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EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See

Landesinterne Nr.: SPA0003LSA EU-Nr.: DE 3239 401

Fläche: 5.744 ha

Einbezogene Schutzgebiete:

a) nach nationalem Recht NSG0004___Stremel (+) NSG0005___Jederitzer Holz (*) NSG0006___Schollener See (+)

NDF0001SDL Niedermoorwiese Ferchels (+) NDF0003SDL Torfluch im Schlangspring (+) FND0002SDL Orchiswiese (+)

LSG0006SDL Untere Havel (-) b) nach internationalem Recht

FFH0011LSA Untere Havel und Schollener See (+) FFH0013LSA Jederitzer Holz östlich Havelberg (+)

FIB0001LSA Niederung der unteren Havel / Gülper See / Schollener See (=; Anteil Sachsen-Anhalt)

+ liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche

Winkel). Die Havelniederung wird nördlich und süd-lich von Endmoränen eingeschlossen, die größtenteils mit Kiefern bestockt sind. Nördlich handelt es sich um die Perleberger Heide mit dem Havelberger Forst und südlich um die Klietzer Höhe und das Land Schollene.

In diesen weichselkaltzeitlichen Talsandflächen über Schmelzwassersanden sind verschiedene Ausprägun-gen der Braunerde vorhanden. In den NiederunAusprägun-gen der Havel dominieren Auenböden über Sand, wie Gleye, Pseudogleye oder Vegen. Teilweise finden sich Nieder-moore, die auenton- oder auenlehmbedeckt sind. Der Schollener See ist in der Genese ein Toteissee.

Die Dynamik der Havel ist prägend für das Gebiet, denn trotz Meliorations- und Wasserbaumaßnahmen kommt es periodisch zu Hochwasser und Überschwemmungen (ELLMANN et al. 1995). Dementsprechend handelt es sich bei den umliegenden offenen Flächen überwiegend um Grünland feuchter Standorte, Niedermoore, Röh-richte und Riede. Nur 9 % der Fläche des EU SPA werden laut Standarddatenbogen ackerbaulich genutzt. Fuchs-schwanz-, Knickfuchsschwanz- oder Glatthaferwiesen sind unter anderem hier vorkommende Gesellschaften der Grünlandflächen. In den Niederungen sind noch Reste der Weichholzaue mit verschiedenen Weidenar-ten in den Überflutungsbereichen zu finden, dahinge-gen kommen Elemente der Hartholzaue (Stieleiche und Flatterulme) nur noch sehr selten vor. Im NSG Jederitzer Holz ist noch eine geschlossene Hartholzaue (Eschen-Ulmenwälder) vorhanden. In den südlichen moorigen Bereichen stocken Erlenbruchwälder mit einzelnen Allgemeine Angaben

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See – Lage und Lebensraumausstattung.

Die strukturreiche und periodisch überflutete Auenlandschaft der Unteren Havel bietet Lebensraum für zahlreiche Brutvogelarten und hat zudem eine große Bedeutung als Rastgebiet (Foto: S. Ellermann).

Binnengewässer Fels- und Rohboden Acker

Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald

Laubholz- und Gehölzkulturen anthropogen überformte Biotope

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See beigemischten Moor-Birken. Das NSG Stremel liegt am

Nordufer der Havel. Verbunden mit dem Fluss umfasst es Seen, Altarme und einen ausgebauten Fließgraben.

Röhrichte und stellenweise Großseggenriede sind die prägende Vegetation. Der ca. 200 ha große und durch-schnittlich nur 1 m tiefe Schollener See ist ebenfalls mit der Havel und deren Wasserstandsschwankungen verbunden (OTTO 2005). In der näheren Umgebung sind noch einige Niedermoorwiesen erhalten, die sel-tene Arten beherbergen (z. B. Schachblume, Geflecktes Knabenkraut und Kleiner Klappertopf). Der Schollener

See selbst ist stark von Verlandung betroffen und mit den typischen Arten der Ufer- und Verlandungsgesell-schaften bestanden. Teichrose, Froschbiss, Wasserhah-nenfuß oder Rohrkolben haben hier ihren Standort.

