• Keine Ergebnisse gefunden

4.2.4 ‚Information’ und seine Verwandten im Englischen

5 Informationsverständnisse im Detail

5.1 Vermeintlich einheitliche Informationsbegriffe

5.1.3 Information als Funktion

Losee versucht „A Discipline Independent Definition of Information“ zu geben und diesen Informationsbegriff dann auf verschiedene wissenschaftliche Bereiche zu appli-zieren. Losees erster Versuch zur Explikation des Informationsbegriffs startet mit einer missglückten Definition im allerersten Satz des Abstracts: „Information may be defined as the characteristics of the output of a process, these being informative about the pro-cess and the input.“ [Losee 1997: 254, Herv. im Orig. fett]. Information wird mit Rekurs auf ‚informativ’ definiert, was zirkulär und damit wenig erhellend ist. An anderen Stel-len wird dieser Zirkel vermieden: „Information may be understood in a domain-indepen-dent way as the values within the outcome of any process. By ‚value’ we refer to a var-iable’s attribute or characteristic“ [Losee 1997: 254, Herv. im Orig.]; „Information is produced by all processes and it is the values of characteristics in the processes’ output that are information“ [Losee 1997: 256, Herv. im Orig.]. Mit ‚Prozess’ ist hier eine

Funktion gemeint, die bestimmte Eingabeparameter als Input erhält und daraus be-stimmte Ausgabewerte als Output errechnet. Die Information ist dabei der nummerische oder andersgeartete Wert von y, der durch f(x) produziert wurde [vgl. Losee 1997: 258 f.]. Das Resultat y ist informativ sowohl bezüglich f als auch x, d.h. y kombiniert den In-formationsgehalt von x und f auf spezifische Weise. Die Eingabe x ist ihrerseits aus ei-nem solchen Prozess hervorgegangen und daher selbst informativ hinsichtlich des Pro-zesses, der x erzeugt hat. Der Wert der Ausgabe ist also die Information über die Ein-gabe und den Verarbeitungsprozess [Losee 1997: 259].

Dies wird an einem Beispiel verdeutlicht: „For example, a tree falling in a forest produ-ces information in that the proprodu-cess produprodu-ces an output: Pressurized air waves that are perceived as noise by those with unimpaired hearing, the noise being informative about the falling of the tree. The tree itself is informative about the growth process, the origin-al seed, and the nutrients in the soil, among other factors.“ [Losee 1997: 259]. Der Baum ist hier x, der Prozess des Fallens f, und die erzeugten Schallwellen y: y ist zu-gleich informativ über den Baum und den Fallensprozess; x alleine ist informativ bezüg-lich diverser anderer Tatbestände, z.B. über die Art des Samens, der die Art des Baumes bestimmt. Nicht immer jedoch kann aus dem Output eindeutig auf den Input und den Prozess geschlossen werden [Losee 1997: 258]. Der Autor versucht seinen Standpunkt weiter zu verdeutlichen, indem er aufzeigt, was seinem Ansatz gemäß nicht als Informa-tion zu werten ist: „What is not informaInforma-tion? Given our definiInforma-tion, informaInforma-tion is not the process itself. The input to the process is not information about the process, although it clearly may be information about another process. The output is also not information by itself; the values in the output are information only in the sense that they are inform-ation about the process and the input, that is, informinform-ation in the context of the process and its input.“ [Losee 1997: 260, Herv. im Orig.]. Information ist damit letztlich immer eine kontextspezifische Entität, denn sie ist abhängig von den Eingabeparametern und der Funktionalität des Prozesses selbst. Auf die Art des Formats, in welchem die Infor-mation informativ über etwas sein soll, wird nicht genauer eingegangen. Dahinter ver-steckt sich möglicherweise eine semantische Repräsentation, in der in der einen oder an-deren Weise die Beziehung des Outputs zum Input und zum Prozess kodiert ist, so dass y eine inhaltliche ‚Aussage’ zu x und f machen kann.

Den Vorteil der geschilderten Sichtweise auf Information sieht Losee darin, dass damit keine spezielle Ebene der Informationshaftigkeit bezeichnet ist und alle Prozesse, die sich durch y = f(x) beschreiben lassen, als Information verstehbar sind [Losee 1997:

260]: z.B. Elektroimpulse in einem Draht, die ein Bit repräsentieren; Schallwellen, die Phoneme darstellen; oder Gedanken, die durch geschriebene Sprache repräsentiert sind.

