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Berichte des Landesamtes

für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: 59 – 68

Gebietsbeschreibung

Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung beginnt elbeauf-wärts bei Neu-Goldbeck/Werben etwa bei Elbe-km 431 und endet an der Niedersächsischen Landesgrenze süd-lich Schnackenburg etwa bei Elbe-km 473. Es handelt sich um eine naturnahe Überflutungsaue, die durch die in weiten Schleifen mäandrierende, in Nordwest-Richtung verlaufende Elbe geprägt ist. Ausgedehnte Grünlandbereiche, durchsetzt mit Auenwaldresten, werden durch das Elbehochwasser, durch Qualmwas-ser sowie durch den WasQualmwas-serrückstau des in die Elbe fließenden Aland beeinflusst. Das EU SPA ist durch eine Vielzahl von Altwassern, Flutrinnen und nassen Senken mit Verlandungs- und Röhrichtzonen geprägt. Dane-ben bestimmen vereinzelte Binnendünen, Weidenge-büsche, Einzelbäume und Auenwaldreste das Bild der Landschaft.

Als sachsen-anhaltischer Mosaikstein einer großräu-migen, ökologisch hochwertigen Auenlandschaft mit einem für Mitteleuropa ungewöhnlich hohen Natür-lichkeitsgrad und einer bedeutenden Vogelwelt wurde die Garbe-Aland-Niederung 1991 als Important Bird Area (IBA) ausgewiesen (SUDFELDT et al. 2002). Bereits 1992 erklärte das Land Sachsen-Anhalt dieses Gebiet auf der Grundlage der Erfüllung mehrerer IBA-Kriterien zum EU SPA (DORNBUSCH et al. 1996). Bei den folgen-den Meldetranchen der Natura 2000-Gebiete wurde das EU SPA im Jahre 2000 und nochmals im Jahr 2003 auf die derzeitige Flächengröße von 5.123 ha erwei-tert (DORNBUSCH & FISCHER 2007). Aufgrund der hohen Bedeutung des Gebietes für Zug- und Rastvögel wurde die Aland-Elbe-Niederung im Verbund mit der Elbaue Jerichow vom Internationalen Ramsar-Büro im Jahre 2003 zum Feuchtgebiet internationaler Bedeutung

EU SPA Aland-Elbe-Niederung

Allgemeine Angaben

Landesinterne Nr.: SPA0006LSA EU-Nr.: DE 2935 401

Fläche: 5.123 ha

Einbezogene Schutzgebiete:

a) nach nationalem Recht BR_0004LSA Mittelelbe (-)

NSG0388__ Aland-Elbe-Niederung (- bis auf kleine Grenzabweichungen)

LSG0029SDL Aland-Elbe-Niederung (- bis auf Bereich des SPA zwischen Ufer und Mittellinie der Stromelbe) FND0013SDL Küster-Brack (+)

b) nach internationalem Recht

FFH007LSA Aland-Elbe-Niederung nördlich Seehausen (*) FFH008LSA Elbaue Beuster-Wahrenberg (+)

FIB0003LSA Aland-Elbe-Niederung und Elbaue Jerichow (*)

+ liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche

(Ramsar-Gebiet) erklärt (DORNBUSCH 2004). Große Teile des Vogelschutzgebietes sind zugleich auch als FFH-Gebiete gemeldet. Seit 2010 ist das EU SPA außerdem Bestandteil des neu verordneten großräumigen NSG Aland-Elbe-Niederung.

Das EU SPA liegt in den Naturräumen Untere und Märkische Elbtalniederung bzw. in der Landschaftsein-heit Werbener Elbtal. Begrenzt wird das Vogelschutz-gebiet im Norden durch den nach 1961 errichteten

„Grenzdeich“, der auch die Grenze zu Niedersachsen bildet. Im gleichen Zeitraum wurde auch der Deich von Wahrenberg aus nach Norden bis zum Grenzdeich ver-längert, wodurch große Bereiche aus der Überflutungs-aue herausgenommen und einer landwirtschaftlichen Nutzung zugänglich wurden (LIPPERT & AUDORF 2005).

