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Haushaltsgröße und Familienformen damals und heute

3 FAMILIEN IM WANDEL

3.3 Auswirkungen der gesellschaftlichen Veränderungen auf die Familie

3.3.3 Veränderung der Haushalts- und Familiengröße sowie der Lebens- und Familienformen Familienformen

3.3.3.1 Haushaltsgröße und Familienformen damals und heute

Lag die Durchschnittsgröße eines Haushaltes vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein bei vier bis fünf Personen, so kam es im Laufe des 19. Jahrhunderts und spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem Absinken der Haushaltsgröße. Faktoren, die für ebendieses Absinken verantwortlich waren, sind zum einen sozioökonomische Verände-rungen, wie die Verminderung nichtverwandter Personen innerhalb eines Haushaltes - meist zusätzliche Arbeitskräfte (Knechte, Mägde, Gehilfen, Kindermädchen, Handwer-ker etc.) - und die generellen Veränderungen in der Arbeitsorganisation und zum ande-ren die Verbesserung der Lebensverhältnisse sowie der Wohnversorgung (vgl. Mitte-rauer 1997, S. 17f.; Münz/Reiterer 2009, S. 37). Durch den Wegfall familienwirtschaft-licher Produktionen und die Entstehung von Großbetrieben während der Industrialisie-rung kam es zu VerändeIndustrialisie-rungen in der Haushaltaufstellung und folglich in der Familien-struktur. Die Schaffung von Alternativen zum häuslichen Betrieb führte dazu, dass das vormals im häuslich-familiären Betrieb angestellte Personal auf städtisch-industrielle Berufe umstieg (vgl. Mitterauer 1997, S. 17f.). Ein weiterer Grund ist die bereits be-schriebene rückläufige Kinderzahl. Gab es zuvor meist vier und mehr Kinder innerhalb einer Familie, so waren ab dem 1. Weltkrieg Zwei-Kind-Familien das gängigste Famili-enmodell (vgl. Mitterauer 1997, S. 19).

Ein weiterer Relevanzfaktor ist die Zunahmen von Ein-Personen-Haushalten. Diese müssen auch

„als Ausdruck des Strukturwandels der Familie (...) [angesehen werden], wenn man Familie nicht statisch als eine bestimmte Personenkonstellation betrachtet, (...) sondern dynamisch als eine Gruppe in Entwicklung. [Denn] im Ablauf von Familienzyklen ge-winnen Phasen des Alleinlebens in Einzelhaushalten immer mehr an Bedeutung. In die-sen Phadie-sen bestehen oft starke Kontakte und Abhängigkeiten zu verwandten Personen in anderen Haushalten, so daß (sic!) sie in einer Betrachtung sich wandelnder Formen des Familienlebens notwendig Behandlung finden müssen“ (Mitterauer 1997, S. 20).

Die Gruppe der Ein-Personen-Haushalte umfasst dabei vor allem Singles und ältere Menschen. Begründet ist der Anstieg in häufigeren Scheidungen, höherer beruflicher Mobilität, der steigenden Lebenserwartung sowie der Gewährleistung sozialstaatlicher Einrichtungen für eine außerfamiliäre Absicherung alter Menschen. Ergänzt wird die

Gruppe außerdem durch Ein-Personen-Haushalte von Jugendlichen (vgl. Mitterauer 1997, S. 21f.; Münz/Reiterer 2009, S. 37).

Die Differenzierung von Wohnort und Arbeitsort und die damit einhergehende Unter-scheidung von familiärer und beruflicher Tätigkeit führte so gesehen nicht nur zu einer Verringerung der Haushaltsgrößen und einer Umstrukturierung der familialen Lebens-formen sondern auch zu einem generellen Anstieg in der Anzahl der Haushalte (vgl.

Münz/Reiterer 2009, S. 35). Die Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Aus-tria gewährt einen Überblick über die Verteilung und die Anzahl von Haushalten, Fami-lien und Lebensformen in Österreich. In Folge sollen aktuelle Daten zu ebendiesen Themen dargestellt werden.

Die Zahl der Haushalte hat sich von 1951 mit 2,2 Mio. Haushalten bis heute auf etwa 3,8 Mio. erhöht (vgl. Münz/Reiterer 2009, S. 35f.; Statistik Austria 2015, o.S.). Prinzi-piell geht der Trend hin zu kleinen Haushalten. 16,6% (1 395 000 Personen) der öster-reichischen Bevölkerung lebten 2014 alleine und 26,7% zu zweit. 20,2% bildeten einen Dreipersonenhaushalt und 21,1% gaben an zu viert zu leben. 10,3% bewohnen einen Fünfpersonenhaushalt und lediglich 434 000 Personen, das sind 5,2% der Bevölkerung, leben mit mehr als fünf Personen (sechs oder mehr Personen) in einem gemeinsamen Haushalt (vgl. Statistik Austria 2015, o.S.). Diese Angaben verdeutlichen den Rückgang an Mehrpersonenhaushalten, wenn man bedenkt, dass 1951 noch 23,8% der Bevölke-rung in Haushalten mit mehr als fünf Personen lebten (vgl. Münz/Reiterer 2009, S. 36).

