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3. Die Kompetenz Sprechen im Englischunterricht der Grundschule Grundschule

4.5 Systematische Übersicht über die Sprechaufgaben im Frühen Fremdsprachenunterricht

4.5.2 Aufgaben der mündlichen Interaktion

Außerdem können Kinder ganz allgemein beschreiben, was sie sehen (im Klassenzimmer, wenn sie aus dem Fenster schauen, auf einem Bild etc.). Auch das kann mehrere Themen umfassen:

- sie erzählen über das Wetter (Wetter)

- sie geben Informationen zum Tages- und Jahresablauf: wie viel Uhr es ist, welcher Wochentag und Monat es ist (Tages- und Jahresablauf, Zahlen) - sie beschreiben, wo sich etwas befindet (Wohnung)

- sie sagen, wie andere aussehen, was sie tragen und was sie tun (Körper, Kleidung, Freizeit).

Dies bestätigen auch Unterrichtserfahrungen der Forscherin. Kinder sind nach einem zweistündigen Englischunterricht in der Klasse 3 und 4 nicht oder nur bedingt in der Lage, zusammenhängend eine Abfolge von Geschehnissen mit Sinnzusammenhang darzustellen. Versuchen sie im Frühen Englischunterricht eine Geschichten nachzuerzählen, so erfolgt dies nur mit starker Anleitung und bruchstückhaft, sodass dies vielmehr unter mündlicher Interaktion als zusammenhängenden Sprechen zuzuordnen ist. Bei solch einer interaktiven Nacherzählung werden von den Schülern Strukturen nachgesprochen und ergänzt, was insbesondere durch Geschichten mit repetetiven Elementen angeregt wird. Hierbei wiederholt sich in der Regel immer wieder eine Satzstruktur und einzelne Wörter (oder Satzbausteine) müssen ausgetauscht werden (z.B. z.B. Brown bear, brown bear; The very hungry caterpillar) (vgl. Müller-Hartmann, Diehr & Bender-Renfordt 2003: Task 2). Die Kinder hören zuerst die charakteristischen, gleichbleibenden Strukturen von Geschichten mehrmals. Dann „werden die Lernenden im Grundschulenglisch aus Freude am Wiedererkennungseffekt solche Strukturen ganzheitlich aufnehmen und sie sehr bald - nach einer dramatisch und erwartungsvoll von ihnen eingesetzten Pause - erst mitsprechen und dann zunehmend selbständig reproduzieren.“ (Schmid-Schönbein 2001: 108).

Die interaktive Nacherzählung einer Geschichte stellt im Fremdsprachenunterricht der Grundschule je nach Gestaltung den Übergang von den geschlossenen zu den halb-offenen Aufgaben bzw. eine halb-offene Aufgabe dar, da eine starke Anleitung erfolgt, bei der die Kinder nur sehr bedingt den Umfang und Schwerpunkt der Geschichte sowie die sprachliche Mittel selbst bestimmen können.

Bei der Nacherzählung von Geschichten eignen sich grundsätzlich alle Themen. Bei Winnie the witch geht es z.B. u.a. um Tiere, Farben, Wohnung, Ich, meine Familie und Freunde.

b) Sich an Dialogen beteiligen

Eine Aufgabe der mündlichen Interaktion im frühen Fremdsprachenunterricht ist die Teilnahme an einem Dialog. Laut Klippel gibt es drei Arten von Dialogen:

- Unterrichtsdialog

Der gesamte Unterricht stellt einen Dialog zwischen der Lehrkraft und den Schülern und den Schülern untereinander dar: „Im Unterrichtsdialog bestehen viele Gelegenheiten, die englische Sprache als Kommunikationsmittel einzusetzen, etwa, wenn die Lehrkraft Anweisungen gibt, sich nach Vorlieben erkundigt oder jemanden lobt.“ (Klippel 2000: 29).

Abgesehen von der sich aus pädagogischen Gründen ergebenden Kommunikation (z.B. Rückmeldung an die Schüler: „You`ve done a great job! Super!”) nimmt der Unterrichtsdialog jegliche organisatorischen Rede- und Verständigungsprozesse zum Anlass (Classroom Discourse):

- Arbeitsanweisung zum Durchführen von Übungen und Aufgaben („Let`s make a colour dictation. Take out your pencils!”, “I would like to work with the overheadprojector. Could you please switch off the light?”)

- Blumenpflege („Could you please water the flower!“) - die Sitzordnung („Sit in a circle, please!“)

- der Wandschmuck („Please go to the English corner and put up your picture.