Der Bau von Poldern (Sommerpolder Beuster Werder, Geestgottberger Polder, Wahrenberger Polder, Garbe-polder, Wrechowpolder) und des Alandabschlussbau-werkes stellten eine weitere Beeinflussung der hydro-logischen Verhältnisse dar (ERNST et al. 2010). Östlich vom Garbe-Polder im Überflutungsbereich der Elbe befindet sich die Hohe Garbe, ein Auenwaldrelikt. Vor der Errichtung der Deiche konnte Hochwasser hier breit auflaufen. Heute wird die Hartholzaue jedoch bis zu einer Höhe von 2 m und mehr überflutet, was vor allem mittelstarke Eichen schädigt (LIPPERT & AUDORF

2005). Zwischen dem Aland-Sperrwerk und Wanzer ist die mit Weidengehölzen bestandene gedeichte Aland-Niederung sehr schmal. Südlich von Wanzer weitet sie sich, ist jedoch südlich von Pollitz bis zum Ende des Westausläufers des EU SPA an der Wahrenberger Aland-Brücke wiederum schmal gedeicht. Entlang der Elbe ab Reetz-Wische-Deich südwärts gehört nur noch das

EU SPA Aland-Elbe-Niederung

Binnengewässer Fels- und Rohboden Acker

Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Gebüsch/Vorwald

EU SPA Aland-Elbe-Niederung – Lage und Lebensraumausstattung.

Im Norden des EU SPA erstreckt sich die weitläufige Garbe-Aland-Niederung (Foto: S. Ellermann).

EU SPA Aland-Elbe-Niederung Elbevorland mit den jeweiligen

Qualmwasserberei-chen am Deich zum EU SPA. Im Elbebogen nördlich von Wahrenberg liegt ein weiteres kleineres Auenwaldre-likt im Überflutungsbereich an der Elbe. Nördlich von Geestgottberg/Eickerhöfe weitet sich das Elbevorland und bildet in Höhe der beiden Elbebrücken eine über 1 km breite Dauergrünland-Aue. Darin sind Altarme, Kolklöcher und die alte, seit dem Bau der neuen B 189-Brücke nicht mehr ständig durchströmte, Flutrinne der Elbe eingebettet. Ab Steinfelde/Beuster bis Schönberg/

Deich bildet die Elbe einen weiteren Dauergrünland-Mäander. Auf Glazial-Dünen inmitten der Elbeaue liegen hier mehrere kleine Ortschaften. Diese weite Flussaue mit Elbe-Altarmen und Flutrinnen wird bei Hochwasser regelmäßig überflutet. Bis zur Südgrenze des EU SPA sind die Elbevorländer ebenfalls von Dauer-grünland bedeckt und durchzogen von Flutrinnen und Kolklöchern.

Bedeutung als Vogelschutzgebiet

Die naturnahe, reich strukturierte Überflutungsaue ent-lang von Elbe und Aland ist Lebensraum für eine ausge-sprochen arten- und individuenreiche Vogelwelt. Beson-ders bedeutende Gebiete innerhalb des EU SPA sind dabei der Bereich Stresow-Garbe und das Elbevorland bei Losenrade. Etwa 150 Brutvogelarten sind bekannt (DORNBUSCH et al. 1996) und mehr als 105 Wat- und Was-servogelarten wurden in jüngerer Zeit auf dem Zug oder

Infolge der weitgehend natürlichen Hochwasserdynamik im EU SPA werden alljährlich weite Grünlandflächen überschwemmt, so dass sowohl Großer Brachvogel und Kiebitz als auch der seltene Flussuferläufer an vielen Stellen im Gebiet Brutmöglichkeiten haben (Erfassungsjahr 2004).

Der Wachtelkönig brütet vor allem in den weiten Auengrünlän-dern zwischen Wahrenberg und Neukirchen (Foto: R. Schmidt, LBV-Archiv).

EU SPA Aland-Elbe-Niederung

während der Überwinterung nachgewiesen (JANSEN

2008a).

Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfas-sung der Brutvögel wurden in der Aland-Elbe-Niede-rung 2004 entsprechende Daten von LIPPERT & AUDORF

(2005) erhoben. Diese Ergebnisse wurden um aktuelle Daten zu Rohrdommel, Seeadler, Säbelschnäbler, Fluss-seeschwalbe, Rothalstaucher, Schwarzhalstaucher und Wiedehopf aus den Jahresberichten zum Vogelmonito-ring (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2006, 2007 und 2009)

Tab. 20: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus LIPPERT & AUDORF (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al.

[2007], aktualisiert).

