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Seit der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte in den 50er-Jahren hat die ausländische Bevölkerung erheblich zur wirtschaftlichen Entwicklung und Prosperität Deutschlands beigetragen. Ausländische Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer, Selbstständige und ihre Angehöri-gen sind ebenso wie die seit 1950 aufAngehöri-genommenen Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler ein aktiver Faktor des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Geschehens;

sie schaffen Arbeitsplätze, zahlen Steuern und Beiträge zu den Sozialversicherungssystemen. Zugleich bedeutet die Zuwanderung von Spätaussiedlern und Ausländern eine erhebliche gesellschaftspolitische Integrationsaufgabe.

Dabei kommt der Sprache als wesentlichem Integrations-faktor große Bedeutung zu.

Nach Deutschland kommen vorwiegend Arbeitskräfte, Familienangehörige, Spätaussiedler, jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion, freizügigkeitsberech-tigte Staatsangehörige aus den Mitgliedstaaten der EU und anerkannte Flüchtlinge. Hinzu kommen Bürger-kriegsflüchtlinge sowie Asylbewerber, die nach Beendi-gung der Bürgerkriegssituation oder nach negativem Aus-gang der Asylverfahren Deutschland grundsätzlich wieder verlassen müssen.

Im Folgenden soll die Lebenssituation der Zuwanderer dargestellt und näher analysiert werden. Dabei soll insbe-sondere untersucht werden, inwieweit soziale Problemla-gen etwa in den Bereichen Bildung, Erwerbstätigkeit oder

Wohnen die Integration von Zuwanderern erschweren oder sogar zu ihrer sozialen Ausgrenzung führen können.

IX.1 Entwicklung der Zuwanderung

Ende 1998 lebten in Deutschland rund 7,3 Mio. Auslän-derinnen und Ausländer, dies entsprach einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von 9 %. Zwischen 1973 und 1998 wanderten rund 8,4 Mio. Ausländer nach Deutsch-land, während im gleichen Zeitraum 7,5 Mio. Ausländer wieder wegzogen; dies entsprach einem positiven Wan-derungssaldo von 0,9 Mio. Personen. Durch die Anwer-bung ausländischer Arbeitskräfte wuchs die ausländische Bevölkerung von 1955 bis 1973 zunächst auf rund 4 Mio.

Personen an. Auch nach dem Anwerbestopp im Jahre 1973 stieg die Zahl der in Deutschland lebenden Auslän-der bis 1998 weiter auf 7,3 Mio. (siehe Anhangtabelle IX.1).129Von den 1998 in Deutschland lebenden Auslän-dern waren 17 % Flüchtlinge (inkl. Asylbewerber). Die Zahl der Flüchtlinge war von 700 000 im Jahre 1987 auf rund 1,9 Mio. im Jahre 1993 gestiegen; Ende 1998 lebten ca. 1,25 Mio. Flüchtlinge (inkl. Asylbewerber) im Bun-desgebiet. Zu einer weiteren Zuwanderung kam es durch Zusammenfassung

In der Bundesrepublik Deutschland lebten 1998 rund 6,6 Mio. schwerbehinderte Menschen, das waren etwas über 8 % der Wohnbevölkerun g (Stand: 31. Dezember 1998). Trotz vieler Fortschritte auf dem Gebiet der Behinder-tenpolitik ist eine tatsächliche Chancengleichheit und die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Behin-derten und NichtbehinBehin-derten noch nicht erreicht.

Die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen lag 1998 mit bundesweit 18 % weit über der allgemeinen Ar-beitslosenquote. Die Verpflichtungen des Schwerbehindertengesetzes zur Beschäftigung schwerbehinderter Men-schen bzw. zur Entrichtung einer Ausgleichsabgabe waren nicht zielführend. Die Integration von Behinderten in den ersten Arbeitsmarkt war unzureichend, da die privaten Arbeitgeber der Beschäftigungspflicht des Schwerbe-hindertengesetzes nicht im vorgeschriebenen Maß nachgekommen sind. Seit Beginn der 90er-Jahre war die Ver-mittlung schwerbehinderter Menschen in den ersten Arbeitsmarkt von Stagnation gekennzeichnet.