Here is some blutac.“)

- Disziplinierung (“Be quiet, please!”, „Speak louder, please!”)

- um Erlaubnis fragen (“Can I help you?”, “May I go to the toilet, please?”) Der Unterrichtsdialog wird maßgeblich durch die Lehrkraft initiiert und die Kinder reagieren (vgl. Kap. 3.8). Mit zunehmender fremdsprachlicher Kompetenz können auch die Fremdsprachenlerner aktiv Handlungsvorschläge machen.

Im Unterrichtsdialog können neben den zuoberst genannten allgemeinen Aspekten viele Themen angesprochen werden, u.a. Farben, Wohnung, Schule.

- Fiktiver realistischer Dialog

„Fiktive realistische Dialoge dienen vor allem dazu, die Kinder auf Verwendungssituationen außerhalb des Klassenzimmers vorzubereiten.“ (Klippel 2000: 29). Da solche Dialoge, wie z.B. Einkaufen, Nach-dem-Weg-Fragen, immer zukunftsbezogen sind, sollten diese Dialoge laut Klippel nicht überhand nehmen,

„denn Kinder dieses Alters werden vor allen Dingen durch die Gegenwärtigkeit der Sprachbenutzung motiviert“ (Klippel 2000: 29). Cameron kritisiert die fiktiven realistischen Dialoge, die sie „Lehrbuch-Dialoge“ nennt, da sie ihrer Meinung nach häufig versteckte Grammatik-Drill-Übungen sind und nicht auf authentische Kommunikation vorbereiten: „It is no good thinking that pupils are being helped to practise talking in the foreign language if they are actually being drilled in sentence patterns.“ (Cameron 2001: 69).

Dass gerade der fiktive realistische Dialog ein hohes Potential zur Bedeutungsaushandlung hat, wurde in der empirischen Untersuchung deutlich, in der die Kinder einen Einkaufsdialog realisierten. Die Schüler fanden mit Rückgriff auf die ihnen in der Zielsprache zur Verfügung stehenden sprachlichen Ressourcen und häufig unter Zuhilfenahme von non-sprachlichen Mitteln individuelle Wege und Lösungen für diese Aufgabe. Dabei entwickelte sich ein lebendiger Austausch, bei dem nicht grammatisch richtige Formen, sondern vielmehr der Inhalt im Mittelpunkt stand (Was kaufen sie? Wie viel kostet es? Zahlen sie passend? Wenn nicht, gibt der Verkäufer das richtige Wechselgeld?).

Auch beim fiktiven realistischen Dialog eignen sich viele Themen. So kann z.B. ein Einkaufsdialog realisiert werden, bei dem Kleidung, Spielsachen, Schulsachen etc.

gekauft werden oder ein Dialog an einem Imbissstand, bei dem es um Getränke und Essen geht.

- Fiktionaler Dialog

Fiktionale Dialoge treten in Geschichten auf und sind somit weder auf spätere Kommunikation ausgerichtet noch Teil des Unterrichtsgesprächs. Solche Dialoge z.B. zwischen Rotkäppchen und dem Wolf können zum Nachspielen oder zur sprachlichen Kreativität anregen (vgl. Klippel 2000: 29). Von ihnen ausgehend können z.B. unter Anleitung der Lehrkraft eigene Dialoge konstruiert werden: „The teacher will need to provide the phrases and sentences that the children want to include, and will model how to say them, gradually handing over the speaking to the children.“ (Cameron 2001: 70). Auch Curtain & Pesola sehen das kreative Potential von Dialogen „because they provide a structure for a series of utterances that combine to develop a situation, an idea, or an experience“ (Curtain & Pesola 1994:

104). Sie nennen fünf Kriterien, die ein Dialog im frühen Fremdsprachenunterricht erfüllen sollte:

1. It should be short, including short utterances for the children to say.

2. It should feature natural use of language that is not restricted by artificially imposed grammatical limitations.

3. It should be open to many variations so that it can be recast to serve as the basis for future dialogues in other settings.

4. It should be flexible so that children can shape it according to their own creativity and sense of humour.

5. It should incorporate a large proportion of previously learned vocabulary and functions so that children are not overwhelmed by the quantity of new language to be learned.

(Curtain & Pesola 1994: 104f)

Fiktionale Dialoge, die in Geschichten auftreten (z.B. Dialoge zwischen Winnie und ihrer Katze Wilbur) können alle thematischen Bereiche betreffen. Bei Winnie und Wilbur geht es u.a. um Farben, Körper, Tiere, Zahlen, Wohnung.