Sukzessions gebüsche und Bruchwälder begleiten die krautigen Schichten des Verlandungsgürtels.

Bedeutung als Vogelschutzgebiet

Das überaus strukturreiche Gebiet der Unteren Havel bietet einen Lebensraum für zahlreiche Brutvogelarten und hat ebenfalls eine große Bedeutung als Rastgebiet.

Brutvogelarten der Röhrichte und vegetationsreichen Stillgewässer weisen im EU SPA Vorkommensschwerpunkte auf, so dass das Gebiet z. B. für Bekassine und Schilfrohrsänger größere Anteile des Landesbestandes beherbergt (Erfassungsjahr 2004).

Blaukehlchen brüten vor allem am verlandenden Schollener

See im Süden des EU SPA (Foto: E. Greiner). Auch für den Fischadler bietet das Vogelschutzgebiet zur Brut und zur Nahrungssuche gute Bedingungen (Foto: E. Greiner).

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See

Besondere Teilgebiete innerhalb des EU SPA sind die Naturschutzgebiete Schollener See, Stremel und Jede-ritzer Holz sowie die Havelaue und die Havelniederung in der weitläufigen und überwiegend störungsarmen Überschwemmungslandschaft.

Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfas-sungen wurden 2004 die wertgebenden Vogelarten

im Gebiet kartiert (OTTO 2005). Die Ergebnisse der Kartierungen sind mit Ergänzungen aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER

& DORNBUSCH 2004, 2005, 2007, 2008, 2009, 2010b) sowie Daten aus der Landeserfassung des Raufußkauzes (PSCHORN 2011a) in Tab. 11 zusammengefasst.

Die Niederungs- und Luchgebiete inner-halb des gut strukturierten Feuchtgrünlandes werden auch heute noch extensiv genutzt. In diesen vernässten Feuchtwiesen finden zahl-reiche Wiesenvogelarten wichtige Bruthabitate.

Wachtelkönig, Kiebitz, Bekassine und Rotschen-kel, früher auch Großer Brachvogel und Ufer-schnepfe, brüten hier in wechselnder Häufigkeit (DORNBUSCH et al. 1996). Ausgedehnte Schilf- und Röhrichtbestände, beispielsweise von Schollener See und Stremel, sind Lebensraum von Rohrdommel, Zwergdommel, Rohrweihe, Knäkente, Rothalstaucher, Schwarzhalstaucher, Drosselrohrsänger, Schilfrohrsänger, Blaukehl-chen und Bartmeise (DORNBUSCH et al. 1996, OTTO 2005). Der Verlandungsgürtel des Schol-lener Sees beherbergt dabei das größte konti-nuierliche Brutvorkommen des Blaukehlchens in Sachsen-Anhalt (KUMMER et al. 1973, DORN

-BUSCH et al. 1996, TODTE 2010, SCHULZE 2011) und ist eines der Top-5-Gebiete für diese Art in Sachsen-Anhalt. Die Maximalzahl von 12 BP (OTTO 2005) wurde bei der Landeserfassung der Art mit einem Bestand von 11 BP (SCHULZE 2011) in der Größenordnung bestätigt. Der Schwarz-halstaucher brütete schon vor über 85 Jahren am Schollener See (KUMMER et al. 1973). Aktuell konzentrieren sich die Brutplätze der Art auf die Umgebung von Jederitz und Havelberg. Nach FISCHER & DORNBUSCH (2010b) liegt der Bestand aktuell bei 32 BP, womit ein Anteil von 21,3 % des Landesbestandes eingenommen wird.

Ebenfalls hervorzuheben sind die Bestände des Rothalstauchers mit 14 BP im NSG Stremel (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Damit beherbergt das EU SPA 18,7 % des Landesbestandes. Sogar von der seltenen Moorente gelang hier eine Brutzeitbeobachtung.

