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2 ‚Pädagogische Professionalität‘ und Qualitätsmanagement als Zugänge zu Weiterbildungsqualität

Sortierung 4: Ordnung nach Problemgesichtspunkten bzw. Strukturelementen des Handelns, unter denen das Verhältnis von Qualitätsmanagement und pädagogischer Professionalität diskutiert

3.3 Vertiefung: (Ausgewählte) Theoretische Stränge der erwachsenenpädagogischen Fachdebatte erwachsenenpädagogischen Fachdebatte

3.3.4 Steuerungstheoretische Einordnung der Ergebnisse

Um im Weiteren die beiden dargelegten theoretischen Debattenzugänge und ihre Befunde für die Fragestellung der Untersuchung auszuwerten, bietet sich zunächst eine Gegenüberstellung beider Zugänge im Hinblick auf ihre theoretischen und methodologischen Grundlagen an. Tabelle 7 stellt dazu die beiden dargestellten Stränge entlang zentraler Unterscheidungsmerkmale vergleichend gegenüber. Deutlich wird, dass die jeweilige theoretische und methodologische Perspektive darüber bestimmt, welche Zusammenhänge zwischen pädagogischer Professionalität und Qualitätsmanagement gesehen werden – vermittelt über die Relationierungsebenen und -mechanismen – und wie das Verhältnis eingeschätzt wird.

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Tabelle 7: Zugänge zum Verhältnis von Qualitätsmanagement und pädagogischer Professionalität in der erwachsenenpädagogischen Debatte

Strang 1: Vermittlungsprobleme zwischen betriebswirtschaftlicher Organisation und pädagogischer Profession (vgl. Harney, 1997;

Harney, 1998; Harney, 2000; Hartz, 2004; Hartz & Schrader, 2009)

Strang 2: Qualitätsmanagement als neoliberale Regierungsform von pädagogischer Professionalität (Franz, 2004; Forneck & Wrana, 2005; Franz 2008;

Franz, 2009) Theoretische Anschlüsse

- systemtheoretisch

- organisations- und professionstheoretisch, steuerungstheore-tisch

- gouvernementalitätstheoretische Perspektive - regierungs- und machttheoretisch

- Methodologie der Diskursanalyse

Theoretische/s Inventar/Kategorien

- System/Umwelt, Kommunikation - Sinn, Handlungslogik und Organisation - Berufliche und Betriebliche Sinnhaftigkeit

- Organisation und Profession als Formen der Arbeitsorganisation

- Subjekt/Situation, Handeln - Wissen, Macht, Diskurs - neoliberale Rationalität

- Regierungstechnologien, Techniken und Verfahren (Grammatik der Härte und Sorge, Subjektivierung und Responsibilisierung

Handlungstheoretische Einordnung

- kulturtheoretische Perspektive (kulturalistisch) - kulturtheoretische, praxeologische Perspektive (kulturalistisch)

Gegenstandskonzeption

- Qualitätsmanagement und pädagogische Professionalität als zueinander alternative Qualitätssicherungs-, Rationalisierungs- und Steuerungsstrategien

- Qualitätsmanagement als politische Regierungsform (-technologie, -praxis) - ‚Pädagogische Professionalität‘ als sich (entsprechend der im

Qualitätsma-nagement angelegten Logik) selbst regierendes Regierungsobjekt; Regierungs-objekt/ -subjekt

Analyseebene - Meso- und Mikroebene - Makro-, Meso- und Mikroebene

Relationskontext, -ebenen

- Einrichtungskontext - Organisation und Interaktion

- Feld, Diskurs

- Organisation, Interaktion, Person

Relationsmechanismen

- organisatorische Verfahrensregeln (Qualitätsmanagement) für interaktive Arbeitsvollzüge (pädagogische Professionalität) - Vermischungen, Vermengungen der Kommunikationsmuster,

Invasive Kommunikationsmuster

- Wissen und Machttechnologien, -techniken, -praktiken als generative Folie der Selbstregierung, d. h. der Selbst- und Weltverhältnisse, der Handlungsordnun-gen im Feld: pädagogische Professionalität als Regierungssubjekt/-objekt - Regierung durch Wissen und Macht, Wissen als Handlungsvoraussetzungen - Doublette aus Subjektivierung und Responsibilisierung

