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Eine inputorientierte Ordnungspolitik der Nachhaltigkeit

Im Dokument Diskurs und Nachhaltigkeit (Seite 124-131)

3 Der Metabolismus mit der Natur: das Wirtschaftssystem

3.6 Eine inputorientierte Ordnungspolitik der Nachhaltigkeit

Stoffstrommanagement ist zunächst die Verlängerung der ökonomischen Selbstorganisation des Umweltproblems vom Unternehmen zur Wertschöpfungskette. Teilweise entstehen die vertikalen Kooperationen des Stoffstrommanagements im Gegensatz zur Umweltpolitik vom Ende der Kette her, also der Konsumentenseite. Diese Strukturen des Stoffstrommanagements lassen unmittelbar die Entstehung von Netzwerken zum Management von Stoffströmen erwarten. Für ein autonom entstehendes Stoffstrommanagement lassen sich intrinsische ökonomische Motive finden (vgl.

Zundel et al., 1998, 334). Doch hängt die wirtschaftsinterne Kooperation von Unternehmen bereits in der statischen Perspektive von einer Reihe von Faktoren ab.94

1. Die Höhe der erwarteten Kooperationsgewinne als Gewinnzuwachs gegenüber anderen Handlungsalternativen bestimmt darüber, ob Kooperationen zustande kommen.

2. Die Verteilung der erwarteten Gewinne und Verluste zwischen den Kooperationspartnern bestimmt deren Bereitschaft zu kooperieren. Sowohl Positiv-, als auch Negativ- und Nullsummenspiele sind etwa in Kooperationen entlang von Produktionslinien möglich.

Kommen bei ungleichen Kosten keine Ausgleichszahlungen zustande (Kaldor-Hicks-Kriterium), kann mögliche Kooperation insgesamt ausbleiben.

3. Die Höhe der Transaktionskosten (Verhandlungskosten, Implementationskosten etc.) ist ebenfalls relevant und kann gerade im Entsorgungsbereich prohibitiv hoch sein.

93 Ähnlich auch die These von Meyerhoff, Petschow, 1996 b.

94 Ich folge in der Darstellung Zundel et al., 324 f.

4. Die Risikoeinschätzung in bezug auf eine Kooperation (Vertrauenswürdigkeit der Partner, kartellrechtliche Probleme, Optimierung gegenüber Innovation) ist eine weitere Erfolgsbedingung für das zwischenbetriebliche Stoffstrommanagement.

5. Schließlich hat die Verteilung von Marktmacht entlang der Wertschöpfungskette einen erheblichen Einfluß auf das Gelingen von Kooperation. Ohne die dominanten Akteure können Kooperationen kaum zustande kommen.

Und aus dynamischer Perspektive sind folgende Faktoren hinzuzufügen:

6. Eine ökologisierte Endnachfrage hat erheblichen Einfluß auf das Entstehen von Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette, wobei die direkt mit der Endnachfrage konfrontierten Händler/Unternehmer stärkeren ökonomischen Druck verspüren, ohne allzu große ökologische Optimierungspotentiale zu haben. Unternehmen am Beginn der Wertschöpfungskette weisen demgegenüber größere Optimierungspotentiale auf, haben jedoch geringere ökonomische Anreize, die Optimierungspotentiale auch auszuschöpfen.

7. Die politische Internalisierung externer Effekte - insbesondere durch die Verschärfung der Abfallgesetzgebung und die Verteuerung natürlicher Ressourcen - schaffen einen Anreiz zum Management von Stoffströmen, wenn man zwar von den damit verbundenen Kosten betroffen ist, jedoch nicht über die möglichen Optimierungspotentiale disponieren kann.

Ein selbstorganisiertes Stoffstrommanagement könnte sich vor allem in solchen Bereichen einstellen, wo sich durch First-Mover-Vorteile oder Skalenerträge (economics of scale) gruppale Kollektivgüter bilden können. Diese würden sich zusätzlich zu bestehenden ökonomischen Strukturen entwickeln: Im Stoffstrommanagement sind neben den traditionellen horizontalen Verbandsstrukturen (der Branchen) als organisatorische Innovation auch vertikale Kettenstrukturen (zwischen Branchen) zu erwarten. Bestehende horizontale Verbandsstrukturen würden im Stoffstrommanagement durch vertikale ergänzt werden. Derartige Kettenverbände weisen im allgemeinen Netzwerkstrukturen auf.

