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Betreuungssituation von Studierenden mit Kind/ern

Ausgaben von studierenden Müttern und Vätern im Vergleich

4.5 Die Betreuungssituation in Österreich

4.5.1 Betreuungssituation von Studierenden mit Kind/ern

Für viele Studierende ist es wegen ihrer Betreuungspflichten nicht möglich uneinge-schränkt zu studieren. Das geben zumindest Studierende der Studierenden-Sozialerhebung 2011 als Grund für Studienverzögerungen an. Vor allem für Mütter ist es schwierig neben der Kinderbetreuung und diversen anderen Aufgaben genügend Zeit für ihr Studium zu finden (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 27). Sie wenden sehr viel Zeit für die Kinderbetreuung auf, haben mehr Schwierigkeiten beim Finden einer geeigneten Betreuung ihrer Kinder und haben dadurch wiederum Probleme ihren Studienpflichten nachzukommen (vgl. ebd., S. 49). Väter hingegen haben weniger Probleme damit eine geeignete Kinderbetreuungslösung zu organisieren (vgl. ebd., S. 27): Generell lässt sich jedoch sagen, dass eine fehlende Kinderbetreuung einen höheren persönlichen Betreu-ungsaufwand der studierenden Eltern mit sich zieht, der sich in einem ständigen Zeit-mangel in Bezug auf das Studium manifestiert (vgl. ebd., S. 49). Denn durchschnittlich wenden studierende Mütter 47 Stunden und studierende Väter 25 Stunden ihrer verfüg-baren Zeit pro Woche für die Kinderbetreuung auf. Bei jüngeren Kindern ist der Be-treuungsaufwand, laut Studierenden-Sozialerhebung 2011, sogar noch höher (vgl. ebd., S. 44). Außerdem haben studierende Mütter und Väter verstärkt Schwierigkeiten, einen flexiblen Kinderbetreuungsplatz für ganz junge Kinder zu finden. Denn aufgrund ihrer Bedürfnisse (Stillen usw.) können diese nicht zu festen Zeiten betreut werden. So müs-sen Betreungsarrangements immer wieder neu organisiert, verschoben oder abgesagt werden (vgl. Sellner 2003, S. 127). Dieses Ergebnis deckt sich mit den Meinungen der Studierenden der Studierenden-Sozialerhebung 2011, welche angaben, dass ein unein-geschränktes Studium viel eher möglich ist, wenn sich die Kinder in der Schule oder anderen festen Betreuungsarrangements befinden (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 28). Pegel spricht in diesem Zusammenhang jedoch nur von einer Verlagerung des Betreuungs-aufwandes. Befinden sich Kinder im Schulalter kommen neue Aufgaben auf die Eltern zu, die nicht weniger Zeit in Anspruch nehmen, wie beispielsweise gemeinsame Haus-aufgaben (vgl. Pegel 2008, S. 57f.).

In Anbetracht der oben dargestellten Zeitverteilung von Studierenden an Österreichs Hochschulen ist es nicht verwunderlich, dass sich Studierende ein größeres und breite-res Kinderbetreuungsangebot wünschen (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 44), welches sich

an den Alltag der Universität angleicht. Auch universitäre Betreuungsangebote entspre-chen meist nicht den Bedürfnissen von Studierenden mit Kind/ern und werden daher oftmals nicht in Anspruch genommen. Nur 2,3% greifen auf diese Möglichkeit zurück (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 23).

Väter wünschen sich beispielsweise mehr tage- oder stundenweise Betreuungsmöglich-keiten und Mütter brauchen eher kurzfristige, stundenweise Betreuung für Kleinkinder oder Vorschulkinder. Beide Geschlechter geben aber an, Bedarf an Halbtagsangebot zu haben (vgl. ebd., S. 32f.).

Richtet man den Blick auf den Bedarf von institutionellen Kinderbetreuungsangeboten der Studierenden an der Universität Graz aus dem Jahr 2011, lässt sich sagen, dass sich die Universität Graz generell durch ein annehmliches Angebot von Betreuungsangebote auszeichnet, wofür sich beispielsweise die Anlaufstelle unikid & unicare einsetzt41 (vgl.

