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Die Vereinbarkeit von Kind und Studium. Masterarbeit

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Academic year: 2022

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Eine empirische Studie zur Situation von Studierenden mit Kind an der Karl- Franzens-Universität Graz

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Arts an der Karl-Franzens-Universität

Vorgelegt von

Lisa-Marie BERGER, Bakk.phil (0911291)

Jasmin Johanna GRAGGER, Bakk.phil (0910420)

am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft BegutacherIn: Frau Mag.Dr.phil. Andrea Mayr

Graz, 2015

(2)

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erklären wir ehrenwörtlich, dass wir die vorliegende Arbeit eigenständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht haben.

... ...

(Jasmin Gragger) (Lisa-Marie Berger)

(3)

Eidesstattliche Erklärung ... I DANKSAGUNG ... II ABSTRACT ... III ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... IV

1 Einleitung (LMB & JG) ... 1

2 Theoretische Konzepte zur Vereinbarkeit (LMB & JG)... 6

2.1 Individualisierungstheorie (LMB) ... 8

2.2 Lebensbewältigung (LMB) ... 15

2.3 Lebensweltorientierung (JG) ... 22

2.4 Sozialraumorientierung (JG) ... 29

2.5 Abschlussbemerkung (LMB & JG) ... 35

3 Familien im Wandel (LMB) ... 36

3.1 Ein Definitionsversuch von Familie ... 36

3.2 Geschichte und historisch-gesellschaftlicher Wandel von Familie ... 41

3.2.1 Entwicklungsgeschichtliche Aspekte von Familie ... 42

3.2.2 Familienformen im Laufe der Geschichte ... 44

3.3 Auswirkungen der gesellschaftlichen Veränderungen auf die Familie . 48 3.3.1 Bedeutungswandel der Familie ... 48

3.3.2 Vorstellungs- und Wertewandel in Familien ... 50

3.3.3 Veränderung der Haushalts- und Familiengröße sowie der Lebens- und Familienformen ... 53

3.3.4 Veränderung von Familienrollen ... 64

3.3.5 Veränderung der Familienfunktion ... 71

3.3.6 Veränderungen in den Raum- und Zeitverhältnissen ... 72

3.4 Zukunft der Familie ... 78

4 Lebenssituation von Studierenden mit Kind/ern (JG) ... 86

(4)

4.1.2 Studierende mit Kind/ern an der Universität Graz ... 91

4.2 Studiensituation von Studierenden mit Kind/ern ... 92

4.2.1 Herausforderungen hinsichtlich Studienbedingungen und universitäre Rahmenbedingungen ... 93

4.2.2 Studienverhalten und -verlauf von Studierenden mit Kind/ern ... 94

4.2.3 Familienfreundlichkeit an Hochschulen ... 96

4.2.4 Vorschläge und Wünsche für eine familienfreundliche Hochschule ... 101

4.3 Familienpolitische und rechtliche Rahmenbedingungen ... 105

4.3.1 Inhalte der Familienpolitik ... 106

4.3.2 Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit ... 109

4.3.3 Staatliche Unterstützungsleistungen für Familien ... 110

4.3.4 Unterstützungsleistungen und Maßnahmen für Studierende ... 130

4.3.5 Sonstige Leistungen und Maßnahmen ... 139

4.3.6 Rechtliche Situation von Studierenden im Rahmen des Universitätsgesetz ... 144

4.3.7 Resümee ... 146

4.4 Die Vereinbarkeit von Familie, Studium und Beruf ... 147

4.4.1 Finanzielle Situation von Studierenden mit Kind/ern ... 148

4.4.2 Einkommenszusammensetzung ... 150

4.4.3 Ausgaben ... 154

4.5 Die Betreuungssituation in Österreich ... 157

4.5.1 Betreuungssituation von Studierenden mit Kind/ern ... 162

4.5.2 Private Betreuungsarrangements und Unterstützungsnetzwerke ... 165

4.6 Wohnsituation von Studierenden mit Kind/ern bzw. Familien ... 172

4.6.1 Wohnpolitik und Wohnen in Österreich... 172

4.6.2 Familien- und kinderfreundliches Wohnen ... 174

5 Methodisches Vorgehen (LMB & JG)... 178

(5)

5.2 Forschungsfragen ... 178

5.3 Forschungsmethode ... 179

5.3.1 Fragebogen ... 179

6 Ergebnisse (LMB & JG) ... 187

6.1 Demografische Merkmale der Stichprobe ... 189

6.1.1 Geschlechterverteilung ... 189

6.1.2 Alter der studierenden Mütter und Väter... 189

6.1.3 Familienstand ... 191

6.1.4 Studierende nach Fakultäten... 192

6.2 Lebens- und Wohnsituation ... 193

6.2.1 Anzahl und Alter der Kinder ... 193

6.2.2 Wohnort und Wohnumfeld ... 195

6.2.3 Wohnform ... 199

6.2.4 Beurteilung Wohnraumsituation ... 200

6.2.5 Haushaltszusammensetzung ... 202

6.3 Unterstützung und Kinderbetreuung ... 205

6.3.1 Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld... 205

6.3.2 Institutionelle Kinderbetreuung ... 208

6.3.3 Herausforderungen mit institutionellen Kinderbetreuungsangeboten ... 213

6.3.4 Privat organisierte Kinderbetreuung... 217

6.3.5 Ideen, Anregungen und Verbesserungsvorschläge... 219

6.4 Finanzielle Situation ... 224

6.4.1 Einkommenszusammensetzung ... 225

6.4.2 Finanzielle Unterstützung ... 228

6.4.3 Verhältnis Einkommen vs. Ausgaben ... 231

6.4.4 Zusätzliche Berufstätigkeit ... 235

(6)

6.5.1 Herausforderungen innerhalb des Studiums ... 240

6.5.2 Erfahrungen mit Lehrenden oder Mitstudierenden ... 244

6.5.3 Wünsche für die Umgestaltung universitärer Studienbedingungen ... 246

6.5.4 Ansprechpartner im universitären Umfeld ... 248

6.5.5 unikid & unicare: Anlaufstelle für Vereinbarkeit der Universität Graz ... 249

6.6 Individuelle Situation ... 250

6.6.1 Größte Herausforderungen ... 250

6.6.2 Verbesserungswünsche ... 252

6.6.3 Zeitverteilung ... 254

6.6.4 Zusätzliche Einflussfaktoren ... 258

7 Resümee (LMB & JG) ... 260

8 Literaturverzeichnis ... 264

9 Abbildungsverzeichnis ... 284

10 Tabellenverzeichnis ... 286

11 Anhang ... 288

11.1 Tabellen zur Fragengenerierung ... 288

11.2 Verbreitung der Fragebögen ... 292

11.3 Fragebogen ... 295

(7)

An dieser Stelle möchten wir uns bei all jenen Menschen herzlich bedanken, die uns wäh- rend unserer Studienzeit und vor allem während der Entstehungsphase der vorliegenden Arbeit unterstützt haben. Allen voran gilt unser Dank unseren Familien und Partnern, die uns motiviert, beraten und uns emotional gestärkt haben. In schwierigen oder herausfor- dernden Momenten standen sie uns stets geduldig zur Seite. Auch unseren FreundInnen danken wir für zahlreiche Anregungen und die Hilfestellungen bei der Korrektur unserer Masterarbeit sowie für die freundschaftliche Unterstützung in heraufordernden Phasen.

Besonders bedanken wollen wir uns bei Patrick Pötz für seine Unterstützung bei der grafi- schen Darstellung und Formatierung sowie bei Esther Brossmann für ihre Hilfe beim Ar- beiten mit dem statistischen Auswertungsprogramm SPSS.

Auch unserer Kooperationspartnerin Julia Spiegl von unikid & unicare möchten wir für die gute Zusammenarbeit sowie die Unterstützung im Entstehungsprozess der Arbeit unse- ren Dank aussprechen.

Außerdem möchten wir uns an dieser Stelle ebenfalls bei unserer Betreuerin Frau Mag.

Dr.phil. Andrea Mayr für ihre fachliche und menschliche Unterstützung bedanken. Sie hat unseren Forschungsprozess mit ihrer herzlichen und motivierenden Art begleitet und sich dabei nie gescheut produktive Kritik zu äußern durch die wir unsere Arbeit verbessern konnten.

Zuletzt möchten wir uns gegenseitigen Dank aussprechen - für die gute, freundschaftliche und konstruktive Zusammenarbeit, bei der wir uns gut ergänzten, das Verständnis fürei- nander, die gegenseitige Motivation und Unterstützung und vor allem den Spaß, der trotz des intensiven Arbeitsaufwandes nie zu kurz kam. So wurde das Verfassen unserer Mas- terarbeit zu einer Erfahrung, aus der wir mit neuen Kompetenzen und Fähigkeiten her- vorgehen, an die wir uns gerne erinnern und aus der Freundschaft entstanden ist.

(8)

Studien zeigen, dass die Situation von Studierenden mit Kind/ern herausfordernd ist. Ein Mangel an Kinderbetreuungsplätzen und -einrichtungen, das Zeitbudget und Zeitmanage- ment, vor allem bei zusätzlicher Erwerbstätigkeit, vielfach zu geringe Unterstützungsleis- tungen aus dem sozialen Umfeld sowie universitäre Rahmenbedingungen sind Faktoren, welche die Vereinbarkeit von Kind und Studium maßgeblich beeinflussen. Vor allem wis- senschaftliches Material aus Österreich ist jedoch rar. Im Rahmen unserer Studie haben wir uns mit Hilfe eines Fragebogens der Vereinbarkeit von Kind und Studium an der Karl- Franzens-Universität Graz angenommen. Auch die befragten Studierenden mit Kind/ern beschreiben zahlreiche Kritikpunkte und Herausforderungen in Verbindung mit der Ver- einbarkeitsthematik. Sie geben vielfältige Anregungen und wünschen sich Verbesserungen in Hinblick auf universitäre Rahmenbedingungen und finanzielle, soziale und institutio- nelle Unterstützungsleistungen. Vor allem höhere Flexibilität auf der Universität sowie in Bezug auf institutionelle Kinderbetreuungsangebote würde die Vereinbarkeit von Kind und Studium in ihren Augen wesentlich erleichtern.

