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Wachsen der Ordensmacht, Teilung des Landes

Im Dokument Wolter (1515). (Seite 27-35)

I. Die Penode der Selbständigkeit Livlands

4. Wachsen der Ordensmacht, Teilung des Landes

Um Pfingsten 1207 traf der Bischof, von zahlreichen und vor­

nehmen Pilgern begleitet, in Riga ein. Der Orden, „vom Herrn täglich gemehrt an Rittern und Knechten", hatte sich an den Kämpfen in hervor­

ragender Weise beteiligt, er verlangte nun den Lohn sür seine Arbeit und zwar den dritten Teil des eroberten wie des noch zu erobernden Landes. Bischof Albert konnte diese Ansprüche nicht zurückweisen, wenn er auch hinsichtlich des noch nicht Eroberten seine Entscheidung vor­

behielt. Die Kirche konnte ohne Mithilft des weltlichen Arms, und bestand dieser auch aus einem geistlichen Ritterorden, ihre Pläne über­

haupt nicht verfolgen. Eine Abgrenzung der Machtsphären war keine unbillige Forderung; im Dienst der Kirche und im Einvernehmen mit dem Bischof war immer noch auf eine ersprießliche Tätigkeit des Ordens zu hoffen. Und so gestand Albert dem Orden den dritten Teil des Landes zu und übergab ihm diesen, wie er selbst Livland vom Reich empfangen hatte, mit allem Recht und aller Herrlichkeit (äomimui»), behielt sich aber ein Viertel des Zehnten (der Abgaben) vor, als Anerkennung des ihm schuldigen Gehorsams (aä odeäientiae reeoAvi-tionein). Der Bischof behielt die Gegend um Treiben und die Land­

schaften Jdumäa und Metsepole (diese zum Meere hin); der Orden er­

hielt den Teil diesseits der Coiwa (livl. Aa). Hier legte er bald darauf die Burgen Wenden und Segewold an, dann Ascheraden an der Düna.

Zu Vorstehern der Konvente wurden auf ihnen Brüder eingesetzt, die ebenso wie der Vorgesetzte des ganzen Ordens in Riga den Titel Meister führten (inaxistri provweiale8; die Reimchronik nennt sie

„Pfleger"). 2)

Mit dem Fürsten Wiatschko auf Kukanois schien sich ein freund­

schaftliches Verhältnis anbahnen zu wollen; mit zahlreichem Gefolge trat er in Riga auf und bat um tatkräftige Hilfe gegen die Litauer, deren Einfälle auch ihn belästigten. Als Gegengabe bot er die Hälfte

l) Bei fortschreitenden Erfolgen und Ausdehnung im Lande errichtete der Orden noch folgende Gebiete: Meister saßen noch auf Fellin (1215, bleibend seit 1224) und Reval (seit 1227). Verwaltungsbeamte des Ordens waren die Vögte (aävoeati) in den Landschaften Sackala, Jerwen, Harrien und auf Osel (nicht vor 1227).

2-!-seines Gebiets und seiner Burg an. Der Bischof ging auf den Vor­

schlag ein. Zunächst erfolgte eine Züchtigung der Litauer, die um 1207 Weihnachten einen Verheerungszug in die Gegend von Treiben, dann über die Coiwa hinaus als Vergeltung für die ihnen vor zwei Jahren beigebrachte Niederlage unternommen hatten. Bei Ascheraden wurden sie auf dem Rückzüge gestellt und ihnen die Beute, darunter viele Weiber und Kinder, die sie geraubt hatten, abgejagt. Darauf wurde, 1208 schon im neuen Jahre, die Hauptburg der Selen an der Düna einge­

nommen, da diese Gegend den Litauern als Einfalltor gedient hatte.

Unterwerfung und Annahme der Taufe wurden zugesagt, Geiseln ge­

stellt. An all diesen Unternehmungen hatte sich auch der Orden beteiligt.

