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Vorschläge und Wünsche für eine familienfreundliche Hochschule

4 LEBENSSITUATION VON STUDIERENDEN MIT KIND/ERN

4.2 Studiensituation von Studierenden mit Kind/ern

4.2.4 Vorschläge und Wünsche für eine familienfreundliche Hochschule

In der deutschen Studie mit dem Titel Familiengerechte Hochschulen wurden konkrete Daten und Fakten zur Thematik ermittelt. Die Studie gibt Aufschluss über Verände-rungswünsche und Schwierigkeiten der Studierenden mit Kind/ern in Bezug auf ihre Hochschule. Diese Veränderungsvorschläge deutscher Studierender werden deshalb hier angeführt, da sie hierzulande als Orientierungspunkte für Veränderungen hin zu einer familienorientierten Universität hilfreich sein können. Überdies bleibt die Gruppe, wel-che diese Vorschläge vorbrachte, dieselbe. Egal ob in Österreich oder Deutschland, es ist wichtig Vorschläge der ExpertInnen für weitere Schritte zu einer verbesserten, fami-liengerechten Vereinbarkeit an Hochschulen zu sammeln. Auch in der österreichischen Studie von Marie Sellner Studieren mit Kind – Chancen und Risiken lässt sich ein unge-fähres Bild davon kreieren, wie eine familiengerechte Hochschule für die Mehrheit der

Studierenden mit Kindern aussehen kann. Die Ergebnisse der Studien werden ebenfalls als Ideen oder Vorschläge für eine bessere Vereinbarkeit an Hochschulen herangezogen.

Die Mehrheit der deutschen StudentInnen wünschte sich hochschulnahe, zeitlich flexib-le Kinderbetreuung, auch außerhalb der üblichen Lehrveranstaltungszeiten. Dies bedeu-tet, die Betreuungsmöglichkeiten sollen so flexibel sein, dass sie auf Stundenpläne, un-terschiedlichen Semesterstundenaufwand angepasst und an lehrveranstaltungsfreien Tagen bereitgestellt werden können (vgl. Flaake 2008, S. 40). Eine solche flexible Kin-derbetreuung kann Studierenden die Organisation im Tagesablauf, durch reduzierte Fahrtwege und eine psychische Entlastung, erleichtern. In Notfällen sind sie in der Nähe ihrer Kinder. Außerdem können die Kinder somit mehr in den Alltag der studierenden Mütter und Väter integriert werden. Indem beispielsweise gemeinsam in der Mensa ge-gessen wird (vgl. Pegel 2008, S. 56).

Zudem besteht bei deutschen Studierenden mit Kind/ern ein Bedarf an leicht zugängli-chen Informationen über sozialrechtliche Sonderregelungen, finanzielle Angelegenhei-ten, psycho-soziale Unterstützungs- oder Wohn- und Betreuungsmöglichkeiten (vgl.

Flaake 2008, S. 35; S. 58). Eine eigenverantwortliche Beschaffung dieser Informationen nimmt, laut den Studierenden, viel Zeit in Anspruch, die sie für ihre Familie oder das Studium nutzen könnten (vgl. Pegel 2008, S. 58ff.).

Auch eine Sensibilisierung der Lehrenden wird von den StudienteilnehmerInnen vorge-schlagen (vgl. Flaake 2008, S. 35). ProfessorInnen sollten Verständnis für die Situation Studierender mit Kind/ern entwickeln. Im Hochschulalltag spielten Kinder bisher eine weniger bedeutende Rolle und Begegnungen mit ProfessorInnen sind häufig von gerin-ger Akzeptanz und Rücksicht geprägt. Dies sollte sich laut Studierenden mit Kindern ändern (vgl. Pegel 2008, S. 58ff.).

Ebenso hängt eine weitere Verbesserung der Situation studierender Eltern von der Rücksichtnahme bzw. dem Verständnis ihrer Mitstudierenden ab. Sie sollten, genauso wie Lehrende, an den Universitäten für das Thema sensibilisiert werden. Je mehr Stu-dierende mit Kind/ern als eine Gruppe mit zusätzlichen Schwierigkeiten an der Univer-sität wahrgenommen werden, desto besser ist eine Vereinbarkeit von Studium und Be-ruf möglich (vgl. Filipp et al. 2011, S. 99).

Daneben werden auch Gelegenheiten und Plätze für Kinder zum Spielen oder Ruhen im Universitätsumfeld vermisst, wie zum Beispiel Eltern-Kind-Zimmer. Außerdem fehlen für Studierende mit Kind/ern kindgerechte sanitäre Einrichtungen wie Toiletten und Wickelmöglichkeiten (vgl. Flaake 2003, S. 42).

Auch die Prüfungsordnung bedarf einer Überarbeitung hin zu mehr Flexibilität. Abga-befristen könnten ausgedehnt und Ersatzleistungen angeboten werden. Praktika sollen ebenso nicht außerhalb der Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen angeboten werden, sondern während dieser Zeiten (vgl. Pegel 2008, S. 58ff.).

