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Es gibt einige Gründe, die für die Einschätzung der Schülerleistungen im frühen Fremdsprachenunterricht sprechen. Wie schätzen Sie diese

ein?

sehr wichtig wichtig nicht so

wichtig ganz unwichtig

Schüler erhalten Rückmeldung über ihren Sprachstand und ihre Fortschritte

14 8 3 0

Lehrkräfte bekommen Feedback über erreichte Ziele und Hinweise auf nötige Fördermaßnahmen

7 13 4 1 Lehrkräfte erhalten Rückmeldung

über die

Effizienz und Qualität ihres Unterrichts

7 13 4 1

Ab dem Schuljahr 2003/2004

müssen Noten gegeben werden * 3 5 9 5

Eltern erhalten Informationen über

die Entwicklung ihres Kindes ** 2 15 7 0

Sekundarstufenlehrkräfte erhalten verbindliche Informationen, die den Übergang erleichtern

3 12 6 4

Schulbehörden erhalten

Rückmeldung *** 0 5 6 13

Weitere Gründe:

* drei Lehrkräfte machen dazu keine Angabe

** eine Lehrkraft macht dazu keine Angabe

*** eine Lehrkraft macht dazu keine Angabe

Als weiteren Grund wird von einer Lehrkraft genannt und als „sehr wichtig“

bewertet:

„Die positive Haltung gegenüber dem Sprachenlernen soll gefördert werden, Selbstwertgefühl ohne Bewertung durch Noten“

Daraus ergibt sich folgendes Bild: Die Fachberaterinnen sehen als wichtigsten Punkt an, dass die Schüler eine Rückmeldung über ihren Sprachstand und ihre Fortschritte erhalten. An zweiter Stelle kommen zwei Argumente, die beide für die Lehrkräfte selbst entscheidend sind: sie bekommen Feedback über erreichte Ziele und Hinweise auf Fördermaßnahmen, und sie erhalten eine Rückmeldung über die Effizienz und Qualität ihres Unterrichts. Als nächstes werden die Eltern genannt: Sie erhalten Informationen über die Entwicklung des Kindes. Danach folgen die Sekundarstufenlehrkräfte, die verbindliche Informationen erhalten, die den Übergang erleichtern sollen. Schließlich kommen die Noten, die ab dem Schuljahr 2003/2004

gegeben werden müssen. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass drei Lehrkräfte (von 25) dazu keine Angabe machen und eine Lehrkraft unter den weiteren Gründen vermerkt, dass es um das Selbstwertgefühl und die positive Haltung der Schüler gegenüber dem Sprachenlernen geht und zwar ohne Bewertung durch Noten. Erwähnenswert scheint hierbei außerdem die Tatsache, dass es bei der Tagung, bei der der Fragebogen ausgefüllt wurde, um die Entwicklung der Orientierungshilfe ging und einige zu dem Thema Noten noch unter den

„Allgemeinen Bemerkungen zur Thematik“ folgendes hinzufügten:

- Keine Überbewertung der Notengebung im Englisch durch allzu differenzierte Katalog-Kriterien u.ä.

- HKM soll verbindliche Richtlinien für Englisch in der Grundschule herausgeben (...) dies hätte bereits vor der Einführung der Notengebung geschehen sollen

Aufgrund dieser Daten könnte vermutet werden, dass die geringe Bewertung der Bedeutung der Notengebung zumindest teilweise als „politisches Statement“ gilt: Sie wehren sich dagegen, dass nun die Ziffernnoten, die sie nicht möchten, eine solch hohe Gewichtung erhalten und stufen sie deswegen bewusst als „nicht so wichtig“

ein.

Nach den Noten wird die Rückmeldung an die Schulbehörden genannt, die insgesamt als sehr unwichtig gesehen wird.

b) An der empirischen Studie beteiligte Lehrkräfte

Bei dem Fragebogen für die an der empirischen Studie beteiligten Lehrkräfte, der bereits zielgerichteter das Thema erfasste (vgl. Kap. 10.5.2.1), wurden 13 Argumente genannt, die - wie bei den Fachberatern - nach ihrer Bedeutung eingeschätzt werden konnten. Diese 13 Aspekte entsprechen den Punkten unter Kapitel 6.3. Die Lehrkräfte füllten den Bogen vor der Untersuchung aus. Dies ergab folgende Ergebnisse:

11. Es gibt einige Argumente, die für oder gegen die Einschätzung der Schülerleistungen im frühen Fremdsprachenunterricht sprechen können. Wie beurteilen Sie deren Bedeutung?

