• Keine Ergebnisse gefunden

2 ‚Pädagogische Professionalität‘ und Qualitätsmanagement als Zugänge zu Weiterbildungsqualität

2.1 Hintergründe und Kontexte des Zusammentreffens von Professionalität und Qualitätsmanagement Professionalität und Qualitätsmanagement

2.1.2 Gesellschaftlich-institutionelle Kontextbedingungen der Qualitätsdebatte Qualitätsdebatte

Qualität und Qualitätsmanagement stehen insbesondere zunächst historisch gesehen für den Einzug einer von außen seitens der Politik und der Wirtschaft an die Einrichtungen des Sozial-, Erziehungs- und Bildungssystems herangetragenen Erwartung sowie verbindlichen Auflage nicht nur einer Bemühung um Qualität, sondern auch ihres sicht- und überprüfbaren Nachweises sowie ihrer kontinuierlichen Verbesserung. Mit Helmke et al. lässt sich diese veränderte Situation wie folgt zusammenfassen:

„Von der Kinderkrippe über Kindergärten, Primar- und Sekundarschulen, sozialpädagogische Einrichtungen, Hochschulen, öffentliche und private Formen der Erwachsenenbildung, der Weiterbildung, der inner- und außerbetrieblichen Berufsbildung etc., über Institutionen und Einrichtungen der Sozialhilfe, der Betreuung von Randgruppen bis hin zu den Einrichtungen der Seniorenbildung und -betreuung, der Pflege kranker und alter Menschen … alle sozialstaatlichen Infrastrukturleistungen … sehen sich kritischen Fragen nach ihrer Qualität gegenüber, müssen sich um Qualität bemühen, müssen Qualität dokumentieren, müssen sich hinsichtlich ihrer Qualität überprüfen lassen und müssen schließlich – wie könnte es anders sein – ihre Qualität kontinuierlich verbessern“

(Helmke et al., 2000a, S. 10).

Die Verweise aus dem Inneren der erwachsenenpädagogischen Berufspraxis und der Disziplin darauf, dass Qualität sowie auch die Qualitätsdebatte nichts originär Neues für die Weiterbildung darstellten (vgl. z .B. Siebert, 1995; Schlutz, 1995), lassen sich vor dem Hintergrund dieser Verpflichtung auf Qualität durch fremde Parteien von außen einerseits als eine Art Widerspruch gegenüber dem Eindruck einer Untätigkeit der Disziplin in ihrer Verantwortung sowie auch als Reaktion auf die Gefahr der Verdrängung und des Vergessens eigener, disziplinspezifischer Bemühungen wie z. B. die der Professionalisierung sowie gegenüber den fremden Qualitätsverständnissen und -instrumenten deuten. An die eigenen Bemühungen um Qualität sollte und musste Mitte der 1990er-Jahre angesichts der vielfach mit Neuigkeitsansprüchen verbundenen Verfahren wie Qualitätskontrolle, -sicherung, -management und -entwicklung erst wieder erinnert werden.15 Wittpoth verweist dabei darauf, dass das Neue weniger in dem Einzug neuer Handlungsaufgaben und Tätigkeitskomplexen, sondern eher in dem Einzug neuer Steuerungsmechanismen angesichts eines verloren gegangenen Vertrauens in die alten Strategien der Qualitätssicherung – insbesondere in den Mechanismus der Professionalisierung – bestünde (vgl. Wittpoth, 1997, S. 63).

Die gegenwärtigen Erwartungen und Anforderungen an Qualität sowie auch der Verlust an Professionalität als einzigen Qualitätssicherungsmechanismus lässt sich auf einen Paradigmenwechsel innerhalb des Sozial-, Erziehungs- und Bildungssektors mit Blick auf die grundlegenden Steuerungsideen und Modernisierungsvorstellungen im Übergang der 1980er zu den

15 Und auch aktuell wird an die Bekanntheit von Qualitätsproblemen, -aktivitäten und -strategien der ver-schiedensten Art immer noch in zahlreichen einschlägigen Publikationen in der Debatte um Weiterbildungsqua-lität erinnert und diese als Argument ins Feld geführt bzw. als kanonische Information vermittelt (vgl. Veltjens, 2010; Hartz, 2011). Qualitätsfragen sind insofern als diskursive Arenen (vgl. Deutsches Institut für Erwachse-nenbildung, o. J.) zu verstehen, in denen unterschiedliche Praxen – insbesondere Politik, Ökonomie und Päda-gogik – sowie ihre Sinnhaftigkeiten und Rationalitäten zusammenprallen (vgl. auch Forneck & Wrana, 2005, S.