Von allen Privathaushalten belief sich der Anteil der Familienhaushalte im Jahr 2014 auf 61,2% (vgl. Statistik Austria 2015, o.S.). Innerhalb der Familienhaushalte ist weiters zwischen unterschiedlichen Formen des Zusammenlebens zu unterscheiden. Die Haus-halte der Paare mit Kind/ern, dazu gehören Ehepaare und Lebensgemeinschaften, belief sich 2014 auf einen Bevölkerungsanteil von 27,6% (1985 noch 37,9%). Dennoch stellen Paare mit Kind/ern den größten Anteil der Mehrpersonenhaushalte dar. Paare ohne Kind/er machen 24,7% aus und Ein-Eltern-Familien bei Müttern 6,1% und bei Vätern 1,2% (vgl. Statistik Austria 2015, o.S.).

Den restlichen Anteil aller Privathaushalte in Österreich übernehmen zu 37% nichtfami-liale Einpersonenhaushalte sowie zu 1,8% nichtfaminichtfami-liale Mehrpersonenhaushalte, wie etwa die Wohngemeinschaft (vgl. Statistik Austria 2015, o.S.).

Neben den Privathaushalten existiert noch eine Fülle an kollektiven Haushalten. Dazu gehören unter anderem SchülerInnen- und StudentInnenheime, Altersheime, Pflegehei-me, Gefängnisse, Kasernen, Klöster etc. (vgl. Münz/Reiterer 2009, S. 38). Insgesamt ist der Anteil der Bevölkerung, welcher in Anstaltshaushalten lebt, mit 1,4% relativ gering.

55,6% davon bewohnen eine Heil- oder Pflegeanstalt oder Pensionisten- und Altenhei-me, 9,7% ein Flüchtlingsheim, 8,6% ein Wohnheim für junge Menschen in Ausbildung, 4,8% Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, 4,3% in Justizvollzugsanstalten und 4,1% in Klöstern (vgl. Statistik Austria 2015e, o.S.). Münz und Reiterer (2009, S.

39) verweisen darauf, dass einige dieser kollektiven Haushalte, wie etwa Alters- und Pflegeheime,

„im Laufe des 21. Jahrhunderts (...) an Bedeutung gewinnen [werden]. Dies hat einer-seits mit der im Zuge der demografischen Alterung wachsenden Zahl älterer Menschen zu tun. Andererseits bewirken zunehmende Ehe- und Kinderlosigkeit, dass es zukünftig mehr hilfsbedürftige Personen ohne nahe Angehörige geben wird.

Betrachtet man sich nun die Familien in Österreich noch genauer, so lebten laut Mikro-zensuserhebung 2014 2.37 Mio. Familien in Österreich. Seit 1985 (2.05 Mio.) ließ sich somit ein Zuwachs von 16% ausmachen. Hat sich der Anteil bei den Ein-Eltern-Familien während der letzten Jahre wenig verändert, so konnten bei anderen Ein-Eltern- Familien-formen doch Veränderungen festgestellt werden (vgl. Statistik Austria 2015d, o.S.).

„Ehepaare mit Kindern stellen zwar nach wie vor die häufigste Familienform dar, nicht-traditionelle Familienformen gewinnen jedoch immer mehr an Bedeutung“ (Statistik Austria 2015d, o.S.). Der Anteil aller Ehepaare hat sich gesamt gesehen kaum verän-dert. Jedoch hat sich die Anzahl an Ehepaaren mit Kindern von 1985 (53,8%) bis 2014 (39,3%) um 14,5% verringert. Gleichzeitig erhöhte sich die Gesamtzahl aller nichteheli-chen Lebensgemeinschaften von 3,5% (73 000 Paare) im Jahr 1985 auf 18% (368 000 Paare) im Jahr 2014. Der Anteil der Lebensgemeinschaften mit Kind/er beträgt 6,6%

(1985: 1,3%) (vgl. Statistik Austria 2015d, o.S.).

