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Frühkindliche Bildungssysteme

Im Dokument GERALD MOLL JULIA SCHÜTZ (HG.) (Seite 90-93)

Kathrin Bock-Famulla & Felicitas Sander

Zusammenfassung

Bildungsmonitoring als eine Form des Wissenstransfers kann als komplexes System verstanden werden und muss sich daher zwangsläufig mit Prozessen der Komplexi-tätsreduktion und des Komplexitätsaufbaus bzw. Transformationsprozessen von Wis-sen und Komplexität auseinandersetzen, um an der Komplexität der Realität nicht zu scheitern. Insbesondere im Rahmen eines Transferverständnisses von Wissen, welches einen interaktiven, wechselseitigen und rückgekoppelten Prozess zwischen wissenschaftsinternen und -externen Akteur:innen in den Mittelpunkt stellt, gewinnt der Umgang mit Komplexität im Bildungsmonitoring in seiner Definition als daten-gestützte Grundlage „für Zieldiskussionen, politische Entscheidungen, Bildungs-planung, Rechenschaftslegung und öffentliche Diskussion“ (Döbert, 2009, S. 12) im Bildungswesen an Relevanz.

Dieser Beitrag beschäftigt sich zunächst auf übergeordneter Ebene mit Wissens-transfer im Bildungsmonitoring und der Notwendigkeit von Komplexitätsreduktion.

Anschließend werden anhand eines Praxisbeispiels die Auswirkungen der komplexen Herstellungsstruktur des Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme auf den Wissenstransfer und die angenommene Komplexitätsreduktion dargestellt. Dabei wird herausgearbeitet, wie mit Entscheidungen der Komplexitätsreduktion/des Kom-plexitätsaufbaus bzw. Komplexitätstransformation im Rahmen des Wissenstransfers umgegangen wird.

Zentrale Fragestellung dieses Beitrags ist demnach: Welche Auswirkungen hat die komplexe „Herstellungsstruktur“ des Bildungsmonitorings inklusive Bericht-erstattung auf den Wissenstransfer und angenommene Komplexitätsreduktion bzw.

die Transformation von Wissen und Komplexität?

Schlagworte: Bildungsmonitoring, Wissenstransfer, Komplexität, Transformation, Bil-dungsberichterstattung, Frühkindliche Bildung

Abstract

Educational Monitoring as a form of knowledge transfer can be understood as a com-plex system and therefore necessarily has to address processes of comcom-plexity reduction as well as complexity construction or transformation processes of knowledge and complexity, in order not to fail at the complexity of reality. Especially in course of a

recursive understanding of knowledge transfer, which focusses an interactive, recipro-cal and feedback-oriented process between science internal and external stakeholders, dealing with complexity in educational monitoring gains relevance in its definition as a databased foundation for target discussions, political decisions, educational plan-ning, accountability and public discussions (Döbert, 2009).

In this article, knowledge transfer in educational monitoring and the necessity of complexity reduction is first discussed on a higher level. Subsequently the effects of the complex creation structure of the Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssyteme on knowledge transfer and assumed complexity reduction are described and it is illus-trated, how decisions concerning complexity reduction and complexity construction or complexity transformation in course of knowledge transfer are made.

The central issue of this article is therefore: Which effects has the complex crea-tion structure of educacrea-tional monitoring including educacrea-tional reports on knowledge transfer and the assumed reduction of complexity or the transformation of knowledge and complexity?

Keywords: Educational monitoring, knowledge transfer, complexity, transformation, education report, early childhood education

1 Einleitung

Zur Klärung des Gegenstands werden zunächst die Begriffe „Bildungsmonitoring“,

„Bildungsberichterstattung“ und „Bildungsbericht“ näher bestimmt und Bezüge zum Wissenstransfer verdeutlicht. Döbert beschreibt Bildungsmonitoring als

„die kontinuierliche, datengestützte Information von Bildungspolitik und Öffentlichkeit über Rahmenbedingungen, Verlaufsmerkmale, Ergebnisse und Erträge von Bildungspro-zessen. Es macht das Bildungsgeschehen in der Gesellschaft bzw. in der jeweiligen Region transparent und ist damit Grundlage für Zieldiskussionen, politische Entscheidungen, Bildungsplanung, Rechenschaftslegung und öffentliche Diskussion. Im Zentrum eines Bildungsmonitorings steht die Arbeit der Institutionen des Bildungswesens, von der Kin-derkrippe bis zur Weiterbildung im Erwachsenenalter“. (Döbert, 2009, S. 12)

Bildungsmonitoring kann somit als Oberbegriff für die vielfältigen Datenerhebungen und -analysen im Bildungswesen verstanden werden (Rürup et al., 2010), die Prozesse des Bildungserwerbs auf individueller und institutioneller Ebene betrachten und vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Rahmenbedingungen analysieren (DIPF, 2018).

