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Bischof AlbertS Anfänge

Im Dokument Wolter (1515). (Seite 21-27)

I. Die Penode der Selbständigkeit Livlands

3. Bischof AlbertS Anfänge

Albert/) Domherr zu Bremen, ein Schwestersohn des schon ge­

nannten Erzbischoss Hartwich II., noch jung an Jahren, übernahm es die junge Pflanzung, die ihrem Untergang verfallen schien, zu retten.

Im Frühjahr 1199 (März oder April) fand feine Bischofsweihe statt. 1199 Nicht ohne vorbereitende Schritte ging er an sein mühevolles Werk.

Noch bewegten die Ideen, die zu den Kreuzzügen nach Palästina geführt hatten, die Gemüter der Christenheit. Nicht nur gegen die Sarazenen, auch gegen andere Feinde des Glaubens konnten Streiter willig gemacht werden. So bezeichnete im Sommer desselben Jahres Bischof Albert etwa fünfhundert Männer auf Gotland mit dem Kreuze und weihte sie damit zu Kämpfern gegen die Heiden in Livland. Dann begab er sich zum Könige Knut von Dänemark, zum Herzog Waldemar von Schleswig (seit 1202 König von Dänemark) und zum Erzbischos Absalon von Lund, endlich, nachdem er vom Papste Jnnocenz III. eine Bulle erwirkt hatte, in der die Gläubigen Sachsens und Westfalens aufgefordert wurden, zur Vergebung ihrer Sünden die Kirche in Livland gegen die Heiden zu schützen, an den Hof des deutschen Königs. Zur Zeit des

Weihnachts-2) Seinen Geschlechtsnamen kennen wir bis jetzt nicht. Brüder von ihm, zum Teil Stiefgeschwister, werden als „von Buxhövden" (Bekeshovede), aber auch ein­

mal als „von Appeldern" (Appelderin) bezeichnet, nach Orten in der Nachbarschaft Bremens. Nachkommen seiner Brüder, der Laien Dietrich und Johann (die übrigen bekannten sind Geistliche) führten den Namen Buxhövden weiter, oder wurden nach ihren Lehen (wie die Üxküll und viele andere Geschlechter) von der Ropp, von Purdis benannt. Den gemeinsamen Ursprung läßt das Wappen (gezinnter Sparren) er­

kennen. Ulberts Mutter, Alheidis, war übrigens eine Stiefschwester des Erzbischoss Hartwich II., aus dem Hause der Utlede.

festes traf er den König Philipp in Magdeburg, der dort mit seiner Gemahlin Maria (Irene) Hof hielt.') Tatkräftige Unterstützung ward ihm hier nicht zuteil, er mußte sich mit Versprechungen und Zusagen begnügen. Doch hatten sich inzwischen aus den verschiedenen Gebieten Niedersachsens Teilnehmer an seinem Unternehmen eingestellt. Der Sammelplatz ist uns nicht überliefert, kann aber nicht zweifelhaft sein;

1200 es war Lübeck. Mit dreiundzwanzig Schiffen fuhr Albert im April 1200 die Düna hinauf. In der Burg Holm traf er noch einige ver­

schüchterte Mönche, die sich aus Üxküll dorthin gerettet und trotz aller Angriffe gehalten hatten. Das Werk mußte von neuem und fast von Grund aus wieder begonnen werden. Noch oft (man zählt im ganzen 14 Reisen) hat der Bischof den Weg in die alte Heimat und wieder zurück nach Livland gemacht. Und dieser fortwährenden, nie ermüdenden Tätigkeit, seiner unentwegten Tatkraft und Umsicht ist es zu danken, daß aus Zuständen, die einer fast völligen Vernichtung der Saat gleich kamen, die von allen Seiten gefährdete Pflanzung zu neuem Leben und voller Entfaltung gelangte.

Das Reich als solches hatte kein Verständnis gezeigt für die Aus­

sichten, die sich zur Kräftigung der Reichsgewalt und zur Betätigung der nach Ausdehnung ihres Wirkungskreises strebenden Bolkskrast hier im Nordosten des Erdteils boten. Die Staufer zumal wandten sich vom deutschen Meere ab und strebten nach dem Süden, nach Italien.