Inzwischen hatte das Bekehrungswerk sich auch bis in die Wohn­

sitze der Letten erstreckt. An der in den Burtneck-See (Astijärw) sich ergießenden Imera (Sedde) waren namentlich zwei Priester, Heinrich (der Chronist) und Alobrand, mit Erfolg tätig. Aber auch die Be­

wohner der weiter östlich gelegenen Landschaft Tolowa, die Lettgallen, hatten die Taufe angenommen; da sie zum Teil den Pleskauern tribut­

pflichtig waren, standen Konflikte mit diesen, die auch nicht ausblieben, in Aussicht. Noch im Sommer desselben Jahres nahmen die Be­

ziehungen zu Wiatschko auf Kukanois eine unvorhergesehene Wendung.

Dem Vertrag gemäß waren Leute des Ritters Daniel auf die Burg gezogen. Kleine Reibereien führten zu einem völligen Zerwürfnis.

Die schwache deutsche Besatzung wurde bis auf drei Mann, die nach Riga flohen, niedergemacht. Der Fürst aber sandte die schönsten Beute­

pferde, Wurfmaschinen und die geraubten Panzer an den Fürsten Wolodimer nach Polozk mit der Mahnung: jetzt sei es an der Zeit, das schwach bemannte Riga dem Erdboden gleich zu machen. Der Oberherr rüstete, schlug aber nicht sofort los. Widrige Winde hatten den Bischof und die auf dem Heimwege befindlichen Kreuzfahrer in Dünamünde zurückgehalten. Albert bewog dreihundert der Pilger, von neuem das Kreuz zu nehmen; zugleich strömte von allen Seiten Zuzug von Deutschen und Liven herbei. Riga war nicht so verlassen, wie man in Polozk und Kukanois gewähnt hatte. Doch eine Verteidigung seines Sitzes wagte Wiatschko gar nicht; er steckte seine Holzburg in Brand und zog mit den Seinen ab. An der Stelle von Kukanois ward eine stattliche Burg erbaut, Kokenhusen (so wurde der Name

um-gedeutscht), die vom Bischof zur Hälfte einem Pilger aus dem Magde­

burgischen, dem Ritter Rudolf von Jericho, verlehnt wurde, während der Orden, dem Teilungsvertrag gemäß, ein Drittel zugeteilt erhielt.

In Abwesenheit des Bischofs erschien Westhard der Semgalle in Riga und bat um Unterstützung, da er einen Zug gegen die Litauer plante. Die Stellvertreter des Bischofs gewährten ihm fünfzig Mann, denen sich einige Ordensritter anschlossen. Zwar änderten die Sem­

gallen ihren Sinn; die Befragung ihrer Götter ließ sie von dem Unter­

nehmen abstehen. Doch ließen sie sich durch die kampflustigen deutschen Hilfsvölker umstimmen. Regengüsse erschwerten das Vordringen in Feindesland, die Dörfer fanden sie leer, da die Bewohner, einen Ein­

bruch voraussehend, in die Wälder geflohen waren. Unversehens von den Litauern überfallen, erlitt das verbündete Heer eine völlige Nieder­

lage. In Riga aber beschloß man, sich auf derartige Anträge nie wieder einzulassen.

Da eine von den Lettenhäuptlingen Russin, Waridote und Talibald gemeinsam mit dem Bruder Berthold auf Wenden zu den Esten der Landschaft Ugaunien abgeferügte Gesandtschaft die Auslieferung des auf früheren Raubzügen ihnen genommenen Gutes nicht erlangen konnte, ward von den Letten ein Zug gegen Odenpäh unternommen. Diese große estnische Bauerburg wurde eingeäschert, das Gebiet ringsum ver­

heert. Die Rache der Esten blieb nicht aus. Die Ugaunier brachen verbündet mit den Sackalern in die Landschaft Trikaten ein. Zwar hoben sie die Belagerung Beverins, der Burg Tallbalds, auf, als der aus Riga zur Hilfe aufgerufene Meister Wenno heranzog. Dieser aber konnte sie ans ihrem Rückzug nicht mehr ereilen, da die schweren Schlachtrosse bei dem Plötzlich eintretenden Frost ihre Hufen verletzten.