Fasst man die Ergebnisse zusammen, ergibt sich folgendes Bild:

Am wichtigsten wird von den an der empirischen Studie beteiligten Lehrkräften angesehen, dass die Schüler Rückmeldung über ihren Sprachstand und ihre Fortschritte erhalten und ermutigt werden, selbst Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen. Danach folgen in der Gewichtung die Lehrkräfte, die Feedback über die erreichten Ziele und Hinweise auf Fördermaßnahmen erhalten sowie Rückmeldung über die Qualität ihres Unterrichts. Anschließend nennen die Lehrkräfte die Eltern, die Informationen über die Entwicklung ihrer Kinder erhalten können. Es folgen nun drei Aspekte, die in ihrer Gewichtung ungefähr gleichgesetzt werden: Die Tatsache, dass Noten erteilt werden müssen, die Weitergabe an Informationen an die

sehr

wichtig wichtig nicht so wichtig

ganz unwichtig

Schüler erhalten Rückmeldung über ihren

Sprachstand und ihre Fortschritte 3 1 0 0

Schüler werden ermutigt selbst Verantwortung

für ihr Lernen zu übernehmen 3 1 0 0

Schüler werden unter Leistungsdruck gestellt,

was sich negativ auf ihre Motivation auswirkt 0 1 2 1

Lehrkräfte bekommen Feedback über erreichte Ziele und Hinweise auf nötige Fördermaßnahmen

2 2 0 0

Lehrkräfte erhalten Rückmeldung über die

Effizienz und Qualität ihres Unterrichts 2 1 1 0

Lehrkräfte müssen ab dem Schuljahr 2003/2004

Noten im frühen Englischunterricht erteilen 0 4 0 0

Lehrkräfte haben keine qualifizierte Ausbildung,

Information und Unterstützung zur Diagnostik 1 0 2 1

Eltern erhalten Informationen über die

Entwicklung ihres Kindes 1 3 0 0

Sekundarstufenlehrkräfte erhalten verbindliche

Informationen, die den Übergang erleichtern 1 2 1 0

Schulbehörden erhalten Rückmeldung, die der

Qualitätssicherung dienen kann 0 0 4 0

Wenn gewisse Fertigkeiten überprüft werden, wird ihnen mehr Bedeutung beim Lernen zugewiesen

1 2 1 0

Es kann eine Leistungshierarchie innerhalb einer

Klasse/eines Jahrgangs hergestellt werden 0 1 1 2

Die entspannte, spielerische Lernatmosphäre

des frühen Englischunterrichts geht verloren 0 1 1 2

Weitere Gründe: 0 0 0 0

Sekundarschulenlehrkräfte und der positive washback effect (Fertigkeiten, die überprüft werden, erhalten mehr Bedeutung beim Lernen).

Erst danach werden die negativen Bedingungen bzw. Auswirkungen der Einschätzung der Schülerleistung genannt: Die Tatsache, dass Lehrkräfte keine qualifizierte Ausbildung, Information und Unterstützung zur Diagnostik haben und die Gefahr, dass Schüler unter Leistungsdruck gestellt werden und sie dadurch demotiviert werden. Vor den weiteren häufig negativ besetzten Punkten - Herstellung einer Leistungshierarchie innerhalb der Klasse/des Jahrgangs und Verlust der entspannten, spielerischen Atmosphäre des Unterrichts - wird noch die Rückmeldung an die Schulbehörden zur Qualitätssicherung eingestuft.

c) Zusammenfassung und Diskussion

Fasst man die Ergebnisse zusammen, so ergibt sich bei beiden Befragungen ein ähnliches Bild: Insgesamt werden die Schüler in den Mittelpunkt gerückt. Sie sind es, die zunächst durch die Rückmeldung der Leistungseinschätzung profitieren sollen. Als nächstes folgen die Lehrkräfte selbst: Für sie ist es wichtig, Feedback über die Leistung der Schüler zu erhalten, um anschließend ihren Unterricht beurteilen zu können und mögliche Fördermaßnahmen einleiten zu können. Als nächstes werden bei beiden Befragungen die Eltern genannt, die durch die Leistungseinschätzung Informationen über ihre Kinder erhalten können. In den Augen der 29 an der Befragung beteiligten Lehrkräfte sind also folgende Personengruppen diejenigen, die am meisten von der Leistungseinschätzung profitieren:

1. Schüler

2. die Lehrkräfte selbst 3. Eltern

Weniger Gewichtung erhalten nach Ansicht dieser Lehrkräfte dagegen die Sekundarstufenlehrkräfte, die durch die Leistungseinschätzung verbindliche Informationen erhalten können, um den Übergang zu erleichtern. Auch die Tatsache, dass Leistungsbeurteilung für die Leistungsbewertung im Zeugnis hilfreich sein kann, wird als weniger wichtig angesehen. Allerdings ist zu vermuten, dass diese geringe Gewichtung teils mit den heftigen Diskussionen um den Beschluss zur Einführung der Ziffernnoten zusammenhängen. Somit rangieren diese diese beiden Aspekte in der Gewichtung nach den Eltern:

4. Sekundarstufenlehrkräfte 5. Notengebung

Als recht unwichtig wird bei beiden Fragebögen die Rückmeldung an die Schulbehörden eingeschätzt. Dieser Punkt, der sich insbesondere in der angloamerikanischen Literatur findet, hat in Deutschland noch wenig Bedeutung.