166 ff.). Sieberts kritische ‚Selbstreflexion‘, dass „die Erwachsenenpädagogik ihr ureigenes Thema, das der Qualität, gleichsam kampflos der Ökonomie und dem Management überlassen" (Siebert, 1995, S. 10) habe, zeigt, wie Qualität bis ins Mark auch die berufliche und fachdisziplinäre Identität berührt hat.

31

1990er-Jahren in Verbindung bringen. Diese haben einen wesentlichen Grund in einem ‚Doppel‘ aus veränderten gesellschaftlich-institutionellen Rahmenbedingungen einerseits und einer Negativ-Bilanzierung der Leistungen der Steuerungsprinzipien und Strukturen des Sozial- und Bildungssystems der 1960er- und 1970er-Jahre andererseits und gehen mit strukturellen Verschiebungen von Diskurslinien – d. h. leitende Topoi, thematisch-inhaltliche Schwerpunktsetzungen, Argumentationszusammenhänge – einher (vgl. Helmke et al., 2000a; Kuper, 2002; Galiläer, 2005).

Umschrieben werden die mit Qualität und die Debatten um das Verhältnis von Qualitätsmanagement und Professionalität assoziierten Transformations- und Wandlungsprozesse mit Stichworten wie der Krise des Wohlfahrtsstaates, dem Um- und Abbau des Sozialsystems, dem Versagen alter Steuerungssysteme und -konzepte oder aber Ökonomisierung und Managerialismus (vgl.

exemplarisch Dewe, 2005).

Allgemeine Bedingungen aus Zeit- und gesellschaftsdiagnostischer Perspektive

Aus der zeit- und gesellschaftsdiagnostischen Perspektive sowie „in grober zeitlicher Periodisierung und pointierter inhaltlicher Akzentuierung“ (Helmke et al., 2000a, S. 8) betrachtet16 markierten die Qualitätssemantik sowie Handlungsansätze wie Qualitätsmanagement paradigmatische Veränderungen in den grundlegenden Orientierungsmustern und Gestaltungskonzepten der Bildungs- und Sozialpolitik der Bundesrepublik sowie auch der Themen der begleitenden Diskurse ab den späten 1980er-Jahren. Den Wandel machen sie dabei entlang von vier Kategorien fest:

Hätten sich die Sozial- und Bildungspolitik sowie die politischen, berufspraktischen und fachwissenschaftlichen Debatten der 1960er- und 1970er-Jahre zu Zeiten der Bildungsreform primär noch an den Leitbegriffen Quantität, Gleichheit bzw. Gleichverteilung, Staat und Wissenschaft orientiert, seien nun Qualität und Exzellenz, Markt und Evaluation an deren Stelle zu den Eckpfeilern des Sozial- und Bildungsbereichs avanciert (Helmke et al., 2000a, S. 9):

Während im Zentrum des Sozial- und Bildungssektors zu Zeiten der Bildungsreform angesichts historisch einmalig günstiger Wachstumsbedingungen sowie eines Vertrauens in die Leistungsfähigkeit des Sozialstaates der Ausbau des Bildungs- und Sozialsystems in Orientierung an egalitärer Versorgung („Gleichheit“) gestanden habe und zur Steuerung primär quantitative Input-Parameter („Quantität“) zugrunde gelegt worden seien, hätten eine zunehmende Verschärfung der wirtschaftlichen Bedingungen sowie eine Erosion des Vertrauens in alte Steuerungskonzepte zu einer grundlegenden Transformation dieser Eckpfeiler der Steuerungslogik sowie der Diskurse geführt: Die Ressourcenallokation der Bildungs- und Sozialpolitik ab den 1990er-Jahren orientierten sich nun an Prinzipen der „Exzellenz“ sowie an „Qualitäten“, wobei dabei Verfahren und Instrumente einer (outputorientierten) Leistungsbewertung („Evaluation“) als den wichtigsten Informationslieferanten zur Beurteilung der Ressourcen-, d. h. Förderungswürdigkeit betrachtet würden (vgl. zur konkretisierten Skizzierung dieser Situation auch Dewe & Galiläer, 2002, S. 163–165). Diese hätten die Bedeutung wissenschaftlicher Expertise („Wissenschaft“) – etwa in Form von Politikberatung – abgelöst. An die Stelle des Staates als maßgeblicher ordnungspolitischer Instanz sowie zentraler

