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Allgemeine Angaben

Berichte des Landesamtes

für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: 195 – 200

Gebietsbeschreibung

Das relativ kleine EU SPA Glücksburger Heide befindet sich im Osten von Sachsen-Anhalt an der Grenze zu Brandenburg nördlich der Stadt Jessen. Das EU-Vogel-schutzgebiet umfasst ein jahrzehntelang intensiv mili-tärisch genutztes Gelände, das ab 1936 der deutschen Luftwaffe zunächst als Bombenabwurfplatz diente. Es folgte die Nutzung eines Feldflugplatzes im Südwestteil und einer Startbahn im Norden im Bereich des späte-ren Hubschrauberlandeplatzes im 2. Weltkrieg. Mit der Übernahme des Geländes durch die Sowjetische Armee kam es nach 1945 mit Schießplatz und Flugbahn zu einer mehrfachen räumlichen Ausdehnung des militä-risch genutzten Gebietes sowie zur großflächigen Sper-rung für die Öffentlichkeit (SIMON et al. 2008). Ab Mitte der 1960er Jahre wurde das Gebiet zum Artillerieschieß-platz mit Panzerbetrieb. Der intensive Übungsbetrieb ging einher mit dem Verlust der ursprünglich vorhande-nen Eichen- und Buchenwälder und verhinderte in gro-ßen Teilen eine Wiederbewaldung des Gebietes. Pan-zerfahrtrassen und Schießbahnen sind teils noch heute sichtbar. Mit dem Abzug der Streitkräfte im Jahr 1992 endete die militärische Nutzung. Oberirdische Anlagen wurden weitestgehend zurückgebaut. Eine abschlie-ßende Munitionsberäumung erfolgte in den 1990er Jahren nur auf Teilflächen. Auf Grund noch vorhandener Restmunition ist auch heute eine forstliche oder touris-tische Nutzung weitgehend verboten (SIMON et al. 2008).

Das 1.803 ha große EU SPA ist damit größtenteils von äußeren Einflüssen verschont und bietet Rückzugsmög-lichkeiten für viele Tier- und Pflanzenarten.

Das EU SPA wurde im Jahr 2000 als Vogelschutzgebiet gemeldet und mit der Meldetranche 2003 im Flächen-zuschnitt geringfügig verändert. Das EU SPA ist flächen-gleich auch als FFH-Gebiet gemeldet. Der größte Teil des Gebietes wurde bereits seit 2002 als NSG Mittlere Glücksburger Heide landesrechtlich geschützt, im Jahr 2011 als NSG Glücksburger Heide neu verordnet.

Naturräumlich gehört die Glücksburger Heide zum südlichen Fläming-Hügelland sowie zur gleichnamigen

EU SPA Glücksburger Heide

Landesinterne Nr.: SPA0022LSA

EU-Nr.: DE 4143 401

Fläche: 1.803 ha

Einbezogene Schutzgebiete:

a) nach nationalem Recht

NSG0196___ Glücksburger Heide (*) b) nach internationalem Recht FFH0068LSA Glücksburger Heide (=)

* liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA

Landschaftseinheit. Das Gelände steigt nach Süden von 80 auf 90 m über NN an. Die tiefstgelegenen Bereiche der Marcolinischen Wiesen im Westen erreichen nur 77,5 m über NN. Das Relief ist somit weitgehend eben, wobei kleine, meist anthropogen entstandene Hohl-formen von max. 3 m Tiefe nicht selten sind (SIMON et al. 2008). Das Gebiet ist durch glazial und periglazial entstandene Böden gekennzeichnet. Lockere Sandbö-den und ein relativ geringer Jahresniederschlag von 533 mm sind für die potenzielle natürliche Vegetation der Kiefern-Eichenwälder verantwortlich. Aktuell finden sich teils Pionierwälder aus Birken und Kiefern bzw. Kie-fernforste, in denen auf sauren Böden im Unterwuchs die Heidelbeere zu finden ist. Die Landschaft wird jedoch großflächig vor allem durch Zwergstrauchhei-den und Sandtrockenrasen geprägt. Die dominierende Art der Heiden ist die Besenheide, die von Haarginster, Besenginster und Kriechweide durchsetzt ist. Wertvolle Silbergras- und Moosbestände bieten Lebensraum für seltene Laufkäfer, Heuschrecken, Vögel und andere Tiergruppen. Offenland- und Trockenbiotope werden jedoch mit fortschreitender Sukzession zunehmend zurückgedrängt und es entwickeln sich birken- und aspendominierte Vorwälder.

Die „Marcolinischen Wiesen“ im Westen des EU SPA sind grundwasserbeeinflusst und weisen noch seggen-, binsen- und hochstaudenreiche Bereiche auf. Durch Melioration in den angrenzenden Ackerflächen wur-den artenreiche Feuchtbiotope allerdings stark zurück-gedrängt, so dass sich weitläufige Landreitgras-Fluren ausbreiten konnten.