Die in den Gehölzen des EU SPA brütenden Greifvogelarten Rotmilan, Schwarzmilan und Seeadler finden im Offenland mit den zahlrei-chen Wiesen und Gewässern hervorragende Nahrungsgebiete (DORNBUSCH et al. 1996, OTTO

2005). Eine Charakterart der Havelregion ist der Weißstorch. Innerhalb des EU SPA brüten nur 2 Paare, jedoch ist der Weißstorch in den umlie-genden Ortschaften sehr weit verbreitet (OTTO

2005). Die Bruchwälder sind Niststandorte des Kra-nichs. Das EU SPA beherbergt außerdem große Brutvor-kommen von vier Seeschwalbenarten. Der bekannteste Brutstandort der Trauerseeschwalbe ist die Aderlanke an der Havel (KUHNERT 2007). In den Bereichen Schol-lener See und Stremel brütet die Flussseeschwalbe (OTTO 2005). Die Bestände der Flussseeschwalbe umfas-sen 38 % des Landesbestandes Sachumfas-sen-Anhalts, die

Art

Rohrdommel 6 6,7 3 6-10

Zwergdommel 1 1,4 - 1-5

Schwarzstorch 1 3,3 0 1-5

Weißstorch 2 0,3 2 1-5

Fischadler 1 3,1 0

-Wespenbussard 0 0 0 1-5

Schreiadler 0 0 0 1-5

Wiesenweihe 0 0 0 1-5

Rohrweihe 9 0,6 9 11-50

Rotmilan 11-12 0,5 11-12 11-50

Schwarzmilan 5 0,3 5 1-5

Seeadler 2 5,3 2 1-5

Kranich 4 1,3 4 11-50

Wachtelkönig 11 4,1 0 1-5

Tüpfelsumpfhuhn 0 0 0 1-5

Kleines Sumpfhuhn 0 0 0 1-5

Kampfläufer 0 0 0 1-5

Weißbart-Seeschwalbe 71 100 -

-Trauerseeschwalbe 158 68,7 29 51-100

Flussseeschwalbe 38 38 21 11-50

Raufußkauz 1 0,6 -

-Eisvogel 8 1,1 8 6-10

Schwarzspecht 8-15 0,4 8-15 1-5

Mittelspecht 14 0,4 14 6-10

Neuntöter 61 0,3 61 11-50

Heidelerche 8 0,08 8

-Sperbergrasmücke 3 0,2 3 6-10

Blaukehlchen 12 4,8 12 11-50

Ortolan 14 0,3 14 1-5

Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2)

Knäkente 12 8 5 11-50

Löffelente 3 BV 6,7 - 6-10

Rothalstaucher 14 18,7 5 1-5

Schwarzhalstaucher 32 21,3 5

-Kiebitz 23 1,6 23 51-100

Großer Brachvogel 4 5,7 1 6-10

Uferschnepfe 3 60 3 6-10

Bekassine 18 5,1 18 11-50

Flussuferläufer 1 2 -

-Rotschenkel 6 40 6 6-10

Wiedehopf 4 4,4 1 1-5

Schilfrohrsänger 179 22,4 179 11-50

Drosselrohrsänger 34 1,4 34 6-10

Weitere bemerkenswerte Arten

Kolbenente 1 BV 10 -

-Weißflügel-Seeschwalbe 14 100 -

-Tab. 11: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus OTTO (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert).

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Trauerseeschwalbe kommt hier sogar mit

fast 70 % des Landesbestandes vor. Erst-malig für Sachsen-Anhalt konnte 2007 die Weißbartseeschwalbe mit 13 BP und die Weißflügelseeschwalbe mit 14 BP am Pierengraben bei Havelberg im Grenzbe-reich zum EU SPA nachgewiesen werden (WERNICKE et al. 2007, FISCHER & DORNBUSCH

2008). Nachdem im Jahr 2008 keine Brut-vorkommen beider Arten festzustellen waren, brüteten 2009 71 BP der Weißbart-seeschwalbe, überwiegend im EU SPA (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Das EU SPA ist das einzige bekannte Brutgebiet der Weißbartseeschwalbe in Sachsen-Anhalt und hat für diese Art wie auch für die beiden anderen Seeschwalbenarten des Anhang I der EU-VSchRL als Top-5-Gebiet überregionale Bedeutung (vgl. Tab. 13).