Art

Revier-zahl Anteil am

Lan-desbestand ( %) Revierzahl nach LIPPERT

Rohrdommel 1 1,1 0 1-5

Zwergdommel 1 1,4 0 1-5

Weißstorch 2 0,3 2 1-5

Wespenbussard 0 0 0 1-5

Rohrweihe 8 0,5 8 6-10

Rotmilan 21 0,8 21 11-50

Schwarzmilan 14 0,9 14 1-5

Seeadler 2 5,3 1 1-5

Kranich 3 1 3 1-5

Wachtelkönig 51 18,9 14 1-5

Tüpfelsumpfhuhn 2 6,7 2 1-5

Kleines Sumpfhuhn 1 20 0 1-5

Säbelschnäbler 3 100 -

-Trauerseeschwalbe 3 1,3 0 1-5

Flussseeschwalbe 1 1 0 6-10

Eisvogel 7 0,9 7 6-10

Schwarzspecht 4 0,1 4 1-5

Mittelspecht 16 0,5 16 11-50

Neuntöter 59 0,3 59 11-50

Heidelerche 1 0,01 1

-Sperbergrasmücke 23 1,2 23 1-5

Blaukehlchen 1 0,4 -

-Ortolan 5 0,1 5

-Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2)

Knäkente 6 4 6 6-10

Löffelente 4 8,9 4 1-5

Rothalstaucher 1 1,3 0 1-5

Schwarzhalstaucher 10 6,7 -

-Kiebitz 32 2,3 32 11-50

Großer Brachvogel 8-9 12,9 8-9 1-5

Uferschnepfe 0 0 0 1-5

Bekassine 7 2 7 11-50

Flussuferläufer 30 60 30

-Rotschenkel 0 0 0 1-5

Steinkauz 5 33,3 5

-Wiedehopf 1 1,1 -

-Schilfrohrsänger 91 11,4 91 11-50

Drosselrohrsänger 25 1 25 11-50

Weitere bemerkenswerte Arten

Brandgans 8 4,4 - 6-10

Schnatterente 7 5,8 - 6-10

Graureiher 8 0,7 - 11-50

ergänzt. Für Wachtelkönig und Blaukehlchen wurden die Daten der Landeserfassungen aus-gewertet (SCHULZE 2010a, 2011). Die aktuellen Bestandszahlen der wertgebenden Arten im EU SPA Aland-Elbe-Niederung sind in Tab. 20 dargestellt.

Die vielfältig strukturierte ausgedehnte Flusstalaue wird von einer in Sachsen-Anhalt nur noch gering verbreiteten Wiesen-, Wat- und Wasservogelgemeinschaft besiedelt. In den Wiesen und in feuchteren Bereichen brü-ten Wachtelkönig, Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekassine, Braunkehlchen, Wiesenpieper und Schafstelze sowie bei Vorhandensein geeig-neter Strukturen auch der Neuntöter und die Sperbergrasmücke. In den Seggenrieden ist das Tüpfelsumpfhuhn zu finden. Die Schilf- und Röhrichtzonen verlandender Altwasser wer-den von Graugans, Rohrdommel, Zwergdom-mel, Rohrweihe, Wasserralle, Schilfrohrsänger und Drosselrohrsänger besiedelt. Weiterhin brüten im Bereich der Gewässer Brandgans, Schnatterente, Knäkente, Löffelente sowie Rothalstaucher und Schwarzhalstaucher. Die freien Gewässerufer und Sandbänke werden vom Flussuferläufer, in manchen Jahren auch von der Flussseeschwalbe, besiedelt. Hier gab es im Jahre 2008 auch den ersten Brutverdacht für den äußerst selten im Binnenland brü-tenden Säbelschnäbler (FISCHER & DORNBUSCH

2009). Im Jahre 2010 wurden dann drei Brut-paare festgestellt. Leider verliefen die Bruten erfolglos (J. Dien, R. Audorf, pers. Mitt., DORN

-BUSCH & FISCHER 2010). Eine Charakterart dieser Landschaft ist der Weißstorch. Er brütet über-wiegend in den umliegenden Orten, nutzt aber die Feuchtwiesen des Vogelschutzgebietes zur Nahrungssuche. Die Art erreicht hier eine ausgesprochen hohe Siedlungsdichte, die mit anderen storchenreichen Gebieten in Europa, wie Masuren, Morava-Dyje- und Save-Auen, zu vergleichen ist (DORNBUSCH et al. 1996). In Wah-renberg, dem storchenreichsten Dorf Sachsen-Anhalts, wurde 2004 ein Bestand von 14 Brut-paaren festgestellt (LIPPERT & AUDORF 2005).

