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Zweck-Mittel-Rationalität als Analyseheuristik, kulturtheoretisches Rahmenmodell des Handelns

5 Gegenstand und methodologisch-methodische Grundlagen der Untersuchung Untersuchung

5.3 Methodische Grundlagen der Dokumentenanalyse .1 Methodologisch-methodische Einordnungen .1 Methodologisch-methodische Einordnungen

5.3.2 Diskursübersicht und Begründung des Textkorpus

Ein textanalytischer Zugang setzt eine genaue Klärung der Textgrundlagen mit den relevanten Dokumenten voraus, die der Untersuchung zugrunde gelegt werden soll. Dabei kann die Auswahl als ein eigenständiger, methodisch zu kontrollierender, systematisch anzulegender Schritt betrachtet werden, insofern er einen zentralen Einfluss auf die Ergebnisse einer Untersuchung hat (vgl. Schimpf, 1997, S. 49) und die Aussagekraft bzw. Geltungsreichweite der Untersuchungsergebnisse bestimmt:

„Die Auswahl von Texten und ihre Zusammenstellung in einem Textkorpus ist ebenso wie die theoretische Verankerung des Analysevorhabens ein methodischer Vorgang, der in hohem Maße Einfluss auf die Ergebnisse hat.“ (Schimpf, 1997, S. 49)

Da sich sowohl um den Ansatz des professionellen Handelns als auch des Qualitätsmanagements ein breites Feld an Literatur mit unterschiedlichen Sorten von Text aufspannt ist eine vollständige Rezeption aller Literatur zu beiden Typen und der ausgewählten Vertreter nicht möglich. Angesichts der Virulenz der Debatten sowie ihrer jahrzehntelangen Dauer liegt zu jedem der beiden Zugänge eine schwer überschaubare Fülle von Publikationen vor. Ideen, Konzepte und Modelle von pädagogischer Professionalität und Qualitätsmanagement sind in verschiedener Form beschrieben und publiziert worden (vgl. hierzu Tabelle 23).

86 Zudem flossen in die forschungsmethodische Anlage einige Überlegungen der Diskursanalyse zum Bilden und Festlegung eines Textkorpus sowie zur Verarbeitung einer großen Anzahl von Dokumenten mit ein. Auf-grund der theoretischen und methodologischen Grundlagen diskursanalytischer Zugänge, wie sie sich z.B. aus der Anbindung an die Machtanalytik Foucaults ergeben (vgl. Langer & Wrana 2012, S. 335, vgl. auch die Aus-führungen in Kapitel 3.3.2), wurden hier keine weiteren Anleihen genommen.

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5.3.2.1 Diskursübersicht und Auswahlkriterien

Zudem wurde die Auseinandersetzung um beide Zugänge auf verschiedenen Ebenen (bildungspolitische, berufspraktische, erziehungswissenschaftliche Ebene) von unterschiedlichen Akteuren mit je spezifischen Interessen geführt (von Vertretern von Verbänden, Berufspraktikern, Wissenschaftler etc.). Die Publikationen lassen sich dementsprechend verschiedenen Typen und Wissensordnungen (programmatisch, deskriptiv-analytisch, theoretisch, empirisch, kritisch etc.) zuordnen, die sich an verschiedene Adressatengruppen richten und unterschiedliche Funktionen haben. Insofern ist die Zusammenstellung des Textkorpus vor eine besondere Herausforderung gestellt, da aufgrund der reinen Fülle von Publikationen und Dokumenten eine vollständige Erfassung und Sichtung nicht möglich ist und zudem die verschiedenen Dokumente hinsichtlich ihres Wertes für die Untersuchung einzuordnen und in besonderer Weise zu prüfen sind.

Erschwerend kommt hinzu, dass beiden Diskurse im Hinblick auf ihren zentralen Gegenstand unterschiedliche Strukturen aufweisen:

So bilden das Zentrum des Qualitätsmanagementdiskurses ‚produktförmige‘, klar definierte und in ihren Teilkomponenten eingrenzbare Managementansätze und -instrumente, die in einer jeweils gültigen Version vorliegen und deren Anwendung durch eine überschaubare Anzahl von Dokumenten mit gesetzestextartigen Regelwerken – Normenkataloge oder Leitfäden – geregelt wird (vgl. Kalman, 2012b), die außerdem von klar definierbaren, hierfür autorisierten Organisationen sowie auch Verlagen herausgegeben und repräsentiert werden. Auch die Programmatiken und theoretisch-konzeptionellen Grundlagen dieser Ansätze werden in einer eingrenzbaren Anzahl von Dokumenten von hierfür autorisierten Personen beschrieben.