According to various studies, students with children are confronted with a wide range of challenges. The lack of nursery places and child care facilities in general, time manage- ment – above all when working additionally –, very little financial support from the family as well as university parameters are all determinants which affect the compatibility of children and academic studies. However, especially in Austria there has not been a lot of academic research on this topic yet. Therefore, we designed a questionnaire in order to find out about the compatibility of having a child and studying at the University of Graz at the same time. It turned out that the students concerned could specify numerous points of criticism and challenges in connection with the topic under investigation. They provided a lot of suggestions for improvement and particularly called for better university conditions as well as an increase of economic, social and institutional support. In their opinion, it would become much easier to reconcile the two or, in case of an additional employment, three areas of life, if university and institutional childcare facilities allowed for more flex- ibility.

(9)

Die Vereinbarkeit von Kind und Studium

Eine empirische Studie zur Situation von Studierenden mit Kind an der Karl- Franzens-Universität Graz

(10)

Abs. Absatz

Kap. Kapitel

Aufl. Auflage

Hrsg. Herausgeber bzw. Herausgeberin bzw. beziehungsweise

ca. zirka

d.h. das heißt

ebd. ebenda

et al. und andere AutorInnen etc. et cetera

u.a. unter anderem uvm. und vieles mehr usw. und so weiter vgl. vergleiche z.B. zum Beispiel zit.n. zitiert nach

(sic!) Hinweiszeichen der Autorin bei Druckfehlern, Rechtschreibfeh- ler, Ausdruckfehlern etc.

(…) Hinweiszeichen für Auslassungen bei Zitaten

[…] Hinweiszeichen für bewusste Änderungen in einem Zitat, Erläute- rungen oder Einführungen

f. diese Seite und folgende Seite ff. mehrere fortfolgende Seiten

o.J. ohne Jahr

J.g. Jahrgang o.S. ohne Seite o.V. ohne Verfasser

§ Paragraph

AK Arbeiterkammer

(11)

AMS Arbeitsmarktservice

BMWF Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung BMJ Bundesministerium für Justiz

BMF Bundesministerium für Finanzen

BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend BMWFJ Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend BMFJ Bundesministerium für Familie und Jugend

B-KJHG Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz BGB Bürgerliches Gesetzbuch

B-VG Bundesverfassungsgesetz

CHE Zentrum für Hochschulentwicklung

DZHW Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung EStG Einkommensteuergesetz

FIZ Familien in Zahlen

FLAG Familienlastenausgleichsgesetz FLAF Familienlastenausgleichsfond HIS Hochschulinformationssystem IHS Institut für Höhere Studien Jhdt. Jahrhundert

Mio. Million/en

OIF Das Österreichisches Institut für Familienforschung ÖH Österreichische HochschülerInnenschaft

StudVG Studienförderungsgesetz StV Studienvertretung UG Universitätsgesetz

(12)

1 EINLEITUNG

Die Thematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist derzeit Grundlage diverser gesellschaftlicher Diskussionen und beschäftigt Gesellschaft-, Sozial- wie auch Famili- enpolitik. Hintergrund dafür sind die immer weiter voranschreitenden gesellschaftlichen Veränderungen, die in alle Lebensbereiche hineinwirken. Individualisierung, erhöhte Bildungs-, Karriere- und Erziehungsansprüche sowie die Umverteilungen in den Ge- schlechterverhältnissen führen zu Herausforderungen in Bezug auf die Vereinbarkeit (vgl. Burkart 2008).

Auch Studierende mit Kind/ern bleiben davon nicht verschont. Umso verwunderlicher ist es, dass an der Universität und in der Fachliteratur über besagte Gruppe kaum wis- senschaftlich erhobenes Datenmaterial existiert. Denn die Gruppe der Studierenden mit Kind/ern macht einen nicht zu verachtenden Anteil aller Studierenden aus. Laut Zusatz- bericht der Studierenden-Sozialerhebung aus dem Jahr 2011, einer der wenigen wissen- schaftlichen Erhebungen zu diesem Thema, handelt es sich hierbei um etwa 8% der Studierenden. Angelehnt an ebendiesen Zusatzbericht, kann festgehalten werden, dass Faktoren wie Kinderbetreuungsangebote, familiäre und finanzielle Unterstützung, das Zeitbudget und Zeitmanagement oder auch universitäre Rahmenbedingungen die Situa- tion studierender Mütter und Väter maßgeblich beeinflussen. Die wenigen Studien, die sich mit besagtem Thema auseinandergesetzt haben, liefern Aspekte über die Lebens- und Studiensituation (Studierenden-Sozialerhebung 2011), wie auch über Chancen und Risiken Studierender mit Kind/ern (Sellner 2003). Der Stand der Forschung präsentiert sich diesbezüglich wie folgt:

Gerade Studierende mit Kind/ern sind, was die Vereinbarkeit von Familie und Studium betrifft, vor zahlreiche Herausforderungen gestellt. Ein Mangel an Kinderbetreuungs- plätzen und -einrichtungen, zu wenig zur Verfügung stehende Zeit, vor allem bei zusätz- licher Erwerbstätigkeit, vielfach zu geringe Unterstützungsleistungen aus dem sozialen Umfeld wie auch Schwierigkeiten in Bezug auf universitäre Rahmenbedingungen er- schweren die Vereinbarkeit von Kind und Studium. Aus diesem Grund sollte den Stu-

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dierenden mit Kind/ern, unserer Ansicht nach, auch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Trotz empirisch bereits beschriebenen Schwierigkeiten und Herausforderungen (Sellner 2003; Studierenden Sozialerhebung 2011) sollte der Fokus jedoch trotzdem nicht rein auf Probleme und Herausforderungen im Leben studierender Mütter und Vä- ter gelegt werden. Dies wäre als Ausgangslage für ein Forschungsvorhaben zu eindi- mensional.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht folglich darin, die Situation der Studierenden mit Kind/ern an der Karl-Franzens-Universität Graz zu beschreiben. Anregungspunkt für das Thema der Arbeit war die Tatsache, dass studierende Mütter und Väter vor der Aufgabe stehen, nicht nur den Beruf und die Familie miteinander zu vereinen, sondern auch noch einen dritten Teilbereich, nämlich das Studium, dabei beachten müssen. Dies stellte für uns einen interessanten Aspekt dar, der uns dazu veranlasste uns näher mit genau dieser Thematik zu beschäftigen. Ein weiterer Grund für unser Forschungsinte- resse ergab sich schließlich aus der Annahme, dass die Situation von Studierenden mit Kind/ern sich grundlegend von der Studierender ohne Kind/er unterscheidet, da Kinder betreuungs- und unterstützungsbedürftig sind und somit das Leben maßgeblich beein- flussen.

Eine Intention unsererseits ist es außerdem, zusätzlich zur reinen Beschreibung der Le- benssituation, den Studierenden umfangreiches und fokussiertes, aber auch verständli- ches Informationsmaterial über die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zum Studieren mit Kind/ern zur Verfügung zu stellen.

Aufgrund theoretischer Auseinandersetzungen mit der Thematik hat sich für uns folg- lich der Forschungsschwerpunkt der Vereinbarkeit von Kind und Studium ergeben.

Demgemäß befassen wir uns im Rahmen dieser Arbeit mit folgender übergeordneter Forschungsfrage:

Welche Faktoren beeinflussen die Vereinbarkeit von Kind und Studium?

(14)

Weitere untergeordnete Forschungsfragen, die sich daraus ergaben, sind:

- Gibt es Unterschiede in der Realisierung der Vereinbarkeit von Kind und Studi- um (in Bezug auf den Familienstand, das Geschlecht und Alter der Studieren- den, die Anzahl und das Alter der Kinder, Unterstützungsleistungen etc.)?

- Welche Wünsche, Schwierigkeiten, Herausforderungen, Kritik und/oder Verbes- serungsvorschläge bestehen von Seiten der Studierenden in Bezug auf die Ver- einbarkeit von Kind und Studium?

- Wie bewerten Studierende mit Kind/ern die Rahmenbedingungen und Unterstüt- zungsangebote von Seiten der Universität in Bezug auf Familienfreundlichkeit und die Vereinbarkeit von Kind und Studium?

Mit Hilfe der Hermeneutik haben wir uns zunächst Erkenntnissen und Themen passend zur Thematik gewidmet, um im Laufe des Analysierens, Vergleichens und Gegenüber- stellens von Texten und Studien die Gliederung und den Aufbau sowie das theoretische Fundament der vorliegenden Arbeit aufzustellen. Im Rahmen dieses theoretischen Fun- daments werden zunächst theoretische Konzepte von Beck, Böhnisch oder auch Thiersch und Hinte beschrieben, die als Basis für weitere Ausführungen dienen. Danach folgen Themen wie der Wandel der Familien und die Lebenssituation von Studierenden.

Zuerst wird somit abgeklärt was Familie bedeutet und wie sie sich verändert hat, um danach gezielt auf die Lebenssituation Studierender mit Kind/ern und die Themen (fi- nanzielle, rechtliche etc.), die diese Familien unmittelbar betreffen, eingehen zu können.

