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Synonyme von ‚Information’ und ihre Eigenschaften

4 Informationsbegriffe in den Sprachen

4.2 Synchron: der Gebrauch von ‚Information’

4.2.3.3 Synonyme von ‚Information’ und ihre Eigenschaften

Weitere Aufhellung über den Begriff der Information ist zu erwarten, wenn wir (Quasi-) Synonyme und ihre Verwendungsweisen betrachten. Hierzu zählen wir folgende Aus-drücke: ‚Signal’, ‚Datum’ (‚Daten’), ‚Faktum’ (‚Fakten’), ‚Angabe’, ‚Aussage’, ‚Nach-richt’, ‚Botschaft’, ‚Mitteilung’, ‚Meldung’, ‚Neuigkeit’, ‚Kenntnis’, ‚Wissen’, ‚Er-kenntnis’, ‚Aufschluss’, ‚Auskunft’, ‚Hinweis’, ‚Zeichen’ sowie ‚Instruktion’. Nicht un-tersuchen werden wir Ableitungen von Synonymen zu ‚informativ’ wie ‚Wissenswer-tes’, ‚Aufschlussreiches’ usf., da diese letztlich keine neuen Erkenntnisse bezüglich In-formation liefern: ‚Wissenswertes’ = ‚etwas, das des Wissens wert ist’, wobei das fast informationslose ‚etwas’ genau diejenige unspezifizierte Entität bezeichnet, über die wir eigentlich etwas herausfinden wollen (vgl. hierzu speziell 5.1.7). Wir werden für jedes der oben genannten Synonyme einen Beispielsatz angeben (manchmal sind mehrere Sy-nonyme für ‚Information’ einsetzbar; die grammatische Umgebung ist dabei jeweils ent-sprechend anzupassen, vgl. ‚die Information’ vs. ‚das Wissen’):

Signal(e): ‚Neuron A empfängt Informationen von Neuron B.’67 Datum/Daten: ‚Diese Datenbank enthält fehlerhafte Informationen.’

Faktum/Fakten: ‚Die vorliegenden Informationen sprechen für einen Mord.’

Angabe(n): ‚Die Informationen können Sie hier eintragen.’

67 ‚Information’ im Sinne von ‚Botschaft’ wäre hier metaphorisch. Statt ‚Signale’ könnte hier auch ‚Rei-ze’ eingesetzt werden.

Aussage(n): ‚Die vorliegende Information ist zweifelhaft und zu prüfen.’

Nachricht(en): ‚Die Information verbreitete sich wie ein Lauffeuer.’

Botschaft(en): ‚Kurt ließ Felix unbemerkt eine Information zukommen.’

Mitteilung(en): ‚Kurt bekam von Felix eine kurze Information.’

Meldung(en): ‚Die Information bezüglich des Staus war veraltet.’

Neuigkeit(en): ‚Für mich ist das keine Information mehr.’

Kenntnis(se): ‚Meine Informationen reichen aus, um durchzukommen.’

Wissen: ‚Mir fehlt die nötige Information zur Lösung dieser Aufgabe.’

Erkenntnis(se): ‚Wir haben keine neuen Informationen in diesem Mordfall.’

Aufschluss/Aufschlüsse: ‚Das liefert uns keine Informationen über den Täter.’

Auskunft/Auskünfte: ‚Ich hole mir morgen weitere Informationen ein.’

Hinweis(e): ‚Die Informationen aus der Bevölkerung überführten den Täter.’

Zeichen: ‚Gib mir eine Information, wenn wir aufbrechen sollen.’

Instruktion(en): ‚Das Lösungsbuch enthält detaillierte Informationen.’

