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Gemeinsame Redeweisen von ‚Information’ und Synonymen

4 Informationsbegriffe in den Sprachen

4.2 Synchron: der Gebrauch von ‚Information’

4.2.3.4 Gemeinsame Redeweisen von ‚Information’ und Synonymen

Den weiteren sprachbasierten Untersuchungen liegt die Vorstellung zugrunde, dass Be-griffe sich nur dann erfolgreich (d.h. nicht widersinnig) kombinieren lassen, wenn ihre semantischen Eigenschaften kompatibel sind und die zu kombinierenden Begriffe über eine gemeinsame ‚Schnittstelle’ verfügen, an denen sie sich zusammenfügen lassen. So ist etwa die Rede von ‚lauter Apfel’ deshalb unsinnig, da Äpfel über kein Merkmal ‚gibt Laute von sich’ verfügen, wohingegen ‚lauter Hund’ funktioniert, weil Hunde ein Laut-organ besitzen. Sowohl das erfolgreiche wie erfolglose Kombinieren zweier Begriffe sagt also etwas über gemeinsame oder trennende semantische Merkmale aus. Wendet man dies auf die Synonyme von ‚Information’ an, dann lassen sich Gruppen von Syno-nymen erkennen, die über geteilte Redeweisen verfügen, wie oben die Unterscheidung zwischen memorial-mentalen Informationen, über die man verfügen kann, und medialen Information, über die sich nicht verfügen lässt, deutlich gemacht hat.

Dieselbe Unterscheidung bzw. Gemeinsamkeit belegen andere Redeweisen: Mediale In-formation ist das, was InIn-formation vermittelt oder (über)trägt – dies klingt nur so lange paradox, wie man nicht zwischen medialer und memorialer Information zu unterschei-den vermag: ‚Signale / Aussagen / Angaben / Neuigkeiten / Nachrichten / Botschaften / Mitteilungen / Meldungen / Auskünfte / Hinweise / Zeichen / Instruktionen vermitteln oder (über)tragen Information’ vs. *‚Daten / Fakten / Kenntnisse / Wissen(sinhalte) / Er-kenntnisse / Aufschlüsse vermitteln oder (über)tragen Information’. Die zuletzt genann-ten memorial-mentalen Formen von Information sind ja schon die jeweils übermittelte (d.i. aufgenommene, interpretierte und verstandene) Information, die man nicht erst ver-mitteln (kommunizieren) muss wie die zuerst genannten medialen Arten von Infor-mation, die sich noch in einem statischen oder dynamischen Medium kodiert befinden (als Äußerung, Inskription usw.). In diesem Sinne ist mediale Information noch potenzi-elle, systemexterne Information im Vergleich zur systemrelativen memorial-mentalen Information, die man als aktuell (d.i. dekodiert, verstanden, bedeutungsvoll, wirkend usf.) bezeichnen kann. Zudem sieht es so aus, als könnten nur diejenigen Formen von Information preisgegeben und ausgetauscht werden, über die man auch tatsächlich verfügt: ‚Daten / Fakten / Wissen / Kenntnisse / Erkenntnisse / ?Aufschlüsse preisgeben / austauschen’ vs. *‚Signale / Aussagen / Angaben / Nachrichten / Botschaften / Mittei-lungen / Meldungen / Auskünfte / Zeichen preisgeben / austauschen’ (Ausreißer

auf-grund der Ambiguität zwischen medialer und memorialer Information sind auch hier wieder ‚Neuigkeiten / ?Instruktionen / ?Hinweise preisgeben / austauschen’).

Mediale wie memoriale Information kann jeweils weiter unterteilt werden in syntakti-sche, semantische und pragmatische Information, wie dies oben bereits gezeigt wurde (vgl. Tab. 4-2). Auf Seiten der medialen Information kann unterschieden werden zwi-schen vermittelnden Informationen, die adressierbar bzw. adressiert sind an einen Emp-fänger (Nachricht, Mitteilung, Botschaft, Meldung, Neuigkeit, Auskunft, Instruktion, Hinweis, Zeichen), und solchen, die unadressiert bleiben (Signal, Aussage, Angabe, Meldung), wobei ‚Meldung’ diesbezüglich ambig ist; bei den adressierbaren Informatio-nen wurde unterschieden zwischen semantisch vs. pragmatisch ausgerichteten (eher auf den Inhalt vs. auf die Wirkung bedacht). Damit teilen sich die semantisch-medialen In-formationen in adressierbare und nicht-adressierbare auf; syntaktische sind stets unad-ressiert, pragmatische stets adressiert. Nicht adressierte lassen sich zerteilen in die syn-taktische Einergruppe Signal (‚Signale prozessieren’, ‚Signalprozessor’) und das seman-tische Paradigma Aussage-Angabe-Meldung (‚Aussage / Angabe / Meldung machen’);