Das Kapitel zum Wandel der Familien hat deshalb Einzug in unsere Arbeit gefunden, da Studierende mit Kind/ern eine Familie darstellen. Eine Familie zu haben bedeutet mit vielen verschiedenen Funktionen, Rollen, Werten etc. konfrontiert zu sein, die einen Einfluss auf das Leben haben und somit auch relevant für die Situation von Studieren- den mit Kind/ern und die Vereinbarkeit von Familie und Studium sind. Um verstehen zu können was Familie bedeutet und wie sich Familie entwickelt hat, bedarf es zudem allgemeine Erläuterungen zur Thematik. Diese sind untergliedert in einen Definitions- versuch von Familie, die Geschichte und den historisch-gesellschaftlichen Wandel von Familie, Auswirkungen der gesellschaftlichen Veränderungen auf die Familie und zu- letzt die Zukunft der Familie. Das Kapitel der Lebenssituation von Studierenden befasst sich mit Themen, die Relevanz im Leben der Studierenden und Einfluss auf die Verein-

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barkeitssituation haben. Diese sind die Studiensituation, rechtliche und finanzielle As- pekte, die Betreuungssituation ihrer Kinder unter Berücksichtigung der Unterstützungs- netzwerke Studierender sowie Erläuterungen zur Wohnsituation von Studierenden mit Kind/ern (in Hinblick auf das Wohnumfeld betreffende und wohnräumliche Schwer- punkte).

Nach den theoretischen Überlegungen folgt der empirische Teil unserer Arbeit. Zur Be- antwortung der Forschungsfragen wurde ein Fragebogen erstellt. Die zusätzlich geplan- te Gruppendiskussion konnte leider mangels fehlender TeilnehmerInnen nicht stattfin- den. Mit dem Online-Fragebogen wurden Daten zu Schwerpunktthemen wie der Le- bens- und Wohnsituation, der Unterstützung und Kinderbetreuung, der finanziellen Si- tuation, der Studiensituation sowie der individuellen Situation Studierender mit Kind/ern erhoben. Die Ergebnisse dazu werden nach einer einleitenden Beschreibung der Forschungsmethode im Detail beschrieben.

Die Reihung der Ergebnisdarstellung orientiert sich an der Gliederung der Masterarbeit.

Um einen Einblick zu erhalten, wie die Familien leben, wohnen, von wem sie unter- stützt werden und welche Kinderbetreuung sie in Anspruch nehmen, werden die Kapitel Lebens- und Wohnsituation sowie Unterstützung und Kinderbetreuung vorangestellt.

Darauf folgt eine Beschreibung der finanziellen Situation, wo es darum ging herauszu- finden wie sich die Einkommen von Studierenden zusammensetzen sowie ob und von wem diese finanziell unterstützt werden. Nachdem in diesen Kapiteln Ergebnisse, wel- che die familiäre Situation beschreiben, abgehandelt wurden, befasst sich das nachfol- gende Kapitel mit Ergebnissen zur Studiensituation von Studierenden mit Kind/ern. Ab- schließend wird im Rahmen des Kapitels individuelle Situation Bezug auf die größten Herausforderungen der Vereinbarkeit, die Zeitverteilung unter Studierenden mit Kind/ern sowie auf zusätzliche Einflussfaktoren eingegangen.

Nachstehend sollen die genannten Themenbereiche behandelt sowie die durchgeführte Forschung und die daraus resultierenden Ergebnisses umfangreich dargestellt werden.

Da sich unsere Arbeit mit der Vereinbarkeitsthematik beschäftigt, bedarf es vorab je- doch einer Klärung des Vereinbarkeitsbegriffs.

(16)

Begriff Vereinbarkeit

Der Begriff der Vereinbarkeit meint, dass sich beispielsweise zwei oder mehr Lebensbe- reiche aus organisatorischen, zeitlichen, finanziellen etc. Gründen zufriedenstellend miteinander vereinbaren lassen. Dies hängt von persönlichen Strategien aber auch von institutionellen und familienpolitischen Rahmenbedingungen ab. Es geht demnach da- rum die Ansprüche und Anforderungen unterschiedlicher Lebensbereiche (privat, uni- versitär, beruflich) so miteinander zu vereinen, dass sie sich mit den eigenen Bedürfnis- sen und Möglichkeiten sowie den Bedürfnissen der Familie arrangieren lassen (Bohn 2007, S. 6). Dazu ist es notwendig sich über die eigenen Ziele, Möglichkeiten und Ver- einbarkeitsvorstellungen im Klaren zu sein (ebd., S. 16). Außerdem sind für die Umset- zung der Vereinbarkeit, in Form einer gelingenden Organisation und Koordination der Lebensbereiche, Zeit- und Selbstmanagement relevant (ebd., S. 75). „Eine gelungene Kombination aus professioneller Betreuung, privatem Netzwerk und stabilen Familien- beziehungen erleichtert es, sich neben der Familienwelt beruflichen [sowie studienbe- zogenen] Aufgaben zu widmen“ (Bohn 2007, S. 51).

Auch familienfreundliche politische Maßnahmen sind notwendig um die Vereinbarkeit gewährleisten zu können (vgl. BMFSMJ 2012, S. 6).

(17)

І . Theoretischer Teil

„Es gibt nichts Praktischeres

als eine gute Theorie“ (Immanuel Kant)

(18)

2 THEORETISCHE KONZEPTE ZUR VEREINBARKEIT

Lisa-Marie Berger & Jasmin Gragger Nachstehendes Kapitel versucht die Thematik der Vereinbarkeit mittels theoretischer Konzepte zu fassen und zu erklären. Die gewählten theoretischen Konzepte sind die Individualisierungstheorie, das Konzept der Lebensbewältigung, die Lebensweltorien- tierung sowie die Sozialraumorientierung. Die Konzepte wurden für die vorliegende Arbeit herangezogen, da sie jeweils unterschiedliche Aspekte beinhalten, die uns für die Thematik der Vereinbarkeit von Kind und Studium als relevant erscheinen. Die ausge- wählten Konzepte werden jedes für sich erklärt und in Bezug zur gewählten Thematik der Arbeit kritisch beleuchtet. Außerdem werden relevante Aspekte herausgefiltert, die von Bedeutung für die Vereinbarkeit von Kind und Studium sind.

Warum haben wir uns nun für genau diese theoretischen Ansätze entschieden? Die In- dividualisierungstheorie haben wir herangezogen, da der Prozess der Individualisierung einen wichtigen Beitrag zum Wandel der Gesellschaft und auch der Familie im Laufe der Menschheitsgeschichte beigetragen hat.1 Somit erschien das Individualisierungs- konzept in seinen Grundzügen auch speziell für die Vereinbarkeit von Kind und Studi- um von Bedeutung.

Das Konzept der Lebensbewältigung, welches wiederum auch auf die Individualisie- rungstheorie aufbaut, spannt den Bogen weiter von den gewachsenen Chancen und Möglichkeiten der Individualisierung zu den Herausforderungen und Schwierigkeiten, welche im Sinne der eigenen Handlungsfähigkeiten bewältigt werden müssen. Der Er- halt der Handlungsfähigkeit, des Selbstwertes, der sozialen Orientierung sowie Norma- lisierungstendenzen bei Auftreten von Schwierigkeiten stehen dabei im Fokus und stel- len auch für Studierende mit Kind/ern Aspekte dar, die es zu bewahren oder wiederzuer- langen gilt.

1 Siehe dazu Kapitel 3 Familien im Wandel

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Die Konzepte Lebensweltorientierung und Sozialraumorientierung wurden zum einen gewählt, da sie sich auf Inhalte der vorhergehenden Konzepte von Ulrich Beck (Indivi- dualisierungstheorie) und Lothar Böhnisch (Lebensbewältigung) beziehen. Zum ande- ren behandeln sie für das zu diskutierende Thema Vereinbarkeit von Kind und Studium relevante Aspekte wie Raum, Zeit, Ressourcenorientierung, die Lebenswelt, den Alltag und die Lebensgestaltung. Beide Konzepte thematisieren ähnliche Aspekte, legen diese jedoch nicht immer auf dieselbe Weise aus. Das ist auch der Grund weshalb wir beide Konzepte als theoretisches Grundgerüst für unsere Arbeit herangezogen haben. Sie er- gänzen sich in gewissen Punkten –wenn sie beispielsweise von Lebenswelt bzw. Le- bensraum sprechen - sehr gut, verfolgen aber in ihren Grundzügen nicht dieselben Ab- sichten. Ähnlichkeiten beider Konzepte lassen sich besonders auch in Hinsicht auf die von Thiersch formulierten Handlungsmaxime und Hintes Prinzipien des Handelns in der Sozialen Arbeit feststellen. Hinte bezieht sich gleich wie Thiersch auf sozialpädago- gische Punkte wie beispielsweise Partizipation, Integration und Vernetzung von Hilfen, die für unser Thema wesentlich sind (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 26ff.; vgl.