Die erbitterten Lettenhäuptlinge unternahmen darauf auf eigene Hand einen Einfall in Sackala, metzelten dreihundert wehrhafte Männer nieder und verwüsteten die Landschaft von Grund aus. Es bedurfte

der ernstlichen Mahnung des bischöflichen Vogts, um sie zu einem ein-1208 Dzbr.

jährigen Waffenstillstand mit den Esten zu bewegen, auf den diese be­

reitwillig eingingen. Zum nächsten Jahre meldet der Chronist sogar von einem Kriegszuge der Letten gegen die Litauer. Die Beweggründe werden nicht genannt; es ist ein typisches Beispiel des Krieges aller gegen alle in diesem Landstrich.

Wigbert von Soest, ein Ordensbruder, hatte ein Amt auf Wenden gehabt, es aber schlecht verwaltet, und war davon entfernt worden. Er heuchelte später Reue und Bereitwilligkeit, sich dem Urteilsspruch des Meisters in Riga zu unterwerfen. Hier aber überfiel er den

ahnungs-1209 losen Menno und stach ihn und seinen Kapellan nieder, auf dem Söller, wohl des Jürgenshofes. Aus dem Asyl, in das Wigbert geflüchtet war, holte man ihn hervor und übergab ihn dem weltlichen Gericht, das ihn verurteilte und hinrichten ließ. Zum zweiten Meister des Schwert­

bruderordens wurde Folkwin (Volyumus) gewählt.

Gegen den Herbst unternahm ein stattliches Pilgerheer, verstärkt durch mancherlei HilfsVölker, einen entscheidenden Zug gegen Gerzike.

Der Fürst dieser Landschaft, Wsewolod, hatte sich schon lange als ein entschiedener Widersacher der Bestrebungen Bischof Werts erwiesen, namentlich den Litauern fortwährend Vorschub geleistet und sie zu Ein­

fällen ermuntert. Im Morgengrauen wurde die Holzburg überrumpelt;

der Fürst selbst entkam über die Düna: machtlos war er Zeuge der Einäscherung seiner Burg und der ausgedehnten sich daranlehnenden Stadt. Unter der Beute befand sich auch seine Gemahlin (Tochter des Litauers Daugeruthe). Wsewolod erschien darauf selbst in Riga, trug dem Bischof Unterwerfung an und fügte sich seinen Bedingungen. Er entsagte seierlich jeder Gemeinschaft mit den Heiden und brachte seine Herrschaft der Kirche dar. Albert aber belehnte ihn auf dem Petri-kirchhof zu Riga mit drei Fahnen und setzte ihn derart wieder in sein Reich ein. Später wurde die Herrschaft Gerzike geteilt, ihr und ihrer Fürsten Ausgang ist dunkel; weiterhin erscheint sie als großes bischöfliches Lehen, u. a. der Üxküll.

Es war zu Auseinandersetzungen zwischen dem Bischof und dem neuen Meister Folkwin gekommen, der bestimmter und rücksichtsloser als sein Vorgänger auftrat. Er war gesonnen, den Orden der geist­

lichen Oberhoheit zu entziehen und als ein Gleichberechtigter neben dem 1210 Bischof dazustehen. Beide begaben sich nach Rom. Doch der Papst, Jnnoeenz III., bestätigte die bereits 1207 (s. S. 19) bei Teilung des Landes und der Gewalt getroffenen Bestimmungen. Die erzbischöfliche Würde enthielt er (ebenso seine Nachfolger) dem Bischof von Livland

l) Fahnenlehn, wie es in Westeuropa bei fürstlichen Belehnungen vorkommt.

