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Das Stadtbuch als Forschungsproblem und die allgemeine

III. Das Wiener Handwerksordnungsbuch: Verwaltungsgeschichtlicher

III.1. Verwaltungsschriftwesen des Wiener Rats

III.1.1. Das Stadtbuch als Forschungsproblem und die allgemeine

Das Wiener Handwerksordnungsbuch gehört zur Quellengattung der Stadtbücher.

Der Begriff „Stadtbuch“ ist zeitgenössisch, auch das HWOB wird in den darin enthal-tenen Texten in der Regel als statpuch bezeichnet193. Geht man nach der klassischen De-finition Konrad Beyerles, so umfasst der Stadtbuchbegriff ein breites Feld: „Stadtbücher sind in Buchform geordnete schriftliche Aufzeichnungen städtischer Behörden seit dem Mittelalter. Sie stehen im Gegensatz zur losen Aktenführung der Neuzeit wie zu der Ein-zelurkunde194.“ Diese von Beyerle angesprochenen Aufzeichnungen sind jedenfalls enorm vielfältiger Natur: Mittelalterliche Stadtbücher können Ratssatzungen und -urteile, lan-desfürstliche Privilegien, Gerichtssachen, Finanzen und vor dem Rat geschlossene Rechts-geschäfte der Bürger (Testamente, Verpfändungen, Käufe und Verkäufe) enthalten195. Die Buchführung erfolgte entweder chronologisch fortschreitend oder nach einzelnen the-matischen Gruppen gegliedert196. Stadtbücher konnten einerseits als Mischbücher mit verschiedenen Betreffen oder als Spezialbücher für einzelne Bereiche der Stadtverwaltung geführt werden; die letztgenannte Entwicklung zeugt von einer immer differenzierter wer-denden Verwaltung im Laufe des Spätmittelalters197.

193 Schon im Vermerk zur Anlage der Handschrift wird der Bezug des HWOB (hier als das puch be-zeichnet) zu anderen älteren Stadtbüchern (eltern statpùchern) hergestellt, unter deren Heranziehung es entstan-den sei, vgl. Nr. 1; unten S. 53. Auch andere buchförmig geordnete Aufzeichnungen der städtischen Behörentstan-den werden in den meisten Fällen zeitgenössisch als statpuch bezeichnet, unter anderem das Eisenbuch. Letzteres erscheint im Jahr 1494 erstmals unter der heute gängigen Bezeichnung (als solh recht mit ausgedrukhten worten in unserm eysnen statbch begriffen wère), davor scheint es vereinzelt als grosses statpuch vom Rest der in Wien ge-führten Stadtbücher hervorgehoben worden zu sein, vgl. dazu Opll, Eisenbuch 7 Anm. 2; ders., Quellentypus 153. Auch im HWOB wird das Eisenbuch einmal in einer aus der Mitte des 15. Jhs. stammenden Ordnung als grosses statpuch angeführt, siehe Nr. 194 Art. 2.

194 Beyerle, Stadtbücher 146.

195 Geuenich, Stadtbücher 21–25; Weigl, Schriftlichkeit 258; Johanek, Art. Stadtbücher 1451; Kor-neuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 18.

196 Im HWOB treten beide Formen auf, siehe dazu unten S. 67.

197 Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 18.

Gerade die vielfältige Erscheinungsform sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht hat in der Vergangenheit immer wieder zu Versuchen geführt, Stadtbücher nach ihren Funktionen zu untergliedern und zu schematisieren198. Von Seite der Archivwis-senschaft werden Stadtbücher zur großen Gruppe der „Amtsbücher“ gerechnet. Ent-scheidende Merkmale sind – ähnlich wie in der Definition Beyerles – die buchförmige Aufzeichnung sowie die Entstehung im Verwaltungskontext. Für die Provenienz dieses buchförmigen Verwaltungsschriftguts kommen entweder Kirche, Landesherr oder – im Falle der Stadtbücher – die Stadt, also Rat und städtische Verwaltung, in Frage. Die Un-tergliederung der „Amtsbücher“ ist für jede Provenienzgruppe gleich: 1. Rechtsfixierung und -kodifizierung, 2. innere Verwaltungsführung, 3. Wirtschafts- und Finanzverwal-tung, 4. Rechtsprechung und freiwillige Gerichtsbarkeit199. Rechnungen lassen sich oft-mals nicht so eindeutig in den Bereich der städtischen Buchführung einordnen, da diese zum einen in Form von Einzelheften und nicht in der für die Definition eines Stadtbuchs so zentralen Buchform angelegt waren und zum anderen mitunter auch außerhalb der Kanzlei als Privataufzeichnungen der jeweiligen Amtsträger entstanden200.