Der Professionalitätsdiskurs hingegen bezieht sich auf ein weniger klar definiertes Idealmodell pädagogischer Praxis, das in Orientierung an einer bestimmten Klasse von Berufen – Ärzten, Juristen, Theologen, Wissenschaftler – entfaltet wurde und dessen Grundlagen insbesondere im erziehungswissenschaftlichen Fachdiskurs in einer Fülle von Fachpublikationen beschrieben wurde.

Auf diese Grundlagen wurde in unterschiedlicher Weise Bezug genommen (z. B. in Form der Entwicklung von Fortbildungskonzepten), die jedoch nicht in gleichem Maße wie beim Qualitätsmanagement in eine verbindliche Form gegossen wurden:

Wenngleich einzelne Dokumente auch den Charakter von Normentexten – insbesondere die Blätter zur Berufskunde (vgl. z. B. Tietgens, 1976a; Tietgens, 1983a; Tietgens, 1988a) – aufweisen, liegen für den Professionalitätsdiskurs jedoch nicht in gleicher Weise wie zu den Qualitätsmanagementansätzen formale, verbindliche Dokumente mit den zentralen Normen vor.

Auch die Ideen, konkreten Konzepte und Modelle wurden in einer Fülle von unterschiedlichen Publikationen verbreitet, ohne diese in einer klar definierten Anzahl von Publikationen festzuhalten.

Der Professionalitätsdiskurs ist insofern im Hinblick auf die hier vorliegenden Dokumente im Vergleich zum Qualitätsmanagementdiskurs weniger verbindlich und unbestimmter. Somit ist zunächst die Erfassung der für die Professionalitätsansätze jeweils maßgeblichen Literatur erschwert;

zudem stellt sich auch die Frage nach der Vergleichbarkeit der Dokumente und der hier getroffenen Aussagen.

Als Grundlage für die weitere Auswahl und Begründung der in die Untersuchung miteinzubeziehenden Dokumente bietet es sich an, zunächst eine Sortierung der im Diskurs vorliegenden Dokumente vorzunehmen. Wenngleich die Darstellung nicht auf einer systematischen Sichtung unter Vollständigkeitsgesichtspunkten beruht, sondern in heuristischer Weise im Rahmen der Recherche für die Untersuchung erfolgte, zeigt die Übersicht wesentliche Arten von

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Publikationen und sensibilisiert für die Typen von Publikationen. Dabei sind unterschiedliche Kriterien bedeutsam.

In einem ersten Zugriff bietet es sich zunächst an, die Fülle der vorliegenden Dokumente nach ihren Autoren zu unterscheiden sowie – damit in Verbindung stehend – nach ihrer ‚Maßgeblichkeit‘ für die jeweiligen Ansätze respektive ihrer gedanklich-inhaltlichen Nähe. Im Hinblick darauf lassen sich Dokumente danach sortieren, ob sie von den Vertretern des Ansatzes selbst kommen, von gedanklich nahestehenden oder unterstützenden Personengruppen, von Anwendern oder aber von Debattenbeobachtern.

Zudem können die verschiedenen Arten von Publikationen im Hinblick auf die Textgattung, z. B.

Konzeptionelle Texte, Normentexte etc. – respektive auf ihre Aufgaben und Funktionen unterschieden werden.

Tabelle 23 führt im Überblick – zu Illustrationszwecken, ohne Anspruch auf Vollständigkeit – wesentliche der in den Diskursen um Qualitätsmanagement und pädagogische Professionalität vorliegenden Dokumentarten auf:

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Tabelle 23: Übersicht über Dokumentensorten zu Professionalität und Qualitätsmanagement (gegliedert nach Autoren sowie inhaltlichen Arten von Dokumenten)

Dokumentsorten

zur pädagogischen Professionalität

Dokumentsorten zu Qualitätsmanagement Vertreter

(Vertreter der Ansätze)

Vertreter

(Modellentwickler, herausgebende Organisationen) - Begründungen und Darstellungen von

Professio-nalität in der erwachsenenpädagogischen Fachli-teratur

- Projektdokumentationen, Abschlussberichte

- redaktionelle Texte/Pressemitteilungen, die die Entwick-lung/Aktivitäten begleiteten

- Publikationen in der (erwachsenenpädagogischen) Fach-literatur (entweder im berufspraktischen oder des (er-ziehungs)wissenschaftlich orientierten Diskurses) - Informationsmaterialien & Darstellungen auf der

Home-page

- Veröffentliche Vortragsmaterialien (z. B. Powerpoint- Folien)