Außerdem ist noch der Anteil an Stief- bzw. Patchworkfamilien zu erwähnen. „ Stieffa-milien, auch Patchworkfamilien genannt, sind Familienverbände, in die Elternteile ihre Kinder aus früheren Ehen oder Lebensgemeinschaften in eine neue Beziehung einbrin-gen“ (Statistik Austria 2015d, o.S.). Diese Familienform umfasste in Österreich 2014 eine Anzahl von 81 000 Familien.

Anzumerken ist noch, dass sich die gelebte Familienform im Laufe des Lebens eines Menschen (auch mehrmals) verändert. So lebt die Mehrheit der Bevölkerung bis zu ih-rem 20. Geburtstag als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in einem gemeinsa-men Privathaushalt mit mindestens einem Elternteil. Ab dem Alter von 30 Jahren bis etwa zum 39. Lebensjahr befinden sich die meisten Erwachsenen in einer Partnerschaft mit zumindest einem Kind (Männer zu 45,3% und Frauen zu 56%). Bei den Männern bleibt es durchschnittlich bis zur Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen bei dieser famili-ären Lebensform. Die Frauen hingegen leben in diesem Alter schon häufiger in anderen nachelterlichen Paarbeziehungen ohne Kinder (vgl. Statistik Austria 2015f, o.S.). Wäh-rend Männer in weiterer Folge zum größten Teil in Partnerschaften leben, führen Frauen ab einem Alter von 80 Jahren, meist einen Ein-Personen-Haushalt. Grund dafür ist die höhere Lebenserwartung der Frauen und der Altersunterschied zu ihren Männern. Dem-nach ist das Verwitwungsrisiko bei Frauen höher als bei Männern (vgl. ebd., o.S.).

Abschließend ist zu sagen, dass der hohe Anteil an Familienhaushalten den großen Wert der Familie innerhalb der österreichischen Bevölkerung verdeutlicht. Denn laut Umfra-gen gehört ein „Leben mit Kindern (...) für den Großteil der ÖsterreicherInnen nach wie vor zu ihren Lebensplänen. Sechs von zehn Befragten können sich nur schwer vorstel-len, allein genauso glücklich leben zu können wie mit einer Familie“ (Beham 2009, S.

247). Jedoch hat sich auch in Österreich der Zeitpunkt der Familiengründung nach hin-ten verlegt. Lag das Alter für eine Erstgeburt 1984 bei 23,8 Jahren so bekamen Frauen im Jahr 2014 durchschnittlich im Alter von 29,1 Jahren ihr erstes Kind (vgl. Statistik Austria 2015a, o.S.). Dabei ist auch die Fertilitätsrate, sprich die durchschnittliche Kin-derzahl pro Frau, deutlich gesunken. Betrug diese im Jahr 1961 noch 2,78 so bekamen Frauen 2014 nur mehr durchschnittlich 1,46 Kinder (vgl. Statistik Austria 2015b, o.S.;

Statistik Austria 2015c, o.S.). Hierbei ist noch ergänzend anzumerken, dass vor allem Frauen mit akademischem Abschluss weniger Kinder zur Welt bringen als der

Durch-schnitt. Die Fertilitätsrate liegt bei 0,99 (vgl. Münz/Reiterer 2009, S. 44). Sozioökono-mische Voraussetzungen, die Dauer der heutigen Ausbildungen, der damit einhergehen-de ebenfalls später stattfineinhergehen-deneinhergehen-de Berufseintritt, hohe Anforeinhergehen-derungen an berufliche Mo-bilität, egalitäre Leitbilder für eine gelingende Partnerschaft, hohe Ansprüche an Part-nerschaft und Elternschaft sowie gegenwärtig noch existente Hindernisse in der Verein-barkeit von Familie und Beruf sind Gründe für das Absinken der Fertilitätsraten und den Aufschub der Familiengründung (vgl. Beham 2009, S. 247). In Österreich gibt bei-spielsweise etwa ein Drittel der Bevölkerung an, dass ökonomische Faktoren einen Ein-fluss auf die Familiengründung haben. Auch der Beruf spielt dabei eine Rolle.

„So hängt für fast jede zweite Frau die Entscheidung für ein (weiteres) Kind stark von der eigenen Arbeit ab, jedoch nur für 13% der Männer. Dies ist insofern verständlich, als in Österreich im Regelfall Mütter und nicht Väter die Erwerbsarbeit für Kinderbe-treuung unterbrechen(Buber/Neuwirth 2009, S. 304).

Aber auch persönliche Faktoren, wie ein/e passende/r PartnerIn oder die gemeinsame Bereitschaft für ein Kind, haben maßgeblichen Einfluss auf die Familiengründung (vgl.

Buber/Neuwirth 2009, S. 304).