Thiersch/Grunwald/Köngeter 2012, S. 193). Und vor allem der Aspekt der Lebensräu- me bzw. Lebensfelder, das Agieren im Nahraum der Menschen bzw. die Orientierung an den Ressourcen der Menschen verbindet beide Theorien miteinander. Ihre Absicht ist es den Menschen mit all seinen Stärken und Schwächen in seiner Lebenssituation zu sehen und Strukturen zu schaffen, die es ihm ermöglichen seine Lebenssituation in Ei- genaktivität und seinem Wohlbefinden entsprechend umzugestalten. Gleich wie die Le- bensweltorientierung verfolgt auch die Sozialraumorientierung die Absicht Gerechtig- keit in den Verhältnissen herzustellen. Sie versucht Möglichkeiten zu schaffen, damit Menschen mithilfe ihrer eigenen Kräfte, aber mit öffentlicher Unterstützung, sozialpoli- tisch wirksam werden können. Um des Weiteren für die Gestaltung ihres Lebens ein Mitspracherecht nutzen zu können (vgl. Hinte/Treeß 2007, S. 58f.). Verdeutlicht wird dieses Vorhaben mit folgenden Satz: „Jeder hat seinen Alltag und darin sein Recht auf Verständnis und Hilfe im Zeichen gerechter Verhältnisse“

(Thiersch/Grunwald/Köngeter 2010, S. 179).

Grundsätzlich lässt sich also schließen, dass wir genau diese theoretischen Ansätze aus- gewählt haben, da sie alle in gewisser Weise in Verbindung zueinander stehen und sich in verschiedenen Bereichen überschneiden aber auch ergänzen. Zudem befinden wir

(20)

diese als wesentlich für die Thematik der vorliegenden Arbeit, der Vereinbarkeit von Kind und Studium. Nachstehend werden jene Aspekte aus den theoretischen Konzepten, die relevant für die Thematik unserer Masterarbeit sind, dargelegt sowie eingehend be- gründet und erörtert worin die Relevanz für die Vereinbarkeit von Kind und Studium liegt.

2.1 Individualisierungstheorie

Lisa-Marie Berger Betrachtet man die vorhandenen Werke, die im Laufe der Zeit zur Individualisierungs- theorie verfasst wurden, so lassen sich dazu eine Bandbreite an Autoren und Autorinnen finden, die sich mit dieser Thematik befasst haben. Sie alle beschreiben ausführlich die immer stärker werdende Fokussierung auf das Individuum, den Einzelnen/die Einzelne.

Dabei existieren verschiedene Blickwinkel innerhalb der wissenschaftlichen Literatur in Bezug auf ein und dieselbe Thematik. Folgend sollen Aspekte, die für die Thematik der Vereinbarkeit von Kind und Studium von Bedeutung sind, dargelegt und erörtert wer- den.

Ein erster zentraler Aspekt, welcher auch auf die Gruppe der Studierenden mit Kind/ern zutrifft, ist die notwendige aktive Eigenleistung innerhalb des Individualisierungspro- zesses. Diese wird von allen AutorInnen immer wieder betont. So beschreiben bei- spielsweise Beck und Beck-Gernsheim (vgl. 1994, S. 14f.) die aktive Eigenleistung in Form von erweiterten Handlungsspielräumen und Entscheidungszwängen als entschei- dendes Charakteristikum in der modernen Gesellschaft. Und auch Hitzler und Honer (vgl. 1994, S. 310f.) betonen den Aspekt des eigenen Tuns, die Eigenleistung in der Lebensgestaltung, das Herstellen einer individuellen Bastelexistenz. Denn durch die gesellschaftlichen Veränderungen sind die Menschen dazu angehalten die aufkommen- den, neuen Möglichkeiten zu erkunden und stehen vor der Aufgabe sich neu inszenieren zu müssen2 (vgl. Thiersch 1997, S. 43).

2 Siehe dazu Doing Family in Kapitel 3.3.6 Veränderungen in den Raum- und Zeitverhältnissen

(21)

In diesem Zusammenhang sprechen Beck und Beck-Gernsheim (vgl. 1994, S. 13f.) auch von einer Transformation der vormals gängigen Normalbiographie zur Wahlbiographie.

Hatte die Bevölkerung früher kaum Wahlmöglichkeiten in Berufs- und Privatleben, so präsentieren sich heute zahlreiche Möglichkeiten, aus denen man wählen kann bzw.

muss. Es gilt selbst die Wahl zu treffen und Entscheidungen zu fällen.

„Der Mensch wird zur Wahl seiner Möglichkeiten, zum homo optionis. Leben, Tod, Geschlecht, Körperlichkeit, Identität, Religion, Ehe, Elternschaft, soziale Bindungen alles wird sozusagen bis ins Kleingedruckte hinein entscheidbar, muß (sic!) einmal zur Option zerschellt, entschieden werden“ (Beck/Beck-Gernsheim 1994, S. 16).

Dies wiederum geschieht dennoch unter gewissen Vorgaben und Strukturen, welche den zweiten wichtigen Bezugspunkt zur Thematik der vorliegenden Arbeit darstellen. Es ist ein Netz aus Regeln, Maßnahmen und Voraussetzungen entstanden, welches durch Ar- beitsmarkt, Bildungssystem, Staat und Bürokratie erzeugt wird (vgl. Beck 1994, S. 14;

S. 43ff.). Somit handelt es sich nicht mehr lediglich um rein freiwillig und aus Eigenin- teresse getroffene Entscheidungen. Es besteht ein abstruser Zwang zur Individualisie- rung innerhalb der modernen Gesellschaft, hervorgerufen durch die Strukturen und strukturellen Bedingungen, die an die Bevölkerung herangetragen werden (vgl.

Beck/Beck-Gernsheim 1994, S. 14). Dabei scheint es so, als war und ist Individualisie- rung stets an strukturelle Bedingungen geknüpft. War zunächst die Auflösung früherer Strukturen, vorgegebener sozialer Lebensformen, wie etwa Stand, Geschlechterrollen, Familie, Orientierungsrahmen, Leitbilder etc. zentral, um Individualisierung überhaupt zu ermöglichen, spielen heute neue institutionelle Vorgaben, Anforderungen, Kontrol- len und Zwänge, die gemeistert werden müssen und welche die Individualisierung be- einflussen, eine wichtige Rolle (vgl. Beck 1994, S. 43ff.). Besonders trifft dies auch bei der Vereinbarkeit von unterschiedlichen Lebensbereichen, wie der Familie, dem Studi- um und einem Beruf zu, die alle mit unterschiedlichen, Strukturen, Rahmenbedingun- gen und Anforderungen verbunden sind.

Beck und Beck-Gernsheim betonen diesbezüglich, dass die Vorgaben, welche dabei an die Individuen gestellt werden, in negativer Weise auf familiale Aspekte des Lebens wirken. Denn viele Rechte und Unterstützungsleistungen sind rein auf Individuen zuge- schnitten und sprechen somit gegen familiäres Zusammenleben und Zusammenhalt.

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„Sie setzen in vielen Fällen Erwerbsbeteiligung [...] voraus. Erwerbsbeteiligung wiede- rum setzt Bildungsbeteiligung, beides Mobilität und Mobilitätsbereitschaft voraus, alles Anforderungen, die nichts befehlen, aber das Individuum dazu auffordern, sich gefäl- ligst als Individuum zu konstituieren [...]“ (Beck/Beck-Gernsheim 1994, S. 14).

Die Fokussierung auf das Selbst, die eigenen Wünsche und Erfolge sowie die Weichen, die vom Staat zur Gewährleistung einer möglichst breiten Individualisierung der Bevöl- kerung gestellt werden, seien demnach hinderlich für die Familiengründung (vgl.

Beck/Beck-Gernsheim 1994, S. 14).

Werden hier die negativen Auswirkungen der Individualisierung auf die Familie und das familiale Zusammenleben hervorgehoben, widerspricht Beck selbst diesem Blick- winkel in einem anderen Werk, indem er den Lebensschwerpunkt der heutigen Gesell- schaft verstärkt innerhalb der Familie verortet und die Individualisierung innerhalb des Privatlebens als Prozess der Entfaltung und als große Chance für die Selbstgestaltung der privaten wie familialen Lebensbedingungen beschreibt (vgl. Beck 1994, S. 54).

Dies macht deutlich, dass der Individualisierungsprozess sehr unterschiedliche Auswir- kungen haben kann. Mit der anwachsenden Individualisierung und Pluralisierung von Lebensstilen kommt es nicht nur zu gesteigerten Anforderungen und Entscheidungs- notwendigkeiten, sondern auch zu vermehrten Wahlmöglichkeiten und Chancen in der Gesellschaft. Auf der einen Seite existieren keine allgemein gültigen, kollektiven Lö- sungen, auf der anderen Seite gibt es vielfältige Facetten und Möglichkeiten. Die Indi- vidualisierung stellt sich demnach dar, wie die zwei Seiten einer Münze: Hier Emanzi- pation und da Anomie. Einerseits Unabhängigkeit, Selbstständigkeit, Loslösung und andererseits mangelnde gesellschaftliche Integration durch den Aufbruch alter Normen, Verhaltens- und Lebensmuster (vgl. Beck/Beck-Gernsheim 1994, S. 32). Nicht zu ver- gessen ist, dass dabei immer die vorgegebenen Strukturen großen Einfluss haben (vgl.

Beck 1994, S. 43ff.). Im Gegensatz zu den bereits zitierten AutorInnen, verweist Zapf (vgl. 1994, S. 297) besonders darauf, dass derartige Entwicklungen keinesfalls rein auf steigende Anforderungen, Belastungen und Risiken hindeuten. Es muss auch auf die Entlastungen und neuen Chancen hingewiesen werden. So entstehen im Rahmen der gesellschaftlichen Veränderungen, welche der fortschreitende Individualisierungspro- zess mit sich bringt, beispielsweise neue Ansprüche und Nachfragen nach Gütern und

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Dienstleistungen, welche wiederum zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen (vgl.