Der Beginn des städtischen Schriftwesens in Mittel- und Westeuropa kann durch die seit Mitte des 12. Jahrhunderts auftretende und vereinzelt überlieferte Ausstellung städ-tischer Urkunden beobachtet werden, ist jedoch für diese Anfangszeit etwas verschwom-men. In den größeren Städten treten Stadtbücher jedenfalls seit dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts auf201. Eine sehr frühe Differenzierung des Schriftwesens ist beispiels-weise in Köln zu beobachten, wo seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert neben der Nie-derschrift von Rechtsgeschäften in Einzelurkunden auch buchförmige Aufzeichnungen zur Dokumentation der Spruchtätigkeit der Schöffen geführt worden sind. Außerdem wurden in den einzelnen Stadtvierteln die im Zuge von Immobiliengeschäften getätig-ten Zeugnisversprechen der Bürgergenossenschaft für einzelne Bürger auf sogenanngetätig-ten Schreinskarten festgehalten, die im frühen 13. Jahrhundert durch Pergamentlagen er-setzt und in weiterer Folge zusammengebunden wurden202. Die frühesten Zeugnisse der Schriftlichkeit des Kölner Rats, der erst ab 1268 die Schöffen aus der führenden Stellung im Stadtregiment verdrängen konnte, datieren aus der der Zeit um 1300203. Die Anlage des Eidbuchs im Jahr 1321, in dem Texte von Verfassungsrang eingetragen wurden, auf die neu eintretende Ratsherren einen Eid leisten mussten, kennzeichnet schließlich einen Meilenstein in der konzeptionellen Anlage der Kölner Stadtbücher, da erstmals länger gültige, für die Ratsverfassung unerlässliche Rechtstexte von Alltagsgeschäften getrennt niedergeschrieben wurden204. Um und nach 1335 ist eine zunehmende Differenzierung

198 So schlägt z. B. Geuenich, Stadtbücher 26, eine Zwei- bzw. Dreiteilung vor: 1. Bücher des Rats, 2. Bücher des Gerichts, 3. Bücher der Finanzverwaltung (die von den allgemeinen Ratsbüchern abgrenzbar sind). Beyerle, Stadtbücher 192–198, spricht sich für ein Fünferschema aus: 1. Ämterwesen und Bürgerge-meinde, 2. Stadtverwaltung, 3. Rechtsprechung vor Gericht und Rat, 4. Freiwillige Gerichtsbarkeit, 5. Städti-sches Finanzwesen. Vgl. dazu auch Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 18.

199 Hartmann–Kloosterhuis, Amtsbücher 43f.; Hochedlinger, Aktenkunde 33f.

200 Gruber, Verwaltungspraxis 199f.; Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 19.

201 Isenmann, Stadt 434.

202 Pitz, Schrift- und Aktenwesen 35–38, 59f.; Groten, Schriftwesen 549f.; Militzer, Schreinsbü-cher passim.

203 Groten, Schriftwesen 552. Es wurde bereits in dieser Zeit ein Stadtbuch angelegt, das jedoch nicht mehr im Original erhalten ist.

204 Pitz, Schrift- und Aktenwesen 453, sieht in der Anlageform des Eidbuchs sogar eine „Neuschöp-fung“, wenngleich er davon ausgeht, dass die Ratsschriftlichkeit erst mit diesem Buch beginnt; gegen diese Ansicht argumentiert Groten, Schriftwesen 553.

bemerkbar: Neben dem Eidbuch, das noch zur Kategorie des Mischbuchs gezählt werden kann, wurden – aufbauend auf wohl bereits ältere, bis in die 1320er Jahre reichende Vor-läufer – ein Buch zur Niederschrift von Ratsbeschlüssen und ein Register geführt, das aus-laufende Schriftstücke aller Art verzeichnete205. Die Buchführung der Finanzverwaltung der Stadt erfolgte wahrscheinlich seit zumindest 1318 und durchlief eine im gesamten Spätmittelalter vom Schriftwesen des Rats weitgehend unabhängige Entwicklung206.