Familien mit behinderten Eltern und Frauen mit einer Behinderung waren häufiger arbeitslos und daher von So-zialhilfe abhängig. Die hohe Arbeitslosigkeit behinderter Menschen spiegelt sich in ihrer Einkommenssituation wi-der, auch wenn die Datenlage lückenhaft und verbesserungsbedürftig ist. Haushalte mit behinderten Elternteilen verfügten im Schnitt über weniger als halb so viel Geld wie der durchschnittliche Haushalt mit Kindern in Deutsch-land. Hinsichtlich der finanziellen Situation behinderter Frauen sind keine genauen Zahlen vorhanden. Studien deuten aber darauf hin, dass Frauen mit Behinderung sowohl im Vergleich mit behinderten Männern als auch mit Nichtbehinderten über eine schlechtere Einkommenssituation verfügten.

Barrierefreies Wohnen ist für in ihrer Mobilität behinderte Menschen eine wichtige Voraussetzung für eine voll-wertige Teilhabe am Leben der Gesellschaft. Trotz aller Anstrengungen stand 1998 allerdings barrierefreier und behinderungsgerechter Wohnraum noch nicht im erforderlichen Umfang zur Verfügung, woran häufig die ange-strebte Verselbstständigung noch im Elternhaus lebender behinderter Menschen scheiterte.

129 Zur Zahl der Menschen ohne Aufenthaltsstatus liegen keine zuver-lässigen Daten vor. Einen Einblick in die Lebenswelt dieser Gruppe geben lediglich Erfahrungsberichte von Kirchen, Wohlfahrtsver-bänden und Gewerkschaften. Siehe hierzu auch Alt, J.: Illegal in Deutschland, 1999.

die Aufnahme von Spätaussiedlerinnen und Spätaussied-lern. So wurden 1998 rund 100 000 Spätaussiedler in Deutschland aufgenommen.

IX.2 Situation von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern

Die Datenlage – insbesondere zur sozialen Situation von Aussiedlern – ist wenig befriedigend.130Zwar sind Anga-ben über ihre Herkunftsländer, Einreise und Verteilung auf die Länder (inkl. Wohnsituation) verfügbar, eine wei-ter gehende aussiedlerspezifische Datenerhebung kann aber nicht erfolgen, da Spätaussiedler sowie die in ihrem Aufnahmebescheid einbezogenen nichtdeutschen Ehe-gatten oder Abkömmlinge mit der Aufnahme Deutsche im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 GG (§ 4 Abs. 3 Satz 2 BVFG) sind und somit nicht gesondert statistisch erfasst werden. Eine Ausnahme bildet lediglich die Arbeitslosen-statistik der Bundesanstalt für Arbeit, die Spätaussiedler bis zu einer Dauer von fünf Jahren nach Einreise geson-dert ausweist.

Aufnahme von Spätaussiedlern131

Zwischen 1950 und 1998 kamen rund 4 Mio. Aussiedler (seit 1993 Spätaussiedler) nach Deutschland. Die Auf-nahme stieg in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre stark an und erreichte 1990 mit rund 400 000 Aussiedlern den Höhepunkt. Anschließend ging die Zuwanderung durch die im Aussiedleraufnahmegesetz (AAG) vorgesehenen Regelungen kontinuierlich zurück und belief sich 1998 auf rund 100 000 Aussiedler. Ursprünglich kam die ganz überwiegende Zahl der nach dem Bundesvertriebenenge-setz einreisenden Personen aus Polen. Seit Inkrafttreten des Bundesvertriebenengesetzes in der neuen Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 2. Januar 1993 kommt die überwiegende Zahl der Betroffenen aus den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion (siehe An-hangtabelle IX.2).

Wie bei der einheimischen deutschen Bevölkerung sind über die Hälfte der Spätaussiedler Frauen (siehe Anhang-tabelle IX.3). Rund ein Drittel der Spätaussiedler sind Kinder unter 18 Jahren (deutsche Bevölkerung: 20 %).