Wejwar et al. 2012, S. 38). Im Jahr 2011, konnten 35% aller Studierenden mit Kind/ern an der Universität Graz, die an der Befragung teilgenommen haben, ihr Studium unein-geschränkt weiterführen, da sie eine geregelte Kinderbetreuungsmöglichkeit für ihr Kind gefunden haben (vgl. ebd., S. 31). Die restlichen Studierenden mit Kind/ern ver-missen dennoch tages- und stundenweise Angebote (26%), Halbtagesangebote (20%) und zuletzt Ganztagsangebote (16%). Im Vergleich dazu ließ sich an der Universität Linz, bei größerer Zahl von Studierenden mit Kind/ern, viel weniger Bedarf ermitteln.

Der Grund dafür kann, laut Studierenden-Sozialerhebung 2011, in den flexibleren Stu-dienbedingungen und der Möglichkeit des Fernstudiums, gesehen werden (vgl. ebd., S.

35ff.).

Der Grund für den zusätzlichen Bedarf an Betreuungsangeboten von Seiten der Studie-renden könnte darin liegen, dass beispielsweise Vorlesungen, Seminare etc. an der Uni-versität meist nachmittags stattfinden und sich daher meist mit den Hauptbetreuungszei-ten der Kinderbetreuungseinrichtungen überschneiden. Daher ist ein campusnahes, zeit-liches, flexibles Angebot eine empfehlenswerte Variante der Kinderbetreuung für Stu-dierende (vgl. Flaake 2008, S. 40; S. 55). Neben einer psychischen Entlastung

41 Siehe dazu Kapitel 4.2.3 Familienfreundlichkeit an Hochschulen

tert diese Form der Kinderbetreuung möglicherweise auch die Organisation des Stu-dienalltags und dessen Vereinbarkeit mit dem Familien- als auch mit dem Erwerbsle-ben. Ein weiterer Grund, warum solche Angebote Einzug in Universitäten finden soll-ten, ist der Effekt, dass studierende Eltern mit ihren Kindern dadurch stärker als wichti-ge Gruppe an der Universität wahrwichti-genommen werden. Demzufolwichti-ge werden sie auch mehr in das Universitätsleben integriert und können mehr Zeit auf der Universität ver-bringen, um Kontakte zu anderen Mitstudierenden zu knüpfen und sich so miteinander zu vernetzen (vgl. Pegel 2008, S. 56f.). Mit einer Vernetzung von Studierenden mit und ohne Kinder, kann es auch gelingen ein gegenseitiges Verständnis unterschiedlicher Lebenswelten zu entwickeln und das Miteinander an der Universität zu stärken. Denn in einer Befragung von Studierenden mit Kind wurde festgestellt, dass ihre Situation von Mitstudierenden und auch ProfessorInnen wenig bis gar nicht im universitären Alltag berücksichtigt wird, da sie keinen Einblick in deren Lebenssituation haben. Daher haben Studierende mit Elternschaft weniger Kontakte, was sich wiederum negativ auf das Stu-dium auswirkt, da mit wenigen sozialen Kontakten und zugleich weniger häufigen Be-suchen an der Universität, auch der Austausch bezüglich wichtiger Informationen, Prü-fungsterminen, Erfahrungen etc. gehemmt wird (vgl. Sellner 2003, S. 65f.). Weshalb sich Studierende mit Kind/ern trotz dieser Umstände nicht selbst organisieren und mit anderen Studierenden (mit oder ohne Kindern) kurzschließen, beispielsweise in Bezug auf die Kinderbetreuung, sieht Pegel in folgenden Aspekten begründet: Erstens möchten sie für ihre Kinder professionelle Betreuungsmöglichkeiten mit kontinuierlichen, fach-lich gut ausgebildeten Bezugspersonen für das Kind. Zweitens bezweifeln sie, dass an-dere Eltern genügend Erfahrung haben, um ihr Kind, ein fremdes Kind, ausreichend zu fördern und zu erziehen. Drittens haben sie nicht den Raum und die Zeit, um andere Kinder mit zu betreuen. Eine private Elterninitiative unter Studierenden ist möglich, jedoch nur, wenn die Gruppe der zusammenkommenden Eltern nicht zu groß ist, Stun-denpläne miteinander vereint werden können und eine Einigkeit über die Erziehungs-vorstellungen der Kinder vorherrscht. Dies sind auch die Gründe dafür warum solche Ideen meist nicht umgesetzt werden. (vgl. Pegel 2008, S. 57ff.).