Die Zeit um 1300 markiert auch in anderen Städten des Heiligen Römischen Reichs den Beginn bzw. die stetige Zunahme des Schriftwesens207. In Nürnberg wurde beispiels-weise im Jahr 1285 ein sogenanntes Achtbuch angelegt, in das die vom Schultheißgericht ausgesprochenen Ächtungen bzw. auch Verbannungen auf Grundlage von Entscheidun-gen autochthoner kommunaler Gerichte eingetraEntscheidun-gen wurden208. Im Jahr 1302 begann schließlich der Nürnberger Rat mit der Anlage eines inhaltlich vermischten Ratsbuchs, des sogenannten „Satzungsbuchs“, das sich wiederum um 1340 in einem ersten Schritt und – mit weiteren Differenzierungen – um 1385 in mehrere Spezialbücher aufspaltete209. In Lübeck wurde bereits ab 1227 – ein Jahr nach der Erhebung zur freien Reichsstadt – ein Stadtbuch (liber civitatis) gemischten Inhalts geführt210. Ab ca. 1277 wurde zwischen dem liber hereditatum für Grundstücksgeschäfte sowie dem liber debitorum für Aufzeich-nungen über private Schuldverhältnisse und Verpfändungen von Grundstücken geschie-den. Aufgrund der unterschiedlichen Aufbewahrungsorte der beiden Bände setzten sich im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts die Bezeichnungen „Oberstadtbuch“211 für den liber hereditatum und „Niederstadtbuch“212 für den liber debitorum durch. Auch die An-fänge kommunaler Schriftlichkeit in Augsburg datieren in die Zeit zwischen dem ersten

205 Groten, Schriftwesen 558f.; Pitz, Schrift- und Aktenwesen 453, gibt die sich aus dem ältesten Eidbuch ergebende Serienspaltung mit den Jahren um 1325/26 an. Vgl. auch die Edition: Beschlüsse, ed. Gro-ten–Huiskes.

206 Pitz, Schrift- und Aktenwesen 88–97, 453; Groten, Schriftwesen 559f. Die Rechnungsbücher sind erst seit 1370 erhalten, ein Schreiber der für die Finanzen zuständigen Rentmeister tritt jedoch seit 1318 quellenmäßig in Erscheinung.

207 Vgl. hierzu vor allem die eingehenden Untersuchungen von Herrmann, Schriftlichkeit 304–337, auf Basis von Erstbelegen städtischer Siegel, die jedoch nicht immer zwingend voraussetzen, dass das betref-fende Schriftstück, an dem das Siegel hängt, auch in einer städtischen Kanzlei geschrieben wurde. Herrmann konstatiert ein West-Ost-Gefälle in Bezug auf die Entwicklung kommunaler Schriftlichkeit, ausgehend von der zweiten Hälfte des 12. Jhs. in Nordfrankreich und Flandern. Aus seinen Untersuchungen ergibt sich ein sprunghafter Anstieg der Nachweise städtischer Siegel im Heiligen Römischen Reich zwischen 1220 und 1260 und eine stetig steigende Verbreitung bis 1310/11; siehe auch Kluge, Macht 46f.; Isenmann, Stadt 434. Einen breiten Blick auf das Phänomen der städtischen Schriftlichkeit im Spätmittelalter unternehmen die beiden Sammelbände zu „Medieval Urban Literacy“: Writing, hg. von Mostert–Adamska; Uses, hg. von dens.

208 Pitz, Schrift- und Aktenwesen 159f.; Isenmann, Stadt 436; Edition: Acht-, Verbots- und Fehde-bücher, ed. Schultheiss passim und bes. 16f. für eine Aufstellung von spätmittelalterlichen Achtbüchern von Städten des Heiligen Römischen Reichs.

209 Pitz, Schrift- und Aktenwesen 161–178, 454f.

210 Pitz, Schrift- und Aktenwesen 455f.; Peters, Kanzleisprache 349; Isenmann, Stadt 434.

211 Pitz, Schrift- und Aktenwesen 406; Peters, Kanzleisprache 350; vgl. zum Quellenwert dieser Grundbücher auch Hammel, Hauseigentum passim.

