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Daten und Fakten zu Studierenden mit Kind/ern

4 LEBENSSITUATION VON STUDIERENDEN MIT KIND/ERN

4.1 Daten und Fakten zu Studierenden mit Kind/ern

Untersuchungen zu Studierenden mit Kind/ern finden in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedliche Anwendung. Ein diesbezüglich fortschrittliches Land ist Deutsch-land. Hier wird im Auftrag des Deutschen Studentenwerks regelmäßig, alle drei Jahre, die Situation von Studierenden mithilfe des Hochschulinformationssystems (HIS) ana-lysiert. Im Jahr 1985 rückte erstmals die Gruppe studierender Eltern in den Fokus der Forschungen des Deutschen Studentenwerks (vgl. Wehner 2012, S. 36). In Zusatzbe-richten der 13. und 18. Sozialerhebung von Middendorff wurde diesbezüglich speziell die Lage von Studierenden mit Kind/ern in den Blick genommen. Ausgangspunkt für diese Erhebung waren die erkennbar durchschnittlich langen Studienzeiten, eine hohe Anzahl an Studienabbrüchen der Studierenden mit Kind/ern und die damit verbundene Absicht die Vereinbarkeit von Kind und Studium zu fördern. Die Resultate dieser Un-tersuchungen betonten die Wichtigkeit dieser Bemühungen, denn bei studierenden El-tern zeigten sich deutlich Vereinbarkeitsproblematiken, die sich negativ auf den Stu-dienverlauf auswirkten. Gründe dafür waren eine unflexible Studienorganisation, der schwierige Zugang zu Betreuungsangeboten und eine eher unsichere Studienfinanzie-rung. Vorhandene Strukturen in den Hochschulen, als auch die soziale Infrastruktur sollen mithilfe dieser familienfreundlicher gestaltet werden (vgl. Middendorff 2008, o.S.). Zuletzt veröffentlichte das HIS im Jahr 2014 eine Studie, gestützt auf den Ergeb-nissen der jüngsten 20. Studierendensozialerhebung, worin in einem Teilkapitel die Si-tuation Studierender mit Kind beschrieben wird (vgl. DZHW 2015, o.S.). Für die Be-schreibung der Entwicklungen Österreichs in Bezug auf das Thema Studium und El-ternschaft bedarf es zeitweilig einen Rückgriff auf Daten und Fakten dieser Sozialerhe-bungen aus Deutschland. Denn Österreich hat sich in Anbetracht der öffentlichen For-schungen der letzten Jahre weniger intensiv mit der Gruppe von Studierenden mit

Kind/ern und deren Situation an Hochschulen beschäftigt als Deutschland.17 Nicht nur die Sozialerhebungen oder Berichte im Auftrag offizieller Stellen wie dem Bundesmi-nisterium liefern in Deutschland Daten, sondern auch zahlreiche aktuell publizierte For-schungsarbeiten18 und Projekte19 zum Thema Studieren mit Kind.

Eine Instanz, welche sich in Österreich bereits seit den 70er Jahren regelmäßig mit der sozialen Lage von Studierenden befasst und eine Reihe von Berichten herausgegeben hat, ist das Bundesministerium für Wissenschaft (BMWF) (vgl. Wrob-lewski/Unger/Schmutzer-Hollensteiner 1999, S. 63). Im weiteren Verlauf dieser Reihe von Untersuchungen des BMWF wurde im Jahre 1998 zusätzlich zur allgemeinen sozia-len Situation von Studierenden speziell die Lage Studierender mit Kind/ern erfasst. Im Vergleich zu Deutschland, wo bereits 1993 ein vollständiger Bericht über die Situation von studierenden Müttern und Vätern veröffentlicht wurde,20 setzt sich die Studierenden Sozialerhebung 1999, nur auf wenigen Seiten mit dieser Thematik auseinander (vgl.