Typische Auenwaldbesiedler im Gebiet sind Rotmilan, Schwarzmilan, Seeadler, Kranich, Schwarzspecht, Mittelspecht und Kleinspecht.

Rastvögel: Für die Zug- und Rastvögel wurden die vorhandenen Daten der Wasservogelzäh-lung der Jahre 2003-2007, der länderübergrei-fenden Gänsezählung, aus Ornithologischen Jahres-berichten (ab 2003), Daten aus BRUCH (o. J.), gezielten Kartierungen im EU SPA im Jahr 2008 (JANSEN 2008a, b, ohne Daten für Pufferbereich um EU SPA) sowie den 2008 (Goldregenpfeifer, Kiebitz, Silberreiher [SCHULZE

2010b]) bzw. 2010 (Kranich [PSCHORN & SCHEIL 2011] und Schwäne [SCHULZE 2012b]) durchgeführten Landeser-fassungen zu Rastvögeln ausgewertet und zusammen-geführt. Die daraus resultierenden Rastbestände sind in Tab. 21 dargestellt.

EU SPA Aland-Elbe-Niederung

Singschwan 1.000 674 870 501-1.000

Zwergschwan 68 100 600 51-100

Weißwangengans 510 510 - 501-1.000

Moorente 2 0-(1) - 6-10

Zwergsäger 119 31 50 11-50

Sterntaucher 1 2 -

-Prachttaucher 1 - -

-Eistaucher 1 - -

-Nachtreiher 0 25 -

-Silberreiher 50 3 -

-Schwarzstorch 12 - - 11-50

Weißstorch 17 - -

Kranich 3.500 4.900 5.000 1.001-10.000

Goldregenpfeifer 3.000 4.000 300 > 10.000

Bruchwasserläufer 160 200 40 101-250

Kampfläufer 266 410 300 251-500

Raubseeschwalbe 0 1 -

-Trauerseeschwalbe 36 50 - 11-50

Sumpfohreule 1 - - 1-5

Art. 4.2-Arten

Höckerschwan 100 - -

-Kanadagans 6 - -

-Graugans 1.651 - -

-Saatgans 16.611 - 10.000 1.001-10.000

Blässgans 15.000 - 15.000 1.001-10.000

Kurzschnabelgans 10 - -

-Brandgans 79 - -

-Schnatterente 400 - 100 51-100

Pfeifente 12.000 - 2.000

-Krickente 2.500 - -

-Stockente 3.920 - -

-Spießente 4.500 - 500 251-500

Knäkente 60 - - 101-250

Löffelente 2.800 - 800 501-1.000

Tafelente 1.500 - -

-Reiherente 800 - -

-Schellente 60 - -

-Gänsesäger 167 - 300 251-500

Mittelsäger 10 - -

-Zwergtaucher 17 - -

-Haubentaucher 25 - -

-Rothalstaucher 6 - -

-Schwarzhalstaucher 24 - -

-Kormoran 500 - -

-Graureiher 150 - -

-Raufußbussard 4 - - 11-50

Mäusebussard 34 - -

-Blässhuhn 1.500 - 1.000 500-1.000

Austernfischer 6 - -

-Kiebitzregenpfeifer 3 - -

-Tab. 21: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a.

Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al.

(1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des An-hang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen

Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung ist auch als Rast- und Überwinterungsge-biet für eine Vielzahl von Gastvögeln von besonderer Bedeutung. Neben den bemer-kenswerten Beständen von Singschwan, Zwergschwan und Weißwangengans sind auch die Bestandszahlen von Saatgans, Blässgans, Pfeifente, Stockente, Spießente und Tafelente hervorzuheben. Aber auch Krickente, Löffelente, Reiherente, Zwerg-säger und GänseZwerg-säger kommen in beacht-licher Zahl vor. Insbesondere während der Zugzeiten halten sich einige Tausend Kra-niche, Goldregenpfeifer und Kiebitze sowie zahlreiche Bekassinen, Bruchwasserläufer und Kampfläufer im Gebiet auf. Der Kiebitz tritt hier regelmäßig mit Rastbeständen von 1.000 bis über 4.000 Individuen auf.