Anders die Kirche; und sie wußte ihre Diener zu finden, die ihre Ideen zu verkörpern übernahmen. Der Priester, der Vasall (Ritter) wirkten auf ein Ziel hin; der Kaufmann, dem sich der Handwerker gesellte, schlossen sich an. Nur der deutsche Bauer, der die Auswanderung auf dem Seewege damals, schon und noch, scheute — und anders war Livland noch auf lange hinaus nicht zu erreichen, hatte unmittelbar keinen Anteil an der Besiedelung. Das wurde sür die Kolonie ver­

hängnisvoll.

Durch Verträge wußte sich zunächst Albert die widerstrebenden Liven fügsam zu machen. Am Rigebach, einem Nebenarm der Düna, breit genug, daß an seiner Mündung ein geräumiger Hafen angelegt

!) Zur selben Zeit weilte der Dichter Walter von der Vogelweide am könig­

lichen Hofe.

werden konnte, ließ er den Raum für einen Markt abgrenzen, aus dem 1201

sich verhältnismäßig rasch die Stadt Riga entwickelte. Die Domkirche und der Hof des Bischofs können anfangs nur provisorische Holzbauten gewesen sein, die aber sehr bald, noch vor dem Brande von 1215 durch Steinbauten ersetzt worden sind. Ein offener Ort wäre hier ein Unding gewesen; deshalb wurde bald zur Errichtung einer Stadtmauer (sonst kein durchaus notwendiger Bestandteil einer Stadt) geschritten. Denn schon im nächsten Jahre langte Ulberts Stiefbruder, Engelbert von 1202

Appeldern, ein Geistlicher Augustiner Ordens aus Neumünster (Holstein) mit den ersten Bürgern an. Ihnen ward zur Richtschnur das Recht der Deutschen auf Gotland^) verliehen. Ein Vogt des Bischofs übte den Gerichtsbann aus; vor 1226 ist von Ratmannen nichts zu hören.

Indem der Bischof den neuen Bürgern gewisse Vorrechte erteilte, sie vom gerichtlichen Zweikampf, ebenso vom Ordal des glühenden Eisens (Eisenprobe) entband, und sie vom Strandrecht befreite, den Gästehandel, d. h. den Handel und Verkehr der ortsfremden angereisten, sich an ihm nicht niederlassenden, Kaufleute keinerlei Beschränkung unterwarf, suchte er seiner Gründung lebhaften Zuzug zu sichern. Verboten wurde die Gründung einer allgemeinen Gilde, wie sie in manchen Städten des Westens bestand, und dort Grund zu Zerwürfnissen des Oberherrn mit der Stadtgemeinde gegeben hatte. Dem Zusammenschluß in Gilden anderer Art stand nichts im Wege; sie finden sich auch verhältnismäßig srüh in Riga. Ihre Zusammenkünfte (Beratungen, „Trünke"; gemeinsame Be­

gehung von Festen) hielten sie zu bestimmten Zeiten des Jahres, Männer und Frauen gehörten ihnen an; Fürsorge bei Krankheit, Schiffbruch, Lösung aus der Gefangenschaft der Heiden, Begängnis und Seelmessen nach dem Tode ihrer Mitglieder boten sie diesen. Den Wettbewerb anderer benachbarter Handelsplätze mit den Bürgern Rigas abzuschwächen, den Handel an seinem neuen Markt zu konzentrieren, hatte Albert eine Bulle des Papstes ausgewirkt, durch die unter Androhung des Bannes

die Einfahrt in den Hafen oer Semgallen, d. h. die untere Aa unter­

sagt ward.

^ Bis vor kurzem galt die Annahme, daß dieses anfangs nur durch münd­

liche Überlieferung sich erhalten habe und derart übertragen worden sei. Neuer­

dings sind aber Reste dieser sehr frühen Rechtsaufzeichnungen in deutscher Sprache von Nik. Busch aufgefunden worden.

Schon zu Zeiten Meinhards hatte der Cisterzienserpriester Dietrich von Treiben (l'döoäerieus äs l'dore^äa), so von seinem Wirkungs­

gebiet benannt, unter den Liven missioniert. Im Jahre 1203 erhielt er vom Bischof den Auftrag nach Rom zu gehen; ihn begleitete einer der angesehensten bereits getauften Livenhäuptlinge, Kanpo (Kope).