- strukturale Konstellation im Feld, die in Verhältnisse zu sich und anderen setzt, Positionen im Feld zuweist, zwischen den Akteuren vermittelt

Übergeordnete

Konfliktkonstellationen

- Rationalisierung und Qualitätssicherungsstrategien im Kontext von Weiterbildungseinrichtungen

- Zusammentreffen beider Rationalisierungs- und Qualitätssiche-rungsstrategien im betrieblichen Zusammenhang, die strukturell miteinander gekoppelt sind

- Vermittlung zwischen betriebswirtschaftlich interessierter Orga-nisationsseite und pädagogischer Interaktionslogik innerhalb von Weiterbildungseinrichtungen

- Transformation des Bildungssektors, Verschiebung der Qualitätssicherungs-strategien

- Qualitätsmanagement als Ausdruck und Motor einer neoliberalen Sozialord-nung; diese Transformationen verschieben das, was pädagogische Beruflich-keit ausmacht, transformieren und überformen es;

- Zusammenprallen einer neoliberalen, ökonomischen Logik und der pädago-gisch-professionellen Logik durch die Verankerung einer pastoralen Macht-struktur

96 Problemlagen zwischen

Qualitätsmanagement und pädagogischer Professionalität

- konkurrierende Kommunikationsmuster und Muster der Ar-beitsorganisation

- inhaltliche Indifferenz der Kundenorientierung: Primat der in-haltlich leeren Betrieblichkeit gegenüber inin-haltlich gefüllter pro-fessioneller Aufgabenstruktur dadurch Indifferenz gegenüber Teilnehmerorientierung

- tendenziell Unterordnung pädagogischer Professionalität unter den Gesichtspunkten der Ressourcenknappheit vor dem Hinter-grund der Bedeutsamkeit betrieblicher Reproduktion

Regierung des Feldes über Sprach- und Wissensstrukturen (Diskurssstruktu-ren), Autonomieverlust der Akteure im Feld

- materialer Bedeutungsverlust der Weiterbildung

- Widersprüche und Konfliktlinien zwischen den Sach- und Sozialverhältnissen, die mit den Kategorien Kunde und Teilnehmer, Produkt und Bildung usw. ein-hergehen; staatlich organisierter, dezentraler Marktsteuerung und staatlicher Förderung bei gleichzeitiger Autonomie

- Notwendigkeit der Orientierung an inhaltlich indifferenten, externen Feldbe-dürfnissen; Konflikte mit dem inhaltlich gefüllten Bildungsbegriff

- instrumentell-strategische Verhaltensformen, Opportunität gegenüber Kun-den- und Marktbedürfnissen

- Schwächung des Feldes, Autonomieentzug durch neoliberale Ordnungspolitik

Verhältniseinschätzung

- Vermittlungsprobleme und Spannungsverhältnisse aufgrund kategorialer Differenzen

- Funktional konfligierend und ergänzend

- Tendenziell Kontextwechsel; hermetisch abgeschlossene Kom-munikationsmuster; ggf. Durchmischungen/Vermengungen - Bedeutsamkeit des Auseinanderhaltens der verschiedenen

per-spektivischen Standpunkte der Qualitätssicherung

- transformative Perspektive: Unterordnung pädagogischer, sich am Bildungs-gedanken orientierender, pädagogischer Professionalität unter die neolibera-le, ökonomische Ordnungsform, Verdrängung und Neuerzeugung

- kategoriale Differenzen, widerstreitende Ansätze mit Blick auf die mit ihnen verbundenen Selbst- und Weltverhältnislagen

- Verdrängung und Ersatz, Überformung = nicht passend

- Pädagogische Professionalität im Sinne von Widerstand möglich Einordnung in den

Problemzusammenhang der Arbeit

- Beleuchtung der sinnhaften Grundlagen und übergreifenden Ordnungsfolien und -muster des Handelns

- Beleuchtung des Zusammenhangs von Macht, vermittelt über Sprache, Wissen und Handeln

- Beleuchtung der generativen, symbolisch kognitiven Regeln der Identitätsbil-dung und des Handelns auf einer tieferliegenden Ebene des Handelns

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Um die Ergebnisse ihrer Analyse im Hinblick auf die für die erkenntnisleitende Frage nach der Passung konstitutive Teilfrage nach den Schnitt- und Kontaktstellen beider Ansätze zu nutzen, bietet sich in Ergänzung zu der handlungstheoretischen Perspektive eine steuerungstheoretische Einordnung an. Diese hilft, die Art und Weise genauer zu bestimmen, in der Qualitätsmanagement auf pädagogische Professionalität einwirkt und beide aufeinandertreffen. Damit ist ein Hintergrundwissen für die spätere Interpretation der Untersuchungserkenntnisse gewonnen.