16 Vgl. zu den weiteren Ausführungen auch Bruns, 2007, S. 15 f. Zur eingeschränkten Leistungsfähigkeit von Zeitdiagnosen als einem besonderen (soziologischen) Reflexionstypus vgl. Wittpoth, 2001. Einerseits besitzen diese ihre Stärke darin, übergeordnete Konturen gesellschaftlicher Entwicklungsveränderungen durch die Abs-traktion von Details und Verallgemeinerungen sichtbar zu machen; andererseits müssen diese ‚Makrobilder‘

jedoch in einer höheren Auflösung bereichsspezifisch konkretisiert und ggf. ergänzt sowie korrigiert werden.

Die von Helmke et. al gekennzeichneten Veränderungen finden jedoch ihre Entsprechungen auch in einzelnen Handlungsfeldern wie der Weiterbildung.

32

staatlicher Planung und Intervention („Staat“) seien dezentral ausgerichtete, marktförmige Steuerungsprinzipien („Markt“) gerückt (vgl. auch Kuper, 2002).

Tabelle 1 stellt die beiden Epochen mit ihren jeweils kennzeichnenden Steuerungs- und Modernisierungskonzepten respektive Debattenschwerpunkten vor dem Hintergrund ihrer Rahmenbedingungen gegenüber.

Tabelle 1: Qualität als Indikator eines Paradigmenwechsels in der Steuerungsphilosophie

1960er/1970er-Jahre seit den späten 1980er/1990er-Jahren

- Quantitäten

- Gleichheit bzw. Gleichverteilungen - Staat bzw. staatlicher Interventionismus

- wissenschaftliche Politikberatung (z. B. Curriculum-forschung)

- Qualitäten - Exzellenz - Markt - Evaluation Bedingungen und Steuerungsannahmen

- (einmalig) günstige ökonomische Bedingungen:

Ressourcenwachstum (Vgl. Speck 2004, S. 15 f.: `Ge-sellschaftlich-sozialer Aufschwung´, `wirtschaftliche Prosperität´)

- begrenzte ökonomische Ressourcen und Erfahrung des Scheiterns alter Steuerungskonzepte („Negativ-Bilanz“)

- mehr Investitionen in Inputs bzw. Input-Änderung = erwünschter Output; Staatsmacht als ordnende Kraft

- Expansion aus sozialstaatlich-pädagogischen UND ökonomischen Gründen

- Orientierung an bzw. Ausweis von Outputs (Quali-täten, durch Quantitäten konkretisiert)

- Glaube an Markt als Ordnungskraft

- Widerspruch von sozialstaatlicher und ökonomi-scher „Logik“: Ausbau/Erhalt gegenüber Abbau (in Anschluss an Helmke et al., 2000a; Kuper, 2002) Ähnliche Diagnosen zu den Transformationen der Struktur- und Rahmenbedingungen des Erziehungs- und Bildungssystems finden sich auch in den Charakterisierungen der Hintergründe der Qualitätsdebatte bei Speck (vgl. Speck, 2004).

Konkretisierungen für den Bereich der Weiterbildung sowie spezifische Kontext- und Rahmenbe-dingungen

Mit den dargestellten Wandlungsprozessen sind bedeutsame übergeordnete Entstehungshintergründe, Kontextbedingungen sowie thematische Indexe auch der Qualitätsdebatte in anderen Handlungsfeldern dargestellt, insbesondere in den über öffentliche Mittel geförderten Segmenten (vgl. für die Weiterbildung Meisel, 2008, S. 109; in einem ebenfalls zeit- und makrodiagnostischen Blick zur aktuellen Struktur und Wandel der Weiterbildung Schrader, 2011b).