- Verbandspapiere und -richtlinien aus der Praxis;

für die Praxis/Einrichtungsrichtlinien

- Berufsprofildarstellungen, Tätigkeitsprofile und Kompetenzbeschreibungen, Fort- und Weiterbil-dungsprogramme; herausgegeben von Institutio-nen und Verbänden

- Leitfäden, Normentexte und Kommentare - Anwendungs-/Umsetzungshilfen

Zertifizierungsagenturen; engagierte Fachexperten87 - Interpretations- und Umsetzungshilfen

- Leitfäden für die Anwendereinrichtungen (z. B. Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuches, Vorgehen beim Qualitätsmanagement)

- Leitfäden für Auditoren

An der Berufspraxis interessierte Personen/intermediäre Einrichtungen (z. B. das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung (DIE))

- Studientexte zu Qualitätsmanagement

‚Anwender‘: Mitarbeiter der Einrichtungen ‚Anwender‘: Mitarbeiter von Einrichtungen Berufliche Praxisberichte

- Berufserfahrungen, Darstellungen von einzelnen Mitarbeitergruppen usw.

Anwenderdokumente

- Kompetenz- und Anforderungsprofile von Ver-bänden

- Fortbildungskonzepte

Berufliche Praxisberichte

- Erfahrungsberichte und Best Practice, z. B. in Bezug auf Implementierungsprozesse

Anwender-Dokumente

- Qualitätsmanagementhandbücher, erstellte Leitbilder, Organigramme etc.

Erziehungswissenschaftliche Beobachter Erziehungswissenschaftliche Beobachter - Tagungsberichte

- analytische Darstellungen in Überblickswerken - theoretische Reflexionen und empirische Befunde

zu Professionalität in der Fachliteratur

- ‚beigeordnete‘ Darstellungen in thematisch auf andere Zusammenhänge bezogenen Publikatio-nen

- Tagungsberichte

- analytische Darstellungen in Überblickswerken

- theoretische Reflexionen und empirische Befunde zu Qualitätsmanagement in der Fachliteratur

- ‚beigeordnete‘ Darstellungen in thematisch auf andere Zusammenhänge bezogenen Publikationen

87 Ein vergleichbares Segment wurde für den Professionalitätsdiskurs nicht definiert. Einführungen und Handbücher für Leitung und Mitarbeiter der Volkshochschule (VHS) der Pädagogischen Arbeitsstelle PAS) des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV) – dem Vorläufer des heutigen DIE (Vgl. Nittel, 2000, S. 156 –157) – beispielsweise, die in einer gewissen Weise eine analoge Stellung innehaben, sind vielfach von Tietgens und anderen Vertretern verfasst und herausgegeben worden.

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Der erstellte Überblick zeigt, dass sich trotz der aufgezeigten Unterschiede zwischen beiden Debatten eine gewisse Spiegelbildlichkeit zwischen den Debatten und Dokumenten aufzeigen lässt.

Dabei lassen sich sowohl für die Debatte um pädagogische Professionalität als auch um Qualitätsmanagement in grober, nicht ganz trennscharfer Weise zwei miteinander zusammenhängende sowie logisch aufeinander verweisende Ebenen der programmatisch-konzeptionellen Betrachtung unterscheiden, denen sich in eher lockerer Form auch einzelne Dokumententypen zuordnen lassen:

- Normen- und Anforderungskataloge: konkrete handlungsleitende Konzepte, Modelle sowie Nor-menvorgaben und -anforderungen, die sich als normative Vorgaben für die Praxis verstehen las-sen (im Professionalitätsdiskurs z. B. Tätigkeits- und Anforderungsprofile etwa für den HPM; im Qualitätsmanagementdiskurs insbesondere die Normenkataloge und Leitfäden).

- Theoretisch-konzeptionelle Grundlagentexte: u. a. mit Aussagen zu den Entstehungszusammen-hängen, programmatischen Aussagen sowie theoretisch-konzeptionellen Grundlagen, die den Normen- und Anforderungskatalogen zugrunde liegen und diese fundieren.

Mit Blick auf ihre Bedeutsamkeit für die Ansätze und ihre Umsetzung sowie angesichts ihrer Verwiesenheit aufeinander sind zur Analyse der Handlungsvorgaben und Ordnungsvorstellungen beide Ebenen in den Blick zu nehmen.