Bedeutung als Vogelschutzgebiet

Als ehemaliger Truppenübungsplatz ist die Glücks-burger Heide auch heute noch weitgehend für tou-ristische und forstliche Nutzung gesperrt, so dass hier viele Vogelarten ein Rückzugsgebiet finden. Bereits 127 Vogelarten wurden hier nachgewiesen, von denen 98 Arten im Gebiet brüten (SIMON et al. 2008).

EU SPA Glücksburger Heide

EU SPA Glücksburger Heide – Lage und Lebensraumausstattung.

Blick vom Südrand der Heide aus nach Norden, Zustand 1992 (Foto: S. Ellermann).

Fels- und Rohboden Acker

Grünland Feuchtgrünland Zwergstrauchheiden Laubwald Nadelwald Mischwald

EU SPA Glücksburger Heide Brutvögel: Die systematische Ersterfassung in

der Glücksburger Heide fand 2003 im Rahmen des Förderprojektes „Erhaltung und Schutz von Zwergstrauchheiden auf ehemaligen Truppenübungsplätzen in Sachsen-Anhalt vor dem Hintergrund europäischer Naturschutz-bestimmungen (NATURA 2000) – am Bei-spiel des FFH- und EU-Vogelschutzgebietes Glücksburger Heide“ statt (SCHULZE & MEYER

2004). Im Abschlussbericht zu diesem Projekt (RANA 2005) sowie im Managementplan für das EU SPA (ÖKO & PLAN 2007) werden weitere Ergebnisse zum Brutvogelbestand dargestellt und schließlich in SIMON et al. (2008) zusam-mengefasst. Eine Übersicht über die aktuellen Brutvorkommen aller wertgebenden Arten nach SIMON et al. (2008) im Vergleich zu den Daten von SCHULZE & MEYER (2004) findet sich in Tab 64.

Eine Charakterart der Glücksburger Heide ist der Ziegenmelker, der nahezu im gesamten Gebiet mit hoher Dichte vorkommt. SCHULZE

& MEYER (2004) wiesen 117 Reviere im EU SPA sowie weitere 31 Reviere in den westlich vor-gelagerten lichten Kiefernforsten und Birken-wäldern nach. Zu Projektabschluss wurde der Bestand von RANA (2005 in SIMON et al. 2008) auf 100 bis 200 BP geschätzt. Management-plan (ÖKO & Plan 2007) und SIMON et al. (2008) gehen jedoch von einem Maximalbestand von 100 bis 125 Revieren für das SPA aus, der die Kapazität der der-zeit (noch) optimalen Habitatstrukturen im Gebiet aus-schöpft. Davon ausgehend beherbergt die Glücksbur-ger Heide das zweitgrößte Ziegenmelkervorkommen Sachsen-Anhalts und ist damit eines der Top-5-Gebiete für diese Art. Der Bestand kann als mehr oder weniger stabil angesehen werden.

Heidelerche und Neuntöter kommen ebenfalls in hoher Dichte und fast im gesamten Gebiet vor (SIMON

et al. 2008). Für die Heidelerche ist das Gebiet eines der fünf wichtigsten Gebiete Sachsen-Anhalts. Als weitere typische Bewohner von Sandheiden, Kiefernwäldern und Sukzessionsflächen brüten im Gebiet Wendehals, Raubwürger, Sperbergrasmücke, Brachpieper und Schwarzkehlchen (SCHULZE & MEYER 2004, SIMON et al.

2008). Der Brachpieper kam Mitte der 1990er Jahre noch mit 12-15 BP vor (SIMON & SIMON 1996 in SCHULZE

& MEYER 2004). Parallel zum Rückgang offener Sandflä-chen im Gebiet nahm der Bestand schnell ab, so dass SIMON et al. (2008) den Brachpieper nur noch als unre-gelmäßigen Brutvogel bezeichnen, dessen letzte zwei Reviere sich bereits auf einem suboptimalem Standort mit hohen Verbuschungsgrad und aufkommenden Kie-fern befinden.

Neben dem recht verbreiteten Wendehals ist in der Glücksburger Heide der Schwarzspecht mit 2 bis 3 BP ansässig. Er besiedelt die Kiefernbestände im Bereich der Randlagen (SIMON et al. 2008). Für andere Spechtar-ten sowie für Greifvögel bietet die Glücksburger Heide auf Grund des geringen Waldanteils dagegen keine optimalen Bedingungen. Mit 1 bis 2 Paaren kommt der Baumfalke vor (SIMON et al. 2008).