Hervorzuheben ist, dass Bildungsmonitoring eine spezifische Form der wissenschaft-lichen Bearbeitung von Fragestellungen ist, die oftmals von Politik und Verwaltung beauftragt wird. Die Zielsetzungen des Monitorings bestehen damit aus einem Ge-flecht der selbstreferenziellen Logiken der einzelnen beteiligten Systeme (Wissen-schaft, Politik, Verwaltung usw.), und sind somit quasi von ihrer Anlage durch eine

„Mehrfachkomplexität“ konstituiert. Die Bildungsberichterstattung wird in diesem Ver-ständnis als Teil eines umfassenderen Bildungsmonitorings angesehen. Dabei geht es 90 Wissenstransfer im Bildungsmonitoring: das Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme

darum, den Prozess der Gewinnung, Aufbereitung, Darstellung, Verfügbarmachung und Analyse von Daten und Informationen über Bildung sichtbar zu machen (Döbert, 2009). Der Bildungsbericht schließlich wird als ein Produkt der Bildungsberichterstat-tung betrachtet, dessen Kern einen überschaubaren, systematischen, regelmäßig aktu-alisierbaren Satz von Indikatoren darstellt, die jeweils für ein zentrales Merkmal von Bildungsprozessen bzw. einen zentralen Aspekt von Bildungsqualität stehen (Döbert, 2009).

Dieser Beitrag beschäftigt sich auf übergeordneter Ebene mit dem Wissenstrans-fer im Bildungsmonitoring, wobei insbesondere anhand des Praxisbeispiels konkret auf den Wissenstransfer in der Bildungsberichterstattung eingegangen wird. Wis-senstransfer beschreibt nach Froese et al. (2014) einen interaktiven, wechselseitigen und rückgekoppelten Prozess zwischen Wissenschaft und Praxis, der nachfolgend konkreter vorgestellt wird.

Bildungsmonitoring richtet sich an diverse Akteur:innengruppen wie Politik, Verwaltung, päd. Praxis, Wissenschaft und Gesellschaft. Deshalb hängen die Ent-scheidungsprozesse im Bildungsmonitoring auch mit den Chancen und Herausfor-derungen des Wissenstransfers von Forschungsergebnissen in andere gesellschaft-liche Bereiche und somit mit der Komplexitätsreduktion sowie auch mit der Kontin-genz von wissenschaftlich generiertem Wissens zusammen: Im Prozessmodell der Wissenstransformation nach Froese et al. (2014) wird ein rekursives Transferverständ-nis zwischen der Wissenschaft und wissenschaftsexternen Akteur:innen deutlich, welches Prozesse sichtbar macht, die die wechselseitige Übersetzung von wissen-schaftlich generierten Erkenntnissen in eine verständliche, zugängliche Form be-inhaltet sowie umgekehrt auch Übersetzungen von außerwissenschaftlich generier-ten Problemstellungen in wissenschaftliche Fragestellungen berücksichtigt (Wissen-schaftsrat, 2016). An diesen Schnittstellen der Übersetzung finden zwangsläufig Reduktionsprozesse statt, die Bestandteil des Wissenstransfers sind. Froese et al.

(2014, S. 5) erstellen ein Prozessmodell des Wissenstransfers, welches nach Angaben der Autor:innen

„als Heuristik zu verstehen [ist], in der sowohl unterschiedliche Forschungstypen als auch Wissensgenerierung, Wissenstransfer und Wissensnutzung lediglich auf analytischer Ebene zu trennen sind. In der Forschungspraxis greifen sie jedoch ineinander. Es lassen sich deswegen unter anderem weder der Entstehungs- noch der Zielort von Wissen a priori und eindeutig bestimmen“.

Aufgrund dessen und um ein rückgekoppeltes Transferverständnis zwischen der Wis-senschaft und wisWis-senschaftsexternen Akteur:innen noch deutlicher herauszuarbei-ten, wurde das Modell von Froese et al. (2014) dahingehend angepasst, dass die Rekur-sivität und Interaktivität der Prozesse noch deutlicher betont wird (siehe Abb. 1). In der Überarbeitung wurden die Prozesse der Wissensgenerierung, des Wissenstrans-fers und der Wissensnutzung auch seitens wissenschaftsexterner Akteur:innen mit aufgegriffen. Zudem wird anstelle des Begriffs der Reduktion von Komplexität der Be-griff der Transformation von Wissen und Komplexität verwendet. Wissen wird dabei als Konstruktion und nicht als Abbildung von Realität verstanden; sodann ist Wissen

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und somit auch die hergestellte Komplexität stark an die Wahrnehmung und Interpre-tation der beteiligten Systeme (Wissenschaft, Politik usw.) und Akteur:innen gebun-den. Diese Akteursbeteiligungen führen zu Transformationen, die auch, aber nicht notwendigerweise eine Reduktion von Wissen und Komplexität bedeuten können;

vielmehr kann eine neue Komplexität entstehen.

Prozessmodell des Wissenstransfers in Anlehnung an Froese et al. (2014, S. 5)

Wie genau der Prozess des Wissenstransfers und darin enthaltene Transformations-prozesse für ein Bildungsmonitoring sowie verwendete Berichtssysteme aussehen können, soll in diesem Beitrag konkret am Projekt Ländermonitoring Frühkindliche Bil-dungssysteme dargestellt werden, in dem unter anderem Daten der amtlichen Kinder-und Jugendhilfestatistik sekKinder-undär ausgewertet werden Kinder-und für die pädagogische Praxis, Wissenschaft, Verwaltung, Politik, Gewerkschaften und Verbände aufbereitet werden.

Zentrale Fragestellung dieses Beitrags ist demnach: Welche Auswirkungen hat die komplexe „Herstellungsstruktur“ des Bildungsmonitorings inklusive Bericht-erstattung auf den Wissenstransfer und angenommene Komplexitätsreduktion bzw.

die Transformation von Wissen und Komplexität?

Im Dokument GERALD MOLL JULIA SCHÜTZ (HG.) (Seite 90-93)