Hinsichtlich der grammatischen Eigenschaften fällt auf, dass ‚Signal’ wie ‚Datum’ kei-nen Anschluss von ‚dass’ ermöglichen, d.h. diese beiden Synonyme bestimmen keikei-nen konkreten semantischen Gehalt P und machen daher auch keine Aussage über X.68 Alle anderen Synonyme erlauben den Anschluss mit ‚(darüber/davon) dass’. Auch der An-schluss von ‚über’ ist bei ‚Signal’ nicht möglich; ebenso verweigert ‚Signal’ im Sinne von ‚Zeichen’ und ‚Zeichen’ selbst eine Erweiterung mit ‚über’. Bei ‚Daten’ kann man zwar von ‚Daten zu/über X’ sprechen (vgl. ‚Wir haben keine neuen Daten zum Verbleib des Täters / über den Verbleib des Täters’), jedoch wird gerade keine konkrete Aussage darüber gemacht, welches Datum bzw. welche Daten (im Sinne einer Erkenntnis über die Sache oder den Sachverhalt des Täterverbleibs) vorliegen. Alle anderen Synonyme erlauben einen Anschluss mit ‚über’ bzw. gleichbedeutend ‚von’ oder ‚zu’ (‚Wissen über’, ‚Kenntnis von’, ‚Angabe zu’).

Eine weitere wesentliche Anschlussmöglichkeit besteht in der expliziten Angabe eines Adressaten mittels ‚für’ oder ‚an’, z.B. ‚Nachricht/Botschaft/Mitteilung/Neuigkeit für Z’, ‚Auskunft/Instruktion(en) für’, ‚Zeichen für’ (im Sinne von ‚Das ist das Zeichen für Dich zum Aufbruch’, nicht ‚das Zeichen für Parkverbot’), ‚Hinweis an’. Bei den

68 Mit ‚Signal’ ist hier ‚Impuls’ oder ‚Reiz’ gemeint, nicht ‚Signal zu/dass’ im Sinne von ‚Zeichen zu/

dass’ (‚Signal/Zeichen zum Aufbruch’ bzw. ‚das Signal/Zeichen, dass man aufbrechen soll’).

ren Synonymen ist eine unmittelbare Möglichkeit des Adressaten-Anschlusses verwehrt:

*‚Signal für/an’, *‚Datum/Daten für/an’, *‚Faktum/Fakten für/an’, *‚Angaben für/an’,

*‚Aussagen für/an’, *‚Erkenntnis für/an’, *‚Wissen für/an’, *‚Kenntnis für/an’, *‚Auf-schluss für/an’. Bei den adressierbaren Synonymen scheint es darüber hinaus einen Un-terschied in der Spezifität des bzw. der Adressaten zu geben: Eine offizielle Nachricht oder Meldung ist an einen einzelnen Empfänger oder an eine ganze Empfängerschaft ge-richtet, ohne dass dabei jedoch dessen oder deren Zustand (Ziele, Absichten, Probleme) eine Rolle spielt; eine Auskunft hingegen scheint auf die persönlichen Bedürfnisse oder Probleme eines bestimmten (stereotypen) Empfängers zugeschnitten zu sein, der Han-deln oder Entscheiden muss. Im letzteren Sinne gilt dies auch für ‚Instruktion’, ‚Hin-weis’ und ‚Zeichen’ die jeweils auf eine intendierte Wirkung im Empfänger ausgerichtet sind, wohingegen ‚Botschaft’, ‚Mitteilung’, ‚Meldung’, Nachricht’ und ‚Neuigkeit’ eher neutral bezüglich der Bedürfnisse des Empfängers zu werten sind. Sprachlich manifes-tiert sich dieser Unterschied in Redeweisen wie ‚zielführende/r Instruktion / Auskunft / Hinweis’ (vs. ?‚zielführende Nachricht / Mitteilung / Botschaft / Meldung / Neuigkeit’), die jeweils auf den damit verknüpften Handlungsaspekt abzielen (‚Auskunft für eine Bahnreise / zwecks einer Bahnreise’‚ ‚Instruktionen zur Behebung des Problems’, ‚Hin-weise zur Ergreifung des Täters’ und ‚Zeichen zum Aufbruch’: Man beachte den jeweils finalen Anschluss durch ‚für’, ‚zwecks’ oder ‚(um) zu’). Darüber hinaus kann man einer Auskunft oder Instruktion bzw. einem Hinweis oder (Signal-)Zeichen (tätig) folgen, Nachrichten usw. nicht.