Resümierend haben Studierende mit Kind/ern wenig Zeit für Freizeit, Erholung oder außertourliche Erledigungen. Aus diesem Grund ist es für diese wichtig sich Unterstüt-zung von anderen zu holen. Denn „zur Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Kindern

ist institutionelle wie familiäre Unterstützung in der Kinderbetreuung unabdingbar“ (Wejwar et al. 2012, S. 40). Neben institutionellen, außerfamiliären Angeboten gibt es somit noch privat organisierte Formen der Kinderbetreuung, die für manche Studierende eher in Frage kommen.

Viele können es sich beispielsweise, trotz (oftmals zusätzlicher) Erwerbstätigkeit und staatlicher Förderungen, nicht leisten ihr Kind/ihre Kinder in einer qualitativ hochwerti-gen Einrichtung unterzubrinhochwerti-gen oder bekommen keinen Betreuungsplatz für ihr Kind.

Daher nehmen einige Studierende in Österreich ihre Kinder, solange sie noch jünger als fünf Jahre sind, mit an die Universität (vgl. ebd., S. 25). Hier lässt sich ein Widerspruch zu den Studierenden aus einer 2003 durchgeführten Studie erkennen. Jene nahmen ihre Babys oder Kleinkinder aufgrund baulicher und infrastruktureller Probleme an der Uni-versität nur sehr ungern dorthin mit (vgl. Sellner, 2003, S. 64).

Somit stellen meist Unterstützungsnetzwerke oder andere private Betreuungsformen (PartnerInnen, Bekannte, Verwandte, eigene Eltern oder andere private Kontakte aus dem näheren Umfeld) alternative Lösungen zum institutionellen Angebot oder der Mit-nahme an die Universität, dar. Das bedeutet folglich privat organisierte Formen der Be-treuung sind von großem Wert für Eltern (vgl. Flaake 2008, S. 36).

4.5.2 Private Betreuungsarrangements und Unterstützungsnetzwerke

Baumann und Boissevain gehen davon aus, dass ein„personales Netzwerk ein kompl e-xes soziales System ist, das nicht mit einer einzelnen Beziehungsform gleichzusetzen ist (…), sondern sich aus unterschiedlichen Formen sozialer Beziehungen und sozialer Kontakte zusammensetzt“ (Baumann 1987a; Boissevain 1977b zit.n. Laireiter 1993, S.

18).

Im Falle der Studierenden bedarf es eines Unterstützungsnetzwerkes, welches sich in seiner Bedeutung, nach Laireiter (1993, S. 19) vom persönlichen Sozialen Netzwerk unterscheidet. „Unterstützung ist eine funktionales Element sozialer Beziehungen (…)“

(Laireiter 1993, S. 20). Es geht in dieser Arbeit um den Aspekt der Unterstützung von Personen untereinander und weniger um das soziale Netzwerk allgemein (vgl. Laireiter 1993, S. 20). Daher wird an dieser Stelle auch nicht näher auf die Thematik sozialer

Netzwerke eingegangen, sondern ausschließlich versucht den Begriff Unterstützungs-netzwerk mit einer zutreffenden Definition zu beschreiben. „Unter einem Unterstü t-zungsnetzwerk (…) wird jene Menge an Personen verstanden, die einem Individuum bei Alltagsproblemen oder größeren Belastungen als Unterstützer zur Verfügung stehen würde bzw. steht oder gestanden ist“ (Vaux 1988, S. 29 zit.n. Laireiter 1993, S. 29).

Speziell diese Art von Netzwerken wird im nächsten Abschnitt beschrieben, da sie für die Vereinbarkeit von Kind und Studium unabdingbar sind. Dabei ist zu bedenken, dass unterschiedliche NetzwerkpartnerInnen auch eine unterschiedliche Rolle bzw. Bedeu-tung im Leben von Studierenden mit Kind/ern spielen.