46 % aller Spätaussiedler sind zwischen 18 und 45 Jahren alt (Deutsche: 39 %). Die Bundesrepublik erfährt somit durch diese Zuwanderung eine „Verjüngung“ und muss daher bei allen Integrationsbemühungen die junge Gene-ration besonders fördern. Hierbei ist auch die Qualifika-tion der Zuwanderer (siehe Anhangtabelle IX.4) zu berücksichtigen.

Wohnsituation

Die Spätaussiedler werden nach ihrer Aufnahme in Deutschland aus den Erstaufnahmeeinrichtungen auf der Grundlage des Wohnortzuweisungsgesetzes auf die ein-zelnen Länder verteilt. Das Bestreben der Spätaussiedler, sich nach der Einreise bevorzugt in der Nähe von Ver-wandten und Bekannten niederzulassen, hat in einigen Regionen zwischen 1989 und 1996 zur Entstehung von Hauptzuzugsgebieten geführt. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, wurde der Bezug von Sozial- und Ein-gliederungshilfe an den Zuweisungsort gebunden. Dort erfolgt die Unterbringung zunächst befristet in Über-gangswohnheimen, bis die Spätaussiedler Wohnungen auf dem freien Markt oder – abhängig von den Einkom-mensverhältnissen – Sozialwohnungen erhalten. Die Ein-gliederung von Spätaussiedlern in den Wohnungsmarkt wirft keine Probleme auf, zumal auch die Zuwanderungs-zahlen seit 1990 kontinuierlich zurückgingen.

Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosenzahlen bei den Aussiedlern haben sich in den Jahren 1990 bis 1998 wie folgt entwickelt (Durch-schnittswerte):

Blieb die Anzahl der arbeitslosen Spätaussiedler von 1990 bis 1992 relativ konstant, so stieg sie in den Jahren 1993 und 1994 als Folge der hohen Zuzugszahlen Ende der 80er- bis Anfang der 90er-Jahre sowie aufgrund der all-gemein steigenden Arbeitslosigkeit sprunghaft an und verharrte bis 1997 auf hohem Niveau. Die 1998 zu ver-zeichnende Abnahme der Arbeitslosigkeit ist u. a. auf die stark sinkenden Zuzugszahlen zurückzuführen. Da ar-beitslose Spätaussiedler nach fünf Jahren nicht mehr ge-sondert durch die Arbeitsämter erfasst werden (dazu be-reits oben), sind Aussagen über die Erwerbsbeteiligung von Spätaussiedlern, die schon länger in Deutschland le-ben, nicht möglich.

IX.3 Situation von Ausländerinnen und Ausländern

IX.3.1 Struktur der ausländischen Bevölkerung Von rund 7,3 Mio. Ausländerinnen und Ausländern, die 1998 in Deutschland lebten, kamen rund 25 % aus der Eu-ropäischen Union. Den stärksten Anteil an der ausländi-schen Bevölkerung hatten Staatsangehörige der Türkei mit 29 %, der Bundesrepublik Jugoslawien mit 10 %, Ita-liens mit 8 %, Griechenlands mit 5 % und Polens mit 4 % (siehe auch Anhangtabelle IX.5). 45 % der in der Bun-desrepublik Deutschland lebenden ausländischen Staats-angehörigen waren Frauen; davon stammten 29 % aus der Türkei. Im Laufe der Zeit nahm der Anteil der Frauen in-nerhalb der ausländischen Bevölkerung kontinuierlich zu.

Grund dafür waren hauptsächlich Familienzusammen-führungen. 1961 kamen auf 1 000 ausländische Männer im früheren Bundesgebiet 451 ausländische Frauen, 1975 waren es 676 und 1998 – in der gesamten Bundesrepublik Deutschland – 818. Die regionale Verteilung der auslän-dischen Bevölkerung ist sehr unterschiedlich. Erheblich

130 Auch zur Sozialhilfeabhängigkeit von Spätaussiedlern gibt es bis-her keine fundierten und repräsentativen Erkenntnisse auf Basis der amtlichen Statistik, da Aussiedler im Sinne Artikel 116 GG Deut-sche sind und die Sozialhilfestatistik nicht das Merkmal „Aussied-ler“ bzw. „Übersied„Aussied-ler“ erfasst.

