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Wirtschaftliche Situation von Ausländerinnen und Ausländern

IX. Zuwanderung

IX.3 Situation von Ausländerinnen und Ausländern

IX.3.6. Wirtschaftliche Situation von Ausländerinnen und Ausländern

Einkommen und Einkommensungleichheit bei Ausländern137

Das verfügbare Nettoäquivalenzeinkommen138 der aus-ländischen Bevölkerung139erreichte – gemessen am

arith-136 Ausländer in Deutschland 1998, 1999: a. a. O. S. 95.

137 Die nachfolgenden Ausführungen zur Einkommenssituation basie-ren auf einem Gutachten, das von Prof. Dr. Gert Wagner und Dr.

Peter Krause im Auftrag der Bundesregierung erstellt wurde.

138 Die nachfolgenden Ergebnisse beruhen auf Daten des Sozio-öko-nomischen Panels (SOEP). Siehe hierzu auch Materialband Kap. IX.1. Zum Konzept des Nettoäquivalenzeinkommens siehe die Ausführungen in der Einleitung, unter 5 „Methodische Fragestel-lungen an eine Armuts- und Reichtumsberichterstattung“.

139 Als „ausländische Bevölkerung“ wird die Bevölkerung bezeichnet, die in Haushalten mit mindestens einem ausländischen Haushalts-mitglied über 16 Jahren lebt; m. a. W. Personen in Haushalten mit erwachsenen Ausländern.

metischen Mittel und unter Verwendung der alten OECD-Skala – Mitte der 80er-Jahre etwa 79 % der verfügbaren Einkommen der Bevölkerung im früheren Bundesgebiet.

Bis 1996 ging der Anteil auf rund 70 % zurück, um bis 1998 wieder leicht auf 73 % anzusteigen (siehe Anhang-tabellen IX.10 und IX.11). Das Ausmaß der Ungleichheit war innerhalb der ausländischen Bevölkerung geringer als innerhalb der deutschen. Lediglich Mitte der 90er-Jahre war die Ungleichheit kurzfristig größer als bei der deutschen Bevölkerung. Diese Ungleichheitsrelationen zwischen der deutschen und der ausländischen Bevölke-rung bezüglich der verfügbaren Einkommen bestanden im Verlauf auch bei Verwendung der neuen OECD-Skala fort. Diese führte lediglich zu Niveauunterschieden, die Strukturen blieben aber gleich.

Personen in ausländischen Haushalten sind beim verfüg-baren Einkommen in wesentlich stärkerem Umfang als solche in deutschen Haushalten von relativer Einkom-mensarmut und Niedrigeinkommen betroffen (siehe An-hangtabellen IX.12 und IX.13). Über höchstens 50 % des durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens (Arith-metisches Mittel und Alte OECD-Skala) verfügten Mitte der 80er-Jahre 10,6 % der deutschen Bevölkerung, während der Anteil bei Ausländern mit 20,9 % nahezu doppelt so hoch lag. Diese unterschiedliche Betroffenheit vergrößerte sich bis Mitte der 90er-Jahre. Waren 1998 mit 11,2 % bei den Personen in deutschen Haushalten kaum Veränderungen festzustellen, erreichte der Anteil bei je-nen in ausländischen Haushalten 26,4 %.

Der Anteil der Wohlhabenden (gemessen an einer Schwelle von 200 % des durchschnittlichen Nettoäquiva-lenzeinkommens) ist unter der deutschen Bevölkerung von knapp 5 % Mitte der 80er-Jahre auf bis zu 6 % in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre gestiegen. Unter der aus-ländischen Bevölkerung schwankt der Anteil an Wohlha-benheit lediglich um 1 %.

Bei der Bewertung dieser Ergebnisse ist zum einen zu berücksichtigen, dass die ausländische Bevölkerung meist jünger ist. Zwar haben viele der im Zuge der An-werbung in den 60er- und 70er-Jahren in die Bundesrepu-blik eingereisten Ausländer inzwischen das Rentenalter erreicht, aber gerade in dieser Gruppe ist eine besonders hohe Remigration zu beobachten. Dies lässt sich auch an dem beträchtlich angewachsenen Betrag an Rentenzah-lungen ablesen, der ins Ausland transferiert wird. Zum an-deren sind die vielfach geringere Bildungs- und Ausbil-dungsbeteiligung von Ausländern und ihre höhere Arbeitslosigkeit zu berücksichtigten, wie bereits in Kap.

IX.3.2 und Kap. IX.3.3 dargestellt.

Die unterschiedliche Betroffenheit von Armut bei der an-sässigen deutschen Bevölkerung einerseits und Migranten andererseits hat sich Mitte der 90er-Jahre infolge der um-fangreichen Zuwanderungen noch verschärft. Freilich verbergen sich dahinter gegenläufige Tendenzen:

während langjährig in den alten Ländern ansässige Aus-länder ihre Einkommensposition vielfach verbessern konnten, galt dies nicht für neue Zuwanderer, die unter-durchschnittliche Einkommen und große Einkommens-probleme aufwiesen.

