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Die Untersuchungen von Doyé & Lüttge .1 Das Braunschweiger Forschungsprojekt FEU .1 Das Braunschweiger Forschungsprojekt FEU

7. Beispiele zur Erfassung der Sprechleistungen im Englischunterricht der Grundschule Englischunterricht der Grundschule

7.2 Die Untersuchungen von Doyé & Lüttge .1 Das Braunschweiger Forschungsprojekt FEU .1 Das Braunschweiger Forschungsprojekt FEU

der Tests geeignet, die Kinder an diese Situation zu gewöhnen. Schließlich ist die Progression der Aufgaben bei dem Starters Test, die mit nonverbalen Reaktionen beginnt und erst später Antworten verlangt, den Kindern angemessen.

Was jedoch für Kinder beängstigend sein kann, ist die Abwesenheit von einer vertrauten Bezugsperson während des Tests. Weder die Lehrkraft noch ein zweiter Schüler sind während des Tests zugegen, sodass das Kind mit einer fremden Person die Prüfung bestreiten muss. Ob nicht ein Test mit zwei Schülern sich positiv auf die Atmosphäre während des Tests und zugleich auf die Möglichkeiten der Interaktion auswirkt, ist überdenkenswert.

Auffällig bei den Cambridge Young Learners English Tests ist die Vielzahl an Aufgaben sowie die starke Orientierung an visuellen Impulsen und dementsprechend die vielfachen Materialien. Bei den Movers und Flyers gibt es jeweils vier Aufgaben mit drei verschiedenen Arbeitsmaterialien (Bilder für Information gap, Bilderfolge, Tabellen für Information gap bzw. Bilderreihen für Odd one out), die innerhalb von 5 bis 9 Minuten bearbeitet werden müssen. Natürlich spricht für die verschiedenen Aufgabentypen und -materialien, dass ein Schüler, dem eine Aufgabe nicht liegt, sein Können bei einer anderen zeigen kann. Andererseits bleibt kaum die Zeit, eine Aufgabe zu Ende zu führen oder sie ausführlich zu bearbeiten. So gesehen ist bei solchen Prüfungen, die weltweit unter vergleichbaren Bedingungen abgehalten werden, eine zeitliche Differenzierung bei den einzelnen Aufgaben nur im Rahmen der vorgegebenen Zeitspannen möglich.

7.2 Die Untersuchungen von Doyé & Lüttge

Auf dieser Grundlage konnten dann die Lehrkräfte weitere didaktische Maßnahmen planen und die Schüler erhielten Informationen über ihre Fähigkeiten, was die meisten motivierte.

Die Tatsache, dass bei dieser Untersuchung, die u.a. als „bedeutendster Forschungsbericht zu dieser ersten Phase des Frühbeginns“ (Schmid-Schönbein 2001: 14) gilt, neben dem Gesamtergebnis der Untersuchung (der klaren Überlegenheit der Schüler mit Englischunterricht in der Grundschule; vgl. Doyé &

Lüttge 1977: 111) keine konkreten Ergebnisse für die Grundschule veröffentlicht wurden, ist erstaunlich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese Tests als standardisiert gelten. Allerdings sind die Gedanken zur Anlage und Durchführung der Untersuchung auch für die Grundschule im Detail beschrieben und leisten somit eine Grundlage zur Diskussion.

7.2.2 Anlage der Untersuchung

Zunächst musste für die Untersuchung ein Schulversuch in den Städten Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg initiiert werden, der ermöglichte, dass ab September 1970 alle 1170 Kinder der 3. Klassen (insgesamt 36 Klassen an 12 Grundschulen) Englischunterricht von einem ausgebildeten Englischlehrer, der als Klassenlehrer eingesetzt war, erhielten. Der Englischunterricht umfasste im dritten Schuljahr 100 Minuten pro Woche (an fünf Tagen jeweils 20 Minuten) und im vierten Schuljahr 135 Minuten pro Woche (an vier Tagen 20 Minuten und an einem Tag eine komplette Schulstunde). (Damit hatten sie wöchentlich im 3. Schuljahr 10 Minuten, und im 4. Schuljahr 45 Minuten mehr Unterricht als Kinder in Hessen heute.)