131 Zur heutigen Rechtslage der Aufnahme von Spätaussiedlern siehe Materialband Kap. IX.2

über dem Bundesdurchschnitt liegen Baden-Württem-berg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen (siehe Anhangtabelle IX.6). Besonders hohe Ausländeranteile haben Städte wie Frankfurt am Main, Stuttgart, München, Köln, Düsseldorf, Wiesbaden, Duis-burg und HamDuis-burg.

Vergleicht man die Altersstruktur der ausländischen und der deutschen Bevölkerung, wird deutlich, dass die aus-ländische Bevölkerung erheblich jünger ist. So waren 1998 23 % aller Ausländer (1,6 Mio.) unter 18 (bei Deut-schen 19 %), 73 % (5,4 Mio.) zwiDeut-schen 18 und 65 sche: 64 %) und nur 4 % (0,3 Mio) über 65 Jahre alt (Deut-sche: 17 %). Der Anteil der älteren Ausländer über 65 stieg in den letzten Jahren allerdings langsam an (1997:

3 %; 1998: 4 %). Von den 1998 in Deutschland lebenden Ausländern wurden 22 % (1,6 Mio.) hier geboren. Bei den unter 18-Jährigen waren es 67 % (1,1 Mio.), bei den un-ter 6-Jährigen bereits 88 % (0,5 Mio.).

IX.3.2 Bildung und Ausbildung

Die Bildungsbeteiligung von Schülerinnen und Schülern ausländischer Herkunft hat im Vergleich zur Gesamtver-teilung der Schüler ein deutlich anderes Gesicht. Während 1998 in Deutschland insgesamt rund 40 % aller Schüler das Gymnasium, rund 23 % die Realschule und 20 % die Hauptschule sowie 17 % die integrierte Gesamtschule be-suchten, verteilten sich Kinder ausländischer Herkunft zu 9,4 % auf das Gymnasium, zu 8,4 % auf Realschulen, aber zu 67,7 % auf Hauptschulen. Zwar hat sich in der Ent-wicklung seit 1980 eine leichte Verschiebung in Richtung höherer Allgemeinbildung vollzogen, doch bleiben Betei-ligungsdefizite sichtbar (siehe Anhangtabelle IX.8).

Die Zahl der Schulabgänger ausländischer Nationalität aus allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen lag 1998 bei 98 035, davon kamen 85 735 aus allgemein

bil-denden und 12 300 aus berufsbilbil-denden Schulen. Dies waren zusammen 12 % aller Abgänger. Davon verließen 17 % die Schule ohne Hauptschulabschluss (einschließ-lich Sonderschulen), 36,7 % mit Hauptschulabschluss, 31,8 % mit Realschulabschluss und 14,5 % mit Hoch-schulreife. Insgesamt hat sich der Trend zu höheren Schulabschlüssen bei den Ausländern seit 1993 ver-langsamt (siehe Anhangtabelle IX.9). Da demgegenüber bei den deutschen Jugendlichen der Trend zu höheren Ab-schlüssen anhielt, hat sich der Abstand zwischen den pro-zentualen Anteilen höherer Schulabschlüsse von deut-schen und ausländideut-schen Jugendlichen nicht verringert.

Der Ausländeranteil an den berufsbildenden Schulen sank von 8,9 % (1997) auf 8,5 % (1998). 220 058 ausländische Schüler besuchten 1998 die Berufsschule. Im Berufsvor-bereitungsjahr und im Berufsgrundbildungsjahr war fast jeder fünfte Schüler Ausländer, der Ausländeranteil an Berufsfachschulen betrug 11 % (1998). Bei den ausländi-schen Schülern zeigte sich eine ähnliche geschlechtsspe-zifische Bildungsbeteiligung wie bei deutschen Schülern.

Mädchen besuchten häufiger weiterführende Schulen und verfügten über bessere Schulabschlüsse als junge Männer.