Dialoge zählen zu den halboffenen bis offenen Aufgaben: Sprechen die Kinder einen Dialog nach, können sie sich in der Gestaltung entfalten (ähnlich wie bei der Wiedergabe von Texten). Binden sie eigene inhaltliche und sprachliche Variationen ein, bzw. stellen einen eigenen Dialog aus bekannten Textmustern zusammen, um individuelle Wege zu finden, sind die Äußerungen - im Rahmen der elementaren Kommunikationskompetenz - kreativ.

c) Informationen austauschen

In der Grundschule gibt es verschiedene Aufgaben zum Austausch von Informationen. Zu ihnen zählen Interviews, Questionnaires, Surveys, Quizzes und Information Gaps.32 Die Kinder können dabei die Rolle des Fragenden und/oder des Antwort-Gebenden übernehmen. Immer spielt neben dem Sprechen das Hörverstehen eine große Rolle, da die Gesprächspartner aufeinander eingehen müssen.33

Je nach Gestaltung des Informationsaustausches sind diese Aufgaben halboffen oder offen.

Cameron beschreibt diese Aufgaben zum Informationsaustausch als „language practice activities that offer structuring opportunities. (…) The focus is on internal work that happens as a result of activities that demand accuracy, rather than on fluency in production.“ (Cameron 2001: 116). Deswegen sagt sie, es muss darum gehen, dass die Lehrkraft sich vorher die Strukturen genau überlegt, bei deren Wiedergabe dann die Vollständigkeit und Richtigkeit im Mittelpunkt stehen:

“Preparation and rehearsal of the questions is necessary to ensure accuracy, and the activity must be managed so that the questions are asked in full each time.”

(Cameron 2001: 116). Ein Beispiel für solch eine im Sinne Camerons verstandene Information gap task, die einen hohen Grad an Übung hat, fand in der Vorstudie statt. Die Schüler sollten herausfinden, welche Transportmittel fiktive Kinder auf

32 Information gap (Informationslücke) -Aufgaben bauen auf dem Prinzip auf, dass nicht alle

Gesprächsteilnehmer dasselbe wissen oder sehen. Dadurch sind sie gezwungen, in einer Partner- oder Gruppenarbeit miteinander zu kommunizieren, um Informationen auszutauschen. Es handelt sich dabei also um eine natürliche Kommunikationssituation. Man kann Information gap-Übungen mit Bildern, Diagrammen, Landkarten, Briefen, Geschichten, Personeninformationen etc. durchführen (vgl. Klippel 2000: 96).

33 Auch das Lesen und Schreiben kann von Bedeutung sein, wenn die Kinder z.B. eine Tabelle ausfüllen sollen.

ihrem Weg zur Schule benutzen und dabei die zuvor erlernten Strukturen korrekt anwenden:

180 K6 Does Harry get to school by underground train?

181 K5 No, he doesn`t.

182 K6 Does Peggy get to school by bike?

183 K5 Yes, she does.

184 K6 Does Lucy get to school by bus?

185 K5 Yes, she does.

Andere (nicht sprachlich korrekte) Strukturen wurden dementsprechend von der Lehrkraft nicht akzeptiert, wie in diesem Beispiel, bei dem die Lehrkraft die Schüler anschließend bat, sich die richtige Struktur (die hinter der Tafel hing) noch einmal anzusehen:

155 K5 Does Adam likes to school by bike?

156 K6 No, he doesn´t.

157 L1 Okay, could you please? Could you please stop for a second and go behind the board. Could you please go to the board?

Auch Klippel erläutert, dass die Kinder das nötige Sprachmaterial durch Übung erworben haben müssen, um z.B. eine Information gap-Aufgabe erfolgreich zu meistern (vgl. Klippel 2000: 89). Sie hebt allerdings, wie auch Brewster et al, Curtain

& Pesola hervor, dass es sich bei den Information gap-Aufgaben immer um einen bedeutungsvollen, authentischen und kooperativen Austausch in einer natürlichen Kommunikationssituation handelt, da einem Gesprächsteilnehmer Informationen fehlen, die er von dem anderen erhält.34 Dementsprechend geht es neben der Sprachrichtigkeit primär um echte Kommunikation. Gerade hierin liegt das Potential dieser Aufgaben. Möchte ein Kind nämlich wirklich eine Information erhalten, ist die Aufgabe also bedeutungsvoll für ihn, wird es die Fremdsprache einsetzen, um eine Antwort zu bekommen: „As they share the information orally, the students solve the problem and also practice the language involved.“ (Curtain & Pesola 1994: 321).