212 Pitz, Schrift- und Aktenwesen 412f.; Peters, Kanzleisprache 350; Isenmann, Stadt 438; jetzt auch rezent: von Seggern, Quellenkunde 45–62 und passim, für eine weitreichende formale und inhaltliche Analyse der Lübecker Niederstadtbücher des 15. Jhs. Ab der Mitte des 14. Jhs. erweiterten sich die Rechtsgegenstände, die im Niederstadtbuch eingetragen wurden, wie z. B. Materien familien- und erbrechtlicher Natur und – seit dem beginnenden 15. Jh. – auch Ratsentscheidungen in Zivilprozessen, vgl. Pitz, Schrift- und Aktenwesen 413; Simon, Lübecker Niederstadtbuch Charakterisierung 70–78; von Seggern, Quellenkunde 165–191. Das von 1363 bis 1399 reichende Lübecker Niederstadtbuch ist ediert: Lübecker Niederstadtbuch, ed. Simon.

Drittel des 13. Jahrhunderts und dem beginnenden 14. Jahrhundert. Der älteste Nach-weis des Siegels der Augsburger Bürgerschaft stammt aus dem Jahr 1234, 1276 wurde ein Stadtrechtsbuch konzipiert213. Zwei Kodizes aus der Zeit um 1300 zeugen schließlich vom zunehmenden Aufkommen buchförmiger Verwaltungsschriftlichkeit in Augsburg:

Zum einen wurde im Jahr 1288 ein Bürgerbuch angelegt, in dem Neuaufnahmen von Bürgern bzw. Wiedereinbürgerungen verzeichnet wurden, jedoch keine Personen, die das Bürgerrecht durch Heirat oder durch Erbfall erlangt hatten214. Zum anderen kam es ab 1302 zur Führung eines Achtbuchs215. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts differen-zierte sich das Stadtbuchwesen Augsburgs immer mehr aus, unter anderem wurden ab 1320 Rechnungsbücher, ab 1346 auch Steuerbücher angelegt. Ab 1358 führte die Stadt ein Ausgangsregister, um der stetig steigenden Anzahl an ausgestellten Urkunden und an Briefkorrespondenzen Herr zu werden; auch ein Kopialbuch wurde angelegt216.

Blickt man nun in das Gebiet des Wiener Raums bzw. des heutigen Niederösterreichs, so kann eine zunehmende Schriftlichkeit in den meisten (Klein-)Städten erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts festgestellt werden – Wien, dem zweifelsohne eine Vorreiterrolle in diesem Gebiet zukommt217, ausgenommen218. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts begann auch die Verwaltung in kleinen österreichischen Städten mit der Anlage von Stadtbü-chern, allen voran Waidhofen an der Thaya, dessen statpuech – wie es in der Quelle selbst bezeichnet wird – eine Handschrift gemischten Inhalts darstellt219. Im Laufe des 15. Jahr-hunderts werden die Hinweise auf in österreichischen Städten geführte buchförmige Ver-waltungsschriften immer dichter220. Erhalten haben sich unter anderem Bücher in Kor-neuburg221, Tulln222, Wiener Neustadt223, Mautern224, Retz225, Ybbs226, Waidhofen an der

213 Kluge, Macht 29, 57–90.

214 Kalesse, Bürger 57; Kluge, Macht 29.

215 Vgl. Schmid-Grotz, Achtbuch bes. 303–335 (Tabelle der Eintragungen); Kluge, Macht 29, 91–109.

216 Kluge, Macht 138–237.

217 Stowasser, Stadtbuch Waidhofen/Thaya 27f., sieht in den Wiener Stadtbüchern eine Vorbildfunk-tion für andere Städte im Wiener Rechtskreis, wodurch buchförmiges Verwaltungsschriftgut in diesem Raum zur allgemeinen Erscheinung geworden sei. Auch wenn die zeitliche, bis in die erste Hälfte des 14. Jhs. zurück-reichende Vorreiterrolle Wiens unbestreitbar ist, so waren Stadtbücher wohl prinzipiell eine allgemeine Erschei-nung und nicht nur aufgrund des Wiener Vorbilds, vgl. Weigl, Schriftlichkeit 260 Anm. 48; Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 20.

218 Zu den dortigen Entwicklungen siehe ausführlich unten S. 47–54.

219 Ediert bei Stowasser, Stadtbuch Waidhofen/Thaya 40–102; vgl. auch Weigl, Schriftlichkeit 260;

Ernst, Stadtbücher 505; Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 20.