Huldvoll ward der Fremdling vom Papste empfangen, mußte von seiner Heimat erzählend berichten und ward reich beschenkt entlassen. Mancherlei hatte Dietrich an der Kurie zu beschaffen; das Wichtigste war wohl die 1204 Bestätigung des von ihm in Abwesenheit des Bischofs Albert, aber auf dessen Anregung hin (1202 ?) erfolgte Stiftung eines geistlichen Ritter­

ordens. Die meisten Pilger kamen nur auf ein Jahr, verließen das Land nach Erfüllung ihrer Gelübde; ihr Zuzug war überhaupt nicht zu regeln. In dem Orden der Ritterschaft Christi (kratres wilitias Odl-isti) hoffte der Bischof sich eine stets zur Verfügung bereite Kriegs-mannschaft zu bilden. Außer zu den drei Mönchsgelübden verpflichteten sich die Brüder zum Kampf gegen die Ungläubigen. Der Papst stellte sie unmittelbar unter den Gehorsam des Bischofs und gab ihnen die Regel der Templer. Von ihrem Abzeichen, auf der linken Seite des weißen Mantels ein rotes Schwert, darüber ein rotes Kreuz, wurden sie schon frühzeitig Schwertritter (Schwertbrüder, Schwertorden) genannt. Der erste Meister, der seinen Sitz in Riga auf dem St. Jürgenshof hatte (der also vermutlich um diese Zeit, 1204 oder 1205 erbaut worden ist), hieß Menno (Vinno). Seinen Geschlechtsnamen kennen wir nicht; späte Chronikanten haben ihn mit hochtrabendem Namen bedacht.

Bei der der heiligen Jungfrau geweihten Domkirche setzte der Bischof ein Kapitel (Domherren) ein, das aus Üxküll nach Riga versetzt seine klösterliche Verfassung und das Zusammenleben in einem Konvent beibehielt; neben dem Propst fungierte (bis 1374) kein Dekan, sondern

«in Prior als Vorsteher dieses Beirats des Bischofs. Nach dem Tode des ersten Propstes, seines Bruders Engelbert (1209), gelang es Albert ,zu dessen Nachfolger den aus dem Prämonstratenser-Kloster Scheda (Westfalen) stammenden Johannes als tüchtigen Mitarbeiter seines Werkes zu gewinnen. Die schwarze Augustinertracht des Domkapitels wandelte der Bischof damals in die weiße der Prämonstratenser, deren Regel er ihm auch erteilte (Ende 1210).

Einem anderen Mönchsorden, den Cisterziensern/) wurde in Düna­

münde (auf dem Berge des heiligen Nikolaus, einer hohen Düne) am rechten Dünaufer eine Heimstätte bereitet. 1205 begann der Bau, 1205

wurde der schon genannte Dietrich zum Abt eingesetzt; 1208 konnte der Konventsbau feierlich bezogen werden. Hart am Meere, in dürrem Sandboden angelegt, hatten die Mönche durch Urbarmachung des mageren Bodens für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, ihre auch sonst bewährte Kenntnis in Anlagen von Dämmen, Mühlenstauungen, Fisch­

teichen zu betätigen. Aber auch am Missionswerk fand Bischof Albert aus der Schar dieser Klosterbrüder manchen wichtigen Mitarbeiter. Sie stammten aus den verschiedensten Gegenden des Mutterlandes; Be­

ziehungen zum Kloster Porta (Schulpsorta), aber auch zu den Klöstern Himmelspforte, Marienfeld und Sittichenbach (Westfalen), Köln bestehen;

aus dem oberfränkischen Kloster Langheim kommt als Missionar nach Livland der bisherige Prior Marsilius (nach 1276).

Inzwischen hatten aber die Waffen nicht geruht. Nicht bloß die Festsetzung der Deutschen in dem Lande war die Ursache fortwährender Kämpfe. Längst vor ihrer Ankunft hatte das stärkste und seiner Stärke sich bewußte, kriegerische Volk der Litauer die Völkerschaften Alt-Livlands, verwandte und nichtverwandte, durch ihre Angriffe und Beutezüge be­

unruhigt. Noch war die Stadt Riga nur mit einer mäßig hohen Mauer umgeben, an deren Fertigstellung unausgesetzt durch die Pilger gearbeitet wurde, als im März 1205 eine litauische Kriegsschar unter dem Anführer Swelgate, Riga streifend, einen Einfall ins Land der