Dabei wird die Repräsentationsbeziehung begriffen als eine „relationship existing

bet-ween a set of characteristics’ values in the output of one or more functions and the set of characteristics’ values that were the function’s input, with one or more of the character-istics’ values in the input set being correlated with values in the output set“ [Losee 1997: 262]. Auch Erkenntnisprozesse lassen sich hierdurch beschreiben: „Perception and observation can be understood as conveying information about the input to certain processes (for humans, sensory processes such as seeing, hearing, smelling, etc.). The output of such a process may be understood as a belief. Such a belief may constitute knowledge about the input when the process or set of processes producing the belief operate in a manner consistent with the understanding of the process […] We note that knowledge is information that is both true and justified. These perceptual, observational, and processing functions take as input sensory data from the real world, as well as pers-onal beliefs and cultural biases, when producing information bearing output.“ [Losee 1997: 267]. Letztlich hat Losee hier versucht formal zu notieren, was weitgehend akzep-tiert ist: Aus einem Eingangssignal (Initialinformation) wird durch Transformation ein (qualitativ) andersartiges Endprodukt hergestellt (bei Losee ist der qualitative Umsprung dadurch impliziert, dass x aus einer Domäne möglicher Werte X und y aus einer anderen Domäne möglicher Werte Y stammt [vgl. Losee 1997: 259]).

Losees obige Explikation eines Wahrnehmungsprozesses lässt darauf schließen, dass zu-mindest mediale und memorial-mentale Information berücksichtigt werden können; die semiotischen Aspekte und dabei vor allem der Zusammenhang mit Bedeutung und Wir-kung bleiben unklar. Die Unspezifität von Losees Ansatz ist zugleich wieder eine Stärke und eine Schwäche: Jede Input-Output-Relation, die sich durch eine Funktion darstellen lässt und damit in einem gewissen Sinne regelhaft (oder zumindest nicht chaotisch) ist, produziert Information in ihrem Output über den Input und die ihn verarbeitende Funkti-on. Letztlich heißt dies aber nichts anderes, als dass man aus dem Vorhandensein eines Tatbestandes aufgrund einer Regelhaftigkeit auf das Gegebensein eines anderen Tatbe-standes schließen kann: Der Rauch ist informativ bezüglich des Feuers, des verbrannten Stoffes und des Verbrennungsprozesses selbst. Im Falle nicht-natürlicher konventionaler Zeichen ergibt sich allerdings das Problem, dass Information auch über die physikali-schen Aspekte des Äußerungsprozesses hinaus gegeben wird: Die Äußerung ‚Peter schläft’ von Hans an Maria verrät Maria zuallererst etwas über den Sender der Äuße-rung, nämlich Hans (Tonfall, Lautstärke, Frequenz usw.); die Äußerung will aber keine Information über den Sender geben (so wie der Rauch etwas über seinen Ursprung, das Feuer, verrät), sondern über etwas davon gänzlich Verschiedenes, nämlich dass Peter schläft und Hans die Intention hat, dies Maria wissen zu lassen usf. ‚Information über’

ist alltagssprachlich nicht Information über die Quelle oder den Sender, sondern über et-was davon Unterschiedenes. Was den Transformationsprozess betrifft, will Losee diesen

offenbar – wie in seiner zirkulären Definition deutlich wird – nur auf informationstra-gende Output-Werte beschränken, wodurch sein Ansatz entweder zirkulär oder trivial wird in dem Sinne, dass alleine der informationstragende Output bestimmt, ob das Gan-ze ein InformationsproGan-zess ist, der Information erGan-zeugt. Fraglich ist auch, wie erklärt werden soll, dass ein Output, z.B. ein Blitz als Ergebnis einer Ladungsdifferenz zwi-schen Erd- und Luftschichten, informativ über ein Ereignis in der Zukunft sein kann, z.B. den bevorstehenden Donner. In keinem der Fälle ist dieser Ansatz aber erhellend bezüglich der Frage, was Information ist: Information ist dann schlichtweg alles, was ir-gendwie nicht-chaotisch hervorgebracht wurde – nämlich das gesamte Universum mit all seinen Komponenten.