220 Vgl. die Auflistungen bei Weigl, Schriftlichkeit 260f.; Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 20f.

221 Testamentenbücher I und II (1401–1493), erstes Buch angelegt im Jahr 1405: Bücherverzeichnisse, ed. Uiblein 15–34 (Teildruck); Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch (Testamentenbuch I von 1401–

1444); weiters noch mehrere Grundbücher und zwei Stadt(rechts)bücher, vgl. zur Überlieferung ebd. 47–54.

222 Testamentenbücher I und II (1414–1538): Bücherverzeichnisse, ed. Uiblein 35–52 (Teildruck);

weiters noch ein vermischtes Stadtbuch (ab 1426), ein Grundbuch und ein Weisbuch, vgl. Stowasser, Stadt-buch Waidhofen/Thaya 31–35; Lackner, Dokumentation 121f.; Korneuburger StadtStadt-buch, ed. Holzner-To-bisch 20 Anm. 56.

223 Ratsbücher I und II (1431–1525): Staub, Bürgertestamente passim; Bücherverzeichnisse, ed. Uib-lein 53–64 (Teildruck); FRA III/13 (Druck der Handwerksordnungen); Hofmann, Wiener Neustädter Rats-bücher passim; weiters noch ein Satzbuch, ein Gewerbuch und ein Stadtrechtsbuch, vgl. Lackner, Dokumen-tation 129f.; Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 20 Anm. 56.

224 Stadtbuch (1432–1550): Demelius, Stadtbuch Mautern passim, jedoch nur mit Berücksichtigung von Testamenten.

225 Stadtbuch (1449–1500): Stowasser, Stadtbuch Retz 129–148.

226 Stadtbuch (1468–1532): Fuchs, Beiträge 81–88.

Ybbs227 und St. Pölten228. Verlorene Bücher, die sich aus Nennungen in anderen Quellen erschließen lassen, sind für Hainburg, Klosterneuburg, Weitra, Krems und wahrschein-lich Laa an der Thaya nachweisbar229. Schriftstücke aus der Finanzadministration kennt man unter anderem aus Krems und Weitra230. Auch für Österreich ob der Enns sind für das späte 14. und das 15. Jahrhundert diverse Zeugnisse städtischer Schriftlichkeit erhal-ten oder zumindest erschließbar231. Entgegen der verbreiteten Meinung, dass gerade für Kleinstädte die Führung eines Mischbuchs typisch sei232, zeigt die Überlieferung Nieder- und Oberösterreichs eine meist durchwegs praktizierte Differenzierung zwischen einzel-nen Spezialbüchern und gerade in den größten Städten wie Wien und Wiener Neustadt eine Parallelführung von Büchern mit gemischtem Inhalt und von gesonderten Hand-schriften. Dass im gesamten 15. Jahrhundert beide Formen gleichzeitig auftraten und erst in der Frühen Neuzeit eine konsequentere Spezialisierung in Form von Ratsprotokollen erfolgte, ist daher anzunehmen233.

Zum Schluss sei noch auf die nicht nur in geographischer Hinsicht, sondern auch in Bezug auf die Entwicklung des Schriftwesens enge Verbindung zwischen Wien und Bratislava/Pressburg hingewiesen. Anfänglich waren Rat und Bürger von Pressburg bei der Urkundenproduktion noch stark vom Pressburger Kollegiatkapitel abhängig, das es seit dem letzten Drittel des 13. Jahrhunderts schaffte, im Vergleich zu den Pressburger Gespanen – den Vertretern des ungarischen Königs in den Gespanschaften (comitatus) – eine deutlich höhere Zahl an Urkunden auszustellen; das Kollegiatkapitel – bzw. der bei ihm wirkende locus credibilis (glaubwürdiger Ort) – entwickelte sich in dieser Zeit zur führenden öffentlichen Institution der Beurkundung von Rechtsgeschäften im Press-burger Raum234. Nach einer Übergangsperiode in den ersten Jahrzehnten des 14.

Jahr-227 Hier wurden nachweislich ab den 1470er Jahren diverse Spezialbücher geführt, vgl. Bücherver-zeichnisse, ed. Uiblein 13 Anm. 25; Weigl, Schriftlichkeit 262–267. Eine Sonderstellung nimmt das Anfang des 16. Jhs. angelegte „Memorabilienbuch“ ein, das als reine Sammelhandschrift einen Rückgriff auf den alten Typus des Mischbuchs darstellt, dem jedoch der rechtssichernde Aspekt für die Waidhofener Bürger fehlt. Auf-genommen wurden hier bis in die 1490er Jahre zurückreichende Texte, denen der Rat offenbar eine bestimmte Bedeutung für die Stadt zumaß. Die Anordnung der Texte erfolgte weder chronologisch noch systematisch. Vgl.

dazu Weigl, Schriftlichkeit 261; ediert in: Buzanich, Memorabilienbuch.

