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Die Kölner Konföderation. Der Hof zu Nowgorod

Im Dokument Wolter (1515). (Seite 73-76)

1V. Ter Estenaufstand von 1313; Verkauf Estlands an den Orden

12. Die Kölner Konföderation. Der Hof zu Nowgorod

König Waldemar IV. von Dänemark, der Estland aufgegeben hatte, eroberte dänische, auf der Skandinavischen Halbinsel liegende Provinzen (darunter Schoonen) zurück. Im Jahre 1361 besetzte er Gotland und 1361 zerstörte die Stadt Wisby. Die Hanse rüstete deshalb eine Flotte aus.

Das erste Kriegsjahr verlief für sie unglücklich; vor Helsingborg wurde 1362

die Flotte der wendifchen Städte völlig geschlagen. Da der König die

Arbusow. Geschichte der Ostseeprovinzen. 5

Hanse weiter bedrückte und ihren Handel empfindlich störte, beschloß

136? eine zu Köln im November 1367 tagende Versammlung vieler Städte, die zum Bunde gehörten, einen neuen Krieg. Dieser „Kölner Konföderation"

schlossen sich auch die livländischen Städte an. Ihre Ratssendeboten, aus Ratmannen der größeren Städte gewählt, nahmen an vielen Ver­

sammlungen der Städte teil; die Verhandlungen bildeten eine wichtige diplomatische Schule für sie. Die Gemeinwesen aber, deren Interessen sie vertraten, wurden vor Verknöcherung bewahrt durch die großen Ziele, denen der Städtebund nachstrebte.

Auch Städtetage, die in Livland abgehalten wurden, treten in dieser Zeit deutlicher hervor. Meist bilden Handelsangelegenheiten den Gegen­

stand der Verhandlungen. Der Handel wurde in Livland durch Zölle der Landesherren nie beschwert. Jetzt aber legten sich die livländischen Hansestädte, wie es in Köln beschlossen war, zur Deckung der Kriegs­

kosten selbst eine Steuer auf. Diese Auflage, seitdem noch häufig aber stets für eine gewisse beschränkte Zeit erhoben, wurde Pfundzoll genannt, weil der Beitrag von jedem Pfunde vlämischer Groschen, einer im Westen beliebten Münzsorte, des Wertes der Waren berechnet wurde.

Er betrug damals übrigens nicht ganz ^ Prozent, der für den Wert aus- und eingehender Waren zu erlegen war. Alle livländischen Städte^

die zur Hanse in Beziehungen standen, beteiligten sich; nur Narva nicht, das nie zur Hanse gehört hat. Unter anderen zahlten Beiträge Goldingen und Windau, wobei letzteres als Hafen Goldingens anzusehen ist; dann auch Lemsal, das sich durch einen Hafen an der Mündung der Salis damals am überseeischen Handel beteiligte. Roop hatte Stadtrechte von seinem Grundherrn Woldemar von Rosen erworben (1374).

Für die Flotte der Hanse rüsteten die livländischen Städte ein großes und zwei kleine Kriegsschiffe aus. Der Krieg wurde hartnäckig 1368 und diesmal mit Erfolg geführt. Im Mai 1368 wurde Kopenhagen genommen und zerstört, dann Schoonen besetzt. Im Herbst 1369 ergab 1370 sich nach langer Verteidigung das wichtige Helsingborg. Am 24. Mai 1370 kam zu Stralsund ein Friede mit Dänemark zustande. Er fiel für dieses glimpflich genug aus; aber die Zugeständnisse, die es machen mußte, sind in der Folgezeit nicht einmal alle erfüllt worden. Das Fürstentum erstarkte; Mecklenburg, Pommern gingen Familienverbin­

dungen mit den skandinavischen Herrscherhäusern (auch Norwegen) ein.

Die Vereinigung der drei nordischen Reiche durch die Königin Margarete, eine Tochter König Waldemars IV. in der sog. Union von Kalmar, 1397 auch wenn sie bloß Stückwerk geblieben ist, ist doch für die Hanse verhängnisvoll geworden. Doch hat trotz mancher Konkurrenz, u. a. der Holländer, die Hanse auch noch während des 15. Jahrhunderts den ersten Platz unter den seefahrenden, handeltreibenden Nationen Nord­

europas behauptet.