Wroblewski et al. 1999, S. 63). Etwas später, 2003, brachte dann Marie Sellner mit ihrer Studie Studieren mit Kind - Chancen und Risiken neue empirische Erkenntnisse in Be-zug auf diese Gruppe der Studierenden hervor. Erst im Jahr 2011 verfasste das Institut für Höhere Studien (IHS) einen Zusatzbericht der sich besonders mit jenen Studieren-den auseinandersetzt. Mittels dieser Zusatzerhebung des IHS (2012), Studierende mit Kindern 2011, konnten Angaben von insgesamt 44 000 Studierenden aus allen Hoch-schuleinrichtungen Österreichs, das heißt allen Fachhochschulen, Universitäten und auch Pädagogische Hochschulen, erhoben werden. In die Auswertung mit einbezogen

17Siehe Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013): Familienfreundlichkeit an deutschen Hochschulen; Bihler, Sarah M. E./ Langer, Markus F./ Müller, Ulrich (2010): Familie im Profil. Ver-gleich der Familienorientierung ost- und westdeutscher Hochschulen; Filipp, Sigrun-Heide/ Gerlach, Irene/ Keil, Siegfried/ Ott, Notburga/ Scheiwe, Kirsten (2011): Ausbildung, Studium Elternschaft. Analy-sen und Empfehlungen zu einem Problemfeld im Schnittpunkt von Familien- und Bildungspolitik.

18Siehe Wehner, Nina (2012): Familiengründung im Studium; Flaake, Karin/ Fleßner, Heike/ Müller, Angelika I./ Pegel, Juliane (2008): Familiengerechte Hochschule.

19Siehe Helfferich, Cornelia/ Hendel-Kramer, Anneliese/ Wehner, Nina (2008): fast- Familiengründung im Studium; Kunadt, Susann/ Schelling, Anna/ Brodesser, David/ Samjeske, Kathrin (2014): Familien-freundlichkeit in der Praxis Ergebnisse aus dem Projekt „Effektiv! – Für mehr FamilienFamilien-freundlichkeit an deutschen Hochschulen!“

20Siehe Kahle, Irene (1993): Studierende mit Kindern. Die Studiensituation sowie die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden mit Kindern in der Bundesrepublik Deutschland.

wurden dabei alle ordentlichen und außerordentlichen Studierenden aus den verschiede-nen Bachelor-, Master- und Diplomstudiengängen. Im Bericht wird angenommen, dass sich die Daten auch auf Doktoratstudierende übertragen lassen, obwohl diese nicht ex-plizit in der Untersuchung berücksichtigt wurden (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 67). Um einen Einblick in die Population von Studierenden mit Kind/ern an Österreichs Univer-sitäten zu geben, sollen im Folgenden die Ergebnisse des zusätzlichen Berichtes aus der Studierenden-Sozialerhebung: Studieren mit Kindern 2011 beschrieben werden.

Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass von allen Studierenden an Österreichs Hoch-schulen ein Anteil von 9% ein oder mehrere Kind/er in einem Alter von unter 27 Jahren hat. Das sind rund 4 000 Studierende mit Kind/ern an Österreichs Hochschuleinrichtun-gen. Wird nur der Anteil von studierenden Müttern und Vätern an öffentlichen, wissen-schaftlichen Universitäten betrachtet, lässt sich ein annähernd gleich hoher Prozentsatz von 8% feststellen (vgl. ebd., S. 18). Bei dieser Zahl muss allerdings beachtet werden, dass in der Studie auch jene Studierende als Elternteile gezählt wurden, deren Kind/er nicht im selben Haushalt wohnen wie sie. Das ist jedoch nur bei etwa 0,5% der Fall.

Hauptgrund dafür ist, dass diese bereits volljährig sind, keinen Betreuungs- und Pflege-bedarf mehr haben (vgl. ebd., S. 10). Als Volljährig gelten laut des Bürgerlichen Ge-setzbuches Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (vgl. BGB 2002, Art. 1 §2 Abs. 1). Diesbezüglich wird von uns angenommen, dass das Betreuungs- und Unterstüt-zungsaufwand der Eltern in erster Linie davon abhängig ist, wie alt das Kind ist und ob es im selben Haushalt wohnt. Lebt das Kind alleine in einem Haushalt, denken wir, dass sich ihr Betreuungs- und Unterstützungsbedarf gering hält. Gemäß den Ergebnissen lebt jedoch der Großteil der Kinder mit ihren studierenden Müttern und Vätern im selben Haushalt.

Aus der zuvor erwähnten Untersuchung des IHS geht ebenso hervor, dass Studierende mit Kind/ern oftmals älter sind als Studierende ohne Kind/ern. Im Schnitt sind sie 14 Jahre älter (vgl. BMWF 2012, S.56). Das Alter der Studierenden hängt laut Studie des IHS unmittelbar mit dem Alter ihres/ihrer Kind/er zusammen. Denn je älter die Studie-renden sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind bereits älter ist (vgl.