vor, erteilte ihm aber die Befugnis, ganz wie ein Erzbischof, in Livland neue Bischöfe von sich aus einzusetzen und zu weihen. Formell hatte der Papst dem Orden nichts eingeräumt, durch diese Maßregel aber die Machtvoll­

kommenheit des Bischoss eingeschränkt, neben dem von nun ab noch andere Hirten in den für sie abzugrenzenden Bistümern zu schalten und zu walten hatten. Jnnocenz verfolgte im fernen Osten größere Pläne, direkt ihm und seinen Nachfolgern auf dem Stuhle Petri sollte Livland, als „das Land der heiligen Jungfrau" unterstellt sein und bleiben. Schon das Erzstist Bremen war beim Papst auf entschiedenen Widerspruch ge­

stoßen, als es den Versuch machte, Livland seiner Metropolitangewalt unterzuordnen. Nicht so gleichgültig wie das Reich stand die Kurie dieser jungen Pflanzung gegenüber.

Gegen Ende des Jahres 1209, nachdem der Waffenstillstand (s. S. 21) abgelaufen, hatte Meister Berthold von Wenden mit seinen Letten einen erfolgreichen Zug gegen die Ugaunier unternommen. Sie wurden in ihren Dörfern überfallen, da sie es verabsäumt hatten, sich in ihre Burg Odenpäh zurückzuziehen. Beim Abschluß eines neuen 1210

Stillstandes trat der Zwiespalt zutage, der sich zwischen den Oberherren des Landes anzubahnen begann: die Liven um Treiben herum, die übrigens auch geheimes Einverständnis mit den Esten unterhielten, und die Letten im Gebiet des Bischofs jenseits der Coiwa schlossen Frieden mit den Esten; Bruder Berthold aber und der Lettenhäuptling Russin von Sotekle bereiteten sich zu weiteren Kämpfen vor. Damals belagerten Mstislaw von Groß-Nowgorod und sein Bruder Wladimir von Pskow eine Woche lang Odenpäh und erzwangen dessen Übergabe. Den Be­

siegten wurde eine Schätzung von 400 Mark Nagaten ^) auferlegt, ein Teil von ihnen wurde, was bisher nicht üblich gewesen war, der Taufe unterworfen. Die Zusendung von Priestern wurde versprochen, die Absicht aber kam nicht zur Ausführung. Eins war klar, bei weiterem Vordringen hatte man es in diesen Gegenden nicht nur mit den Be­

wohnern des Landes zu tun, sondern auch mit den Nachbarn.

l) Eine Art von Fell- oder Ledergeld, ursprünglich eine Abgabe kostbarer Pelzsorten. Daneben kommen Oseringe vor, d. h. ein großer schwerer silberner Brustschmuck der Weiber; sie galten 50 Mark.

Eine große Gefahr türmte sich jetzt gegen Riga auf. Die Kuren besandten die Liven, weiterhin die Esten, Letten, Semgallen, die benach­

barten russischen Fürsten: Riga sollte zerstört, die deutschen Eindring­

linge aus dem Lande vertrieben werden. Ein vorbereitender Schritt, die Berennung Kokenhusens, mißlang. Schon getaufte Liven von Adia aber wußten ganz Kurland aufzuwiegeln. Der Handstreich wäre fast gelungen. Ein heimkehrender Pilger, Graf Markward von Schladen, der im Kloster Dünamünde übernachtet hatte, entdeckte früh morgens die Heranfahrenden, deren unzählige Fahrzeuge einer Wolke gleich weit­

hin das Meer bedeckten. Eine Warnung konnte er nach Riga nicht mehr gelangen lassen. Zwar ließen die Kuren die Pilgerschiffe unbehelligt und ruderten aufs schnellste in die Mündung des Flusses hinein; aber Fischer bemerkten sie und gaben die Meldung weiter. In der Stadt herrschte große Aufregung, da die Zahl der Kampffähigen zur Zeit überaus gering war. Aber Bürger und Ordensbrüder, Kleriker und Frauen griffen zu den Waffen, als die Sturmglocke vom Dom erscholl.