Grundsätzlich bleiben Studierende nicht bei einer Variante der Betreuung oder einer Betreuungsperson für ihr Kind. Sie mischen verschiedene Möglichkeiten, um sich ein rudimentäres Betreuungs- bzw. Unterstützungsnetzwerk zu schaffen. Als soziale Res-sourcen von Erwachsenen kommen, entsprechend der Studie von Heimgartner und Scheipl (2013, S. 109), Professionelle, LebenspartnerInnen, Verwandte, FreundInnen, Tagesmütter/-väter, Elternberatung, Bekannte wie Freundin, Taufpatin, Nachbarin etc.

in Frage. Auf die Unterstützungsnetzwerke wird nun in weiterer Folge Bezug genom-men.

PartnerInnen

PartnerInnen sowie die Kernfamilie von Studierenden werden am häufigsten für die Betreuung ihrer Kinder herangezogen (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 23; Kroismayr 2010, S. 177). Dies verwundert nicht, denn auch in einer Studie von Heimgartner und Scheipl (2013, S. 110) wird explizit die Bedeutung von PartnerInnen als wichtige Unterstüt-zungsorgane von Erwachsenen betont. Das gründet sicherlich darin, dass Beziehungen von emotionaler Nähe, gegenseitiger Unterstützung und sozialer Hilfe bestimmt und dadurch als mentale Stütze äußerst wertvoll sind (vgl. Ecarius 2007, S. 233). Die Be-treuung durch den/die PartnerIn liefert zudem den Vorteil psychischer Entlastung, da dem/der PartnerIn sehr viel Vertrauen, insbesondere in Bezug auf die Betreuungskom-petenzen, entgegengebracht wird (vgl. Kroismayr 2013, S. 182).

Für Paare, wo beide PartnerInnen im Erwerbsleben stehen, ist die Betreuungssituation eine organisatorische Herausforderung (Sellner 2003, S. 107f.; Kroismayr 2013, S.

179). Studierende mit berufstätigen PartnerInnen können weniger bis gar nicht auf diese mögliche Unterstützung zurückgreifen (vgl. Kroismayr 2013, S. 182). Insbesondere zusätzlich erwerbstätige Frauen brauchen ihre PartnerInnen, die Ihnen bei der Kinderbe-treuung, im Haushalt und anderen alltäglich familiären Angelegenheiten (z.B. Krankheit des Kindes) unter die Arme greifen. Für sie ist die Mithilfe des Partners wesentlich da-für, dass sie das Familienleben mit einer beruflicher Tätigkeit und den Studienanforde-rungen arrangieren können (vgl. ebd., S.180). Vollzeitberufstätige PartnerInnen können sich aber aus zeitlichen Gründen meist weniger in den Familienalltag einbinden (vgl.

ebd., S. 177). Eine Studie zeigt jedoch, dass sie sich innerfamiliär beteiligen möchten (vgl. ebd., S. 182).

Studierende mit einem/einer PartnerIn der ebenso studiert oder nur auf Teilzeitbasis erwerbstätig ist, befinden sich meist in einer weniger schwierigen Situation, da die Part-nerInnen sich gegenseitig unterstützen (vgl. Sellner 2003, S. 109). Wenn PartPart-nerInnen keine Zeit haben, greifen studierende Mütter meist auf ihr familiäres Umfeld wie Groß-eltern oder andere Verwandte zurück. Grundsätzlich wählen Studierende an Österreichs Hochschulen diese Kinderbetreuungsform am zweithäufigsten unter allen Kinderbe-treuungsvarianten (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 23f.).

Großeltern und andere Verwandte

Ecarius (2007, S. 220) differenziert den Begriff Verwandtschaft in zwei Bedeutungen:

Erstere ist die Verwandtschaft als Abstammung (gemeinsame Vorfahren, biologisch-genetisch verwandt, mehrere Generationen) und zweiteres die Heirat (nicht-biologisch), nach welcher Verwandtschaft erst entsteht. Verwandte werden vorwiegend für die Kinderbetreuung bei Notfällen oder Krisen herangezogen (vgl. Reisenz-ein/Bammann/Reisenzein 1993, S. 77f.).