228 Im Jahr 1991 wurde das 1438 angelegte Stadtbuch von St. Pölten, das hauptsächlich Bürgertesta-mente enthält, wiedergefunden, vgl. Gutkas, Stadtbuch passim; weiters haben sich noch ein weiteres vermisch-tes Stadtbuch und Urbare erhalten, ein Satzbuch und ein Weisbuch dürften verloren gegangen sein, siehe ebd.

81; Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 20f. Anm. 57.

229 Weigl, Schriftlichkeit 261; Korneuburger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 20.

230 Krems: zu den Richterrechnungen von 1462 bis 1478 vgl. Mandl-Neumann, Alltagskriminalität passim; zu den Stadtbaumeisterrechnungen von 1457 bis 1459: Jaritz, Rechnungen passim; zu den Spitalmeis-terrechnungen von 1459 bis 1461: ders., Arme Leute passim. Zu Baurechnungen aus Weitra: Knittler, Bauen 1; ders., Bauen 2.

231 Weigl, Schriftlichkeit 261; Lackner, Dokumentation 139–191; Ernst, Stadtbücher 505; Korneu-burger Stadtbuch, ed. Holzner-Tobisch 21 Anm. 68. Erhaltene Stadtbücher lassen sich in Gmunden und Vöcklabruck finden, verloren – aber erschließbar – sind Stadtbücher aus Enns, Freistadt und Linz. Wahrschein-lich noch kurz vor der Erhebung zur Stadt am 27. August 1491 wurde das Marktbuch von Grein angelegt, vgl.

Kaar, Greiner Marktbuch passim. Vgl. zu den Baurechnungen aus Freistadt von 1389–1392 Gruber, Raittung passim; zum Schriftwesen Freistadts dies., Verwaltungspraxis passim.

232 Hartmann–Kloosterhuis, Amtsbücher 72.

233 Korneuburger Stadtbücher, ed. Holzner-Tobisch 21. Zu Ratsprotokollen allgemein vgl.

Scheutz–Weigl, Ratsprotokolle passim, und unter anderem die Edition: Zwettler Ratsprotokolle, ed. Her-mann–Moll–Scheutz–Weigl.

234 Šedivý, Anfänge 87–89; ausführlich: ders., Schriftkultur 48–134.

hunderts, in dem die Stadtvertreter vereinzelt eigenständig bzw. gemeinsam mit dem Kapitel Urkunden ausstellten oder besiegelten235, schaffte es der Pressburger Stadtrat ab den 1340er Jahren aus dem Schatten des Kollegiatkapitels hervorzutreten. Ab den späten 1340er Jahren ist eine selbstständige Urkundenausfertigung der Stadt anzunehmen, ein Stadtschreiber ist jedoch erst für das Jahr 1364 namentlich genannt236. In diesem Jahr wurde auch die Führung des ersten Pressburger Stadtbuchs – in der Forschung aufgrund der Konzentration des Inhalts auf Finanzangelegenheiten als „Wirtschaftsbuch“ bezeich-net – begonnen237.

Nach mehreren Büchern gemischten Inhalts begann ab den 1420er/30er Jahren eine für ungarische Verhältnisse sehr frühe Differenzierung der Stadtbücher: Es wurden Achtbücher (1435–1519) für die Verzeichnung von Kapitalverbrechern, Grundbücher und Satzbücher (1439; 1429–1492; 1439–16. Jh.), Stadtrechtsbücher (stufenweise im Laufe des 15. Jahrhunderts), Kammeramtsrechnungen (neben Fragmenten aus dem 14.