unter den adressierbaren medialen Informationen befindet sich die semantische Unter-gruppe Nachricht-Meldung-Mitteilung-Botschaft-Neuigkeit (‚Nachricht / Meldung / Mitteilung / Botschaft / Neuigkeit [über]bringen) sowie auch die pragmatische Vierer-gruppe Auskunft-Instruktion-Hinweis-Zeichen (‚Auskunft / Instruktion / Hinweis / Zei-chen geben’). Daneben existieren verbindende Redeweisen wie ‚Auskunft / Instruktion / Hinweis (via Verweis) erteilen’, wobei die identische Rede von ‚Lehre / Lektion ertei-len’ als ein Reflex des pädagogischen Aspekts von Information aufzufassen ist, der sich in den anleitenden Informationssynonymen ‚Auskunft’, ‚Instruktion’ und ‚Hinweis’

ganz offenbar erhalten hat (vgl. auch ‚Befehl / Auftrag erteilen’).

Auf Seiten der memorialen Information kann eine Einteilung nach mentalen und ‚mate-rialen’ Informationen vorgenommen werden:73 Letztere umfassen Daten und Fakten, die gleichsam das Ausgangsmaterial im Sinne eines noch unverarbeiteten Rohstoffs zur Ge-winnung mentaler ‚Endprodukte’ wie Wissen und Erkenntnis bereit stellen (vgl. „Die vorliegenden Fakten führten zu der Erkenntnis …“74). Redeweisen wie „Daten und Fak-ten sammeln“75, „gesammelte Fakten“76, ‚nackte Daten / Fakten’, ‚Rohdaten’ und auch

73 Eine zu medialer Information analoge Unterscheidung nach adressiert–unadressiert macht im Falle me-morialer Information keinen Sinn, da diese bereits im System ist. Daher existieren für diese Synonyme auch keine entsprechenden Redeweisen (??‚Daten/Fakten/Kenntnisse/Erkenntnisse für X’; vgl. hierzu [Reischer 2004]).

74 „Enterprise“ 1989, Episode „Der Überläufer“.

75 ARD-Magazin ‚Fakt‘ vom 12.7.2004.

76 ZDF-Magazin ‚Abenteuer Wissen’ vom 14.7.2004.

‚Kenntnis / Wissen / Erkenntnis / Aufschluss gewinnen’ bestätigen dies insoweit, als man Rohstoffe einsammelt und -lagert (zum späteren Gebrauch), nicht aber die daraus resultierenden Endprodukte (*‚Wissen / Kenntnis / Erkenntnis / Aufschluss sammeln’), die man erst noch aus dem Rohstoff herausarbeiten muss.77 In Hinsicht auf weitere Un-terscheidungen zwischen Formen memorialer Information lassen sich Daten im Gegen-satz zu Fakten verwalten, Kenntnis und Wissen im GegenGegen-satz zu Erkenntnis und Auf-schluss aneignen; Letztere wiederum werden im Unterschied zu Ersteren geliefert (‚Dies liefert mir keine/n Erkenntnis / Aufschluss). Insgesamt ergibt sich damit eine Vierteilung memorialer Information analog zu medialer Information mit jeweils zwei semantischen Abteilungen (adressiert vs. unadressiert, unverarbeitet vs. verarbeitet). Die folgende Tabelle fasst diese Ergebnisse zusammen und bietet weitere Redeweisen, die jedes Synonym mit ‚Information’ verbinden:

Tab. 4-3: Verbindende und trennende Merkmale von Informationssynonymen; die Verb-zusätze in Klammern bestimmen zuerst die innerhalb einer Abteilung verbindenden und damit von allen anderen trennenden Redeweisen unter den Synonymen, danach die je-weils mit ‚Information’ gemeinsame Rede.78

77 Oftmals wird Wissen selbst als (bereits edler) Rohstoff der Informations- oder Wissensgesellschaft be-trachtet. Dies ist insoweit nicht widersprüchlich zu unseren Ausführungen, als auch jedes Endprodukt wiederum einem (prinzipiell unbegrenzten) Veredelungsprozess unterzogen werden kann.