Sparverhalten und Heimatüberweisungen

Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ka-men ursprünglich nur für eine begrenzte Zeit nach Deutschland. Einen Teil ihrer Einkünfte überwiesen sie entweder gleich ins Heimatland oder legten diesen für eine spätere Existenzgründung im Heimatland zurück.

Eine Untersuchung ergab, dass sich die Sparziele bereits in den 80er-Jahren grundlegend verändert und das Spar-verhalten sich dem der deutschen Wohnbevölkerung an-geglichen hatte. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer, dem Familiennachzug und dem wachsenden Willen, länger als ursprünglich geplant in Deutschland zu leben, sank der Anteil der Sparer von 1980 bis 1985. Nach 1985 wurden Sparmotive durch die Studie nicht mehr erhoben. Zwi-schen 1985 und 1995 entwickelte sich das Sparverhalten in unterschiedlichen Richtungen: 1995 sparten deutlich mehr ausländische Arbeitnehmer als zehn Jahre zuvor, aber der Sparbetrag je sparendem Arbeitnehmer verrin-gerte sich im gleichen Zeitraum deutlich.140

Zeitgleich ging der Prozentsatz der Befragten, die Geld nach Hause schickten, von 37 % im Jahr 1985 auf 26 % im Jahr 1995 zurück. Bei den Befragten handelte es sich vornehmlich um verheiratete Arbeitnehmer, deren Ehe-gatten bzw. Kinder noch im Herkunftsland lebten. Infolge des Familiennachzugs ging der Anteil der Personen mit Familienangehörigen ersten Grades im Heimatland zurück, wodurch sich der Rückgang der regelmäßigen Transferzahlungen ins Herkunftsland erklärt.

Befragt wurden die ausländischen Arbeitnehmer auch speziell nach ihrem Bausparverhalten. Rund ein Viertel der Befragten hatte 1995 einen Bausparvertrag abge-schlossen. Dabei gab es kaum Unterschiede zwischen den Nationalitäten. Im Vergleich zur Befragung von 1985 hatte sich der Anteil der Bausparer unter den ausländi-schen Befragten verdoppelt. Auch das Bausparziel hatte sich verschoben: Drei Viertel wollten 1985 ihr Bauspar-vermögen im Herkunftsland verwenden, zehn Jahre spä-ter überwogen in fast allen Nationalitätengruppen dieje-nigen, die in Deutschland bauen oder Wohneigentum kaufen wollten.

Bezug von Sozialhilfe

Die Zahl der ausländischen Empfängerinnen und Emp-fänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) außerhalb von Einrichtungen erhöhte sich im früheren Bundesgebiet seit 1980 von 71 000 bis 1990 auf knapp eine halbe Million (siehe Anhangtabelle IX.14). Ende 1992 gab es im vereinten Deutschland 758 000 Ausländer mit HLU-Bezug. In den Jahren 1993 und 1994 kam es durch die Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes – Asyl-bLG (siehe Kap. IX.3.7) zu einem Rückgang. Seit 1995 stieg die Zahl der ausländischen Sozialhilfebezieher wie-der an (zur Zunahme wie-der Arbeitslosigkeit siehe bereits oben unter Kap. IX.3.3). Belief sich der Anteil der Aus-länder an allen HLU-Empfängern Ende 1980 auf 8 %, so

140 Siehe hierzu Repräsentativuntersuchungen des Bundesministeriums für Arbeit in den Jahren 1980, 1985 und 1995 zur Analyse der Situa-tion der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen.

war Ende 1998 etwa ein Viertel der HLU-Empfänger Aus-länder.

Die Sozialhilfequote, d. h. die Inanspruchnahme von So-zialhilfe durch einzelne Bevölkerungsgruppen, zeigte fol-gendes Bild:

– Waren 1980 die Sozialhilfequoten der deutschen und nichtdeutschen Empfänger noch nahezu identisch, ver-siebenfachte sich die Quote der Hilfebezieher unter den Ausländern bis 1993, dem Jahr der Einführung des AsylbLG, auf 10,7 %. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Quote der deutschen Empfänger nur von 1,4 % auf 2,3 %. Auch im Zeitraum 1994 bis 1998 wuchs die Sozialhilfequote der Ausländer stärker (von 6,3 % auf 9,1 %) als die der Deutschen (von 2,4 % auf 3,0 %).

– Ausländische Frauen hatten mit 10,2 % eine höhere Sozialhilfequote als ausländische Männer mit 8,2 % (dieser Unterschied ist noch etwas stärker ausgeprägt als bei der deutschen Bevölkerung, in der die Frauen eine Sozialhilfequote von 3,3 % gegenüber Männern mit 2,6 % hatten).

– Ausländische Kinder und Jugendliche wiesen mit 14,1 % eine mehr als doppelt so hohe Sozialhilfequote auf als Deutsche unter 18 Jahren (mit 5,9 %).

– Auch Personen ab 60 Jahren hatten im Gegensatz zur deutschen Bevölkerung überdurchschnittliche Sozial-hilfequoten.