Hier sind besonders Großeltern (gemeint sind die Eltern der Studierenden) hervorzuhe-ben, denn diese erfüllen beispielsweise wertvolle Funktionen in Familien (vgl. Krois-mayr 2013, S. 190). Wo Institutionen oder Einrichtungen unzureichend sind (Bsp. Öff-nungszeiten), sind Großeltern zur Stelle und sorgen für ihre Enkel mit höchstem Enga-gement. Nicht um sonst zählen Großeltern auch zu den wichtigsten Ressourcen von Kinder (vgl. Wilk 2009, S. 417). Die Großeltern-Enkel-Beziehung wird derzeit

bei-spielsweise, neben Eltern-Kind-Beziehungen und Geschwisterbeziehungen, als eine der wertvollsten Ressource von Familien in unserer Gesellschaft angesehen (vgl. Wilk 2009, S. 412). Großeltern bieten regelmäßig oder spontan ihre Hilfestellungen an (vgl.

Kroismayr 2013, S. 190). In Kroismayrs Untersuchung 2013 übernahmen sie täglich oder öfters pro Woche die Betreuung ihrer Enkelkinder (vgl. Kroismayr 2013, S. 188;

Wilk 2009, S. 410ff.). Ihre Unterstützung wird vordergründig für wirklich existentielle Angelegenheiten, wie zum Beispiel berufliche Pflichten in Anspruch genommen (vgl.

Kroismayr 2013, S. 190). Sie helfen bei der Betreuung ihrer Enkel, dienen manchmal als Ersatzeltern oder HelferInnen in der Not bzw. bei Familienkrisen, übermitteln kultu-relles Wissen, sind wichtige Bezugs- sowie Vertrauenspersonen und stehen der Familie nicht selten auch finanziell zur Seite (vgl. Brake/Büchner 2007, S. 209; Wilk 2009, S.

417). Sie nehmen also nicht nur in der Betreuungssituation eine zentrale Rolle ein.

Eingeschränkt übernehmen Großeltern die Kinderbetreuung, wenn sie keine besonders gute Beziehung zu ihrem Kind haben, gesundheitlich beeinträchtigt oder erwerbstätig sind sowie weiter entfernt leben (vgl. Kroismayr 2013, S. 188; Wilk 2009, S. 410ff.).

Die Entfernung zu den Eltern (Großeltern der Kinder) ist auch für Studierende mit Kind/ern ausschlaggebend für eine zufriedenstellende Vereinbarkeit. Befinden diese sich nicht in unmittelbarer Nähe, erachten das einige Studierende als unvorteilhaft oder herausfordernd, da sie aufgrund ihrer finanziellen Situation oder ihres geringen Zeit-budgets, einen großen Bedarf nach familiärer Unterstützung haben (vgl. Wejwar et al.

2012, S. 70ff.). Eine geringe Entfernung und räumliche Nähe zu den Eltern wird zudem von Wilk (2009, S. 410-413) als ein stärkender Faktor von Intensität, Qualität und Häu-figkeit der Unterstützungsleistung seitens der Eltern angeführt.

Auch weitere Familienmitglieder wie Geschwister, Urgroßeltern oder SchwägerInnen erfüllen vielfach eine wichtige Funktion in der Kinderbetreuung (vgl. Sellner 2003, S.

110; Kroismayr 2013, S. 187ff.). Geschwister und SchwägerInnnen werden hauptsäch-lich für intensiven, freundschafthauptsäch-lichen und sozialen Kontakt beansprucht. Diese stellen somit „eine wesentliche Ergänzung zum durch Ausbildung, Beruf und lokale Kontakte geprägten Sozialnetz dar“(Münz/Reiterer 2010, S. 49). Zum Betreuungsnetzwerk man-cher Studierenden gehören ebenso FreundInnen oder andere Bekannte.