Die Ausbildungssituation junger Zuwanderinnen und Zu-wanderer hatte sich seit Mitte der 80er-Jahre verbessert.132 Seit 1994 war allerdings der Anteil derer, die eine Ausbil-dung absolvierten, wieder tendenziell rückläufig (Ausbil-dungsbeteiligung 1986: 25,4 %, 1994: 43,5 %; 1997:

37,3 % 1998: 37,8 %; zum Vergleich deutsche Jugendli-che 1997: 62,3 %, 1998: 65,9 %). Bei den jungen Frauen ausländischer Herkunft sank die Ausbildungsbeteiligung von 34 % im Jahr 1994 auf 31 % im Jahr 1997, bei jungen Ta b e l l e IX.1 Arbeitslosigkeit von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern 1996 bis 1998

Quelle: Bundesanstalt für Arbeit

132 Siehe zu den Zahlen im Einzelnen die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegebenen jährlichen Berufsbil-dungsberichte sowie die zweijährlichen Veröffentlichungen

„Grund- und Strukturdaten“.

Männern ging sie in diesem Zeitraum von 50 % auf 43 % zurück. Der Anteil der jungen Frauen unter den ausländi-schen Auszubildenden stieg dabei von 38,1 % (1997) auf 38,6 % (1998). Bei den deutschen Auszubildenden lag der Frauenanteil im Vergleichszeitraum bei 40 %. Der Anteil der ausländischen Auszubildenden an allen Auszubilden-den in Auszubilden-den alten Ländern ging 1998 auf 8 % (Vorjahr:

8,7 %) zurück. Die Gründe dafür sind vielfältig: Rück-gang der Zahl der Ausbildungsplätze; schlechtere Schul-abschlüsse im Vergleich zu deutschen Jugendlichen trotz stetiger Verbesserungen in den letzten Jahren; Sprachde-fizite, die sich insbesondere bei Test- und Auswahlver-fahren bemerkbar machen; unzureichende Information ausländischer Familien über die Chancen, die eine quali-fizierte Berufsausbildung im dualen System bietet und die immer noch bestehende Zurückhaltung vieler Betriebe bei der Ansprache ausländischer Jugendlicher. Hinzu kommt, dass häufig Jugendliche ausländischer Herkunft nicht über die notwendige Handlungskompetenz bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz verfügen. Sie verlas-sen sich nahezu ausschließlich auf die Berufsberatung der Bundesanstalt für Arbeit und haben häufig keinen Überblick über die Vielzahl der verschiedenen Suchstra-tegien – wie etwa Initiativbewerbungen.

Die vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Auf-trag gegebene Untersuchung des EMNID-Instituts über

„Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung“

(1998) hat deutlich gemacht, dass in der Altersgruppe der jungen Menschen (20 bis 29 Jahre) insgesamt 11,6 % ohne eine berufliche Erstausbildung geblieben sind. Bei den Deutschen waren dies 8,1 %, bei den ausländischen jungen Menschen hingegen 32,7 %.

IX.3.3 Erwerbsbeteiligung und Arbeitslosigkeit Mit der Zunahme der ausländischen Wohnbevölkerung stieg auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig be-schäftigten Ausländerinnen und Ausländer bis 1993 auf 2,17 Mio. im früheren Bundesgebiet deutlich an. Erst an-schließend, dem 1992 einsetzenden allgemeinen Beschäfti-gungsabbau verzögert folgend, ging die Zahl der beschäf-tigten Ausländer wieder, wenn auch nur geringfügig, zurück. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Beschäftigten be-trug 7,4 % (Stand: Juni 1998). Der Anteil der Frauen bei den sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländern be-lief sich auf 34,1 % (Juni 1998), bei deutschen Beschäftig-ten lag er bei 44 %. Entsprechend der regionalen Verteilung der ausländischen Wohnbevölkerung hatte die Ausländer-beschäftigung in den neuen Ländern mit einem Anteil an der Gesamtbeschäftigung von 0,9 % nur geringe Bedeutung.

Im Hinblick auf die prognostizierten strukturellen Verän-derungen am Arbeitsmarkt mit einem zunehmenden Be-darf an Fachkräften bei gleichzeitigem Wegfall von Ein-facharbeitsplätzen wird auch bei den Ausländern eine Erhöhung der beruflichen Qualifikation in den nächsten Jahren zunehmend wichtiger werden. Neben der sicheren Beherrschung der deutschen Sprache ist für junge Zu-wanderer eine abgeschlossene Berufsausbildung eine we-sentliche Voraussetzung dafür, einen qualifizierten Ar-beitsplatz zu finden.