Der Handel nach dem Osten war und blieb für die livländischen Städte von bedeutungsvoller Wichtigkeit. Riga hat sich schon seit dem 14. Jahrhundert das Kontor von Polozk gesichert, an dem zu Kowno, das nach Danzig gravitierte, hatte es keinen Anteil. Die Straßen auf den Flüssen waren in diesem Fall entscheidend. Das älteste und wichtigste war das Kontor zu Nowgorod, auf dem zwei Höfe lagen:

der deutsche Hof zu St. Peter und der Gotenhof, vor der Aufsegelung Livlands (S. 9) bereits im Flor. Die Bestimmungen über die Fahrt dahin (Land- und Wasserweg; Winter- und Sommergäste), die Regelung der Vorsteherschaft daselbst (Olderleute), Gebote und Verbote über die an- und abzuführenden Waren, endlich Verordnungen über das Zu­

sammenleben der sich dort zeitweilig aufhaltenden Kaufleute deutscher Nation wurden schriftlich in der Skra fixiert. Eine solche von ca. 1230, ferner vom Jahre 1296, und eine dritte vom Anfang des 14. Jahr­

hunderts (die späteste ist vom Jahre 1514) haben sich erhalten. Sie veranschaulichen die Veränderungen, die in dem Handel dahin im Laufe der Zeit sich geltend gemacht haben. Vier Älterleute (der Deutschen auf Gotland, der von Lübeck, Soest, Dortmund) sollten in früherer Zeit die Schlüssel zu der Kiste haben, in der das Geld des Nowgoroder Hofes in Wisby bewahrt wurde. Allmählich ging das Übergewicht auf Lübeck über, dann aber im Lauf des 14. und 15. Jahrhunderts auf die livländischen Städte. Kaufleute aus dem ganzen Gebiet der Hanse haben dort noch immer verkehrt, NichtHansen war der Besuch streng verboten; aber die Verwaltung ging auf Riga über. Und als dieses sich von dem Handel daselbst allmählich zurückzog, haben Reval und Dorpat dort maßgebenden Einfluß gewonnen. Störungen erlitt der Handel dahin zeitweise durch die politische Lage; war ein Krieg Livlands mit Nowgorod in Sicht, so zog sich wohl der Kaufmann ganz

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zurück und bezog den Hof erst wieder, wenn ruhigere Zeiten angebrochen waren.

Es mag hier daran erinnert werden, daß für den Orienthandel der süddeutschen Städte, also namentlich Augsburgs und Nürnbergs, die übrigens nie eine Organisation wie die Hanse für die norddeutschen Städte es war, angestrebt haben, das Kaufhaus der Deutschen zu Venedig (LIäs' leÄeseki) ein entsprechendes Gegenstück zu den Höfen in Nowgorod bildet. Vereinzelte norddeutsche Kaufleute, namentlich Lü­

becker, haben im Mittelalter übrigens auch Venedig besucht. Andere hansische Kontore sind bereits S. 47 genannt.

Die Handelsusancen gestalteten sich immer engherziger, ängstlich darauf bedacht, jeden Wettbetrieb zugunsten der Einheimischen einzu­

schränken. Schon in dieser Zeit (15. Jahrh.) wurde nach d6m Grund­

satz „Gast handele nicht mit Gast" auch in den livländischen Städten verfahren. Man gestattete den Fremden, Waren am Orte aufzukaufen und in ausländische Häfen auszuführen, nicht aber unter sich am Orte das Erworbene abzusetzen oder auszutauschen. Diese Beschränkung und andere, die die Konkurrenz auszuschließen suchten, machte sich damals übrigens nicht allein hierzulande Bahn; sie herrschte überall. Weitere Bestimmungen regelten die Kreditverhältnisse. Gänzlich verboten, aber heimlich trotzdem geübt, war der „Borgkauf", d. h. der Vorschuß auf nicht in Natura vorhandene, erst nachzuliefernde Waren. Der Zinsfuß zeigte eine Tendenz zum Sinken; von 10—12 Prozent, die im 13. und 14. Jahrh, üblich waren, sank er nach 1400 auf 6—8 Prozent.

Im Dokument Wolter (1515). (Seite 73-76)