Viele Studierende wünschen sich auch mehr Online-Lehrveranstaltungen sowie E- Learning Möglichkeiten bzw. Video-Aufzeichnungen der Lehrveranstaltungen. Dies sollte in Anbetracht der technologischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte kein Prob-lem mehr darstellen. Leider ist das aber für Studierende nach wie vor nicht immer gege-ben (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 72). Sie weichen daher auf die Möglichkeit eines Mul-timedia bzw. Fernstudiums aus. Einen Vorteil sehen Studierende mit Kind/ern hierbei in der fehlenden Anwesenheitspflicht. So lassen sich ihre verschiedenen Lebensbereiche einfacher miteinander vereinen (vgl. ebd., S. 71). Auch die Einführung von Teilzeitstu-diengängen, wie beispielsweise berufsbegleitende Studiengänge, ist eine Möglichkeit um die Vereinbarkeit an universitären Einrichtungen zu erleichtern (vgl. Filipp et al.

2011, S. 99).

Mittels derartiger Ergebnisse wird versucht auf die Studienbedürfnisse von Studieren-den mit Kind/ern Rücksicht zu nehmen. Diesbezüglich muss jedoch erwähnt werStudieren-den, dass nicht nur die Universitäten ihre Rahmenbedingungen familienfreundlicher gestal-ten sollgestal-ten, sondern auch Studierende die Chancen, die sich ihnen an manchen Hoch-schulen bieten, mehr nutzen könnten. Denn aus der Studie Ausbildung, Studium und Elternschaft des wissenschaftlichen Beirates für Familienfragen Deutschland geht her-vor, dass viele studierende Eltern sich oftmals zu wenig darüber informieren, was ihre Hochschule an Leistungen, Rechten und Unterstützungsangeboten für sie bereitstellt.

Viele wussten nicht, dass bereits Angebote an ihrer Hochschule vorhanden sind und gaben an, sich welche zu wünschen (vgl. ebd., S. 102f.).

Resümee

Die Vereinbarkeit mehrerer Lebensbereiche, wie Kind/er (Familie), Studium und even-tuell Erwerbsleben, ist mit einem hohen Organisationsaufwand verbunden und oftmals schwer zu bewerkstelligen. Bei Studierenden mit Kind/ern haben Vereinbarkeitsprob-lematiken, beispielsweise durch eine fehlende oder unzureichende Kinderbetreuung, Auswirkungen auf das Studienverhalten und die Studienzeit (vgl. Filipp et al. 2011, S.

11). Vereinbarkeitsprobleme und eine oftmals damit einhergehende längere Studienzeit, hängen zudem stark von der Organisation bzw. der Bereitstellung zusätzlicher Maß-nahmen für Studierende mit Kind/ern an den Hochschulen, der eigenen Informiertheit zu Angeboten an der jeweiligen Hochschule sowie dem Verständnis und der Akzeptanz anderer Mitstudierender oder ProfessorInnen ab. Je mehr auf die Bedürfnisse von Stu-dierenden eingegangen wird, desto leichter gestaltet sich für diese die Vereinbarkeit von Kind und Studium (vgl. Wejwar et al. 2012, S.71). Es braucht somit Lösungsansätze, die den StudentInnen die Vereinbarkeit von Kind und Studium ermöglichen und einem Studienwechsel und Studienabbrüchen vorbeugen (vgl. Filipp et al. 2011, S. 92). Denn auch wenn es prinzipiell nicht immer so einfach ist Kind/er mit Studienpflichten und/oder einer Erwerbstätigkeit zu vereinen, stellt die Studienzeit trotzdem eine Le-bensphase dar, in der sich der Wunsch, diese drei Aspekte miteinander zu koordinieren sehr gut verwirklichen lässt (vgl. ebd., S. 92). Aus diesem Grund und der Tatsache, dass sogar 86% deutscher Studierender mit Kind/ern, die Bedingungen an der Hochschule als bedeutenden Einflussfaktor für ihre Studien- und Universitätswahl erwähnen, ist es nötig, die Perspektive zu ändern und die Gruppe der Studierenden mit Kindern als eine

„Variante vieler komplexer Lebensentwürfe“ wahrzunehmen (vgl. Flaake 2008, S. 44f.).

Das bedeutet, Studierende mit Kind/ern „müssen als Gruppe mit spezifischen Bedür f-nissen in universitären Leitbild-Entwicklungen und entsprechenden Planungen ernst genommen und mit ihren Interessen berücksichtigt werden“ (Flaake 2008, S. 44). Sol-che Fortschritte könnten in Österreich mit dem Anschluss weiterer Hochschulen an die Charta Familie in der Hochschule gelingen. Länderübergreifend kann so versucht wer-den die Situation von Studierenwer-den mit Kindern zu verbessern.