Trotz zunehmender Ausländerbeschäftigung bis 1995 wuchs die Arbeitslosigkeit der Ausländer gleichzeitig überdurchschnittlich an. Seit ihrem letzten Tiefstand 1990 hat sich die Zahl der im Jahresdurchschnitt arbeitslosen Ausländer im früheren Bundesgebiet von 203 000 auf 505 158 im Jahr 1998 mehr als verdoppelt. Erstmals 1998 ging die Zahl der arbeitslosen Ausländer wieder auf 534 698 im gesamten Bundesgebiet zurück (20,3 %). Da-mit lag die Arbeitslosenquote der Ausländer (bezogen auf die abhängig beschäftigten Ausländer) allerdings weiter-hin deutlich über der vergleichbaren allgemeinen Arbeits-losenquote (Deutsche und Ausländer) – bezogen auf die abhängig beschäftigten zivilen Erwerbspersonen – von 12,3 % im Jahresdurchschnitt 1998. Ursachen für den überdurchschnittlichen Anstieg der Ausländerarbeitslo-sigkeit der letzten Jahre sind häufig Defizite im Bereich der beruflichen Qualifikation. Dabei ist allerdings auch zu beobachten, dass vorhandene Qualifikationen in vielen Fällen nicht dokumentiert sind. Nach der letzten Arbeits-marktstrukturanalyse hatten von den Ausländern, die Ende September 1998 arbeitslos waren, 77,1 % keine ab-geschlossene Berufsausbildung (Deutsche 32,2 %).

IX.3.4 Wohnsituation

Allgemeine Wohnraumversorgungsprobleme bestehen für Familien ausländischer Herkunft nicht,133 vielmehr zeigen sie nach einer Studie von MARPLAN134insgesamt eine hohe Wohnzufriedenheit. Bei einigen Ausländer-gruppen ist die Wohnraumversorgung, etwa im Hinblick auf die verfügbare Wohnfläche und die Wohnungsausstat-tung, zwar ungünstiger als bei der deutschen Wohnbevöl-kerung. Die Unterschiede sind im Laufe der Zeit aber ge-ringer geworden; Ähnliches gilt für die Haushalts- und Familienstrukturen von Zuwandererfamilien.

Allgemein unterschied sich die Wohnsituation von Aus-ländern und Deutschen 1998 noch darin, dass die Mietbe-lastung bei der Betrachtung aller ausländischen Haushalte geringfügig höher und die durchschnittliche Wohnfläche und die Wohnfläche pro Person etwas geringer war als bei deutschen Haushalten. Auch sind ausländische Haushalte derzeit im Durchschnitt noch größer als deutsche, sodass die für beide Gruppen bestehende Schwierigkeit, preis-günstige große Mietwohnungen zu finden, bei Ausländern häufiger auftrat als bei Deutschen. Mitte der 90er-Jahre lebten Ausländer überwiegend zur Miete. Damals verfüg-ten 6,5 % über selbstgenutztes Wohneigentum, dieser An-teil hat sich bis 1998 auf 8,8 % erhöht.135Dagegen nahm die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften stetig

133 Siehe Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländer-fragen über die Lage der Ausländer in der Bundesrepublik Deutsch-land; Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.):

Repräsentativuntersuchung ‘95. Situation der ausländischen Arbeit-nehmer und ihrer Familienangehörigen in der Bundesrepublik Deutschland, 1996 und 6. Familienbericht der vom Bundesministe-rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingesetzten unab-hängigen Sachverständigenkommission „Familien ausländischer Herkunft in Deutschland“.

134 Ausländer in Deutschland 1998, 1999, zitiert im Bericht der Aus-länderbeauftragten der Bundesregierung 1999, Bundestagsdrucksa-che 14/2674, S. 95.

135 Ausländer in Deutschland 1998, 1999: a. a. O. S. 95.

ab: 1998 lebten nur noch 1,2 % der Ausländerhaushalte in Gemeinschaftsunterkünften,136 1995 waren es noch 3,3 %, 1980 noch 9,7 %.