Wejwar et al. 2012, S. 18). Das Durchschnittsalter der Mütter und Väter an sämtlichen Universitäten Österreichs beträgt 30-34 Jahre. Studierende Mütter zwischen 34 und 35

Jahren haben im Vergleich zu ihrem männlichen Gegenpart meist mehr Kinder. Aus dieser Studie kann darüber hinaus entnommen werden, dass etwa 42% aller studieren-den Eltern ein Kind bis zu einem Alter von sechs Jahren und 15 % sogar zwei Kinder in diesem Alter haben (vgl. Wejwar et al. 2012, S.13). Diese Kinder, konkret 5% davon, sind im Schnitt null bis sechs Jahre alt und demnach Kleinkinder (<3 J.) oder Vorkinder (3-6 J.). Ein kleiner Prozentsatz von 1,9% umfasst den Rest der Kinder im schul-pflichtigen (6-14 J.) oder adoleszenten Alter bis hin zum frühen Erwachsenenalter (15-26 J.). Das heißt ungefähr die Hälfte der Kinder von studierenden Vätern und Müttern befindet sich noch nicht im schulpflichtigen Alter (vgl. ebd., S. 10). Demzufolge stehen diese Studierenden besonderen Herausforderungen in Hinblick auf die Betreuung ihrer Kinder gegenüber. Besonders studierende Väter haben vermehrt Kleinkinder im Alter von unter drei Jahren (vgl. BMWFJ 2012, S. 56).

4.1.1 Studierende mit Kind/ern im europäischen Vergleich

Das IHS verweist auf seiner Homepage auf eine weitere ländervergleichende Studie, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Forschung europaweit durchgeführt wurde.

Die Studie trägt den Titel Eurostudent V 2012–2015 und behandelt das Thema Social and Economic Conditions of Student Life in Europe. Drei Jahre lang, von 2012 bis 2015, wurden die Studienbedingungen und ebenso die soziale und wirtschaftliche Stel-lung von Studierenden in Hochschulen Europas analysiert. Schlussendlich konnten dazu umfassende Erkenntnisse erworben und Vergleiche der Lebenslage von Studierenden an Hochschulen zwischen den 30 europäischen Ländern, die in dieser Studie eruiert wur-den, gezogen werden. Die Gruppe der Studierenden mit Kind/ern war neben Studieren-den mit Migrationshintergrund oder Beeinträchtigungen, ein Schwerpunkt in dieser Studie. Die Ergebnisse daraus werden an dieser Stelle kurz vorgestellt.

Laut Eurostudent V 2012-2015 und Studierenden-Sozialerhebung (2012) hatten im Er-hebungsjahr 2011, von 292 321 Studierenden an Österreichs öffentlichen Universitäten, 26 309 Studierende ein oder mehrere Kind/er - das ist ein Anteil von 9%. Im Vergleich dazu haben nur knapp 5% der Studierenden in Deutschland Kinder neben dem Studium (vgl. Hauschildt et al. 2015, S. 64). Mit Blick auf die Ergebnisse der Studie Eurostudent V 2012-2015, lässt sich schließen, dass Deutschland zu den Ländern mit der geringsten Anzahl an Studierenden mit Kind/ern in Europa gehört (vgl. Hauschildt et al. 2015, S.

64). Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang, dass ein Land wie Deutschland mit relativ geringer Anzahl an Studierenden mit Kind/ern so umfassend erhebt und Öster-reich verglichen damit, trotz einem höheren Anteil von Studierenden mit Kind/ern an den Universitäten, wenig aktuelle Quellen mit Daten zu ebendieser Gruppe besitzt. Ob-wohl Österreich im Vergleich zu Deutschland innerhalb der Universitäten höhere Zah-len an Studierenden mit Kind/ern verzeichnet, gibt es Länder, die diesen Anteil über-steigen.

Die höchsten Raten der Studierenden mit Kind/ern lassen sich in Ländern, wie Norwe-gen, Schweden und Estland finden, wo 20% der Studierenden zumindest ein Kind ha-ben. Davon sind mehr als 76 %, also zwei Drittel aller StudentInnen mit Kind/ern über 30 Jahre alt (vgl. Hauschildt et al. 2015, S. 64). Die studierenden Mütter und Väter sind im Vergleich dazu in Österreich durchschnittlich 26 Jahre alt. Dies verteilt sich folgen-dermaßen: 54% dieser Studierenden sind unter 25 Jahre, 46 % über 25 Jahre alt und knapp über 40% dieser studierenden Mütter und Väter sind über 30 Jahre alt (vgl. ebd., S. 63).. In allen anderen europäischen Ländern, außer Polen, Deutschland und der Schweiz, ist zumindest jeder/jede dritte StudentIn mit Kind/ern, älter als 30 Jahre. In der Ukraine hingegen, ein Land mit nur 1 % Kinderanteil bei den Studierenden, liegt das Durchschnittsalter der Studierenden sogar nur bei 20 Jahren (vgl. ebd., S. 64).