Rekapituliert man die eben gewonnenen Ergebnisse bezüglich des grammatischen Ver-haltens eines Synonyms, dann liegen die Ursachen hierfür jeweils in der Bedeutung bzw. im zugrunde liegenden Begriff des entsprechenden Synonyms. Dass etwa ‚Signal’

(als Impuls) und ‚Datum’ keinen ‚dass’-Anschluss ermöglichen, kann nur daran liegen, dass weder ein Datum noch ein Signal eine spezifische Aussage über eine Sache oder ei-nen Sachverhalt X liefert. Beide verfügen für sich alleine über keine propositionale Aus-sagekraft im Sinne einer informativen Subjekt-Prädikat-Struktur (im Gegensatz zum vermeintlich mit ‚Datum’ gleichbedeutenden ‚Angabe’ oder ‚Faktum’). Vielmehr han-delt es sich bei Daten um syntaktisch formalisierte und formatierte Arrangements von Zeichen (als Symbolformen), die von einem System durch Erhebung aus oder Messung von der Umwelt ermittelt wurden (z.B. Sinnesdaten) und auch innerhalb desselben dar-gestellt und verarbeitet werden. Signale scheinen im Gegensatz zu (psycho)logisch-syn-taktisch realisierten Daten Impulse oder Stimuli in und aus der Umwelt des Systems zu sein, die sich durch eine Figur-Grund-Struktur bestimmen lassen: Ein sinnlich oder sen-sorisch wahrnehmbares Signal zeichnet sich danach durch seine Erhabenheit in Abgren-zung zum Hintergrund(rauschen) aus. Alle anderen Synonyme außer ‚Signal’ und

‚Da-tum’ bzw. die damit einhergehenden Begriffe weisen eine semantische Komponente auf, die mittels eines Anschlusses von ‚dass’ expliziert werden kann: ‚das Faktum, dass P’,

‚die Angabe, dass P’, ‚das Zeichen, dass P’ usw. Darüber hinaus wurde oben deutlich, dass es zudem pragmatisch ausgerichtete Synonymbegriffe gibt, die die Handlungsrele-vanz betonen: ‚Auskunft’, ‚Instruktion’ u.a. (vgl. letzten Abschnitt). Hierzu zählen dann aber auch die gleichsam mentalen Gegenstücke ‚Erkenntnis’ und ‚Aufschluss’: Unter Erkenntnissen versteht man im Alltag – wir reden hier nicht über wissenschaftliche Er-kenntnis – neu gewonnene Einsichten oder zielführendes, orientierendes, neu erlangtes Wissen, mit dessen Hilfe nicht nur Einblick in bislang Unverstandenes möglich wird, sondern das auch Handlungsrelevanz besitzt (‚Neue Erkenntnisse ermöglichten die Er-greifung des Täters’, ‚Die Behörden besitzen keine neuen Erkenntnisse zur Unglücksur-sache’ die Behörden können zur Zeit nichts unternehmen).

Kenntnis im Sinne von (einem Stück) Wissen kann ebenso handlungsrelevant werden, sofern der entsprechende Kontext dies ermöglicht; unter Kenntnis oder (Fakten-)Wissen wird jedoch üblicherweise etwas verstanden, das man im Gedächtnis hat und erinnern kann, von dem man vielleicht sogar überzeugt ist oder das man glaubt.69 Es bedarf einer expliziten Aktivierung solcher Speichereinheiten, damit sie (handlungs)wirksam wer-den, z.B. beim Erinnern des Namens einer Person zu deren Begrüßung (Sprechhand-lung) oder bei der Durchführung syllogistischer Schlüsse zur argumentativen Stützung von Behauptungen usf. Der Begriff FAKTUM, der enge Verwandtschaft zu FAKT (im Sin-ne von Tatsache) aufweist, ist häufig eiSin-ne guter Ersatzbegriff für Tatsacheninformation:

Sowohl ein Faktum als auch eine (wahre) Information lassen sich als ‚Stück Wissen’

verstehen. Die semantische Verschmutzung und Durchdringung von ‚Information’ und

‚Faktum’ geht jedoch mittlerweile soweit, dass Fakten überprüft werden müssen und falsche Fakten möglich sind: „Die Überprüfung der Fakten …“, „falsche Fakten“70. Fak-ten sind das, was durch (wahre) Aussagen vermittelt wird, ohne dass diese spezifisch in-tendierte, unmittelbare Auswirkungen auf die interpretierende Person haben müssen.