FreundInnen und Bekannte

Prinzipiell wird „[d]er Großteil an Hilfeleistungen und finanziellen Transfers sowie ge-genseitiger Unterstützung (…) immer noch von der Familie und Verwandtschaft geleis-tet, nur selten übernehmen Freunde (sic!) diese Funktion“ (Ecarius 2007, S. 231). Ange-lehnt an das Zitat sind FreundInnen eine eher seltener genutzte Betreuungslösung. Sie nehmen zeitweilig aber trotzdem eine wichtige Rolle für Studierende mit Kind/ern ein (vgl. Veiel/Ihle 1993, S. 73). Sie wohnen oft in der Nähe und werden deswegen eher in Notsituationen oder bei einmaligen Terminen gerne darum gebeten bei der Betreuung einzuspringen (vgl. Kroismayr 2013, S. 199f.). FreundInnen werden auch in den empiri-schen Studien von Sellner (2003, S. 109f.) sowie von Heimgartner und Scheipl (2013, S. 110) als wichtige Unterstützungsressource für Familien angegeben. Um von einer Freundschaft sprechen zu können, sind tiefe Beziehungen zwischen Menschen nötig (vgl. Lüschen 1989, S. 435). Mit ihnen werden persönliche Angelegenheiten in intensi-ven Gespräche analysiert und gemeinsame Aktivitäten geteilt (vgl. Reisenz-ein/Baummann/Reisenzein 1993, S. 77; Seiffge-Krenke 2009, S. 126).

Bedauerlicherweise bilden sich Freundeskreise Studierender mit Kind durch einge-schränkte Zeitressourcen, unregelmäßige Besuche an der Universität oder durch den Rückzug in die eigene Familie automatisch zurück (vgl. Sellner 2003, S. 81). FreundIn-nen sind zwar wichtig, aber bei Studierenden mit Kindern eher rar. Ein kleiner bis feh-lender Freundeskreis wird von Studierenden auch durch das geringe gegenseitige Ver-ständnis für die jeweilige Lebenssituation und die Splittung gemeinsamer Interessen begründet (vgl. ebd., S. 65). Die Funktion von Freundschaften im universitären Netz-werk ist eine bedeutende. Denn FreundInnen sind zum einen emotionale Stützen und tragen zum anderen im Studium, durch gegenseitiges Antreiben, einen wesentlichen Teil dazu bei, die eigene Motivation trotz vielfacher Herausforderungen aufrecht zu erhalten (vgl. ebd., S. 131). Daher ist es wichtig, an der Universität einer Isolation von Studierenden mit Kind/ern entgegenzuwirken, indem dieser Gruppe eine Möglichkeit geboten wird, miteinander in Kontakt treten zu können und soziale Kontakte zu knüp-fen. Die Universität könnte dabei als eine Schnittstelle der Vernetzung von Studierenden zur wechselseitigen Unterstützung dienen (vgl. ebd., S. 131). Auch Personen aus dem Wohnumfeld können unterstützend sein.

NachbarInnen

NachbarInnen können ebenfalls eine Unterstützung sein. Sie werden vorzugsweise für kurzfristige Unterstützung beigezogen (vgl. Reisenzein/Baumann/Reisenzein 1993, S.

77). Prinzipiell trägt eine gute Nachbarschaft aber für eine eigenverantwortliche Initiie-rung unterstützender Netzwerke großes Potential in sich. Familien- und Nachbarschafts-zentren zum Beispiel „sind ein Versuch neue soziale Vernetzungsformen im Alltag von Familien aufzubauen“ (Hebenstreit-Müller/Pettinger 1991, S. 41). Bei der Form der Unterstützung „handelt es sich meist um pragmatisch alltägliche Unterstützung, wie zum Beispiel Hausaufgabenhilfen, kostenlose wechselseitige Betreuung der Kleinkin-der“ (vgl. Kürner 1994, S. 81). Des Weiteren gibt es noch privat organisierte, außerfa-miliäre Betreuung, die spontan hinzugezogen werden kann, aber nicht immer billig ist.