Am Ufer der Düna wurden Wurfmaschinen aufgestellt und die An­

kömmlinge gebührend empfangen. Die Kuren sprangen aus ihren Böten und griffen in geschlossenen Reihen an, hinter gewaltigen Holzschilden Deckung suchend. Dicht vor der Stadt, an der Ratspforte, entbrannte der Kampf und währte bis zur dritten Tagesstunde (d. h. neun Uhr morgens). Die Bürger zündeten das Liven-Dorf, das vor der Stadt lag, an und warfen ringsum Fußangeln aus. Nach dem Frühmahl erneuerten die Kuren den Sturm, schleppten auch Holz heran und ver­

suchten es an der Mauer aufzuschichten, um die Stadt auszuräuchern.

Viele von ihnen werden durch Wurfgeschosse und Pfeile getötet oder verwundet; die Verwundeten erschlagen sie selbst. Sie ziehen sich erst zurück, als eine Reiterschar von der Burg Holm anlangt, deren Schwert in ihren Reihen zu wüten beginnt. Auf ihren Böten erlangen sie das jenseitige User, rasten hier bis in den dritten Tag und verbrennen ihre Toten, die sie mitgenommen. Schauerlich klingt ihr Klagegeheul zur Stadt hinüber. Jetzt nahte weiterer Entsatz: in der Nacht langt Kaupo mit seinen Liven an, früh am anderen Morgen Konrad von Meyendorp mit einer stattlichen Schar. Diese übt vor der Stadt angesichts der Kuren Reiter- und Waffenspiele, sucht den Feind zum Kampf heraus­

zufordern. Aber die Kuren entwischen, ohne einen weiteren Angriff zu

versuchen. Die abtrünnigen Liven, ebenso das Heer der Semgallen, die schon bereit waren, über die Stadt herzufallen, ziehen sich zurück.

Die Liven bitten um Vergebung, die ihnen auch gewährt wird. Die Stadt aber beschließt den Tag der heiligen Margarete, an dem sie Juli 13 aus so großer Gefahr befreit ward, alljährlich mit besonderer Festlichkeit zu feiern.

Die Kämpfe im Norden hatten unterdessen nicht geruht. Im März 1211

1211 wurde darauf unter Leitung Meister Bertholds von Wenden Fellin im Lande Sackala eingenommen. Die Landschaft unterwarf sich, doch nur scheinbar. Denn gleich flammte ihr Kriegseifer wieder auf und sie brachen ins Land der Letten und Liven ein, Kirchen einäschernd und die geflüchteten Bewohner in den Wäldern niedermachend. Damals fuhren die Öseler die Coiwa bis Treiden hinauf und raubten die ganze Provinz aus.

Um diese Zeit traf Bischof Albert, der nach Rom gegangen war (s. S. 22), in Livland ein. Die vom Papst erneuerte Kreuzzugsbulle erfüllte ihn mit neuer Hoffnung; er hatte sie nebst sonstiger freudiger Botschaft den Seinen schon im Winter auf dem Landwege durch Preußen, ein damals sehr gefahrvolles Unternehmen, verkünden lassen, allgemeine Freude erregt und das Zutrauen des Christenhäufleins in sich selbst gestärkt. Nun erschien er mit einer ansehnlichen Pilgerschar; drei deutsche Bischöfe, die von Ratzeburg, Verden und Paderborn, begleiteten ihn, unter den vielen Edlen befanden sich Helmold von Plesse und Bernhard von der Lippe.Der Zuzug kam erwünscht, denn immer weitere Kreise hatte der gegen die Esten entbrannte Kampf gegen die Deutschen und die getauften, mit ihnen verbündeten Nationalen als Gegner erstehen lassen. Übermächtige Streitkräfte zu Fuß und zu Roß waren von den Öselern, Revelern, Rotalern (in der Wiek) aufgeboten und bedrängten die große Burg des Kaupo, die damals dicht von Liven

