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5 Restriktionen und Perspektiven

Im Dokument GERALD MOLL JULIA SCHÜTZ (HG.) (Seite 145-149)

Reale studentische Beratungsprojekte bieten somit in einer einfachen Form Poten-ziale zu erlernen, mit herausfordernden Fragestellungen der Praxis umzugehen. Dies ist auch notwendig, da es im hochschulischen Alltag oftmals nicht möglich ist, umfas-sende Kompetenzen im Umgang mit Komplexitäten der Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. So stoßen in herkömmlichen Lehr- und Lernsettings auch Dozent:innen an ihre Grenzen, weshalb der Hilfe zur Selbsthilfe, der grundsätzlichen Befähigung zum Umgang mit Herausforderungen der VUCA-Welt, eine entscheidende Rolle zu-kommt. Es macht also Sinn, über den Tellerrand zu blicken und neben Erkenntnissen der Wissenschaft Außenperspektiven miteinzubeziehen.

Einer zunehmenden inhaltlichen Komplexität realer Gegebenheiten kann u. E.

am erfolgversprechendsten mit einer einfachen Form der Lehre begegnet werden.

Dies ist allerdings herausfordernd und stellt hohe Anforderungen an Studierende und deren autodidaktische Fähigkeiten. Auch gilt es, permanent zu beachten, nicht in einen zwar gut gemeinten und organisatorische Komplexität reduzierenden Formalis-144 Einfachheit in der didaktischen Form und Erkenntnis im komplexen Inhalt

mus zu verfallen, der im Endeffekt forschendes Lernen und den Erwerb notwendiger Kompetenzen einschränkt und somit kontraproduktiv wirkt. Darüber hinaus muss man sich neben den Vorteilen bezahlter Projekte derer Nachteile bewusst sein. So geht mit dem zu entrichtenden Entgelt eine Erfolgserwartung seitens der Auftrag-geber:innen einher, der es seitens der durchführenden Organisation zu entsprechen gilt. Dies ist neben den Studierenden auch anderen involvierten Stakeholdern be-wusst. Um den Erwartungen gerecht zu werden, sind fallweise Forschungsmethoden-und Fachkompetenzen von Dozent:innen gefordert. Eine zu starke Einflussnahme von ihrer Seite steht allerdings dem grundlegenden Ansatz forschenden Lernens ent-gegen und kann den Erfolg des Kompetenzerwerbs seitens der Studierenden ein-schränken. Eine Einfachheit in didaktischer Form zur Bewältigung inhaltlicher Kom-plexität und damit einhergehender Erkenntnis in diffusen und herausfordernden Inhalten ist und bleibt somit ein Spagat, den es allerdings zu wagen lohnt.

Reale, von Unternehmen oder Organisationen beauftragte, entgeltliche, studenti-sche Projekte können u. E. vor dem Hintergrund unterschiedlichster Studienrichtun-gen zum Einsatz gebracht werden. Die einfache didaktische Form ist grundsätzlich transferierbar. Studierende der Kommunikationswissenschaft könnten Werbe- und Public-Relations-Strategien entwickeln, jene der Gesundheit Therapiemodelle erar-beiten und Informatiker:innen Enterprise-Resource-Planning-Systeme designen. So befinden sich bspw. dato (2021) an der OST-Ostschweizer Fachhochschule Beratungs-projekte im Querschnittsbereich von Wirtschaft und Recht in Entwicklung. Inhaltlich wird sich dieses neue Angebot freilich nicht um Unternehmensanalysen, Marktfor-schungen oder Managementkonzeptionen drehen, sondern die Überprüfung von Ver-trägen, Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder gar von Corporate-Governance-Sys-temen werden zentrale Bereiche solcher Projekte darstellen.

Wesentlicher Faktor in der Etablierung von Beratungsprojektangeboten ist aller-dings eine detaillierte Auseinandersetzung mit Grenzen und Möglichkeiten inhalt-licher Aufgabenstellungen. Aufgrund zeitinhalt-licher Einschränkungen sowie dem Ausbil-dungsstand der Studierenden können nicht sämtliche Themenstellungen Erfolg versprechend abgewickelt werden. Auf der anderen Seite ist auch eine zu geringe Zahl ambitionierter Aufträge zu vermeiden, da dies dem intendierten Lernfortschritt ent-gegenwirkt. Gerade bei Einführung neuer Projektangebote ist daher eine behutsame Vorgehensweise unter Berücksichtigung mannigfacher Feedbackschleifen zu emp-fehlen. Es gilt also, die Komplexität des Inhalts realitätsgerecht zu kalibrieren, um die Vorteile der Einfachheit der Form entfalten zu können.

Das Modell und die Vorgehensweise im Rahmen studentischer Beratungspro-jekte mag eine vielversprechende Möglichkeit sein, einen entsprechenden Lernerfolg sicherzustellen und Studierende auf den Umgang mit Herausforderungen einer VUCA-Welt adäquat vorzubereiten. So führt die Einfachheit in der didaktischen Form über forschendes Lernen zu Erkenntnissen in komplexen Inhalten und generiert positive Effekte durch multilateralen Wissenstransfer bei Studierenden, Auftrag-geber:innen sowie Dozent:innen.

Claudia Brönimann, Martina Bechter & Ronald Ivancic 145

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Design für forschendes Lernen in Beratungsprojekten . . . . 134 Abb. 2 Komplexitätsreduktion auf unterschiedlichen Ebenen . . . .138

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