Die Entstehung solcher Verbände läßt sich zuerst für den Bereich der Normierung erwarten, wo TÜV und DIN als Beispiele für gelungene Selbstregulation genannt werden. S. Frick hat die Hoffnung geäußert, daß sich hier ein einheitliches Informationssystem (MIPS oder Integrated Substance Chain Management) durchsetzen könnte (Frick, 1996, 312 ff). Dies könnte potentiell bereits gemeinwohlförderlich im Sinne einer Dematerialisierung sein. Aber schon für etwas komplexere Verhandlungssysteme kann aufgrund von Erfahrungen aus anderen Politikfeldern eine Störung der funktionalen, ökonomischen Selbstregulation erwartet werden.

In der Produktion wird das Materialinput der Wirtschaft von Firmen weiterverarbeitet. Es entstehen neue Stoffe und Produkte, über welche zunächst einmal die Hersteller alle relevanten Informationen besitzen. Das Management der Stoffströme setzt bei den Firmen an und hält diese dazu an, freiwillig Informationen über Stoffströme zu sammeln und entlang der Produktionsketten miteinander zu kooperieren. Das Management von Stoffströmen ist erst einmal Aufgabe der wirtschaftlichen Akteure. Der Staat kann dies unterstützen, indem er die Bedingungen des

Stoffstrommanagements gestaltet. Dazu gehörenvor allem auch einheitliche Standards, die mikro- und makroökonomische Zielsetzungen miteinander verbinden.95 In Teilen ist das Stoffstrommanagement über Öko-Audit und Produktnormen bereits Bestandteil der Umweltpolitik geworden. Erfolgreiche politische Steuerung (zum Management einzelner Stoffe) könnten die Umweltpolitik insgesamt beleben, indem sie die Motive der Akteure fördert, allokationseffiziente Instrumente zu implementieren. Daraus läßt sich jedoch kein mikroökonomisches Primat nachhaltiger Entwicklung ableiten.

Zwar vermengen sich bereits im Konzept des Stoffstrommanagements ökonomisches und politisch-administratives System (vgl. BT, 1993), doch das Stoffstrommanagement verfolgt eine rein prozedurale, im Wesentlichen nicht-hierarchische Steuerung, die sich auf die Bewältigung produktionsspezifischer Probleme ausrichtet. Eine Politik der Dematerialisierung (absolute Reduktion des Stoffstroms) geht dagegen erkennbar über ein solches Stoffstrommanagement hinaus. Allerdings übersteigt auch die Komplexität der Input-Stoffströme in einigen Bereichen (noch) die Informationsbasis des Staates.

Sofern Stoffströme unter dem Wachstum der Wirtschaft weiter quantitativ und qualitativ anschwellen, wird die Implementation von Umweltpolitik zunehmend schwieriger. Nur innerhalb eines ökonomisch-ökologischen Ordnungsrahmens läßt sich die Anreizstruktur des Wirtschaftssystems durch die Abschaffung ökologisch falscher Subventionen und durch am Input ansetzende Steuern/Zertifikaten nachhaltig verändern. Dazu bietet sich das MIPS-Konzept an. Das Materialinput wird als Umweltbelastungspotential einer Volkswirtschaft verstanden, das durch eine Energiesteuer und ergänzenden Stoffsteuern/-zertifikate gesenkt werden kann. Eine Inputsteuerung entlastet die konventionelle, einzelfallorientierte Umweltpolitik und steht zwar über eine konstante Materialbilanz noch im Zusammenhang zum Verursacherprinzip, verweist jedoch stärker auf das Vorsichtsprinzip, welches bereits die Theorie präventiver Umweltpolitik mitbegründete (vgl.

Simonis, 1988).

Theoriengeschichtlich steht das MIPS-Konzept nicht in direktem Zusammenhang zu präventiver Umweltpolitik. Es kann gegenüber Umweltpolitik allgemein eine gewisse Unabhängigkeit geltend machen, denn es entspringt dem universalen Nachhaltigkeitsdiskurs und bezieht sich als ordnungspolitische Theorie einer ökologischen Wirtschaftspolitik auf das ökonomische System insgesamt. Dennoch impliziert es keine Nachhaltigkeitspolitik, welche die ökologisch-ökonomische Zielfindung externalisiert und damit die Umweltpolitik von den Füßen auf den Kopf zu stellen beabsichtigt (so Weiß, 1996). Sie ist auf ihr entgegenkommende Lebensformen angewiesen und begründet sich nicht mit endogenen, pareto-aggregierten Präferenzen, die Politik und Ökonomie in Eins setzen. Inwieweit innerhalb eines ökonomisch-ökologischen Ordnungsrahmens dann Negativsummenpolitiken zustimmungs- und implementationsfähig sein können, ist keine Frage per