Die Angewiesenheit auf Sozialhilfe kann durch eine be-sondere soziale Situation bedingt sein. Soziale Ausnah-metatbestände wie z. B. Trennung/Scheidung oder Geburt eines Kindes lagen bei 18,7 % der ausländischen Sozial-hilfehaushalte vor. Bei 81,3 % der SozialSozial-hilfehaushalte lag den Angaben zufolge keine besondere soziale Situa-tion vor, vielmehr stand die Bedürftigkeit eher im Zusam-menhang mit dem jeweiligen Erwerbsstatus. Hier

spie-gelte sich die Situation am Arbeitsmarkt mit einer fast doppelt so hohen Erwerbslosenquote der Ausländer wie die der Deutschen wider. Erwerbslosigkeit stellte somit eine der Hauptursachen für den Sozialhilfebezug dar.

Von den rund 415 000 ausländischen HLU-Empfängern im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 64 Jahren waren 8,2 % erwerbstätig (deutsche Hilfeempfänger: 8,5 %) und 36,7 % arbeitslos gemeldet (deutsche Hilfeempfänger 41,2 %). Dagegen war der Anteil der aus sonstigen Grün-den nicht Erwerbstätigen unter Grün-den ausländischen Hilfe-beziehern mit 55,1 % höher als bei deutschen Empfängern (50,3 %). Der Grund für die Nichterwerbstätigkeit war bei 13,8 % eine häusliche Bindung, weitere Ursachen waren Ausbildung (5,9 %), Krankheit (4,6 %) oder das Alter (1,9 %). Nicht erwerbstätig aus sonstigen Gründen waren 28,9 % der ausländischen HLU-Empfänger; dieser Anteil lag deutlich höher als der unter den deutschen Hilfebezie-hern (17,8 %). Dies deutet auf fehlende sprachliche, schu-lische und berufliche Qualifikationen hin.

Die Ausbildungsdefizite der ausländischen Hilfebezieher werden deutlich, wenn man das Niveau ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung näher betrachtet (siehe dazu auch oben unter Kap. IX.3.2). Bei etwa der Hälfte der aus-ländischen Sozialhilfeempfänger im Alter von 15 bis 64 Jahren war der schulische bzw. berufliche Abschluss un-bekannt oder sie waren noch in Ausbildung (deutsche Hil-feempfänger: ca. ein Drittel). Sofern der Schulabschluss bekannt war, hatten 40 % der ausländischen Hilfeempfän-ger einen Volks- oder Hauptschulabschluss (deutsche Hil-feempfänger: 54 %) und 35,7 % einen höheren Abschluss (deutsche Hilfeempfänger: 35,1 %). Keinen Schulab-schluss hatte etwa ein Viertel der ausländischen gegenüber 10,9 % der deutschen Hilfeempfänger aufzuweisen.

Ta b e l l e IX.1 Haushalte von Empfänger/-innen laufender Hilfe zum Lebensunterhalt

außerhalb von Einrichtungen am 31. Dezember 1998

Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

Ein Blick auf die Berufsausbildung der 18- bis 64-jähri-gen ausländischen Sozialhilfeempfänger (soweit nicht in Ausbildung bzw. Abschluss unbekannt) zeigt weiter, dass 23,5 % über eine abgeschlossene Lehre verfügten (deut-sche Hilfeempfänger: 40,4 %) und 13,8 % einen höheren beruflichen Abschluss erreicht hatten (deutsche empfänger: 9,2 %). Rund 63 % der ausländischen Hilfe-empfänger hatten jedoch keinen beruflichen Ausbil-dungsabschluss (deutsche Hilfeempfänger: 50,4 %). Um die Chancen der Globalisierung nutzen zu können, müs-sen in vielen Bereichen auch Ausländer zunehmend höhere Bildungsanforderungen erfüllen.

In der ausländischen Bevölkerung war der Anteil der Min-derjährigen (23,9 %) höher als bei den Deutschen (18,7 %).141Die Sozialhilfequote der ausländischen Min-derjährigen war mehr als doppelt so hoch wie die der deut-schen Minderjährigen. Während deutsche Kinder und Ju-gendliche mit Sozialhilfebezug zum großen Teil in Haushalten von allein Erziehenden lebten, waren unter den Ausländern eher kinderreichere Ehepaare auf ergän-zende Hilfe angewiesen.

Eine überdurchschnittlich hohe Sozialhilfequote wiesen auch Ausländer ab 60 Jahren auf, während ältere Deutsche eine relativ geringe Sozialhilfequote hatten. Dies dürfte im Wesentlichen auf geringere Rentenansprüche der in Deutschland lebenden Ausländer zurückzuführen sein.142 Diese könnten darauf beruhen, dass ausländische Arbeitnehmer häufig geringere Einkommen als deutsche Arbeitnehmer erzielten oder durch späten Zuzug eine kürzere Erwerbsbiografie in Deutschland hatten.

IX.3.7 Leistungen nach