Fasst man die bislang gewonnenen Ergebnisse bezüglich der Synonyme zusammen, so ist festzustellen, dass sich hierunter syntaktisch, semantisch sowie pragmatisch zentrier-te finden. Zusätzlich lassen sich diese in mediale (kommunikationale) vs. mentale (kog-nitive) Synonyme einteilen: Eine Nachricht ist eine Signalkette mit Struktur und Bedeu-tung und damit eine kommunikational-mediale Einheit, eine Kenntniseinheit ist etwas

69 Kenntnis von etwas zu haben ist jedoch genau genommen weit weniger als Wissen über etwas zu be-sitzen: Was man kennt, z.B. eine Proposition, muss man noch lange nicht glauben: ‚Ich habe zwar Kenntnis von diesem Gerücht (erlangt), glauben kann ich es aber nicht.’

70 Jeweils aus der Arte-Dokumentation „Der Dino, der die Welt veralberte“ vom 18.9.2004.

Mentales und damit eine kognitive Einheit. Die mentale Natur verschiedener Lesarten von INFORMATION wollen wir verallgemeinern und zukünftig als ‚memorial’ bezeich-nen, um z.B. Daten sowohl als Speichereinheit bei Computern als auch als Gedächtnis-element bei Mensch und Tier gleichermaßen bestimmen zu können. Eine spezielle Un-tergruppe memorialer Information sind dann mentale Informationen wie Wissen und Er-kenntnis, die nur für Menschen gelten. Insgesamt ergibt sich dadurch folgendes vorläufi-ges Merkmalsschema bezüglich der Eigenschaften verschiedener ‚Arten’ von Informati-on:

Merkmale medial memorial/mental

syntaktisch Signal Datum

semantisch Aussage, Angabe, Mitteilung, Nachricht, Botschaft, Meldung, Neuigkeit

Faktum, Wissen, Kenntnis

pragmatisch Auskunft, Instruktion, Hinweis, Zeichen

Erkenntnis, Aufschluss

Tab. 4-2: Synonyme von ‚Information’ und deren Eigenschaften71

Gestützt wird dieses noch zu erweiternde Schema durch bestimmte Redeweisen, die mit einigen Synonymen möglich sind, mit anderen nicht. So kann man etwa über memoriale Information verfügen (zur Verfügung haben, darüber verfügen können), über mediale nicht: ‚Ich verfüge nicht über die nötigen Daten / Fakten72 / Kenntnisse / Erkenntnisse / Aufschlüsse zur Lösung des Problems’ vs. ?‚Ich verfüge nicht über die notwendigen Aussagen / Angaben / Nachrichten / Botschaften / Mitteilungen / Auskünfte / Hinweise / Zeichen’ (wobei jedoch manche Synonyme genau wie ‚Information’ ambig zwischen ei-ner medialen und memorialen Lesart sind, so etwa ‚Instruktion’ und möglicherweise

71 Einige oftmals im Zusammenhang mit Information genannte Synonyme (vgl. z.B. den Leipziger Wort-schatz) sind hier nicht angeführt: z.B. (i) ‚Ankündigung’ und ‚Durchsage’, (ii) ‚Fingerzeig’ oder (iii)

‚Antwort’. Dies hat folgende Gründe: (i) sind jeweils Hyponyme von ‚Auskunft’ oder ‚Hinweis’, d.h.

spezielle Formen derselben; (ii) ist entsprechend eine spezielle Art des Hinweisgebens; (iii) und ‚Ant-wort’ ist ebenfalls eine Spezialform, nämlich einer Aussage oder Auskunft auf eine konkrete Frage hin.

Auch angeführte Synonyme wie ‚Aussage’ können beispielsweise als spezifische Form der Auskunft bei einer Vernehmung verstanden werden und sind dementsprechend nicht oder anders in obiges Sche-ma einzuordnen.

72 Vgl. „Die Fakten, die uns zur Verfügung stehen, sind …“ („Enterprise“, 1967).

auch ‚Hinweis’, ‚Neuigkeit’ und ‚Aussage’). Weitere Präzisierung und Bestätigung fin-det dieses Schema in alltäglichen Redeweisen, wie wir sie im nächsten Abschnitt disku-tieren.