Die maximal festgestellte Tageshöchstzahl beträgt nach JANSEN (2008a) 20.300 Indivi-duen. Für Saatgans und Kranich stellt die Aland-Elbe-Niederung ein Schlüsselgebiet für die Rast dar, in dem mehr als 1 % der geografischen Population rasten (DELANY et al. 2009). Auch von Singschwan, Spießente und Löffelente rasten regelmäßig mehr als 1 % der Flyway- oder EU-Brutpopulation im Gebiet.

Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung ist eines der bedeutendsten Rastgebiete für Wasservögel im gesamten mitteldeut-schen Raum. Es erfüllt auch aktuell mehr-mals das internationale 1 %-Kriterium der Ramsar-Konvention. Während der Zug- und Rastzeiten sind im Schutzgebiet regelmäßig (d. h. mindestens in der Hälfte der zu betrachtenden Jahre) 1 % einer bio-geografischen Population der Arten Saat-gans, Spießente, Löffelente und Kranich zu finden, bzw. regelmäßig mehr als 20.000 Wasservögel aller Arten (JANSEN 2008b).

Somit erfüllt das Gebiet die Kriterien A4iii und C4.

In Tab. 22 ist die Erfüllung der Kriterien zusammenfassend dargestellt. Das Ergeb-nis hebt noch einmal die besondere Bedeutung des Vogelschutzgebietes für den internationalen Vogelschutz hervor, auch über die Landesgrenzen von Sach-sen-Anhalt hinaus.

Schutz- und Erhaltungsziele

Das EU SPA ist Teil des zur Umsetzung der FFH- und der Vogelschutz-Richtlinie in Landesrecht verordneten NSG Aland-Elbe-Niederung, für das in § 3 (Schutzzweck) der Verordnung des NSG endgültige Schutz- und Erhaltungsziele definiert wurden (vgl.

auch ERNST et al. 2010). Für das EU SPA gel-ten insbesondere die für Vogelargel-ten und ihre Lebensräume formulierten Schutz- und

EU SPA Aland-Elbe-Niederung

Erhaltungsziele, die nachfolgend auszugsweise aufge-führt werden:

Die Festsetzung des Naturschutzgebietes erfolgt insbesondere zur Erhaltung, Wiederherstellung und

Entwicklung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und eines günstigen Erhaltungszustandes der im Gebiet vor-handenen Lebensraumtypen und Arten.

Der gebietsspezifische Schutzzweck besteht insbesondere in der Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes:

der Lebensräume der im Gebiet

vor-•

kommenden Tier- und Pflanzenarten, insbesondere der Arten der Anhänge II und IV der FFH-RL sowie der Vogelarten nach der EU-VSchRL.

Ferner erfolgt die Festsetzung zur Erhal-tung und Wiederherstellung eines günsti-gen Erhaltungszustandes von Lebensge-meinschaften und Lebensräumen einer vielfältigen Fauna und Flora einschließlich zahlreicher seltener und bestandsbedroh-ter Arten und zwar:

der durch extensive Grünlandbereiche

und Ackerflächen im Wechsel mit feuch-ten Wäldern, Hecken- und Gehölzstruk-turen sowie Fließ- und Stillgewässern geprägten Landschaft als Rast- und Überwinterungsgebiet für die Vogelarten nach der EU-VSchRL,

Art

Kiebitz 20.300 - 4.000 1.001-10.000

Flussregenpfeifer 4 - -

-Sandregenpfeifer 4 - -

-Regenbrachvogel 6 - -

-Großer Brachvogel 29 - - 51-100

Uferschnepfe 2 - - 11-50

Bekassine 100 - 200 101-250

Dunkler Wasserläufer 65 - -

-Rotschenkel 4 - - 51-100

Grünschenkel 23 - -

-Waldwasserläufer 10 - -

-Temminckstrandläufer 4 - -

-Alpenstrandläufer 7 - -

-Zwergmöwe 12 - -

-Weißflügel-Seeschwalbe 2 - -

-Verteilung der Brutvorkommen von Wachtelkönig (Erfassungsjahr 2009) sowie Tüpfelsumpfhuhn, Rot- und Schwarzmilan (Erfas-sungsjahr 2004) im EU SPA.