Neben den Grundschulklassen wurden insgesamt 47 Klassen der Sekundarstufe (Klassen 5-7) untersucht, die alle Schultypen umfassten (Volksschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule, Orientierungsstufe).41

Im Schulversuch wurde ein Durchgang über 5 Jahre beobachtet (September 1970 bis Juni 1975). Neben Fragebögen für Schüler, Eltern und Lehrkräfte wurden jährlich sogenannte „Leistungstests“ durchgeführt, damit die Frage nach den Ergebnissen des frühen Englischunterrichts valide und reliabel beantwortet werden konnte: „Dies ist die zentrale Frage der Untersuchung. Ihre Beantwortung ist nur möglich mit Hilfe präziser und objektivierter Leistungsfeststellung in regelmäßigen Abständen“ (Doyé

& Lüttge 1977: 42).

41 Diese Schülerzahl teilte sich auf zum einen in eine Versuchsgruppe mit insgesamt 36 Klassen (1170 Schüler), die Englischunterricht ab Klasse 3 besucht hatten, und zum anderen in eine Kontrollgruppe von 18 Klassen (540 Schüler), die Englisch ab Klasse 5 lernten. Alle Schüler der Klassen 5 bis 7 hatten - wie sonst auch üblich - jeweils vier Wochenstunden Englischunterricht.

7.2.3 Vorüberlegungen zu den Leistungstests

Doyé & Lüttge heben hervor, dass die Leistungsfeststellung sich eng am Unterricht und dessen Zielen orientierte. Da zum Zeitpunkt des Untersuchungsbeginns noch keine Rahmenrichtlinien für den frühen Fremdsprachenunterricht veröffentlicht waren (die ersten wurden 1972 veröffentlicht; vgl. Kap. 2.6), formulierten Doyé &

Lüttge die Ziele und zu erwartenden Kompetenzen ausgehend von dem

„übergeordneten, heute allgemein anerkannten Ziel der Kommunikationsfähigkeit“

(Doyé & Lüttge 1977: 51). Diese reduzierten sie bewusst auf sprachliche Kommunikationsfähigkeit, die nonverbale und paraverbale Mittel nicht miteinschließt (vgl. Doyé & Lüttge 1977: 16).

Sie erstellten, gestaffelt nach den einzelnen Schuljahren, Zielkataloge und Wort- und Strukturenlisten, bei denen sie zwischen Wörtern und Strukturen unterschieden, die mündlich und schriftlich beherrscht werden sollten. Für das 3. Schuljahr beschränkten sie sich auf die Fertigkeiten Hörverstehen und Sprechen, im 4.

Schuljahr wurden alle Fertigkeiten berücksichtigt. Die Fertigkeiten wurden aufgrund ihrer Komplexität in Teilfertigkeiten aufgeschlüsselt. Sprechen wurde in drei Einzeloperationen, und zwar in lexikalische (Wahl der Wörter), grammatische (Konstruktion der Sätze) und phonologische (mündliche Artikulation) unterteilt.

Bezogen auf die Sprechfertigkeit machten Doyé & Lüttge folgende Aussagen für das 3. Schuljahr:

Die Kinder sollten befähigt werden

2. In realen Situationen oder bei deren bildlichen Darstellung - im Rahmen des Grundwortschatzes (Liste A) und - unter Verwendung der Grundstrukturen (Liste B) - in phonemisch richtiger Aussprache

selbständig Aussagen zu gegebenen Sachverhalten und Vorgängen zu machen.