Im Hinblick auf die Wohnstandorte gibt es in Großstädten Konzentrationen von einkommensschwächeren Zuwande-rern auf solche Stadtquartiere, die in der Wohnqualität und im sozialen Status benachteiligt sind (siehe dazu Kap.

VI.4). Die Ursachen liegen teilweise in dem preisgünstiren Wohnungsangebot in diesen Quartiepreisgünstiren und den ge-genüber einzelnen Ausländergruppen noch bestehenden Vorbehalten am allgemeinen Wohnungsmarkt. Häufig ent-scheiden sich Zuwandererfamilien aber auch bewusst, zeit-weise oder dauerhaft in enger Gemeinschaft mit Landsleu-ten und damit in einem vertrauteren Umfeld zu wohnen.

IX.3.5 Gesundheit und Gesundheitsversorgung von Migrantinnen und Migranten

Die gesundheitliche Situation von Migrantinnen und Mi-granten wird beeinflusst durch komplexe Wechselwir-kungsprozesse verschiedener Faktoren des Lebens in der Fremde. Kulturspezifische Besonderheiten und soziale Bedingungen sowie fehlende oder mangelnde Sprach-kenntnisse bzw. die Länge des Aufenthalts im Aufnahme-land spielen eine Rolle. Im Hinblick auf das begrenzte Datenmaterial können hier nur Teilaspekte der gesund-heitlichen Situation von Migranten analysiert werden.

1997 war die Rate der Müttersterbefälle von Ausländerin-nen erstmals nicht höher als die der Deutschen. So starben 1997 laut Statistischem Bundesamt bei 100 000 Lebend-geburten 5,6 nichtdeutsche, jedoch 6,1 deutsche Mütter.

Die Müttersterblichkeit von Ausländerinnen hat somit von 1995 bis 1997 abgenommen, die der deutschen ist von 1995 bis 1997 leicht gestiegen. Die Säuglingssterb-lichkeit lag dagegen in der ausländischen Bevölkerung höher. Von 1 000 lebendgeborenen ausländischen Kindern starben 1998 im Laufe des ersten Lebensjahres durch-schnittlich 5,8 Kinder, bei deutschen waren es 4,5 Kinder.

Im Hinblick auf Zahngesundheit von Kindern geben Stu-dien Hinweise, dass die Zahngesundheit ausländischer Kinder von drei bis sechs Jahren deutlich schlechter als die deutscher Kinder ist. Entsprechend ist auch das Er-gebnis der Untersuchungen im Grundschulalter: nur 15 % der Kinder ausländischer Herkunft haben ein naturgesun-des Gebiss, bei deutschen sind es 28 %. Behandlungsbe-dürftig waren 48 % der Kinder ausländischer Herkunft ge-genüber 37 % deutscher Kinder.

In Deutschland setzte sich der rückläufige Trend bei Tu-berkuloseerkrankungen der letzten Jahre sowohl für Deutsche als auch für Ausländer 1998 fort. 10 440 Men-schen erkrankten an einer aktiven Tuberkulose – darunter 3 291 (31,5 %) Ausländer. Ein Großteil der im Ausland geborenen Tuberkulosepatienten stammte aus osteuropäi-schen Ländern und den Staaten der ehemaligen Sowjet-union. Trotz der teilweise lückenhaften Datenlage muss davon ausgegangen werden, dass sowohl die Verbreitung als auch der Anteil multiresistenter Tuberkulosen in

In Deutschland setzte sich der rückläufige Trend bei Tu-berkuloseerkrankungen der letzten Jahre sowohl für Deutsche als auch für Ausländer 1998 fort. 10 440 Men-schen erkrankten an einer aktiven Tuberkulose – darunter 3 291 (31,5 %) Ausländer. Ein Großteil der im Ausland geborenen Tuberkulosepatienten stammte aus osteuropäi-schen Ländern und den Staaten der ehemaligen Sowjet-union. Trotz der teilweise lückenhaften Datenlage muss davon ausgegangen werden, dass sowohl die Verbreitung als auch der Anteil multiresistenter Tuberkulosen in