95 Zur betriebswirtschaftlichen Anwendbarkeit des MIPS-Konzepts vgl. Haake, 1999.

se konsumatorischer Präferenzen, sondern eine des institutionellen Arrangements und der sozialwissenschaftlichen Empirie.96

Eine ökologische Wirtschaftspolitik der Nachhaltigkeit wäre ein historisches Novum. Die funktionale Differenzierung der Moderne ist vom politisch-administrativen und vom kapi-talistischen, ökonomischen System bestimmt. Die Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften erfolgte bis vor drei Jahrzehnten ohne Beobachtung der Veränderungen in der Umwelt, da sich das kapitalistische Wirtschaftssystem vermeintlich weitgehend geschlossen reproduzierte. Gleichzeit aber steht das ökonomische System im stofflich-energetischen Austausch mit der natürlichen Umwelt und produziert so Umweltprobleme. Bisher hat sich keine dauerhafte reflexive ökologische Kommunikation ausdifferenziert, welche die Reproduktion der gesellschaftlichen Subsysteme langfristig sichern könnte. Nach Luhmann ist dies auch nicht zu erwarten. Gleichzeitig aber wächst der mit den ökologischen Problemen verbundene Problemdruck: In den meisten westlichen Industrieländern steigen seit mehreren Jahrzehnten die externen Kosten schneller als die Wohlfahrtseffekte (vgl. Leipert, 1989). Dies erweist sich als schleichende Gefährdung der gesellschaftlichen Differenzierung. Im Gegensatz zur Diskurstheorie ist die Systemtheorie aufgrund der Konstruktion ihrer Theorie nicht in der Lage, dieser Gefahr zu begegnen.

Hinterberger und Welfens (1996) haben aufgrund der Schwäche outputorientierter Umweltpolitik, langfristige Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen, eine inputorientierte Umweltpolitik gefordert, die bei der Reduktion von Stoffströmen ansetzt. Dies kann als originäre Politik der Nachhaltigkeit angesehen werden. Als Gründe für eine inputorientierte Umweltpolitik nennen sie, daß diese

• bei den Ursachen ansetze,

• die ökologischen Auswirkungen von menschlichen Aktivitäten umfassend analysieren könne,

• begrenztem ökologischem Wissen besser gerecht werden,

• effizienter sei als konventionelle Umweltpolitik,

• Anreize für ressourcensparenden technischen Fortschritt (von der Rohstoffentnahme bis zur Entsorgung) schaffe,

• wettbewerbsfördernd und damit innovationsstimulierend sei,

• Produzenten und Konsumenten bessere Informationen über ihre Umweltbelastungen erhielten,

• und die Daten im Bereich der (potentiellen) Umweltbelastung einfacher zu erfassen seien.

Diese Punkte deuten auf eine an Stoffströmen ausgerichtete Nachhaltigkeitspolitik hin, welche auf die Unterstützung freiwilliger Veränderungen und Veränderung der marktwirtschaftlichen

96 So verweisen F. Hinterberger und F. Luks (1998) auf die Notwendigkeit, mit den drei Dimensionen von Nach-haltigkeit (Soziales, Ökologie, Ökonomie) Politikziele zu verbinden, die sich praktisch umsetzen lassen. Sie nennen Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Reduktion des Materialinputs als interdependente Politikziele und erweitern das Dreieck der Nachhaltigkeitsdimensionen zu einer Pyramide mit dem institutionellen Arrangement als (nichthierarchische) Spitze.

Anreizstrukturen hinwirkt. Als Instrumente einer derartigen Politik kommen Produktkenn-zeichnungen, Öko-Audit, Erziehung und Weiterbildung aber auch veränderte Eigentumsrechte entlang der Nutzung von Gütern (Rücknahme- und Entsorgungspflichten) in Betracht.