Bei allen diesen Aufgaben können viele Inhalte angesprochen werden, z.B.:

- die Kinder fragen, welche Telefonnummer ihre Mitschüler haben, wie viele Geschwister sie haben, welches deren Lieblingsfarbe ist, welche Hobbies sie haben etc. (Zahlen, Familie, Farbe, Freizeit) und antworten ihren Mitschülern auf die entsprechenden Fragen

- sie sagen, welche Tiere sie auf ihrem Bild sehen und fragen, welche auf dem Bild ihres Partners sind (Tiere, Zahlen)

- sie beschreiben, wie ihr Monster aussieht und fragen Entsprechendes ihren Partner (Körper, Zahlen, Farben).

34 Nicht immer gibt es diesen echten Austausch von Informationen bei den anderen Aufgaben wie Interviews, Questionnaires etc. Kennen sich die Kinder sehr gut, wissen sie z.B., welche Haustiere, wie viele Geschwister etc. der Gesprächspartner hat und müssen das nicht in der Fremdsprache erfragen, um nur die Struktur zu üben: „Many attempts to „personalize“ activities in a language classroom are actually thinly disguised drills that provide no opportunities for actual sharing of information.“ (Curtain & Pesola 1994: 98). Dabei ist es oft einfach, Aufgaben so zu verändern, dass sie kommunikativ sind: Statt dass die Kinder sich gegenseitig im Kreis befragen „What`s your name?“ (obwohl sie alle die Namen untereinander kennen), kann man einem Kind die Augen verbinden und es durch Fühlen herausfinden lassen, wer das andere Kind ist. Hier ist die Frage

„What`s your name?“ authentisch.

d) Rollenspiele inszenieren

Anders als bei Dialogen, bei denen Kinder einen sprachlich eng vorgegebenen Kontext haben, indem ihnen die Strukturen und die Reihenfolge weitgehend vorgegeben werden, wird beim Rollenspiel nur die Situation, das Szenario vorgeschlagen. Dabei handelt es sich um reale Lebenssituationen, wie z.B.

Einkaufen, bei denen etwas Unerwartetes passiert: Das Rollenspiel „places students in a situation in which they are called on to cope with the unexpected or with a new setting, using the material they have memorized through dialogue and other classroom activities.” (Curtain & Pesola 1994: 105). Bleibt man beim Beispiel des Einkaufes, so kann die Situation, die vorgegeben wird, lauten: Du kaufst ein und bemerkst, dass du deine Geldbörse vergessen hast.

Wichtig ist laut Schmid-Schönbein, dass das Rollenspiel für die Kinder bedeutungsvoll und motivierend ist:

Immer kommt es darauf an, ein Geschehen in Szene zu setzen, das einen möglichst realen Hintergrund hat, immer sollte ein Handlungsrahmen sprachlich ausprobiert werden, in dem es den Lernenden Freude bereitet, eine Rolle zu übernehmen und sich darin, der Situation angemessen, zu äußern, sich für die Rolle auszustaffieren und darin zu agieren.

(Schmid-Schönbein 2001: 118)

Sie führt weiter aus, dass dieses soziale Probehandeln „gründlicher und kleinschrittiger Vorbereitung“ (Schmid-Schönbein 2001: 117) bedarf. Die Kinder üben die Sätze anhand von Bildmaterial eingehend und setzen sie dann mit Requisiten um. „Kommunikative Muster in Frage und Antwort werden auf diese Weise in Rollenspielen eingeübt und zur Selbstverständlichkeit, wenn sie oft genug wiederholt werden.“ (Schmid-Schönbein 2001: 118). Damit widerspricht sie dem, was Curtain & Pesola unter Rollenspiel verstehen und was im Rahmen dieser Arbeit als Rollenspiel definiert ist: Die Kinder können gerade nicht die Situation vorhersehen und einüben, da sie unerwartet ist. Dementsprechend weisen Curtain &

Pesola auch darauf hin, dass das Rollenspiel, das zu den offenen Aufgaben gehört, nur sehr begrenzt in der Grundschule eingesetzt werden kann: „In most cases role play is beyond the resources of the beginning language learner, who can mainly be expected to provide short, memorized utterances in new situations.“ (Curtain &

Pesola 1994: 105). Anders ist es mit Dialogen: hierbei gestalten die Kinder und üben eine Situation, in der der Rahmen (Strukturen und deren ungefähre Reihenfolge) weitgehend vorgegeben ist und müssen nicht eine völlig unerwartete Situation meistern.

Auch Rollenspiele, deren Einsatz in der Grundschule nur sehr begrenzt möglich ist, können im Rahmen vieler Themen umgesetzt werden (vgl. Dialog).