i) Bernhard Herr zur Lippe, ein Kampfgenosse Heinrichs des Löwen. Nach einem kriegsbewegten Leben hatte er seine Herrschaft einem Sohne überlassen und schon vor 1200 an einem Kreuzzuge nach Livland teilgenommen. Er trat dann als Mönch in das von ihm gestiftete Cisterzienserkloster Marienfeld ein. Seit 1211 Abt von Dünamünde, 1218 Bischof von Selonien, gest. 1224. Als Stellvertreter Bischof Alberts, wenn dieser außer Landes ging, hat er auch als Geistlicher in Livland noch kriegerische Unternehmungen geleitet.

besetzt war, die sich vor den in ihr Land Einfallenden geborgen hatten.

Ihnen konnte jetzt von Riga Entsatz zugeführt werden: auf der „großen Straße"/) die auf Wenden ausmündete, zog das Fußvolk, die Reiterei, zum Teil auf schweren gepanzerten Schlachtrossen, rechts von diesem Wege. Als sie der Burg ansichtig wurden, nur ein tiefes Tal trennte sie noch von ihr, ließen sie Trompeten und Heerpauken erschallen und stimmten einen Schlachtgesang an. Dann ging es, durch die Wurf­

maschinen von der Burg aus unterstützt, in den Kampf. Die Belagernden erlitten eine vollständige Niederlage. Viele von ihnen wurden aus der Flucht getötet. Eine Schar, die sich zwischen Burg und Coiwa zum Widerstande entschlossen gesammelt hatte, ergab sich, floh aber nachts zu ihren unbewacht gelassenen Raubschiffen. Das blieb nicht unbemerkt.

Auf einer rasch über die Coiwa geschlagenen Brücke führte Bernhard zur Lippe eine Truppe über den Fluß, die den abwärts fahrenden den Weg verlegte. Sie ließen ihre Fahrzeuge in Stich und flohen in die Wälder, wo sie größtenteils dem Hunger erlagen.^)

Dieser Sieg machte Eindruck. Von allen Seiten kamen die Liven und baten, sich unterwerfend, um Regelung ihres Verhältnisfes zur Kirche. Dies geschah. Als Zins bestimmte Bischof Albert ein gewisses Getreidemaß, „von jedem Pferde" zu leisten. Voraussetzung blieb selbstverständlich, daß die Getauften den angenommenen Glauben treu bewahrten.

Vor feiner Abreise weihte Albert den Abt Theoderich von Düna­

münde zum Bischof von Estland, der wenig später seinen Sitz in Leal nahm. Mit diesem Orte war eine strategisch äußerst wichtige Stellung gewonnen; denn noch standen entscheidungsreiche Kämpfe bevor.

1) Ein Werk der Deutschen.

2) 2000 Mann an Toten zählte der Feind, gegen 2000 Pferde waren ihm abgenommen, 300 größere und zahlreiche kleinere Böte wurden als Beute nach Riga gebracht. Die Verluste der Deutschen waren gering; vom Orden nur ein Bruder, namens Eberhard, gefallen. Ahnliches berichtet der Chronist über den Ausgang anderer Kämpfe. Nur wenn die Deutschen, Ritter und Herren schwer gepanzert, sich auf den Fußkampf einlassen mußten, oder bei ungeeigneter Boden­

gestaltung ihre schweren Rosse nicht zur Geltung bringen konnten, da waren ihre Niederlagen totale und die verhältnismäßigen Verluste ganz enorme. Vgl. weiter die Schlacht bei Säule (1236), die bei Durben (1260).

Im Dokument Wolter (1515). (Seite 27-35)