EU SPA Aland-Elbe-Niederung naturnaher, strukturreicher und aus

standortheimi-•

schen Arten aufgebauter Waldgesellschaften wie Erlen-Bruch-, Erlen-Eschenwäldern oder Hartholz-auenwäldern mit einem annähernd naturnahen Was-serhaushalt, allen Altersphasen in mosaikartigem Wechsel und einem angemessenen Anteil an Alt- und Totholz insbesondere als Lebensraum von Seeadler, Rotmilan, Mittelspecht, Schwarzspecht, Kranich und Schwarzstorch (Anhang I),

der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere von

Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen in Verbindung mit reich strukturierten extensiv genutzten Landschaftsräumen, bestehend aus gestuften Hecken, Dornstrauchgebüschen, Feld-gehölzen, Streuobstwiesen, höhlenreichen Einzel-bäumen und gebüschreichen Waldrändern insbe-sondere als Lebensraum für Neuntöter und Sperber-grasmücke (Anhang I),

des offenen Kulturlandes mit extensiv genutzten

Wiesen, insbesondere Feucht- und Nasswiesen sowie Brenndolden-Auenwiesen und Mageren Flachland-Mähwiesen, die vor allem als Weißstorch-Nahrungs-habitat und Wiesenvogel-Lebensraum, insbesondere für Wachtelkönig und Kampfläufer (Anhang I) sowie für Bekassine, Großen Brachvogel, Kiebitz, Rotschen-kel, Uferschnepfe, Braunkehlchen, Wiesenpieper und Schafstelze (Art. 4.2) bedeutend sind,

der Riede und Röhrichtbestände sowie der

naturna-•

hen vegetationsreichen Stillgewässer, der typischen uferbegleitenden Vegetation, insbesondere von feuchten Hochstaudenfluren, als Lebensraum insbe-sondere für Rohrweihe, Rohrdommel, Zwergdommel (Anhang I) und der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Löf-felente, Knäkente, Graugans Drosselrohrsänger und Schilfrohrsänger,

der Vogelgemeinschaft naturnaher

Fließgewäs-•

ser, insbesondere von Eisvogel, Flussseeschwalbe (Anhang I) und Flussuferläufer (Art. 4.2),

der Greifvogelbestände, insbesondere für Fischadler,

Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan, See- und Schreiadler (Anhang I) durch Erhaltung bzw. Wieder-herstellung des Offenlandes, insbesondere der Grün-landflächen und der Gewässer als Nahrungsraum im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest große ungestörte Altholz-blöcke enthaltenden Wäldern, insbesondere Auen-wäldern sowie Feldgehölzen,

der Lebensräume für gebüsch- und

baumhöhlenbe-•

wohnende Vögel.

Der Schutzzweck umfasst die Erhaltung und Wieder-herstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Aland-Elbe-Niederung als Teil des kohärenten

europä-Tab. 22: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Aland-Elbe-Niederung.

Art IBA-Kriterien

Singschwan A4i, B1i, C2

Saatgans A4i, B1i, C3

Spießente B1i, C3

Löffelente B1i, C3

Weißstorch C6

Seeadler B2, C6

Kranich A4i, B1i, C2

Wachtelkönig A1, A4i, B1i, B2, C1, C2, C6

Tüpfelsumpfhuhn C6

Säbelschnäbler C6

Trauerseeschwalbe C6

Flussseeschwalbe C6

Allgemeingültige Kriterien A4iii, C4, C7

Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung ist eines der bedeutendsten Brutgebiete für den Flussuferläufer in Sachsen-Anhalt (Foto: E. Greiner).

EU SPA Aland-Elbe-Niederung

ischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete Natura 2000 durch schutzverträgliche Nutzungsrege-lungen und gezielte Pflegemaßnahmen als Vorkom-mensgebiet zahlreicher Vogelarten sowie Lebensraum-typen, Tieren und Pflanzen nach der FFH- und EU-Vo-gelschutzrichtlinie, insbesondere:

Arten nach Art. 4, Abs. 1 (Anhang I – Arten) der

EU-•

VSchRL,

Arten nach Art. 4, Abs. 2 der EU-VSchRL.

Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung In der Verordnung über das NSG Aland-Elbe-Niede-rung vom 09.06.2009 (LVWA 2009a) finden sich bereits weitreichende und im Interesse der Akzeptanz und Realisierbarkeit vor Ort teils stark diversifizierte Rege-lungen (vgl. JÄGER et al. 2010), die der Erhaltung der charakteristischen und für die Avifauna bedeutenden Landschaftsstrukturen dienen. Unter anderem sind zusätzliche Entwässerungsmaßnahmen, die Verfül-lung von Bodensenken und Flutrinnen, die Beseitigung von Gehölzstrukturen sowie der Grünlandumbruch im Gebiet allgemein verboten. Ebenso sind zahlreiche Regelungen enthalten, die die im Gebiet ausgeübten Nutzungsformen im Hinblick auf die für die Avifauna formulierten Schutz- und Erhaltungsziele steuern. Im Hinblick auf den Wiesenbrüterschutz ist z. B. die Mahd von außen nach innen und in der Nacht untersagt.