Für Akteure des ökonomischen Systems weist ein ökologischer Ordnungsrahmen auf Basis eines gesellschaftlich näher zu bestimmenden Dematerialisierungsziels Vorteile gegenüber dem umweltpolitischen Status Quo auf (vgl. Hinterberger et al., 1996, 265 f):

• In der koevolutionären Perspektive ist offensichtlich, daß nicht nur das wachsende ökono-mische System die Umwelt transformiert, sondern daß die veränderte Umwelt ihrerseits auf den ökonomischen Prozeß zurückwirkt. Eine Dematerialisierung verringert das Risiko zu-künftiger Umweltschäden und des damit verbundenen Risikos für die Akteure des ökono-mischen Prozesses.

• Die mit der Dematerialisierung verbundene Rahmensetzung sichert die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte und erleichtert langfristige Investitionsentscheidungen, da ex-post durchzuführende umweltpolitische Maßnahmen unwahrscheinlicher werden.

• Bei fortgesetztem ökonomischen Wachstum wird die Umweltpolitik zu einem Netz von Regulierungen führen, das die Freiheitsgrade der einzelnen Akteure verringert. Dagegen impliziert eine Dematerialisierung eine vergleichsweise geringe Regulationsdichte.

• Eine Politik der Dematerialisierung erfordert eine strikte Wettbewerbspolitik, da sie auf effizienzsteigernde Innovationen angewiesen ist.

• Ein ökologischer Rahmen der Dematerialisierung schafft größere unternehmerische Hand-lungsspielräume, da er keine Vorgaben hinsichtlich von Technologien und ökonomischen Strukturen macht.

Als weitgehend kostenloses oder mit zu geringen Kosten belegtes Gut tritt das Ziel eines nach-haltig genutzten Naturhaushalts weder als Produktionsfaktor noch als qualitativer Bestandteil des Produktionsergebnisses in Erscheinung.

Die Inanspruchnahme von Leistungen des Naturhaushaltes substituiert umgekehrt sogar die kostenwirksamen Faktoren Kapital und Arbeit und entlastet die Unternehmen. Gleiches gilt für das soziale Kapital einer Gesellschaft. Die betriebliche Rationalität einer Kostensenkung durch Externalisierung steht somit in einem Spannungsverhältnis zu dem Ansatz der Internalisierung externer Kosten. So erklärt sich der vermeintliche Widerspruch zwischen steigender Produktivität bei gleichzeitig steigenden Folgekosten: sie sind Zwillingserscheinungen, solange keine ordnungspolitische Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen erfolgt.

(Bleischwitz, 1998, 97 f)

Solange die Steigerung der Arbeitsproduktivität zentrale Größe für das ökonomische System ist, wird die wirtschaftspolitische Zielsetzung eines hohen Beschäftigungsstandes weiterhin einen großen Wachstumsdruck ausüben. Dies würde sich ändern, wenn der technologische Fortschritt auf die Steigerung der Ressourcenproduktivität ausgerichtet werden könnte.

Die makroökonomische Analyse des GMA zeigt eine Entkoppelung von Wachstum und Ressourcenverbrauch. Dies kann zwar nicht als Bestätigung der Kuznet-Kurve-Hypothese angesehen werden, zeigt aber, daß in den Jahren 1960-1990 in der Bundesrepublik ein Anstieg der

Ressourcenproduktivität bereits ohne explizite politische Steuerung stattgefunden hat.

Vergleichsweise stärker stieg in diesem Zeitraum noch die Arbeitsproduktivität. Eine andere Ausrichtung des technischen Fortschritts weg von Arbeits- hin zu Ressourcenproduktivität erscheint angesichts der Relation zwischen Arbeitszeitentlastung und Einkommenszuwachs sehr wohl möglich (Hinterberger, Luks, 12 ff; Hans Böckler Stiftung, 2000). Dazu muß das Materialinput als Kostenfaktor mit Abgaben belastet werden.