Das Mutterkloster Citeaux (Listereiuni) war 1098 von dem aus ClugMi hervorgegangenen Abte Robert gegründet: Rückkehr zur alten Strenge und Einfach­

heit, Entsagung und Arbeit, und zwar harte körperliche Arbeit in der reinen Urfonn als Landbau war die Losung. Der heilige Bernhard (starb 1153) stellte sich in den Dienst der Neformbewegung. Nicht in Städten sollten die Klöster angelegt werden, sondern in der Einsamkeit, entfernt vom Gewühl und Getriebe der Welt. Es gab in diesen: Orden Halbmönche (eonversi oder bardati), vorzugsweise Handwerker und Arbeiter. In Deutschland kommt später die Bezeichnung „Feldmönche" für Cisterzienser vor. — Die kirchlichen Verhältnisse Alt-Livlands, die freilich nicht, ganz außer acht gelassen werden konnten, sind bisher von der livländischen Ge­

schichtsforschung arg vernachlässigt worden. Eine grundlegende Arbeit verdanken wir jetzt H. von Bruinin gk (Bd. 19 der „Mitteilungen aus der Geschichte Livlands", abgeschlossen 1904); dazu kommt eine ganze Reihe von Einzelforschungen desselben Verfassers.

Arbusow, Geschichte der Ostseeprovinzen. 2

Esten, also weit nach Norden hin, unternahm. Westhard aber, ein an­

gesehener Häuptling der Semgallen, der zu Terweten saß, war in Riga als Warner erschienen; auf dem Rückzüge würden die Litauer die junge Stadt ihre Übermacht fühlen lassen. Er bot seine Hilfe, ja Bundes­

genossenschaft an, die man nicht von sich wies. Bei Rodenpois erwartet man den Feind, der mit Beute beladen in aufgelösten Reihen durch den Schnee watet, sich dann aber rasch, als er den Hinterhalt gewahr wird, in eine keilförmige Schlachtordnung formiert. Die semgallischen Hilfsvölker fliehen entsetzt schon beim bloßen Anblick der kampfbereiten Litauer; Ritter Konrad von Meyendorp aber (später vom Bischof mit Üxküll belehnt, und danach benannt) bricht mit seiner schwerbewaffneten Reiterschar in die dicht gedrängten Feinde ein, die auseinandergesprengt werden. In dem sich anschließenden zerstreuten Gefecht, an dem sich auch die Semgallen wieder beteiligen, werden die Litauer sast ganz ausgerieben, auch der Anführer getötet. Fünfzig Weiber daheim aber geben sich selbst den Tod, da sie den Glauben hegen, in einem anderen Leben mit ihren Gatten wieder vereinigt zu werden.

Auch sonst ist dieses und das folgende Jahr von Kriegsgetümmel erfüllt. Mit den Litauern hatte man gebrochen, in Westhard und seinen Semgallen, denen man übrigens zunächst die Taufe noch erließ, auf 1206 lange Jahre Bundesgenossen erworben. Ende 1206 galten die Liven, auch die von Ascheraden, als unterworfen. Beim Vorrücken in dieser Richtung war man in Konflikt mit den auf Kukanois hausenden Russen geraten, der zunächst friedlich beigelegt ward. Da aber auch die um Treiben lebenden Liven ihre feindliche Gesinnung verraten hatten, wurde gegen sie vorgegangen, ja die kriegerischen Unternehmungen erstreckten sich bereits über Wenden hinaus.

Den Winter von 1206 auf 1207 hatte Bischof Albert einen großen Teil Niedersachsens durchzogen, überall zum Kreuzzuge

auf-1207 April fordernd. Im Frühjahr 1207 begab er sich an den Hof des Königs Philipp, trug ihm das eroberte Livland auf und empfing es von ihm als Lehen zurück; damit wurde er Fürst des Reichs. Denn nicht als eine von ihm ausgehende Privatunternehmung konnte Albert die Unter­

werfung und Taufe Livlands ansehen, hatte es auch nie getan. Aber er hatte erst einen gewissen Erfolg abgewartet, ehe er für seine Gründung in ein näheres Verhältnis zum Reiche trat.

Im Dokument Wolter (1515). (Seite 21-27)