Weiterhin gilt ein Nutzungsverbot des Grünlandes im

Umkreis der Neststandorte von Großem Brachvogel, Uferschnepfe und Rotschenkel bis 15. Juli und von Bereichen mit rufenden Wachtelkönigen bis zum 15.

August des betreffenden Jahres. Nestschutzzonen von 100 m Umkreis gelten auch für Kranich und Weihenar-ten. Der Zeitpunkt der Erstnutzung von Grünland soll über die Begrenzung der im Mittel je ha auszubringen-den Stickstoffdüngung gesteuert werauszubringen-den. Die maxi-male Standzeit von Weidevieh ist auf 20 Tage je Koppel bei maximaler Besatzdichte begrenzt, was zwar wäh-rend dieser Zeit keine Wiesenvogelbruten ermöglicht, im Endeffekt aber längere nutzungsfreie Zeiträume realisiert. Im Hinblick auf die Erhaltung der Auenwälder wurden zwei forstnutzungsfreie Flächen auf der Hohen Garbe und bei Neukirchen eingerichtet. Darüber hin-aus sind die Zeiträume für Holzeinschlag, -rücken und -abfuhr beschränkt, es sind sechs Biotopbäume je ha und mindestens 4 % starkes Totholz zu belassen. Über den gesetzlichen Schutz von Horstbäumen nach § 28 NatSchG LSA hinaus sollten in diesem für den Greifvo-gelschutz besonders bedeutenden VoGreifvo-gelschutzgebiet störungsarme Kernbereiche für den Greifvogelschutz mit reduzierter Bewirtschaftungsintensität festgelegt werden, die in dieser Form auch als Entwicklungs-flächen für Spechtarten dienen können. Im gesam-ten Gebiet ist die Jagd auf Vögel verbogesam-ten und es gilt ein generelles Jagdverbot im Umkreis von 50 m um erkennbare Mauser-, Rast-, Sammel- sowie Schlafplätze

Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung stellt für zahlreiche Zugvogelarten eines der wichtigsten Rastgebiete in Sachsen-Anhalt dar.

Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre 2003-2010.

EU SPA Aland-Elbe-Niederung Zwergschwäne sind während der Zugzeiten regelmäßig im EU SPA anzutreffen (Foto: A. Schonert).

Beobachtungen rastender Goldregenpfeifer, Sing- und Zwergschwäne in den Jahren 2003-2010.

EU SPA Aland-Elbe-Niederung

von Wat- und Wasservögeln sowie jeweils vom 16.10.

bis zum 30.04. des Folgejahres in fünf ausgewiesenen Rast vogelruhezonen.

Auf die Vogelwelt negativ wirkende Einflüsse von Neozoen, insbesondere Waschbär, Mink und Marder-hund können auf Grund der verstärkten Ausbreitungs-tendenz dieser Arten zunehmen. Dem sollte mit geeig-neten Maßnahmen entgegengewirkt werden.

Zusätzlich zu den bereits verordneten Maßnahmen sollte die Dynamik der reich strukturierten Überflu-tungsauenlandschaft verbessert werden. Neben der unregelmäßigen natürlichen Überflutung weiter Teile des Gebietes durch die Elbe bzw. den Aland wäre eine längere Wasserhaltung im Gebiet, insbesondere im

Bereich des Wrechow, durch die Nutzung des Aland-sperrwerks sinnvoll.

Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, den Vögeln einen ungehinderten Vogelzug entlang der Haupt-zugroute am Elbeverlauf sowie kürzere Flugbewegun-gen zwischen Schlafgewässern und umlieFlugbewegun-genden Nah-rungsflächen außerhalb des EU SPA zu ermöglichen.

Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstands-kriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit wer-den wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt.

Größere Auenwaldreste befinden sich im Bereich Garbe und im Elbebogen bei Wahrenberg (Foto: N. Wuttke).

Mehr als 1 % der geografischen Population der Saatgans rasten im EU SPA Aland-Elbe-Niederung (Foto: W. Steinborn).