Zapf 1994, S. 297). Natürlich bestehen in der Entwicklung/Entstehung von neuem im- mer auch Risiken, aber die Möglichkeiten und Gewinnchancen dürfen dabei nicht außer Acht gelassen werden. Obgleich steigende Anforderungen an Bildung, Ausbildung und Mobilität einen hohen Individualisierungsdruck erzeugen, so sieht der Autor Individua- lisierung als notwendige Kompetenz für Modernität (vgl. ebd., S. 301).

Auf der einen Seite der Individualisierung stehen somit Chancen und Möglichkeiten, die es erleichtern können, unterschiedliche Lebensbereiche, wie beispielsweise Familie, Studium und Beruf, miteinander zu vereinen und aufeinander abzustimmen. Auf der anderen Seite beeinflussen strukturelle Bedingungen die eigenen freien Entscheidungen, erzeugen Zwang eine Wahl zu treffen, sich aus einem zu viel an Wahlmöglichkeiten zu entscheiden, was zu Unsicherheit und Problemen führen kann. Besonders der Druck sich zu individualisieren, die Anforderung alles alleine zu schaffen sowie alleine für auftretende Probleme verantwortlich zu sein, ist ein Aspekt, der nicht zu unterschätzen ist. Diese Individualisierung von Problemlagen kann zusätzliche Herausforderungen verursachen. Gerade für die Gruppe der Studierenden mit Kind/ern, die vor der Aufgabe steht vielfach drei Lebensbereiche miteinander zu vereinbaren, kann die Auffassung alles alleine schaffen zu müssen – Studium, Familie, Beruf, Kinderbetreuung und - versorgung – zu Unsicherheit und Problemen führen.

Wichtig ist an dieser Stelle nun noch zu erwähnen, wodurch derartige umfangreiche Individualisierungsprozesse ausgelöst werden. Als Auslöser nennt Beck die Arbeits- markt-Individualisierung. Der Arbeitsmarkt sei als zentraler „Motor der Individualisie- rung von Lebensläufen“ anzusehen (Beck 1994, S. 47). Im Zentrum stehen dabei Bil- dung, Mobilität und Konkurrenz. Denn Bildung ermöglicht Selbstfindung und Reflexi- onsprozesse, lässt Aufstiegsmöglichkeiten zu und kann in Folge individuelle Arbeits- marktkarrieren gewährleisten. Wobei man sich gegenüber der Konkurrenz durch seine Individualität hervorheben muss. Mit dem Einstieg in die Arbeitswelt ist der Mensch schließlich dazu angehalten, herausgelöst aus dem bisherigen Lebensverlauf, sich mit Mobilitätsprozessen auseinanderzusetzen und die unterschiedlichen Lebensbereiche zu organisieren (vgl. Beck 1994, S. 47f.). Auch Studierende mit Kind/ern sind mit Mobili- tätsprozessen und dem Organisieren unterschiedlicher Lebensbereiche konfrontiert. Al-

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lerdings handelt es sich vorrangig um die Bereiche der Familie und des Studiums - er- gänzend kann zusätzlich der dritte Lebensbereich des Berufs hinzukommen. Aus diesem Grund soll hier darauf verwiesen werden, dass wir, im Gegensatz zu Beck, den Ar- beitsmarkt nicht als alleinigen Motor der Individualisierung von Lebensläufen erachten.

Dieser stellt sich sehr wohl als ein wichtiger Teilbereich dar, welcher die Individualisie- rung/den Individualisierungsprozess antreibt, jedoch spielen (für uns) auch andere Ge- sichtspunkte eine Rolle. So können spezifische Situationen oder Ereignisse, wie in unse- rem Fall die Geburt eines Kindes während des Studiums, spezielle (individuelle) Hand- lungen und/oder Konsequenzen und damit einhergehend persönliche Weiterentwicklung nach sich ziehen, was somit auch zur Individualisierung des eigenen Lebenslaufs bei- trägt.

Zentral innerhalb der Individualisierungstheorie und wichtig für die vorliegende Arbeit ist außerdem, dass Kollektivität und Standardisierung in einer stark individualisierten Gesellschaft schwer zu erfassen sind. Denn mit der Auflösung der Klassengesellschaft und voranschreitenden Individualisierungsprozessen, fällt es immer schwerer, die Ent- stehung von Solidaritäten innerhalb von Gruppen festzulegen. Gemeinsamkeiten lassen sich etwa noch in Form gemeinsamer Risiken finden (vgl. Beck 1994, S. 53f.). Dies sei charakteristisch für eine derartige Gesellschaft, denn Individualisierungsprozesse neh- men den lebensweltlichen Identitätsgehalt aus einer Gesellschaft, wodurch Gruppen ihre Besonderheiten sowie ihre identitätsbildende Kraft verlieren. Ungleichheiten in der Ge- sellschaft, die früher beseitigt wurden, werden heute „umdefiniert in eine Individualisie- rung sozialer Risiken“ (Beck 1994, S. 58). Aufgrund der Individualisierung sind (ge- sellschaftliche) Probleme somit auf das Individuum zurückzuführen, auf persönliche und psychische Dispositionen (persönliches Ungenügen, Schuldgefühle, Ängste, Kon- flikte und Neurosen). Das heißt gesellschaftliche Krisen werden als individuelle Prob- leme wahrgenommen (vgl. Beck 1994, S. 58). Routine und Sicherheit des Kollektivs, der Gruppe gehen verloren.

„Die zersprungene Einheit der Welt bewirkt [...], daß (sic!) der moderne Mensch in eine Vielzahl von disparaten Beziehungen, Orientierungen und Einstellungen verstrickt, daß (sic!) er mit ungemein heterogenen Situationen, Begegnungen, Gruppierungen, Milieus und Teilkulturen konfrontiert ist und daß (sic!) er folglich (sozusagen ständig) mit man-

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nigfaltigen, nicht aufeinander abgestimmten Deutungsmustern und Handlungsschemata umgehen muß (sic!)“ (Hitzler/Honer 1994, S. 308).

Das Individuum muss somit zwischen konkurrierenden Sinnsystemen entscheiden und wechselt im Alltag von Gruppenorientierung zu Gruppenorientierung, zugleich in neue soziale Rollen und in jeder Rolle wird ein Teil der persönlichen Identität aktualisiert (vgl. Hitzler/Honer 1994, S. 309f.). Auch Niklas Luhmann (vgl. 1994, S. 192f.) ver- weist auf die Problematik der Identitätsfindung, in einer Zeit in der Mann/Frau, um sich innerhalb einer Vielzahl sozialer Umwelten und zahlreichen unterschiedlichsten Anfor- derungen zurecht zu finden, sich mehrere Selbsts, mehrere Identitäten und Persönlich- keiten zulegt.

In Bezug auf diesen Aspekt des Verlusts der Gruppenidentitäten, des Zusammenhalts in Gruppen und der Solidarität innerhalb dieser, ist zu erwähnen, dass es gerade für die Gruppe der Studierenden mit Kind/ern notwendig wäre, die Bedeutung des Kollektivs wieder mehr in den Vordergrund zu rücken. Denn die Vernetzung der Studierenden untereinander sowie das Bewusstsein und die Solidarität füreinander, auch seitens Leh- render und Studierender ohne Kind/er, ist unseres Erachtens ein zentraler Aspekt für eine gelingende Vereinbarkeit von Kind/Familie und Studium.

Abschließend kann resümiert werden, dass unabhängig von der Uneinigkeit darüber, ob Individualisierung eher positive oder doch negative Auswirkungen auf die Bevölkerung sowie auch auf Familien hat, die Individualisierungsthese für uns im Rahmen der vor- liegenden Arbeit zumindest in gewissen Aspekten als relevant erscheint. Ist die Vorstel- lung darüber, aufgrund vorgegebener Strukturen vom Staat zur Wahl unter verschiede- nen Möglichkeiten gezwungen zu werden, nicht besonders angenehm, so ist es doch auch nachvollziehbar, dass es gewisse Vorgaben und Standards braucht, damit der Staat/das System nicht durch zu weit reichende Individualisierungsneigungen in Be- drängnis gerät. Denn, wie Burkart (vgl. 1998, S. 134) darstellt, braucht Individualisie- rung stets eine Form der Standardisierung als Gegenpol. Eine Art kontrollierter Indivi- dualismus sozusagen.

Dieser Individualismus hat unserer Ansicht nach sehr wohl Einfluss auf die Vereinbar- keitsbemühungen Studierender. Denn gerade Studierende mit Kind/ern, in ihrer indivi-

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duellen Lebenslage, müssen/wollen ihren Alltag, ihr Leben, das jeweilige Studium etc.

individuell auf ihre Ansprüche und Bedürfnisse abstimmen. Insofern ist die heutige Bandbreite an Wahlmöglichkeiten (in Bezug auf unterschiedliche Lebensbereiche wie Wohnen, Kinderbetreuung, Studium, Freizeit etc.), die zur Verfügung steht, ein Vorteil.

Auf diese Weise lässt sich eine besondere Lebenslage vielleicht besser mit den eigenen Bedürfnissen, Wünschen, den Erwartungen und Normen der Gesellschaft verei- nen/verbinden. Denkt man zurück an Zeiten, in denen es keine Möglichkeit auf Teilzeit- arbeit gab oder man die Kinder nur vormittags in Fremdbetreuung geben konnte, in de- nen die Möglichkeiten bei weitem nicht so vielfältig waren wie sie heute sind, dann wird klar, dass für die Vereinbarkeit von Kind und Studium heute weit bessere Voraus- setzungen gegeben sind als früher. Diesbezüglich teilen wir unsere Meinung mit Günter Burkart (2008), dass Individualisierung zur „Modernisierung der Familien“ (Burkart 2008, S. 261) beiträgt, indem sie neue Möglichkeiten und Chancen bietet familiales Zusammenleben zu Gestalten und Wege für neue Lebensformen ebnet und nicht, wie von vielen Vertretern der Individualisierungstheorie beschrieben, zum Zerfall der Insti- tution Familie führt. Jedoch wollen wir auch nicht bestreiten, dass Individualisierung und vor allem die Individualisierung von Problemlagen zu neuen Herausforderungen und Schwierigkeiten führen kann, was auch die Gruppe der Studierenden mit Kind/ern betrifft. Vor allem der (psychische) Druck, der dadurch entstehen kann, dass gesell- schaftliche Probleme (Kinderbetreuung, Vereinbarkeit etc.) als individuelle Herausfor- derungen wahrgenommen werden, welche alleine bewältigt werden müssen, stellt einen nicht zu unterschätzenden Aspekt dar.

Grundsätzlich besteht der Vorteil der Individualisierung für die Studierenden mit Kind/ern darin, eine Analysewahl zu haben. Es geht darum, die Option zu haben aus unterschiedlichen Möglichkeiten zu wählen. Dabei sollte nicht im Vordergrund stehen, dass ein Individuum alles alleine schaffen muss, sondern, dass aus zahlreichen beste- henden Möglichkeiten ausgewählt werden kann. Dies ermöglicht ein Reagieren auf in- dividuelle Lebenssituationen und das Finden individueller Wege. Denn individuelle Handlungsmöglichkeiten gewähren die Chance auf eine Wahlbiographie in Eigenleis- tung, auf eine Neuinszenierung in der Lebensgestaltung. Die Vielfalt an Wahlmöglich- keiten, die gegenwärtig zur Verfügung steht und die damit einhergehende Chance auf

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eine individuelle Lebensgestaltung, ist demnach von Vorteil für die Vereinbarkeit von Kind und Studium.

Auch das Konzept der Lebensbewältigung von Lothar Böhnisch enthält einige Aspekte, die für die Thematik der Vereinbarkeit von Kind und Studium von Bedeutung sind. Auf diese soll deshalb im nachstehenden Kapitel eingegangen werden.

2.2 Lebensbewältigung

Lisa-Marie Berger Das Konzept der Lebensbewältigung von Lothar Böhnisch ist ein interdisziplinärer An- satz, welcher ausgehend von der Individualisierungstheorie und mit Grundzügen der Coping-Theorie Aspekte verschiedener wissenschaftlicher Theorien beinhaltet. Lothar Böhnisch verweist auch selbst auf die Interdisziplinarität seines Modells, welches unter- schiedliche Ansätze und Theorien aufeinander bezieht und kombiniert, wie zum Bei- spiel Theorien über das Selbst, die Anomietheorie, das Alltagsparadigma, Konzepte zu Milieu und sozialer Zugehörigkeit und Unterstützung, Sozialisationstheorien etc. (vgl.

Böhnisch 2001, S. 32). Nachfolgend sollen zentrale Aspekte des Lebensbewältigungs- konzepts, die für die vorliegende Arbeit relevant sind, geschildert und ein Bezug zur Thematik der Vereinbarkeit von Kind und Studium hergestellt werden.

Grundsätzlich beschäftigt sich das Konzept der Lebensbewältigung mit Personen, die in ein Ungleichgewicht geraten sind, in ihrer Handlungsfähigkeit sowie in ihrem Selbst- wert erschüttert wurden und Unterstützung brauchen, um ebendiese soziale Handlungs- fähigkeit wieder zu erlangen. Für Menschen in Problemlagen ist das (Wieder)Erlangen von Handlungsfähigkeit von großer Bedeutung, denn

„während in der gesellschaftlichen Perspektive der Bewältigung also das sozialstruktu- relle Problem der Freisetzung im Sinne der sozialen Entbettung und des sozialen Aus- gesetztseins hervorgehoben ist, tritt aus der Sicht und dem Erleben der Subjekte die Frage nach der Handlungsfähigkeit in solchen ambivalenten Konstellationen in den Vordergrund“ (Böhnisch 2012, S. 223).

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Probleme, die infolge eines Verlusts der Handlungsfähigkeit und sozialer Desintegrati- on auftreten machen sich in Form von biografischen Integrationsproblemen und kriti- schen Lebensereignissen bemerkbar. Das Konzept der Lebensbewältigung „meint in diesem Zusammenhang [also] das Streben nach subjektiver Handlungsfähigkeit in Le- benssituationen, in denen das psychosoziale Gleichgewicht – Selbstwert und soziale Anerkennung –gefährdet ist“ (Böhnisch 2001, S. 31).

Die Bereitschaft zur sozialen Integration ist deshalb ein zentraler gesellschaftlicher As- pekt. Denn trotz fortlaufender Individualisierung3 ist es den Menschen ein Anliegen sich sozial zu integrieren. Hierfür suchen sie sich in der heutigen Gesellschaft neue An- knüpfungspunkte (vgl. Böhnisch 2001, S. 29f.). Dabei geht es darum, Brüche in unter- schiedlichen Lebensbereichen, welche die eigene Identität sowie die individuelle Bio- grafie bedrohen oder den immer weiter voranschreitenden sozial riskanten Prozess der Individualisierung, zu bewältigen, sozial integriert und handlungsfähig zu bleiben (vgl.

Böhnisch 2012, S. 221). Dieser Aspekt der sozialen Integration sowie des Erhalts oder Wiedererlangens der Handlungsfähigkeit ist auch für die Gruppe der Studierenden mit Kind/ern von Bedeutung. Vor allem der Erhalt der Handlungsfähigkeit in herausfor- dernden Situationen ist zentral, um eine Vereinbarkeit von Kind und Studium zu ermög- lichen.

Handlungsfähigkeit meint außerdem die eigenen personalen und sozialen Ressourcen zu kennen sowie die Kontrolle über diese zu bewahren. Kommt es aufgrund zu hoher An- forderungen an die personalen und sozialen Ressourcen zu einem Verlust dieser Kon- trolle, kann dies zu sozial abweichenden oder selbstdestruktiven Handlungsformen füh- ren, die entgegen der gesellschaftlichen Norm stehen. Diese erfüllen lediglich den Zweck, den Selbstwert zu stabilisieren, erneut handlungsfähig zu werden sowie An- schluss zu finden (vgl. Böhnisch 2001, S. 32; Böhnisch 2012, S. 223f.).

Der Autor beschreibt jene Handlungsformen, die in Situationen auftreten, welche die eigenen personalen und sozialen Ressourcen überschreiten und somit für die Bewälti-

3 Hier nimmt Böhnisch Bezug auf die Individualisierungsthese von Ulrich Beck, welche er gleichsam zur Basis für das Konzept der Lebensbewältigung machte.

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gung eines Problems nicht ausreichen, angelehnt an die Coping-Theorie, als von emoti- onaler oder triebdynamischer Natur (vgl. Böhnisch 2012, S. 223f.).

„Die Coping-Theorie geht von dem Befund aus, dass die Bewältigung von Stresszu- ständen bei Problembelastungen und kritischen Lebensereignissen so strukturiert ist, dass der Mensch aus somatisch aktivierten Antrieben heraus nach der Wiedererlangung eines Gleichgewichtszustandes um jeden Preis strebt. An diese Logik wird im sozialpä- dagogischen Bewältigungskonzept hier: Streben nach psychosozialer Handlungsfä- higkeit angeknüpft“ (Böhnisch 2001, S. 31f.).

Diese emotionale und psychische Komponente ist nicht zu unterschätzen. Aufgrund eines Verlusts der Handlungsfähigkeit und fehlendem sozialen Rückhalt kann es zu Er- fahrungen des Selbstwertverlusts und sozialer Orientierungslosigkeit, psychischen Be- lastungen und auch Depressionen kommen. Das Wiederherstellen der Handlungsfähig- keit sowie sozialer Integration ist dementsprechend von großer Bedeutung (vgl. Böh- nisch 2001, S. 32; Böhnisch 2012, S. 223f.). Auch bei Studierenden mit Kind/ern spie- len derartige Erfahrungen eine Rolle. Mit Blick auf empirisch erhobenes Datenmaterial zur Gruppe der Studierenden mit Kind/ern (Studierenden Sozialerhebung 2011; Sellner 2003) und die darin beschriebenen Herausforderungen und Schwierigkeiten in Bezug auf unterschiedlichste Anforderungen aus familiären, universitären und bei zusätzlicher Berufstätigkeit auch noch arbeitstechnischen Bereichen, mit welchen besagte Gruppe konfrontiert ist, kann man davon ausgehen, dass von den Studierenden mit Kind/ern Erfahrungen, wie Selbstwertverlust, Orientierungslosigkeit oder soziale Isolation, ge- macht werden. Hinzu kommt der Druck eigene Erwartungen sowie Erwartungen der persönlichen Umgebung und der Gesellschaft, bei gleichzeitig immer rascher steigenden Bildungs- und Erziehungsansprüchen, erfüllen zu müssen. Vor allem die Individualisie- rung von Problemlagen und die Annahme, alles auf sich gestellt schaffen zu müssen, kann dabei psychischen Druck erzeugen.4 Umso wichtiger erscheint es, dass man nicht nur selbst über die zur Verfügung stehenden Ressourcen Bescheid weiß, um einem Ver- lust der Handlungsfähigkeit entgegenzuwirken, sondern dass auch die Bevölkerung und der Staat gesellschaftliche Problemlagen, Betroffenheiten und Befindlichkeiten in der

4 Siehe dazu Kapitel 2.1 Individualisierungsthese und Kapitel 6 Ergebnisse

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Bevölkerung erkennt sowie darauf bezogenes Bewältigungshandeln versteht. Denn auf- grund der Diskrepanz zwischen vielfältigen Lebenslaufoptionen, Chancen und Mög- lichkeiten auf der einen und den damit verbunden Risiken und der Gefahr an den gesell- schaftlichen Anforderungen zu scheitern auf der anderen Seite, braucht es geeignete Rahmenbedingungen, um die Bewältigungschancen der Betroffenen zu erhöhen bzw. zu erhalten und zugleich die Risiken zu mindern (vgl. Böhnisch 2001, S. 31; S. 41). In Be- zug auf die Thematik der vorliegenden Arbeit bedeutet das beispielsweise, dass Rah- menbedingungen geschaffen werden, die den Studierenden das Vereinen der Lebensbe- reiche von Kind, Studium und Beruf ermöglichen und vereinfachen.

Zu erwähnen ist ergänzend, dass die eigenen Ressourcen und das Bewältigungshandeln durch Erfahrungen aus dem bisherigen Leben beeinflusst werden und somit einen bio- graphischen Aspekt haben (vgl. ebd., S. 34). Denn

„Lebensbewältigung geschieht vor dem Hintergrund einer sozialen Lebenslage, in der die sozialen und kulturellen Bewältigungsmöglichkeiten enthalten, in die aber genauso kulturell verfestigte Bewältigungsstereotype eingegangen sind. Wie Lebensbewältigung abläuft und gelingt, ist weiter abhängig von den früher gemachten Erfahrungen bei der Bewältigung von Lebensproblemen [...]. Es gibt also so etwas wie einen biographischen Prozeß (sic!) des Erlernens von Bewältigungsformen“ (Böhnisch/Schefold, 1985, S. 88).

Bewältigungshandeln lässt sich demnach, je nach Individuum und Lebenslage, auch in unterschiedlichsten Formen finden sowie schicht-(milieu-), geschlechts-, regional- oder generationsspezifisch unterscheiden (vgl. Böhnisch/Schefold 1985, S. 83; Böhnisch 2001, S. 40). So beschreibt Böhnisch (vgl. 2001, S. 216ff.) beispielsweise die männliche Bewältigungsstrategie der Externalisierung, welche Mittel des männlichen Dominanz- verhaltens ist. Das weibliche Pendant dazu ist die Bewältigungsstrategie der Innenorien- tierung und Stummheit. Die jeweiligen Strategien entsprechen dabei ganz den von der Gesellschaft als Norm vorgegebenen, geschlechtstypischen Verhaltensmustern für Männer und Frauen. Männer und Frauen greifen demnach auf unterschiedliche Fähig- keiten im Umgang mit der eigenen Hilflosigkeit zurück (vgl. Böhnisch 2001, S. 216- 222).

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Grund dafür ist die Tatsache, dass Geschlechtsstereotype und Zuschreibungen, die sich an einem geschlechtshierarchischen System orientieren, besonders in Problemlagen und herausfordernden Situationen nur schwer abgebaut werden können - auch wenn Rollen- zuschreibungen und Stereotype heute vielfach weniger Beachtung finden als früher.

Denn diese wurden im Laufe der Sozialisation in einem kulturellen Prozess übernom- men und in die jeweiligen Selbstbilder von Männern und Frauen integriert. Deshalb treten sie in den jeweiligen Bewältigungsstrategien von Männern und Frauen immer noch so markant hervor (vgl. Böhnisch 2001, S. 220). Das ist für die vorliegende Arbeit relevant, da dies auch auf Studierende mit Kind/ern zutrifft. So lässt sich ab der Geburt eines Kindes – wodurch es zur neuen Herausforderung der Vereinbarkeit unterschiedli- cher Lebensbereiche kommt – beobachten, dass Männer versuchen dies durch Fokussie- rung auf ihre Ernährerrolle und finanzielle Absicherung zu gewährleisten, während Frauen sich auf die familiäre Versorgungsarbeit konzentrieren.5

Ein letzter wichtiger Aspekt, den es zu erwähnen gilt, sind die Lebenslagen und struktu- rellen Bedingungen, welche Bewältigungshandeln beeinflussen. Soziale Lebenslagen werden von den Autoren als „ein Set von Möglichkeiten und Mustern der Bewältigung von Lebensproblemen, die aus sozialen Problemen (Arbeit, Wohnen, soziale Beziehun- gen, Zukunft etc.) entstehen“, beschrieben (Böhnisch/Schefold 1985, S. 89). Diese Le- benslagen sind abhängig von strukturellen Bedingungen, die von Staat, Politik, Büro- kratie, Arbeitsmarkt und Bildungssystem vorgegeben werden. Vor allem gesellschafts- politische und sozialstaatliche Entwicklungen spielen dabei eine Rolle. Denn der Staat gibt beispielsweise immer wieder Aufgaben und Bereiche ab, für die er einmal zustän- dig war. Das heißt, dass z.B. gewisse Leistungen, die der Staat früher getragen hat, heu- te nicht mehr (vom Staat) finanziert werden (z.B. 24Std-Pflege; Kinderbetreuung etc.).

Die Bevölkerung muss selbst dafür aufkommen. Dies wiederum beeinflusst auch die Lebenslagen und in weiterer Folge die Bewältigungsmuster (vgl. ebd., S. 90).

„Lebenslagen spiegeln damit auch die jeweilige Sozialpolitik in ihren Auswirkungen auf die Bewältigung von Lebensproblemen wieder (sic!). Damit sind nicht nur die sozi- alpolitischen Leistungen gemeint, welche die Einkommens- und Versorgungsniveaus

5 Siehe dazu Kapitel 3.3.4 Veränderung von Familienrollen

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[beeinflussen], sondern vor allem die sozialpolitischen Dimensionen von Anspruch und Zumutbarkeit, in denen kulturelle Stereotype über Jugend, Frau, Familie, Region etc.

enthalten sind“ (Böhnisch/Schefold 1985, S. 90).

Auch Studierende befinden sich demnach in unterschiedlichen Lebenslagen und werden je nach Lebensbereich (Familie, Studium, Beruf) von strukturellen Bedingungen beein- flusst. Die Autoren definieren Lebenslagen als Bewältigungsmöglichkeiten von Le- bensproblemen, die sich wiederum aus sozialen Problemen in Bereichen wie Ar- beit/Studium, Wohnen, Beziehungen, Kindererziehung/Betreuung, Zukunft etc. erge- ben. Für uns liegt hier die Frage nahe: müssen Lebenslagen zwingend negativ bzw. stets mit Problemen verbunden sein? Laut Duden (2015) ist eine Lebenslage eine bestimmte Situation im Leben (bzw. kann mehrere Situationen umfassen) und diese kann positiv wie negativ sein. Das heißt für uns: ob eine Lebenslage positiv oder negativ ist, hängt davon ab, aus welcher/welchen Situation/en sie entstanden ist/sich ergibt und wie die jeweilige Person ebendiese Situation wahrnimmt und für sich einschätzt und interpre- tiert. Lebenslagen sind unserer Ansicht nach, und hier orientieren wir uns an Iris Beck und Heinrich Greving, abhängig von äußeren und inneren sowie von gesellschaftlichen und politischen Bedingungen (Strukturen) und stehen in engem Zusammenhang mit den individuellen (Handlungs-)Möglichkeiten (Ressourcen). Sie sind jedoch nicht zwingend negativ (vgl. Beck/Greving 2012, S. 9).

Was leistet das Konzept der Lebensbewältigung nun für die Vereinbarkeit der Lebens- bereiche von Familie und Studium? Grundthese des Lebensbewältigungsansatzes ist es, Menschen in schwierigen Lebenssituation zu unterstützen, in denen Selbstwert, soziale Anerkennung und Integration sowie die eigene soziale Handlungsfähigkeit gefährdet sind. Es geht darum ebendiese Handlungsfähigkeit zu erhalten oder wieder herzustellen, um soziale Integration zu gewährleisten.

Grundsätzlich ist das Konzept der Lebensbewältigung sehr problemzentriert. Nicht nur der Begriff der Lebensbewältigung selbst ist dabei sehr negativ behaftet sondern auch die Definition der Lebenslagen seitens der Autoren. Dem stehen wir kritisch gegenüber, denn für uns stellt sich in diesem Kontext die Frage, ob nicht, gerade aus der Intention heraus ein Problem/eine Herausforderung zu bewältigen/zu meistern, oder soziale Handlungsfähigkeit wieder zu erlangen, eher der Aspekt des Schaf-

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fens/Erschaffens/Lösens/Erledigens/Verarbeitens in den Vordergrund gerückt werden sollte, um eine positive Konnotierung hervorzurufen. Vielleicht wird vieles, was von außen als Problem wahrgenommen wird, von den jeweiligen Personen/Studierenden gar nicht als Problem, welches bewältigt werden muss, gesehen, sondern viel mehr als Auf- gabe, die zum Leben/zum Alltag (dazu)gehört und die sich aus ihrer individuellen Situa- tion ergibt.

Abschließend lässt sich an dieser Stelle nun sagen, dass das Konzept der Lebensbewäl- tigung für uns im Zusammenhang mit der Thematik der Vereinbarkeit von Kind und Studium sehr wohl relevant ist. Denn innerhalb jedes Lebens können herausfordernde Ereignisse anstehen, die dann, um es mit Böhnischs´ Worten zu sagen, bewältigt werden müssen. Gerade der Aspekt der sozialen Handlungsfähigkeit spielt unserer Ansicht nach bei Studierenden eine große Rolle. Auch vor dem Hintergrund, dass dieses Konzept auf der Individualisierungstheorie von Ulrich Beck aufbaut, sehen wir dieses als Ergänzung, um ein Studium mit Kind/ern zu ermöglichen. Es umfasst den Bereich der Herausforde- rungen und soll einen Ausweg aus Schwierigkeiten und Problemlagen darstellen, wenn es im Rahmen der individuellen Lebensführung zu Herausforderungen kommt. Genauer geht es darum, die strukturellen und persönlichen Ressourcen zu kennen und handlungs- fähig zu bleiben, um die Bewältigung von Herausforderungen, entstehende Ausgren- zung, fehlenden sozialen Rückhalt und Isolation bewerkstelligen und die unterschiedli- chen Lebensbereiche miteinander vereinbaren zu können.