Die AutorInnen der Studie Eurostudent V 2012-2015 haben herausgefunden, dass ältere StudentInnen in europäischen Ländern generell mehr Kinder haben als jüngere. Insge-samt lässt sich feststellen, dass in allen untersuchten europäischen Ländern die Alters-gruppen 22-24 Jahre und bis 21 Jahre am wenigsten Kinder aufweisen. In den erforsch-ten Ländern wurde der größte Anteil von Studierenden mit Kind/ern in der Altersgruppe der 25-Jährigen und älter festgestellt (vgl. Hauschildt et al. 2015, S.65). Der Prozent-satz von Studierenden mit Kind/ern hängt demzufolge europaweit, wie auch in Öster-reich, vom Durchschnittsalter der Studierenden ab. Je älter die Studierenden sind, desto häufiger haben sie Kinder (vgl. ebd., S. 69)

Das Alter der Kinder ist in diesem Kontext auch interessant. In Österreich sind, wie zuvor erwähnt, die Kinder aller Studierenden zu durchschnittlich 5% unter sechs Jahre und zu 4% über sechs Jahre alt. Das Verhältnis des Alters der Kinder ist somit in Öster-reich relativ ausgeglichen. Im Vergleich dazu sind in Deutschland 3% der Kinder unter

sechs Jahre und 1% über sechs Jahre alt (vgl. Hauschildt et al. 2015, S.64). Insgesamt jedoch sind 80 % der Kinder von Studierenden aus allen europäischen Ländern unter sechs Jahre alt. Diese Tatsache lässt darauf schließen, dass es allgemein besonders für diese Altersstufen an bedürfnisgerechten Kinderbetreuungsmöglichkeiten und auch Stu-dienbedingungen für Studierende mit Kind/ern bedarf (vgl. ebd., S. 69).

4.1.2 Studierende mit Kind/ern an der Universität Graz

In der Studierenden-Sozialerhebung, die 2011 im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (BMWF) vom Institut für höhere Studien (IHS) Wien durchgeführt wurde, konnte eine ungefähre Anzahl der Studierenden mit Kind/ern fest-gestellt werden (vgl. Wejwar et al. 2012, S. 7). Insgesamt haben 7,1 % der weiblichen Studierenden und 8,6% männlicher Studierenden in Österreich Kinder bis 26 Jahre.21 Der Gesamtprozentsatz von Studierenden mit Kind/ern an Österreichs wissenschaftli-chen Universitäten beträgt insgesamt 8% (vgl. ebd., S. 18). Bei acht Prozent handelt es sich um in etwa 2 116 Studierenden mit Kind/ern an der Universität Graz.22 (vgl. ebd., S. 20). Da laut einer weiteren Erhebung von Statistik Austria im Wintersemester 2013/14, eine ähnliche Anzahl23 ordentlicher Studierender an der Universität Graz ge-meldet waren, kann eine sich daran annähernde Zahl von Studierenden mit Kind auch für dieses Studiensemester angenommen werden (Statistik Austria 2013/14b, o.S.) Nachdem nun ein Überblick über die Population von Studierenden mit Kind/ern in Ös-terreich, als auch in Graz, gegeben wurde, steht im Vordergrund der Überlegungen in-nerhalb des nächsten Kapitels (4.2) die Studiensituation studierender Eltern. Genauer werden diesbezüglich die Rahmenbedingungen an der Universität, der Studienverlauf, als auch das Studienverhalten von Studierenden mit Kind/ern beschrieben. Für die Gruppe der Studierenden mit Kind/ern ist die Familienfreundlichkeit universitärer

21 Davon haben 4,4 % der Mütter und 6,2% der Väter, Kinder mit Betreuungsbedarf (vgl. Wejwar et al.

2012, S. 20)

22 Diese Berechnung trifft zu, wenn man die von Statistik Austria erhobene Gesamtpopulation von 26 447 ordentlichen StudentInnen an der Universität Graz im Wintersemester 2011/12 als Berechnungsgrundlage heranzieht.

23 27 537 Studierende im Wintersemester 2013/14

Rahmenbedingungen wesentlich für ihren Studienverlauf und daher wird auch auf diese näher eingegangen.