Auch weitere Kolonien bildende Arten wie Lachmöwen und Graureiher sind im Gebiet als Brutvögel vertreten. Die Eichenwald-standorte im NSG Jederitzer Holz werden vom Mittelspecht besiedelt, wohingegen der Schwarzspecht an der Unteren Havel überwiegend in alten Baumreihen zu fin-den ist (OTTO 2005). Der Eisvogel kommt im Gebiet an verschiedenen Standorten mit zur Anlage von Brutröhren geeigneten Uferabbrüchen vor. Hecken und andere Randstrukturen entlang von Wegen und Gewässern sind Lebensraum von Neun-töter, Raubwürger, Sperbergrasmücke, Ortolan und Beutelmeise. Insgesamt kann für das EU SPA von etwa 120 regelmäßig brütenden Vogelarten ausgegangen wer-den (OTTO 2005).

Rastvögel: Zur Ermittlung der Bestände der Zug- und Rastvögel wurden vorhandene Daten der Wasservogelzählung, aus orni-thologischen Jahresberichten sowie den Landeserfassungen der Schwäne (SCHULZE

2012b) und des Kranichs (PSCHORN 2011b, PSCHORN & SCHEIL 2011) sowie gezielter Kartierungen aus den Jahren 2007/2008 (Nordteil, vgl. auch JANSEN 2008a, b) bzw.

2010/2011 (Südteil und Schollener See) zusammengetragen. Die maximalen Rast-bestände im Zeitraum 2003 bis 2011 sind in Tab. 12 zusammengefasst.

Das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See ist eines der bedeu-tendsten Rastgebiete für Wat- und Was-servögel im mitteleuropäischen Binnen-land (DORNBUSCH et al. 1996). Regelmäßig rasten hier mehr als 20.000 Wasservögel.

Eine besondere Bedeutung ergibt sich für Saatgans, Blässgans, Graugans und Kranich, die hier fast alljährlich mit mehr als 1 % der biogeografischen Populationen rasten.

Unter den Saatgänsen kommen neben der

Tab. 12: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a.

Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al.

(1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des An-hang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen

Art

Singschwan 730 700 500 501-1.000

Zwergschwan 79 260 200 251-500

Weißwangengans 479 47 - 11-50

Zwergsäger 31 24 30 11-50

Löffler 0 2 -

-Nachtreiher 1 - -

-Silberreiher 48 - -

-Schwarzstorch 1 16 - 11-50

Weißstorch 3 64 - 51-100

Fischadler 1 4 - 1-5

Schreiadler 0 1 -

-Kornweihe 18 6-15 - 6-10

Wiesenweihe 9 0 -

-Rotmilan 12 12 -

-Seeadler 16 0 - 11-50

Merlin 1 0-3 - 1-5

Wanderfalke 1 - -

-Kranich 10.300 14.700 8.000 1.001-10.000

Goldregenpfeifer 1.290 600 800 > 10.000

Bruchwasserläufer - 251-500 300 251-500

Kampfläufer 52 300 300 251-500

Schwarzkopfmöwe 1 - -

-Sumpfohreule 1 - 20 11-50

Art. 4.2-Arten

Höckerschwan 361 - -

-Saatgans 14.602 - 10.000 1.001-10.000

Blässgans 23.093 - 20.000 1.001-10.000

Graugans 8.000 - 5.000 1.001-10.000

Brandgans 50 - -

-Schnatterente 477 - 100 51-100

Pfeifente 1.995 - 1.000 501-1.000

Krickente 1.977 - -

-Stockente 2.645 - -

-Spießente 1.649 - 400 251-500

Knäkente 134 - - 501-1.000

Löffelente 994 - 500 251-500

Tafelente 340 - -

-Reiherente 258 - -

-Schellente 180 - -

-Gänsesäger 452 - 100 101-250

Zwergtaucher 22 - -

-Haubentaucher 56 - -

-Kormoran 550 - -

-Graureiher 139 - -

-Raufußbussard 3 - 10 6-10

Mäusebussard 27 - -

-Wasserralle 11 - -

-Teichhuhn 20 - -

-Blässhuhn 382 - 200 1.001-10.000

Austernfischer 2 - -

-Kiebitzregenpfeifer 30 - -

-Kiebitz 6.420 - 10.000 1.001-10.000

Großer Brachvogel mind. 86 - 400 251-500

Uferschnepfe mind. 6 - 100 51-100

Bekassine mind. 36 - 400 251-500

Rotschenkel mind. 12 - 80 51-100

Grünschenkel 74 - -

-Silbermöwe 17 - -

-EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See

Saatgans A4i, B1i, C3

Blässgans A4i, B1i, C3

Graugans A4i, B1i, C3

Spießente B1i, C3

Kranich A4i, B1i, B1iv, C2, C5

Wachtelkönig B2

Weißbartseeschwalbe C6 Trauerseeschwalbe B2, C2, C6

Flussseeschwalbe C6

Eisvogel C6

Blaukehlchen C6

Allgemeingültige Kriterien A4iii, C4, C7

Tab. 13: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See.

überwiegenden Anzahl von Tundrasaatgänsen regel-mäßig auch Waldsaatgänse vor. Beispielsweise wurden im Jahre 2004 in den Havelauen um Kuhlhausen bis zu 160 Waldsaatgänse und gleichzeitig außerhalb des EU SPA westlich von Kuhlhausen weitere 95 Waldsaatgänse beobachtet (T. Heinicke, pers. Mitt.). Auch Spießente und Löffelente treten im Gebiet regelmäßig mit bedeutenden

Rastbeständen von mehr als 1 % der Flyway-Population auf. Neben den Arten, die das 1 %-Kriterium erfüllen, sind auch zahlreiche andere regelmäßig und in größeren Indi-viduenzahlen auftretende Rastvogelarten zu erwähnen, darunter als Anhang I-Arten Sing- und Zwergschwan, Weißwangengans und Zwergsäger. Auch viele Limikolenarten rasten hier während der Zugzeit. Dabei treten Goldre-genpfeifer und Kiebitz im Gebiet regelmäßig in größeren Individuenzahlen auf. Im Standarddatenbogen sowie bei WEBER et al. (2003) wird auch der Bruchwasserläufer mit größeren Rastzahlen genannt, die jedoch in den letz-ten Jahren nicht im Gebiet vermerkt wurden. Aber nicht nur für Wasservögel hat das EU SPA eine herausragende Bedeutung, auch zahlreiche Greifvogelarten nutzen das Gebiet als Durchzugs- und Überwinterungsgebiet. Hier sind unter anderem Kornweihe, Wiesenweihe, Rotmilan und Seeadler zu nennen.

In Tab. 13 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien für das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See zusammengefasst. Das Gebiet ist eines der bedeutends-ten Vogelschutzgebiete Sachsen-Anhalts für Brutvögel ebenso wie für Zug- und Rastvögel. Für 9 Anhang I-Ar-ten zeichnet sich das Gebiet als eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts aus.

Schutz- und Erhaltungsziele

Das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schol-lener See ist laut Standarddatenbogen als Lebens-raum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Als vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele wurden definiert (LANDESAMT FÜR

UMWELTSCHUTZ, Stand 03/2006):

Etwa zwei Drittel aller Trauerseeschwalben Sachsen-Anhalts brüten im EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See (Foto: M. Kuhnert).

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See

Das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See ist eines der bedeutendsten Rastgebiete ganz Mitteleuropas.

Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre 2003-2011.

Entlang der Havel erstrecken sich im EU SPA weite Grünlandflächen, durchsetzt mit zahlreichen Altarmen, Seen, Gräben, Röhrichten und Rieden (Foto: A. Resetaritz).

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See

Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft

von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere des Rohrweihen-, Rohrdommel-, Zwergdommel- und Blaukehlchenbestandes (Anhang I) und der Zugvo-gelarten nach Art. 4.2 Drosselrohrsänger, Schilfrohr-sänger und Rohrschwirl. Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilf-beständen und aufgelockerten Bereichen.

Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände

naturnaher vegetationsreicher Stillgewässer mit Inseln, Schwimmblattvegetation und deckungsrei-chen Ufern, insbesondere des Trauerseeschwalben- und Flussseeschwalbenbestandes (Anhang I) sowie des Knäkenten-, Graugans- und Rothalstaucherbe-standes (Art. 4.2). Erhaltung und Herstellung von störungsfreien Sandinseln und Schlammbänken.

Für Knäkente und Graugans ist die Erhaltung von angrenzenden Wiesenbereichen oder ausgedehnter Sumpf- und Grünlandbereiche zu beachten.

Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen

Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbe-sondere der Arten nach Anhang I Weißstorch, Wach-telkönig und Tüpfelsumpfhuhn sowie der Zugvogel-arten nach Art. 4.2 Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekas-sine, Uferschnepfe, Braunkehlchen und Schafstelze.

Erhaltung und Wiederherstellung der teils mosaik-artig, extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen und -brachen sowie Hochstaudenfluren als ihre

vorrangi-gen Lebensräume. Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Staudensäumen in enger Verzahnung mit offenen Feuchtflächen als Habitat für Schafstelze und Braun-kehlchen.

Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der

cha-•

rakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I). Erhal-tung von offenen Gebieten, die an gestufte Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleinge-hölzen, höhlenreichen Einzelbäumen und Waldrän-dern grenzen sowie strukturierte, extensiv genutzte Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen.

Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der

Greifvogelbestände insbesondere von Wespenbus-sard, Rot- und Schwarzmilan sowie See- und Schrei-adler (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstel-lung des störungsarmen Offenlandes, hier vor allem der Grünlandflächen, und der Gewässer als Nah-rungshabitat im Wechsel mit teilweise nicht forst-wirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern, insbesondere Auenwälder, sowie Feldgehölze.

Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände

struk-•

turreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Mittelspecht, Schwarzspecht, Schwarzstorch und Kranich (Anhang I) sowie die Erhaltung und die

Wie-Beobachtungen rastender Singschwäne und Weißwangengänse.

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See

derherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer feuchter Auenwälder mit periodisch über längere Zeit Wasser führenden Flutrinnen, Ried- und Röhrichtflä-chen und feuchten Hochstaudenfluren.

Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft

naturnaher Fließgewässer, insbesondere des Eis-vogelbestandes (Anhang I). Die Erhaltung von kla-ren, fischreichen Gewässern sowie von Wurzeltellern umgestürzter Bäume hat für den Eisvogelbestand genauso Priorität wie die Erhaltung von Uferabbrü-chen als Nisthabitat und Gehölzen als Ansitzwarte.

Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes

als Zugrastgebiet für Trauerseeschwalbe, Flusssee-schwalbe, Schwarzstorch, Weißstorch, Zwergschwan, Zwergsäger, Kampfläufer, Goldregenpfeifer und Bruch-wasserläufer (Anhang I) sowie für die Arten nach Art.

4.2 Kiebitz, Spießente, Löffelente, Pfeifente, Knäkente, Schnatterente, Blässgans, Graugans, Saatgans, Bläss-huhn, Bekassine, Uferschnepfe, Großer Brachv ogel, Gänsesäger und Rotschenkel. Erhaltung von weitläu-figen, störungsarmen Überschwemmungsflächen sowie von Fließgewässern und Stillgewässern, außer-dem die Erhaltung und Wiederherstellung von exten-siv genutzter, offener Kulturlandschaft, besonders der Grünlandbereiche mit Feldgehölzen oder Hecken.

Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes

als Überwinterungsgebiet für Seeadler, Singschwan und Zwergsäger (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Saatgans und Raufußbussard. Erhaltung einer durch extensiv genutzte Grünlandbereiche im Wech-sel mit feuchten Wäldern, Hecken- und Gehölzstruk-turen geprägten Landschaft, zudem strukturiert von Fließgewässern und Stillgewässern.

Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist die Dynamik dieser reich strukturierten Überflutungs-auenlandschaft der Unteren Havel von herausragender Bedeutung. Großen Einfluss hat neben der periodi-schen natürlichen Überflutung weiter Teile des Gebie-tes durch die Havel künftig auch das lokale Wasser-standsmanagement, um einen zu schnellen Ablauf des Wassers aus bedeutenden Wiesenbrüterhabitaten und damit die Vorverlegung der Termine für Wiesenmahd und Auftrieb von Weidevieh zulasten der Wiesenbrü-tervorkommen zu vermeiden. Eine für Sachsen-Anhalt besonders bedeutende Maßnahme ist die großräumige Renaturierung des Flusslaufes der Unteren Havel.

Die Bewahrung der Gewässerstrukturen des mäan-drierenden Havellaufs mit zahlreichen Altarmen und Altwassern oder des Schollener Sees mit ausgepräg-ten Verlandungs- und Schwimmblattzonen sowie des einzigartigen Lebensraummosaiks mit ausgedehnten Röhrichtzonen, Feuchtwiesen und Wasserflächen hat nicht nur für den Vogelschutz höchste Bedeutung.

Die Umwandlung von Grünland in Ackerland sowie eine dem Schutzziel entgegenstehende weitere Inten-sivierung der Grünlandnutzung sind zu vermeiden. Bei der Nutzung des Feuchtgrünlandes sind die Belange des Vogelschutzes entsprechend dem Schutzzweck bzw. den geltenden Schutz- und Erhaltungszielen, z. B.

durch an die Brutzeiten der wertgebenden Arten der Feuchtwiesen (Kiebitz, Bekassine, Wachtelkönig) ange-passte Termine für Schleppen, Walzen und Mahd, zu berücksichtigen. Ebenso kann dies durch zeitweiliges Aussparen der Brutstandorte von Mahd oder

Bewei-Tausende Kraniche rasten alljährlich während des Herbstzuges im EU SPA (Foto: E. Greiner).

EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See

dung sowie durch schutzzielangepasste Düngung der Grünlandstandorte erreicht werden.

Die Auenwälder und Auenwaldreste, insbesondere auch der Lebensraum Eichenwald im Jederitzer Holz als einziges Vorkommen des Mittelspechtes im EU SPA, sind zu bewahren und im Hinblick auf ihre Eignung als Brutstandort für Schwarz- und Mittelspecht sowie für Greifvögel (Rot- und Schwarzmilan, Seeadler) und Schwarzstorch zu entwickeln. Dabei ist das Erhalten der Horst- und Höhlenbäume, sowie das ausreichende Belassen von Starkbäumen und Totholz ebenso bedeut-sam wie das Einhalten von Horstschutzzonen.

Die feuchten Bruchwälder sind für die Sicherung der Brutplätze des Kranichs von besonderer Bedeutung, was ggf. in trockeneren Jahren ein lokales Wasser-standsmanagement notwendig machen kann. Für die in Schilfröhrichten brütenden Arten sind ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche unentbehrlich.

Für das Blaukehlchen und die Rohrsänger-Arten sind darüber hinaus auch Gräben mit Schilfröhricht zu erhal-ten (keine Verfüllung) und das Grabenmanagement dementsprechend anzupassen (Grabenberäumung schonend und nur abschnittsweise). Schilfmahd darf im EU SPA nicht bzw. nur eingeschränkt unter Ausschluss sensibler Bereiche und bei Belassen ausreichend großer Ausweichflächen für Schilfbrüter stattfinden. Aufgrund des Fehlens von natürlichen Kiesinseln bzw. der zur Anlage von Nestern nicht geeigneten Schwimmblattve-getation sind langfristig die Förderung bzw. Initiierung einer Seeschwalbennester tragenden Schwimmblatt-vegetation von besonderer Bedeutung. Eine temporäre Option für die im Gebiet nistenden Seeschwalben-Arten ist es daher, künstliche Nisthilfen auszubringen.

Für Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie

Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan, sind klei-nere Gehölzstrukturen als Singwarten in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten

Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan, sind klei-nere Gehölzstrukturen als Singwarten in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten