistung honorieren

wir immer finanziell“ 0,528* 1,696

„Leistungslohnsysteme brauche ich in meinem Betrieb nicht, da er übersichtlich strukturiert ist.“

-1,046*** 0,351

„Lob und Tadel haben einen größeren

Motivationseffekt als das Vergütungssystem.“

-0,613* 0,542 Teststatistik: Chi²:73,30*** p<0,001; Cox-Snell-Pseudo r²: 0,317, Nagelkerkes r²:0,428, Prozentsatz der

Richtigen: 72,9 %, Signifikanzniveaus: * p ≤ 0,05, ** p ≤ 0,01, *** p ≤ 0,001 Quelle: Eigene Berechnung, n=192, ohne Ausreißer

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In das Logit-Modell fließen 192 Fälle ein. Die Reduzierung im Vergleich zu den 260 Datensätzen, die aus der Befragung vorliegen, resultiert aus den Fällen mit fehlenden Werten sowie aus dem Ausschluss der Ausreißer.

Das binäre Logit-Modell zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, bereits Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung gesammelt zu haben, mit der Anzahl der beschäftigten Lohnarbeitskräfte steigt. Der Zusammenhang ist hoch signifikant.

Von großer Bedeutung scheint die Einstellung des Betriebsleiters zu verschiedenen Formen der Mitarbeitermotivation zu sein. Umso mehr ein Betriebsleiter dem Statement

„Gute Leistung belohnen wir immer finanziell“ zustimmt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er bereits Erfahrung mit Leistungslohnsystemen gemacht hat. Die Variable könnte eine Tautologie zur abhängigen Variablen darstellen. Ein Betriebsleiter, der gute Leistung immer finanziell belohnt, muss aber nicht zwangsläufig durch Prämienlöhne oder Leistungszulagen entlohnen, er könnte dieses auch durch Effizienzlöhne ausdrücken oder nach Leistung befördern. Bei Betriebsleitern, die der Meinung sind, dass immaterielle Anreize, wie Lob oder Tadel, einen größeren Einfluss auf die Mitarbeitermotivation als materielle Anreize haben, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie leistungsorientiert entlohnen.

Offensichtlich hat die Komplexität der Betriebsorganisation einen höchst signifikanten Einfluss auf die abhängige Variable. Die Wahrscheinlichkeit einer an die Leistung gebundenen Vergütung sinkt mit der Zustimmung zum Statement

„Leistungslohnsysteme brauche ich in meinem Betrieb nicht, da er übersichtlich strukturiert ist.“

Als Konsequenz aus den Ergebnissen der logistischen Regression lässt sich ableiten, dass für die Wahrscheinlichkeit der Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung weniger die Mitarbeitermotivation als die Einstellung der Betriebsleiter zu Anreizsystemen von Bedeutung ist. Das Ergebnis spiegelt die kontroversen Aussagen der verschiedenen Theorien zur Gestaltung von Anreizsystemen wider. So wie es in den unterschiedlichen ökonomischen Strömungen Anhänger und Gegner materieller Anreize gibt, gibt es auch Betriebsleiter, die diese befürworten oder ablehnen. Dementsprechend neigen Betriebsleiter, die positiv zu finanziellen Anreizen eingestellt sind, eher zur

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leistungsorientierten Entlohnung als Betriebsleiter, die immaterielle Anreize befürworten.

Die in der Tabelle 28 ausgewiesenen Gütemaße für die Modellanpassung, das Cox-Snell-pseudo-r² und das Nagelkerke-r², liegen bei 0,317 bzw. 0,428. Wie bereits im ersten Modell erwähnt, deutet dies auf eine akzeptable Modellanpassung hin. Dass jedoch kein besserer Wert erreicht wird, deutet darauf hin, dass in der Befragung Variablen nicht erfasst wurden, die die abhängige Variable noch besser erklären würden. Möglicherweise liegen diese im Bereich der Betriebsleiterpersönlichkeit, und hier im Besonderen im Führungsstil. Ein Indiz für die Bedeutung der Führungsqualität kann in zwei schriftlichen Kommentaren der befragten Betriebsleiter gesehen werden.

Als Notiz neben der Frage, ob die Betriebsleiter bereits Erfahrung mit leistungsorientierter Entlohnung gesammelt hätten, wurden die folgenden Anmerkungen gemacht:

Betriebsleiter C: „Ja, da aber heutzutage Erfolge oder Misserfolge Ausdruck der Leitung sind, haben wir solche Systeme nicht in Anwendung“.

Betriebsleiter D: „Marx sagt: „Wie die Leitung, so die Leistung“.

Offensichtlich sind Führungsstile ein weiteres wichtiges Forschungsfeld des Personalmanagements in der Landwirtschaft, das aber in dieser Arbeit nicht weiter behandelt werden kann.