Außerfamiliäre, privat organisierte Betreuungspersonen

An außerfamiliäre Unterstützungspersonen wie Tagesmutter/-väter, Leihomas, Babysit-terInnen bzw. Kindermädchen wenden sich Eltern, wenn das innerfamiliäre Betreu-ungsnetzwerk nicht verfügbar ist. Diese Formen der Kinderbetreuung sind meist sehr kostenaufwändig und können daher vorrangig nur von besser gestellten Studierenden mit Kindern engagiert werden. Speziell die Kosten für ein Kindermädchen, welche täg-lich eingesetzt werden, sind sehr hoch (vgl. Kroismayr 2013, S. 192f.). 16% der weibli-chen und 10% der männliweibli-chen Studierenden regeln, laut Studierenden-Sozialerhebung 2011, die Kinderbetreuung in dieser Form (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 25). Leihomas sind vor allem dann geeignet, wenn Großeltern in der Familie abwesend sind. Sie sind flexibel einsetzbar, helfen tage- oder stundenweise bei der Kinderbetreuung aus und werden schnell zu guten Bezugspersonen für Kind/er. Denn Leihomas bestechen mit ihrem Alter und ihrer Erfahrung (vgl. Kroismayr 2013, S. 196).

Befinden sich Kinder ganztägig in der Schule, dem Hort oder der Nachmittagsbetreuung stellt die Vereinbarkeit eine weniger große Hürde für den Studienverlauf von Studieren-den dar (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 28). Hier bedarf es oftmals nur an ergänzenStudieren-den Maßnahmen wie BabysitterInnen oder Tagesmütter bzw. -väter. Sie werden privat auf-grund der erhöhten Kosten nicht sehr oft beauftragt. Vielfach erst wenn, das Kind etwas älter ist (vgl. Kroismayr 2013, S. 197ff.). Eine mögliche Alternative dazu wären

Ta-gesmütternetzwerke an der Universität, wie sie die Justus-Liebig-Universität in Deutschland anbietet (vgl. Meier-Gräwe 2008, S. 77ff.). Diese geförderte Lösung eignet sich gut zum Schließen von Betreuungslücken und kann auf die individuellen Betreu-ungsbedürfnisse der Eltern abgestimmt werden (vgl. ebd., S. 80). All diese Betreuungs-formen eigenen sich sehr gut für kurzfristigen Betreuungsbedarf oder paralleler Unter-stützung neben institutionellen Angeboten.

Resümee

Das soziale Umfeld für die Kinderbetreuung zu nutzen ist zwar eine kostensparende und gute Alternative, doch gibt Hofer (1992, S. 32) zu bedenken, dass „Faktoren des näh e-ren Umfeldes es Familien erleichtern oder erschwee-ren [können], ihre allgemeinen sowie stadienspezifischen Aufgaben wahrzunehmen“. Hofer zeigt mit diesem Zitat die Dop-pelbödigkeit der Inanspruchnahme familiärer oder privater Lösungen auf. Einerseits können sie die Vereinbarkeit erleichtern, andererseits bergen sie auch gewisse Schwie-rigkeiten in sich. Dies bestätigen Aussagen von Studierenden mit Kind/ern aus der Un-tersuchung von Flaake (2008) zur familiengerechten Hochschule. Grundsätzlich sehen Studierende mit Kind/ern die Schwierigkeit privater Betreuungsformen darin, dass sie sehr unregelmäßige, unsichere und nicht verlässliche Alternativen der Kinderbetreuung darstellen (vgl. Flaake 2008, S. 40). Wird ein Kind krank oder benötigen sie spontane Unterstützung, sind soziale oder familiale Kontakte aufgrund ihrer eigenen Inflexibilität (eigene Familie, Berufstätigkeit etc.) nicht immer eine optimale Lösung. Auch Konflik-te, die durch eine zu hohe Emotionalität oder die Überschneidung bzw. das Überschrei-ten der Verantwortungsbereiche seiÜberschrei-tens der privaÜberschrei-ten Betreuungspersonen entstehen, sind eher hinderlich (vgl. Pegel 2008, S. 52ff.). Auf der anderen Seite ist es, trotz dieser Argumente, wichtig soziale Netzwerke zur eigenen Entlastung zu nutzen. Soziale bzw.

familiäre Netzwerke geben oft nicht nur Hilfestellung bei der Kinderbetreuung oder finanziellen Problemen, sie sind auch bedeutend als emotionale Stütze (vgl. Sellner 2003, S. 81). Abschließend kann daher für Studierende mit Kind/ern eine Verschrän-kung von institutionellen und privat organisierten Unterstützungsleistungen bei der Kinderbetreuung als ideale Lösung angesehen werden.