3. Auf Fragen in englischer Sprache (Liste C) - im Rahmen des Grundwortschatzes (Liste A) und - unter Verwendung der Grundstrukturen (Liste B) - in phonemisch richtiger Aussprache

zu antworten.

(Doyé & Lüttge 1977: 52f)

Für das vierte Schuljahr nannten sie die gleichen Ziele und wiesen darauf hin, dass sich dabei das sprachliche Repertoire erweitert, was in den Listen kenntlich gemacht wurde. Außerdem kamen die weiteren Leistungen Fragenstellen, Lesen und reproduktives Schreiben hinzu (also eine Erweiterung auf die Fertigkeiten Lesen und Schreiben).

Hinsichtlich der Sprechfertigkeit sollten die Kinder im 4. Schuljahr befähigt werden:

Im Rahmen des Grundwortschatzes (Listen A, D)

- unter Verwendung der wichtigsten Fragestrukturen (Listen C, F) selbständig Fragen zu stellen.

(Doyé & Lüttge 1977: 53)

7.2.4 Der Leistungstests für den Englischunterricht in der Grundschule

Organisation:

Da zu Beginn des Schulversuchs nur für das 6 und 7. Schuljahr geeignete Tests vorlagen, entwickelten Doyé und Lüttge für die Klassen 3 bis 5 eigene Leistungstests, welche jeweils am Ende des Schuljahres durchgeführt wurden. Es handelte sich also um summative Testverfahren.

Die Leistungstests wurden im Sprachlabor durchgeführt. Dies erfüllte zum einen den Zweck, die Chancengleichheit zu gewährleisten (Gruppentest) und zum anderen, die Äußerungen der Schüler auf Band aufzunehmen. Insbesondere dieser Aspekt erschien ihnen wichtig, „weil eine Feststellung durch einmaliges Anhören ohne Registrierung auf Band unmöglich ist“ (Doyé & Lüttge 1977: 76).

Die Lehrkraft der Schüler war nicht im Sprachlabor anwesend, sondern ein den Kindern unbekannter, externer Prüfer. Mit ihm fand keine Interaktion statt: Die Kinder hörten die Anweisungen von Band und sprachen in das Aufnahmegerät.

Inwiefern dies mit dem Ziel, Kommunikationsfähigkeit zu erfassen, zu vereinbaren ist, ist fraglich.

Aufgaben:

Der Leistungstest für den Englischunterricht in der 3. Klasse (LEU 3) bestand in der Fertigkeit Sprechen aus drei Teilen, bei denen die Kinder ihre Äußerungen auf Tonband sprachen:

- Nachsprechen von Sätzen vom Tonband (8 Sätze)

- Antworten auf Fragen vom Tonband (24 Fragen: 8 zur Person, 16 zu einem Bild)

- Sprechen zu einem Bild (Bildbeschreibung).

Im vierten Schuljahr wurde das Nachsprechen nicht mehr untersucht. Auch das selbständige Fragestellen, das ein Lehrziel des 4. Schuljahres ist, wurde nicht vorgenommen, denn dies „genau und objektiv zu prüfen, war auf dem Niveau der 4.

Klasse noch nicht möglich“ (Doyé & Lüttge 1977: 79). Die beiden anderen Sprechteile (Antworten auf Fragen und Sprechen zu einem Bild) wurden im gleichen Umfang durchgeführt, wobei sich die Komplexität erhöhte. Wiederum fanden die Untersuchungen im Sprachlabor statt und wurden aufgezeichnet.