78 In Bezug auf die semiotischen Eigenschaften eines Synonyms ist jeweils dessen herausragender As-pekt als Grundlage der Klassifizierung herangezogen worden: Wenn etwa ‚Auskunft’ als primär prag-matisch bestimmt ist, schließt dies syntaktische und semantische Aspekte natürlich nicht aus, jedoch ist eine Auskunft zuvorderst eine zielführende, orientierende Aussage oder Mitteilung, die ihrerseits wie-der als Signalkette (materiell manifestierbar in Schallimpulsen) kodiert ist.

Wenn jeder der oben angeführten Ausdrücke ein gültiges Synonym zu ‚Information’

sein soll, dann muss es eine jeweils verbindende Redeweise geben (dabei ist es nicht notwendig, dass die entsprechende Redeweise ausschließlich nur für dieses eine Syno-nym gilt): ‚Signale = Informationen empfangen’, ‚Aussagen / Angaben / Meldungen = Informationen [nach]prüfen’, ‚Nachrichten / Mitteilungen / Meldungen / Botschaften / Neuigkeiten = Informationen erhalten’, ‚Auskünfte / Instruktionen / Hinweise / Zeichen

= Informationen geben’, ‚Daten = Informationen verarbeiten’, ‚Fakten = Informationen sammeln’, ‚Wissen / Kenntnisse / Erkenntnisse / Aufschlüsse = Informationen gewin-nen’. Darüber hinaus finden sich auch übergreifende Sprechweisen wie ‚Falschangabe’,

‚Falschaussage’, ‚Falschmeldung’, ‚Falschauskunft’ = ‚Falschinformation’, ‚vertrauliche Daten / Mitteilungen = vertrauliche Informationen’. Mit fast allen Synonymen ist die Redeweise ‚Informationen erhalten’ mehr oder weniger gut möglich: ‚Signale / ? Aussa-gen / Angaben / MeldunAussa-gen / Nachrichten / MitteilunAussa-gen / Botschaften / Neuigkeiten / Auskünfte / Instruktionen / Hinweise / Zeichen / Daten / Fakten / ?Wissen / Kenntnisse /

*Erkenntnisse / Aufschlüsse erhalten’.

Da wir uns hier im Rahmen der Alltagssprache bewegen, liefert obiges Schema notwen-digerweise keine absolut perfekte Einteilung der verschiedenen ‚Arten’ von Information.

So schwankt ‚Meldung’ wie ‚Instruktion’ und einige andere Synonyme zwischen mehre-ren Kategorien; allerdings sind sie in ihrer Vielfalt jeweils weit eingeschränkter als ‚In-formation’. Ferner lässt sich die Redeweise von ‚Auskunft / Instruktion / Hinweis / Zei-chen geben’ auch auf ‚Nachricht’ und ‚Bescheid’ ausdehnen, wobei ein pragmatischer Aspekt den semantischen Synonymen hinzugefügt wird: Man wartet z.B. auf Nachricht oder einen Bescheid von jemandem, um beruhigt zu sein, um weiteren Tätigkeiten nach-gehen zu können usw. (‚Gib Bescheid, wenn Du später kommst’). Darüber hinaus kann auch ‚Aussage’ mit ‚gewinnen’ kombiniert werden: ‚Aus dem vorliegenden Material können keine neuen Aussagen gewonnen werden.’; der Begriff AUSSAGE wird in diesem Zusammenhang wie propositionaler (mentaler) Gehalt verwendet und passt dementspre-chend in die Kategorie ‚Faktum’. Die Alltagssprache ist zwar nicht perfekt, aber weit konsistenter, als ihr erster Anschein suggeriert. Wäre die Semantik einer natürlichen Sprache nicht zumindest ebenso konsistent und systematisch wie ihre Syntax, könnten wir überhaupt nicht sinnvoll kommunizieren. Der Gewinn aus diesen sprachbasierten Untersuchungen und dem daraus resultierenden Schema ergibt sich aus der belegbaren Feststellung, dass Information ein mediales oder memoriales sowie syntaktisches, se-mantisches und/oder pragmatisches Konzept ist. Dieses Ergebnis werden wir uns im weiteren Verlauf wiederholt zunutze machen.