Jahrhundert ab 1434), Steuerbücher (1415/16, 1420 und weiter im 15. Jahrhundert), Spitalbücher (ab 1441) und Zollbücher (1457) angelegt238. Die Gründe für diese bemer-kenswerte Vielfalt an Spezialbüchern sind zahlreich. Neben der – wohl auch für andere Städte anzuführenden – leichteren Auffindbarkeit und zentralen Verwahrung der Bücher sowie dem wirtschaftlichen Aufschwung und der oftmaligen Präsenz des Königs und sei-ner Kanzlei in der Stadt war es vor allem auch die geographische Nähe zu Wien, die einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Pressburger Schriftwesen hatte. Das ab 1439 angelegte Grundbuch sowie die Rechnungsbücher von Pressburg orientierten sich beispielsweise in ihrer Anlage stark am vergleichbaren Wiener Vorbild; auch wurde so manche Handwerksordnung auf Grundlage eines Wiener Beispiels erstellt239.

Zusammenfassend kann also die Entwicklung städtischer Schriftlichkeit im Falle Kölns bis in das 12. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Neben der Ausstellung von Ein-zelurkunden waren es vor allem die erstmals in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhun-derts nachweisbaren Stadtbücher, welche das Schriftwesen der städtischen Verwaltung prägten. Wie an den oben genannten Beispielen zu sehen ist, wurden anfangs oftmals Bü-cher vermischten Inhalts angelegt, die sich später mit der Vermehrung der Zuständigkeits-bereiche und der wachsenden Autonomie bzw. Durchsetzung des Rats als rechtssichernde und rechtsetzende Instanz in mehrere Spezialbücher aufspalteten. In Österreich unter und ob der Enns lassen sich – mit Ausnahme von Wien – Stadtbücher erst gegen Ende des 14.

235 Die älteste selbstständig vom Stadtrichter und der Stadtgemeinde Pressburgs ausgestellte Urkunde datiert von 1311; sie wurde jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Kapitel ausgefertigt, vgl. Šedivý, An-fänge 90, 110 Abb. 1a; FRA III/21/1 12.

236 Šedivý, Anfänge 101; Goda–Majorossy, Selbstverwaltung 86f.; FRA III/21/1 14. Die zweite Hälfte des 14. Jhs. markiert ebenso die Zunahme der deutschen Sprache in den Pressburger Urkunden, bis dieselbe im 15. Jh. zur vorherrschenden Sprache der Pressburger Urkundentexte wird; die offizielle Sprache des Kapitels als locus credibilis blieb weiterhin Latein, siehe Šedivý, Anfänge 97–99; rezent (mit einem Überblick über weitere deutschsprachige Urkunden in Ungarn): Németh, Deutsche Kanzleisprachen bes. 224–237.

237 Šedivý, Anfänge 92; ders., Schriftkultur 124; Goda–Majorossy, Selbstverwaltung 89; FRA III/21/1 15.

238 Vgl. konzise: Goda–Majorossy, Selbstverwaltung 91–99; FRA III/21/1 15f.

239 Goda–Majorossy, Selbstverwaltung 91; FRA III/21/1 16. Siehe zu den im Jahr 1438 neu konzi-pierten Wiener Grund- und Satzbüchern ausführlich unten S. 52f. Aufgrund der geographischen Eingrenzung der Aufnahme von Parallelüberlieferungen auf österreichische – und hier vor allem Wiener und niederösterrei-chische – Beispiele (siehe dazu unten S. 177) wurden keine Pressburger Handwerksordnungen eingesehen. Ein eingehender handwerksgeschichtlicher Vergleich der beiden Städte wäre wohl Inhalt einer eigenen umfangrei-chen Studie.

Jahrhunderts vereinzelt und dann im 15. Jahrhundert zunehmend feststellen. Die öster-reichischen Kleinstädte führten jedoch, vielleicht auch aufgrund des verhältnismäßig spä-ten Einstiegs in das Stadtbuchwesen, neben Mischbüchern auch zahlreiche spezialisierte buchförmige Verwaltungsschriften. Im Folgenden soll nun die bereits mehrmals angedeu-tete Entwicklung des städtischen Schriftwesens von Wien näher untersucht werden, die

Jahrhunderts vereinzelt und dann im 15. Jahrhundert zunehmend feststellen. Die öster-reichischen Kleinstädte führten jedoch, vielleicht auch aufgrund des verhältnismäßig spä-ten Einstiegs in das Stadtbuchwesen, neben Mischbüchern auch zahlreiche spezialisierte buchförmige Verwaltungsschriften. Im Folgenden soll nun die bereits mehrmals angedeu-tete Entwicklung des städtischen Schriftwesens von Wien näher untersucht werden, die