Aus dieser Perspektive und im Rekurs auf das steuerungstheoretische Vokabular (vgl. Mayntz, 1987;

vgl. Schrader, 2008) kann Qualitätsmanagement als Steuerungsansatz verstanden werden (vgl. Hartz

& Schrader, 2009), mit dem ein oder mehrere Steuerungsakteure – z. B. die Weiterbildungseinrichtung – versucht, ein Steuerungsobjekt – den Professionellen bzw. das Professionelle Handeln – absichtsvoll zur Umsetzung einer Steuerungsintention mit Hilfe von bestimmten Steuerungsmethoden und -mitteln in eine bestimmte Richtung zu lenken bzw. zu beeinflussen (vgl. auch Pätzold & Bruns, 2013; Bruns, 2015). Dabei lassen sich u. a. direkte und indirekte bzw. unmittelbare und mittelbare Wege der Steuerung unterscheiden (vgl. Bruns, 2015; vgl.

auch Bruns & Schemmann, 2009), wodurch die Vielfalt der Einflussnahmen hervortritt. Mit dieser Betrachtung wird auch eine der gegenwärtig zentralen Thematisierungsweisen der Beziehung im Diskurs bzw. die dominante Richtung in der Betrachtung der Einflussnahme aufgegriffen, während die Möglichkeiten zur Steuerung des Qualitätsmanagements durch pädagogische Professionalität demgegenüber bislang weniger intensiv diskutiert werden. Mithilfe einer steuerungstheoretischen Betrachtung können auch die Differenzen der beiden aufgearbeiteten Perspektiven profiliert und die Erträge für die weitere Arbeit – insbesondere für die Definition der Desiderate, die Bestimmung der Analyse- und Auswertungskategorien der Untersuchung sowie für die Interpretation der Untersuchungsergebnisse – nutzbar gemacht werden.

Tabelle 8 fasst die verschiedenen, in der Auseinandersetzung mit dem Diskussions- und Forschungsstand sichtbar gewordenen Steuerungswege und -wirkmechanismen, mit denen Qualitätsmanagement auf pädagogische Professionalität Einfluss nimmt, zusammen und ordnet diese im Hinblick auf die Sichtbarkeit sowie ihre Steuerungswirkung ein.

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Tabelle 8: Steuerungswege und -mechanismen der Einflussnahme des Qualitätsmanagements auf pädagogische Professionalität Theoretischer

Zugang

Steuerungs-weg Steuerungsmechanismen Erläuterung Sinnebene Steuerungs-

wirkung

system-theoretische

Perspektive

direkt Organisationsrahmen und formale Verfahrensregelungen

Einfluss des Qualitätsmanagements auf pädagogische Professionalität über Organisationsschemata und

formale Verfahrensregeln (Normen)

manifest

begrenzt (aufgrund der Eigenlogik und

Geschlossenheit sozialer und psychischer Systeme)

indirekt

Durchmischung und Vermengung der Sinnsphären, Kommunikationscodes

und Handlungslogiken Einfluss von Qualitätsmanagement auf pädagogische Professionalität über die Vermengung der unterschiedlichen Kommunikationscodes und

Handlungslogiken

latent ungewiss

gouverne- mentalitäts-theoretische

Perspektive

direkt

Evaluations- und Dokumentationspraktiken, Auditierungen und Zertifizierungen

Einfluss des Qualitätsmanagements auf pädagogische Professionalität über Evaluations- und Dokumentationspraktiken sowie Kontroll- und

Überwachsungspraktiken

manifest tendenziell wirksam

indirekt

Subjektivierung und Responsibilisierung,

Strukturierung der Wissensordnungen

& Machtkonstellation im Diskurs

Einfluss von Qualitätsmanagement auf pädagogische Professionalität über die Subjektkonstitution und

Relationierung der individuellen Subjekte und kollektiven Akteure zueinander

latent tendenziell verdrängend;

ungewiss

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