Brutzeitbeobachtun-gen lieBrutzeitbeobachtun-gen auch von Wespenbussard, Rohrweihe und Rotmilan vor. Für diese Arten fehlt jedoch ein aktueller Brutnachweis, so dass der Bestand für diese Arten mit 0 bis 1 BP angegeben wird (SCHULZE & MEYER 2004, SIMON

et al. 2008). Die Landeserfassung des Raufußkauzes erbrachte einige Nachweise für die Glücksburger Heide (PSCHORN 2011a), jedoch nicht innerhalb des EU SPA.

Auch sind in der Glücksburger Heide einzelne

Brutvor-Art

Revier-zahl Anteil am

Wespenbussard 0-1 0,3 0 1-5

Kornweihe 0 0 0 1-5

Rohrweihe 0-1 0,07 0 1-5

Rotmilan 0-1 0,04 0 1-5

Sumpfohreule 0 0 0 1-5

Ziegenmelker 100-125 10,4 117 51-100

Schwarzspecht 2-3 0,09 0 1-5

Neuntöter 75-100 0,6 42 101-250

Heidelerche 75-100 1 90 11-50

Sperbergrasmücke 5-10 0,5 3 11-50

Brachpieper 2 1,2 2 11-50

Ortolan 1-3 0,06 0 1-5

Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2)

Wiedehopf 1-2 2,2 0

-Weitere bemerkenswerte Arten

Baumfalke 1-2 0,5 0

-Wendehals 8-10 0,3 0

-Raubwürger 2-3 0,4 1 1-5

Schwarzkehlchen 10-12 0,5 8

-Steinschmätzer 1-2 0,1 -

-Tab. 64: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHULZE & Mey-er (2004) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist fMey-ernMey-er der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al.

[2007], aktualisiert).

Für Greifvogelarten ist das EU SPA infolge des geringen Wald-anteils nicht optimal, doch kommt der Baumfalke mit einzel-nen Brutpaaren im Gebiet vor (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv).

EU SPA Glücksburger Heide

kommen von Wiedehopf, Steinschmätzer und Ortolan bekannt (SIMON et al. 2008).

Für das Gebiet sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelbestände bekannt. Systematische Erhebun-gen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt.

In Tab. 65 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Glücksburger Heide zusammengefasst. Trotz seiner gegenüber anderen Heidegebieten Sachsen-Anhalts deutlich geringeren Flächengröße ist das Gebiet für zwei typische Brutvogelarten der Heiden eines der lan-desweit wichtigsten Brutgebiete.

Schutz- und Erhaltungsziele

Schutzziele im EU SPA Glücksburger Heide sind laut Standarddatenbogen die Erhaltung und Wiederher-stellung eines günstigen Erhaltungszustandes der gemeldeten Lebensräume (einschließlich aller dafür charakteristischen Arten) und Arten nach FFH-RL und EU-VSchRL. Für das Gebiet wurden auf Grundlage des erstellten Managementplanes (ÖKO & PLAN 2007) Schutz- und Erhaltungsziele definiert (LANDESAMT FÜR

UMWELTSCHUTZ, Stand 06/2009):

Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen

Vogelgemeinschaft der offenen, trockenen Heide-landschaft, insbesondere der Arten nach Anhang I

Ziegenmelker, Neuntöter, Heidelerche, Sperbergras-mücke und Brachpieper. Erhaltung der derzeit in einem günstigen Erhaltungszustand befindlichen Heideflächen durch geeignete Nutzung und Pflege (außer Flächen im „Bombodrom“).

Schaffung strukturreicher und möglichst

ausge-•

dehnter Übergangsbereiche zwischen Wald und Offenland zur Förderung von Ziegenmelker, Neun-töter, Heidelerche und Sperbergrasmücke (Anhang I) sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Raubwürger und Schwarzkehlchen. Verbesserung der Nahrungs-basis für Wespenbussard, Baumfalke und Ziegen-melker durch Zurückdrängen der Gehölzsukzession.

Umwandlung großflächig aufgekommener, jüngerer Gehölzsukzession in Gehölzinseln innerhalb großer offener Heideflächen. Erhaltung eines hinreichenden Anteils an Gehölzsukzessionsstadien im Komplex mit Zwergstrauchheiden durch geeignete Maßnahmen in den derzeit bereits älteren Pionierwäldern außer-halb der am stärksten munitions belasteten Flächen.

Tab. 65: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Glücksburger Heide.

Art IBA-Kriterien

Ziegenmelker B2, C6

Heidelerche C6

Allgemeingültige Kriterien C7

Auch für dieses ehemals militärisch genutzte Heidegebiet sind Ziegenmelker und Heidelerche typische und häufige Brutvogelar-ten, wohingegen der an offene Sandflächen gebundene Brachpieper infolge natürlicher Sukzession bei ausbleibender Nutzung bzw. Pflege zurückgeht (Erfassungsjahr: 2003).