Eingrenzung des Feldes und Begründung des Textkorpus

Insofern die Auswahl eines Textkorpus als eigener methodischer Verfahrensschritt anzusehen ist, der einen maßgeblichen Einfluss auf die Ergebnisse der Untersuchung hat (vgl. hierzu die bereits zitierte Aussage von Schimpf 1997, S. 49), wurden Kriterien bestimmt, nach denen die Auswahl erfolgte, im Einzelnen Aussagekräftigkeit bzw. Repräsentativität der Dokumente für den Ansatz, ihr Gegenstandsbezug respektive ihr Informationsgehalt im Hinblick auf die Ebene des Handelns sowie die Relevanz der Texte (vgl. Tabelle 24).Die Literaturrecherche konnte sich dabei auf vorliegende Übersichten und Bibliographien zu Professionalität und Qualitätsmanagement sowie zu einzelnen ihrer Vertreter stützen.88

Tabelle 24: Anforderungen an den bzw. Auswahlkriterien zum Textkorpus Auswahlkriterien Erläuterung

Repräsentativität /Aussagekräftigkeit

- Maßgeblichkeit des Autors bzw. Nähe zum Modell (bei Professionalität: Vertreter und Protagonisten; bei Qualitätsmanagement: Modellentwickler, Zertifizierungs-agenturen etc.)

Gegenstandsbezug

- Bezug zur Handlungsebene: Beleuchtung der Handlungsvorgaben und Ordnungs-vorstellungen

- Fokussierung und Umfang der Darstellung Relevanz

- z. B. Bedeutsamkeit und Einschlägigkeit für die Professionalitäts- und Qualitäts-managementansätze; bei Qualitätsmanagement Aktualität der Normentexte, Maßgeblichkeit für die Zertifizierung

Die einbezogene Literatur lässt sich dabei entsprechend ihrer Bedeutung und Funktion im Rahmen der Untersuchung in drei Gruppen klassifizieren, im Einzelnen maßgebliche

88 Vgl. zu Tietgens‘ Publikationen Tietgens, 1997a; für eine Bibliographie der internationalen Professionalitäts-diskussion bis 1973 einschließlich Arbeiten von Tietgens Heuer & Steinkemper, 2009.

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Untersuchungsgrundlagen, ergänzend zur Erläuterung von Kontextfaktoren oder zur Unterstützung der Analyse und Interpretation:

1) Untersuchungsgrundlage: Dokumente, die im Zentrum der Untersuchung stehen und als Grund-lage für die systematische, methodisch geleitete textanalytische Auswertung entlang der rele-vante Kategorien dienen; sie bilden gleichsam das eigentliche Untersuchungsmaterial; es handelt sich dabei um Dokumente, die von Modellentwicklern und Instituten sowie von den Vertretern der Ansätze selbst stammen und somit in besonderer Weise die Ansätze in ihrer speziellen Logik repräsentieren.

Diese werden in einer gründlichen, systematischen Weise textanalytisch ausgewertet und dienen dazu, die Ansätze zu beschreiben, zu analysieren und entsprechend der dargelegten, entwickelten Kategorien handlungstheoretisch sowie im Hinblick auf die Anwendungsspielräume und Dehnbarkeiten der Normvorgaben zu rekonstruieren.

2) Ergänzende Literatur zur Explikation/exemplarischen Erläuterung (→ als Ergänzung heranzu-ziehende Literatur für die Beschreibung und Erläuterung): Gemeint sind Dokumente, die zwar nicht in ähnlicher Weise systematisch analysiert werden können, aber zur Explikation und exemplarischen Erläuterung der Ansätze bei Bedarf herangezogen werden und der genaueren Beschreibung und Erläuterung dienen; es handelt sich dabei um Dokumente, die der Sphäre der Berufspraxis zugehörig sind und zumeist nicht von den Protagonisten selbst verfasst worden sind, sondern von modellnahen Fachexperten bzw. an der Umsetzung interessierten Institutionen o-der aber Anweno-dern; diese beschäftigen sich mit Fragen o-der Umsetzung und Anwendung, prä-sentieren Umsetzungsbeispiele etc.

3) Ergänzungen für die Analyse/Interpretation (→ für die Analyse und Interpretation heranzuzie-hende): Dokumente, die – ebenfalls ergänzend zum Verstehen der Ansätze, ggf. im Hinblick auf spezifische Strukturmomente – zu vertiefender Analyse und Interpretation herangezogen wer-den; diese Dokumente sind nicht von den Urhebern selbst verfasst worden: Es handelt sich um Literatur des erziehungswissenschaftlichen, deskriptiv-analytischen, neutral beobachtenden Fachdiskurses, die analytische Beschreibungen und Analysen liefet und zu den Ansätzen und als Folie herangezogen werden kann.

Im Weiteren werden die in der Dokumentenanalyse miteinbezogenen Dokumente jeweils getrennt sowohl für den Ansatz Pädagogischer Professionalität als auch für Qualitätsmanagement erläutert.

5.3.2.2 Dokumenten-/Textsorten zur Untersuchung der Handlungsansätze

pädagogischer Professionalität

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