Der Abgabenpfad einer solchen am Input ansetzenden Internalisierungsstrategie folgt nicht den kontingent auftretenden externen Kosten, sondern könnte mit Bleischwitz' Grenzproduk-tivitätstheorie verknüpft werden (vgl. Bleischwitz, 1998, 168 ff). Die Höhe des schrittweisen Preisanstiegs richtete sich autonom nach den durchschnittlichen Produktivitätsanstiegen und müßt nicht notwendigerweise wie beim Preis-Standard-Ansatz dem politischen System überantwortet werden. Dem Pfad des Preisanstiegs sollten langfristige Durchschnittswerte des Produktivitäts-anstiegs zugrunde gelegt werden. Die Stoffstromökonomik kann damit einen endogenen Pfad nachhaltiger Entwicklung für das ökonomische System aufzeigen. Das ist mit der Erwartung verbunden, daß sich eine stoffliche Politik der Nachhaltigkeit weitgehend unabhängig vom politisch-administrativen System vollziehen könnte. Gawels Einwand gegen eine Stoffstrom-ökonomik, daß diese eine undifferenzierte Tonnenreduzierung betreibe, weil sie "auf (im besten Sinne streng effizienzgeleitete) Bewertungsregeln umweltpolitischer Einschränkungen des Wirtschaftens" verzichte (Gawel, 1998, 184; zur Gegenkritik Hinterberger et al., 1999), kann also mit dem Verweis auf den Internalisierungspfad der Grenzproduktivitätstheorie entkräftet werden.

Auch wird die offene, normativ-politische Bewertungsfrage des MIPS-Konzepts in den Hintergrund gedrängt. Ein Steuerpfad entlang der Grenzproduktivitätszuwächse unterscheidet sich konzeptionell grundlegend vom Meritorisierungsansatz, denn dieser behandelt Natur ontologisch als öffentliches Gut während jener kognitiv auf das ökonomische System zurückverweist. Gleichwohl wird die politische Dimension nur entschärft, nicht aufgehoben, denn auch endogen ermittelte Steuern sind erst noch vom politisch-administrativen System zu implementieren.

Als Ergänzung zu den bekannten ökonomischen Instrumenten der Umweltpolitik sind Materialinputsteuern/–zertifikate (MISZ) vorgeschlagen worden.97 Diese würden sich zwischen eigentumsrechtlichen Formen der Inputsteuerung befinden (vgl. Ströbele, 1998), da sie weder originär am Aufkommen einer Knappheitsrente interessiert sind, noch sich auf Internalisierung von externen Effekten beschränken würden. Als rechtliche Bemessungsgrundlage von MISZs würde sich das jeweilige Materialinput einer Unternehmung oder Institution empfehlen (Stewens, 1996, 182 f). Der Steuersatz bzw. die Zertifikatentwertung würde entlang eines Pfades ansteigen müssen.

Stewens geht von einem unbestimmten, aber überproportionalen Anstieg aus. Nach Bleischwitz wäre die Grenzproduktivitätstheorie als Zielpfad heranzuziehen. Die Steuersätze für einzelne Stoffe

97 Vgl. dazu auch Bruvoll, Ibenholt, 1998, Bruvoll, 1998.

müßten die Steigerung der Ressourcenproduktivität unter Berücksichtigung von spezifischen Elastizitätsanalysen ermöglichen.98

Eine auf solche Weise über Steuern am Input ansetzende Politik der Nachhaltigkeit dürfte vielfältigen Widerständen und skeptischen Einsprüchen ausgesetzt sein (so Jänicke, 1998, 13 f;

Reijnders, 1999, 18 f). Dies wurde spätestens in der Debatte um die Ökosteuer deutlich, welche sich vom Preis-Standard-Ansatz abwendete und sich auf Makroneutralität reduzierte (Richter, 1995, 207 ff). Damit wurde das theoretisch neutrale Allokationsziel der Umweltökonomie mit der politischen Restriktion marktwirtschaftlicher Stabilität versehen und in der Folge immer mehr als Verteilungsproblem interpretiert. Daraus resultiert die Befürchtung, daß eine stabilitäts- und verteilungspolitische Neutralität, wie sie Stewens eingefordert hat, vom globalen Pfad der Nachhaltigkeit abweichen könnte, wenn die reale Substitution von Ressourcen durch institutionellen und technologischen Wandel keine Dematerialisierung zeitigt. Gelingende Nachhaltigkeit ist ein unsicheres Projekt, das sich massenwirksam entwickeln muß. Ihre rechtlichen Bedingungen und ihre öffentlich-politische Durchsetzbarkeit sind in den folgenden Kapiteln auszuführen.

98 Stewens weist darauf hin, daß Elastizitätsanalysen sich als schwierig erweisen würden, weil hinsichtlich der Produktion mit sektoral verzerrenden Durchschnittselastizitäten gearbeitet werden müßte und die Bestimmung der Nachfrageelastizität problematisch seien, weil sich die Materialinputs nicht direkt einzelnen Gütern zurechnen ließen; vgl. ebd., 184 Fn. 18.

4 Politisch-administratives System als Umweltstaat

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