Allerdings rangiert er bei den an der empirischen Studie beteiligten Lehrkräften nicht an letzter Stelle der Gewichtung. Die Herstellung einer Leistungshierarchie und der Verlust der entspannten, spielerischen Atmosphäre werden von ihnen als noch unwichtiger beurteilt. Allerdings werden die Aspekte, dass Schüler unter Leistungsdruck gestellt werden können und dass die Lehrkräfte nicht über eine ausreichende Ausbildung und Information für die Diagnostik verfügen, als wichtiger angesehen.

In diesen Ergebnissen zeigt sich eine Tendenz, die sich - zumindest teilweise - auch in der Fachliteratur wiederspiegelt. Auch hier werden in der Regel die Schüler und

die Lehrkraft in den Mittelpunkt gestellt (vgl. u.a. Genesee & Upshur 1996, Cameron 2001, Winter 2004, Dickins 2000); z.B. gaben bei einer Befragung von Rea-Dickins von 120 Lehrkräften die Mehrheit an, dass sie ihre Schüler beurteilen, um Rückschlüsse auf ihren Unterricht ziehen zu können (vgl. Cameron 2001: 217).

Allerdings wird insgesamt die Bedeutung des formalen Akts der Notengebung höher bewertet: Weil Lehrkräfte bewerten müssen, suchen sie nach Wegen zur Leistungseinschätzung. Oftmals wird deswegen in der Literatur darauf hingewiesen, dass es eben nicht nur um die Leistungsbewertung geht: „There is more to evaluation than grading students and deciding whether they should pass or fail.“ (Genesse &

Upshur 1996: 3). Diese Beobachtungen legen nahe, dass die Vorgabe der Notengebung in der Praxis eine große Rolle spielt. Darauf weisen auch die Interviews hin, die mit den beteiligten Lehrkräften durchgeführt wurden (vgl. Kap.

13.8.3). Gerade deswegen erscheint es wichtig, den pädagogischen Ansatz, der in den Aussagen der Lehrkräfte als zentral angesehen wird, zu stärken: Nicht die Bewertung durch Ziffernnoten steht im Mittelpunkt der Leistungseinschätzung, sondern vor allem die Rückmeldung an Schüler und Lehrkräfte. Sowohl der Sprachstand als auch die Fortschritte sollen eingeschätzt werden und Hinweise auf Fördermaßnahmen und eine Verbesserung des Unterrichts geben. So verstandene Leistungseinschätzung kann die Kinder und die Lehrkraft stärken und, wie eingangs beschrieben, als „stimulierendes Instrumentarium“ (Behr & Kierepka 2002b: 20) dienen.

6.5 Zusammenfassung

„Leistungseinschätzung“ und „Leistungsbewertung“ sind nicht nur Begriffe, die oft mit starken Emotionen belegt sind, sondern sie stehen für vielschichtige Themen, die in Fachkreisen und an Schulen zu zahlreichen (heftigen) Diskussionen geführt haben.

Auch wenn die Leistungsbewertung durch Ziffernnoten nach wie vor für Englisch in der Grundschule - wie für jedes andere Schulfach - umstritten ist, so gibt es doch zahlreiche Argumente, die für eine Leistungsbeurteilung und -bewertung (z.B. durch Verbalbeurteilung, Beurteilungsbögen etc.) sprechen. Die zu diesem Thema befragten Lehrkräfte sehen hier positive Auswirkungen der Leistungseinschätzung vor allem hinsichtlich der Schüler und ihnen selbst. Damit rücken sie die pädagogischen Ziele der Leistungsbeurteilung in den Mittelpunkt: Nicht der formale Verwaltungsakt ist ihrer Meinung nach vorrangig, sondern, dass die Schüler erfahren, über welche Kompetenzen sie verfügen und welche Fortschritte sie machen. Die Lehrkraft kann zudem durch die Leistungseinschätzung Rückschlüsse auf ihren Unterricht ziehen, die Schüler gezielt fördern und ihren Unterricht optimieren. Es geht also hierbei nicht nur um die Feststellung des Leistungsstandes alleine, sondern gerade auch um die Konsequenzen bzw. Entscheidungen, die daran gekoppelt sind (Winter 2004: 81). Auf dieser Basis kann ein tragfähiges Konzept zur Leistungseinschätzung im frühen Fremdsprachenunterricht entwickelt werden.

Bevor das Konzept der Leistungseinschätzung der Sprechleistung im frühen Englischunterricht, das dieser Arbeit zugrunde liegt, dargelegt wird, werden einige Beispiele, bei denen die Sprechleistung in der Fremdsprache von Grundschulkindern erfasst wurde und die die Entwicklung des Konzeptes beeinflussten, dargestellt und

diskutiert. Nicht die Ergebnisse dieser Studien sind in diesem Kontext von primären Interesse, sondern deren Ziel und die Art der Durchführung.

7. Beispiele zur Erfassung der Sprechleistungen im