Auch in Thiersch’s Überlegungen lässt sich ein Spektrum an Aspekten finden, die sich dafür eignen das Vereinbarkeitsthema interpretativ aufzuarbeiten, da sie es zulassen Parallelen zum Thema herzustellen. Seine Überlegungen lassen sich außerdem in Ver- bindung bringen mit den zuvor beschriebenen Konzepten der Individualisierungstheorie und der Lebensbewältigung. Denn die Etablierung dieses Konzeptes wird wie bei Beck und Böhnisch als eine Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen (Individualisie- rung, Pluralisierung von Lebenslagen etc.) im Rahmen der Moderne gesehen (vgl.

Grunwald/Thiersch 2004, S. 13,16; Thiersch/Grunwald/Köngeter 2012, S.179). Nach- stehend sollen deshalb Aspekte des Konzepts der Lebensweltorientierung, die für die vorliegende Arbeit relevant sind, erörtert werden.

(34)

2.3 Lebensweltorientierung

Jasmin Gragger Das Konzept der Lebensweltorientierung wird als eine elementare Theorie Sozialer Ar- beit oder auch Orientierungshilfe für professionelles pädagogisches Handeln in der So- zialen Arbeit gesehen (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 22f.; Thiersch 1997, S. 52). Es wurde in den 1960er Jahren im Laufe des gesellschaftlichen Wandels von Hans Thiersch entwickelt (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 13; Thiersch 1997, S. 52). Ihm zufolge bedeutet Lebensweltorientierung auch Alltagsorientierung (vgl. Thiersch 1997, S. 5f.).

Die Theorie der Lebensweltorientierung ist Thiersch‘s persönlicher Versuch zwischen den neuen Normen der Gesellschaft und der Lebenswelt der Menschen zu vermitteln (vgl. Thiersch 1997, S. 5f.) sowie dem neu entstandenen Bedarf der Menschen an Hilfen

„zur Bewältigung von Normalität“ (Grunwald/Thiersch 2004, S. 16) gerecht zu werden.

Hierbei ist es ein zentrales Anliegen, Menschen durch die Gestaltung neuer sozialer, regionaler sowie alltäglicher Strukturen und das Setzen von Maßnahmen, die den ge- genwärtigen Bedürfnissen der Menschen entsprechen, zu entlasten. Diese Umgestaltun- gen oder Maßnahmen zielen darauf ab, besser mit bevorstehenden Chancen und Prob- lemen der Lebenswelt umgehen zu können (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 32ff.) und können gerade aus diesem Grunde Vereinbarkeitsbemühungen in der Moderne unter- stützen.

Zentrale Handlungsmaxime in der Lebensweltorientierung können einen Beitrag leisten, diesem Bestreben gerecht zu werden. Denn „sie markieren zentrale Orientierungen für notwendige weitergehende Entwicklungen, vor allem auch jenseits von Modellprojekten für die Regelpraxis“ und sind an den „Ressourcen, Problemen und Hilfechancen in der heutigen Lebenswelt orientiert“ (Grunwald/Thiersch 2004, S. 27). Die Strukturmaxime Prävention, Regionalisierung und Alltagsnähe sowie die Maxime Flexibilisierung von Hilfen halten in erster Linie dazu an, lebensweltliche Erfahrungen bei Umgestaltungen und Umstrukturierungen von Lebenswelten miteinzubeziehen. Maxime wie Integration und Partizipation zielen hingegen besonders auf soziale Gerechtigkeit in der Lebens- welt ab (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 26). Vor diesem Hintergrund tragen sie dazu

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bei die Lebenswelt von Menschen zu verbessern oder einen gelingenden Alltag zu er- möglichen (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 28; S. 188). Für die Thematik der Verein- barkeit von Kind und Studium erscheint es uns wichtig intensiver auf die Maxime Prä- vention, Alltagsnähe, Flexibilisierung von Hilfen, Integration und Partizipation einzu- gehen.

Im Sinne der Prävention sollen Strukturen geschaffen und vorhandene Strukturen stabi- lisiert werden, die gerechte und sichere Lebensverhältnisse ermöglichen sowie Schwie- rigkeiten oder Krisen vorbeugen (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 26). Ein Umfeld bzw. Strukturen zu schaffen, die den Vereinbarkeitsbemühungen entgegen kommen, in dem sowohl auf Individuen als auch auf unterschiedliche Lebenswelten bzw. vielseitige lebensweltliche Bedürfnisse eingegangen wird, stellt für uns ein wesentliches Funda- ment für eine erfolgreiche Vereinbarkeitssituation dar. Wird dem Aspekt der Familie auch in Hochschulen Raum gegeben, wirkt sich dies auf Studierende mit Kind/ern unse- rer Meinung nach erleichternd bzw. präventiv aus.

Außerdem ist es ein Ziel der Prävention einschränkende Strukturen so zu verändern, dass sie sich positiv auf die Lebenslage der Menschen auswirken (vgl. Grun- wald/Thiersch 2004, S. 30f.).

Die Maxime der Alltagsnähe hingegen zielt darauf ab, niederschwellige und erreichbare Angebote für AdressatInnen in ihre unmittelbare Lebenswelt zu integrieren. Der Zugang zu den Angeboten sollte in diesem Kontext mit möglichst wenigen Hürden verbunden sein. Angebote, welche auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten sind und um- fassende Informationen kommen dem entgegen (vgl. ebd., S. 26ff.). Im Falle von Stu- dierenden mit Kind/ern ist es in diesem Kontext beispielsweise erstrebenswert, genü- gend Informationen bereitzustellen wie auch flexible Kinderbetreuungsangebote direkt am Studienort anzubieten. So wären Kinder, während ihre Eltern sich auf der Universi- tät befinden, ausreichend gut betreut (vgl. Wejwar/Laimer/Unger 2012, S. 24).

Eine weitere Strukturmaxime, die Flexibilisierung von Hilfen, insistiert darauf passge- naue Angebote anzubieten. Dies meint, die Planung und Etablierung von Hilfen wird auf die individuelle Situation (Probleme, Lebenslage) und speziellen Bedürfnisse der Personen abgestimmt. Ebenso wird ein Zusammenspiel von verschiedenen Hilfen ange-

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strebt und versucht starre Zuständigkeiten aufzuheben (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S.

26ff.). Diese Kooperation verschiedener Hilfen (z.B. von Betreuungsangeboten) ist be- sonders wichtig für einen gelingenden Alltag (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 29). Im Rahmen der Lebensweltorientierung werden zudem flexible Hilfen ausgebaut und in das Lebensfeld der Menschen integriert. Auch Institutionen versuchen heute vermehrt ihre Angebote und flexiblen Hilfen an die individuelle Situation der Menschen sowie ihre Lebenswelt anzupassen und sich dadurch als „Orte zum Leben“ (Grunwald/Thiersch 2004, S. 28) zu etablieren. Diesbezüglich scheint sich ein neues Selbstverständnis zu entwickeln (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 28f.). Die Umgestaltung und Kooperation unterschiedlicher Maßnahmen im gesamten Lebensumfeld, hin zu beweglicheren For- men von Unterstützung und Organisation, kommt Familien, so auch Studierenden mit Kind/ern in ihrer Lebenswelt, bei der Organisation und Koordination mehrerer Lebens- bereiche entgegen (vgl. Grunwald/ Thiersch 2004, S. 28f.; Hinte/Treeß 2007, S. 31-34).

Die Maxime der Integration fordert wiederum soziale Gleichheit und die gleichmäßige Teilhabe aller Menschen an den Ressourcen der Gesellschaft (wie Arbeit, Wohnen, Bil- dung, Kultur uvm.). Gleichzeitig steht Integration dafür, die Verschiedenheit der Men- schen, sei es durch Geschlecht, Nationalität oder anderes, anzuerkennen und niemanden auszugrenzen (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 26ff.). Dies entspricht sogleich Thiersch‘s Absicht soziale Gerechtigkeit in der Lebenswelt der Menschen zu realisieren (vgl. ebd., S.16). Auch im universitären Umfeld geht es darum, niemanden durch unzu- reichende organisatorische, strukturelle als auch sozialpolitische Rahmenbedingungen (Lehrveranstaltungsvoraussetzungen, Leistungsvoraussetzungen) sowie mangelnde Ak- zeptanz auszugrenzen.

Daher sollen durch partizipative Prozesse, die charakterisiert sind durch Mitbestimmung und Beteiligung der Menschen, gleichberechtigte Verhältnisse geschaffen werden. Die Maxime der Partizipation plädiert auf einen Zusammenschluss zum Kollektiv zur Ver- wirklichung gemeinsamer Projekte und Freiwilligkeit bei der Mitgestaltung gesell- schaftlicher Prozesse (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, S. 26ff.) Partizipationsprozesse sollen dazu dienen, hinderliche Strukturen in den Lebenswelten aufzubrechen. So kön- nen beispielsweise Studierende, im Sinne der Partizipation und des Empowernment- Grundsatzes, ihren Alltag eigenmächtig in die Hand nehmen, um ihn möglicherweise

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