Laut Doyé & Lüttge waren die drei gestellten Aufgaben, abgesehen vom Nachsprechen, bei dem „die Aussprachefähigkeit der Schüler in ökonomischer Weise geprüft werden kann“ (Doyé & Lüttge 1977: 76) an dem Lehrziel Kommunikationsfähigkeit orientiert. Insofern erwiesen sie sich laut Doyé & Lüttge als valide (vgl. Doyé & Lüttge 1977: 76). Allerdings ist das zweifelhaft: Wenn Validität dann erreicht ist, wenn ein Test das testet, was er testen soll, kann man bei diesem Test, der als Ziel die Überprüfung der Kommunikationsfähigkeit hat, nicht von einem validen Test sprechen, denn es handelt sich nicht um eine Kommunikationssituation mit realen oder realitätsnahem Sprechverhalten. Zwar kann es vereinzelt Kommunikationssituationen geben, bei denen ein Sprecher auf einem Tonband Fragen beantwortet (z.B. im Rahmen einer Klassenkorrespondenz;

vgl. Drese 2000 und 2002b, Wicke 1995), aber dabei geht es um den echten

Austausch von Mitteilungen und nicht um die Aufnahme zur Analyse der Form.

Hätten die Schüler z.B. dem externen Prüfer Fragen gestellt und Fragen von ihm beantwortet sowie ihm ein Bild beschrieben, so hätte es sich zumindest teilweise um eine kommunikative Situation gehandelt.

Auswertung:

Nach welchen Kriterien die Auswertung bei den Teilen auf Fragen antworten und Bildbeschreibung stattfand, beschreiben Doyé & Lüttge nicht. Beim Nachsprechen wurde darauf geachtet, ob die Schüler die zwei schwierigen Laute richtig aussprachen (auf die anderen Laute sowie Satzmelodie etc. wurde nicht geachtet).

7.2.5 Kritische Betrachtungen zum Leistungstest

Doyé & Lüttge führten ihre Untersuchung zu einem Zeitpunkt durch, als der Fremdsprachenunterricht in der Grundschule nicht so selbstverständlich war wie heute. Eigens für diese Untersuchung wurde Englisch in den betreffenden Grundschulklassen eingeführt und die Ziele und zu erwartenden Kompetenzen mussten von den Versuchsleitern erst festgelegt werden. Auf Grundlage dieser Beschreibungen erstellten Doyé & Lüttge sogenannte „Leistungstests“ für die Klassen 3 und 4, die sogar standardisiert wurden. Bei ihnen handelt es sich um summative Verfahren, die am Ende des Schuljahres durchgeführt wurden. Diese entsprechen nach ihren Aussagen den Gütekriterien eines standardisierten Tests (Validität und Reliabilität), wobei dies zumindest hinsichtlich der Validität kritisch zu betrachten ist.

Interessant scheint der enge Bezug zum Unterricht, den sie immer wieder hervorheben: Die Ergebnisse dienten dazu, dass die Schüler Informationen über ihren Sprachstand erhielten und die Lehrkräfte weitere didaktische Maßnahmen planen konnten. Auch bei der Durchführung des Tests wurde - zumindest inhaltlich - das Verhältnis zur Praxis deutlich: Nachsprechen, Fragen beantworten und ein Bild beschreiben wurden und werden im Fremdsprachenunterricht der Grundschule typischerweise praktiziert. Allerdings lässt der Versuchsaufbau den Bezug zum Unterricht vermissen: Der Ort wechselte (Sprachlabor statt Klassenzimmer), die Bezugsperson änderte sich (externer Prüfer statt Lehrkraft) und die Kommunikationssituation differierte (Abhören eines Tonbandes und Aufnahme der Äußerungen darauf statt Austausch mit den anwesenden Personen). Die in diesem Zusammenhang naheliegenden Fragen nach Sprechangst oder Stress wurden zudem nicht thematisiert.

Ein weiterer Punkt, der bei dem Test hervorzuheben ist, ist die nachträgliche Auswertung der Äußerungen der Schüler. Die unmittelbare Auswertung nach dem einmaligen Hören wurde von den Versuchsleitern als nicht möglich eingestuft. Es bleibt offen, nach welchen Kriterien die spätere Analyse erfolgt. Auch, ob und wenn ja die Schüler eine Rückmeldung über ihre Ergebnisse erhielten, wird nicht erwähnt.