Insofern betten sich die spezifischen Diskurse um Qualität in den einzelnen Handlungsfeldern aus einer Makroperspektive sowie historisch betrachtet in einen übergeordneten Rahmen ein.

Angesichts der erheblichen Unterschiede der verschiedenen Qualitätsdebatten in den einzelnen pädagogischen Handlungsfeldern mit Blick auf Hintergründe und Anlässe, Themen und Inhalte sowie institutionellen Rahmenbedingungen (vgl. die Analysen von Galiläer, 2005) sind im Weiteren einige für die vorliegende Untersuchung relevanten spezifischen Transformationsprozesse und Bedingungsmomente in der Weiterbildung zu konkretisieren. Angesichts des Umfangs und der Unübersichtlichkeit der Qualitätsdebatte in der Weiterbildung (vgl. dazu Hartz, 2010) wird dabei kein Anspruch auf Vollständigkeit der Darstellung erhoben, sondern selektiv für die hier vorliegende Untersuchung bedeutsame Kontext- und Rahmenbedingungen herausgearbeitet.

33

- Auch in der Weiterbildung lassen sich das Aufkommen der Kategorie der Qualität sowie von Qua-litätsaktivitäten seit den 1990er-Jahren als Ausdruck eines tiefgreifenden Strukturwandels in den gesellschaftlich-institutionellen, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie in den veränderten Steuerungs- und Modernisierungsparadigmen verstehen (vgl. Schrader, 2011b, S. 71 ff.). Zentrale Merkmale der übergreifenden Wandungsprozesse finden sich hier wieder, welche jedoch – u. a.

entsprechend der besonderen institutionellen sowie organisatorischen Gegebenheiten – in spezi-fischer Weise konkretisiert werden: Für den hier vorliegenden Problemzusammenhang ist zu-nächst relevant, dass auch hier die Qualitätsdebatte mit neuen ‚Indizes‘ verbunden ist, die mit einem Zusammenprallen von pädagogischer Professionalität und Qualitätsmanagement einher-gehen:

- Entsprechend der Debatte um Qualität in anderen Feldern ist diese in der Weiterbildung gekenn-zeichnet durch eine Neu-Entdeckung und Fokussierung von Organisation als einer ‚flüssig gewor-denen‘, nun gestaltbaren Handlungsebene (in Anlehnung an Schäffter, 1988, S. 105) sowie durch Übernahme und Weiterentwicklung von fremden betriebswirtschaftlichen Managementkonzep-ten (vgl. Kap. 2.2.2), welche neue Steuerungs- und RationalisierungspoManagementkonzep-tentiale auf der Organisa-tionsebene zu erschließen versprechen (vgl. Hartz & Schrader, 2009).

- Hartz (vgl. Hartz, 2010, S. 5 f.) macht das „Neue“ der gegenwärtigen Qualitätsdebatte in der Wei-terbildung gegenüber früheren Thematisierungen von Qualität an der Zuwendung zu Organisati-on und organisatiOrganisati-onalen ManagementkOrganisati-onzeptiOrganisati-on, der Einwirkung fremder Fachdisziplinen und einer Übertragung betriebswirtschaftlich-industrieller Managementansätze sowie an gesteiger-ten Steuerungsbemühungen durch die Bildungspolitik etwa durch gesetzliche Auflagen zur Quali-tätssicherung auf Bundes- und Landesebene fest. Letztere zielten darauf ab, „mehr Transparenz und Sicherheiten gegenüber den uneinsehbaren Tätigkeiten der Bildungspraxis zu gewinnen“

(ebd., S. 6).

- Im Zuge der veränderten Rahmenbedingen sowie umfassenden sozial- und bildungspolitischen Modernisierungsprozessen wird auch in der Weiterbildung unter dem Verdikt knapper öffentli-cher finanzieller Ressourcen bei gleichzeitig erhöhten Leistungserwartungen die Ressourcenver-teilung verstärkt an Qualitätsnachweise gebunden und erfolgt zunehmend unter Markt- und Konkurrenzbedingungen. In Folge sind Weiterbildungseinrichtungen einerseits dazu verpflichtet, ihre Qualitätsfähigkeit auf den Prüfstein zu legen, zu dokumentieren, weiterzuentwickeln usw.

und andererseits auf eine optimale Ressourcenausschöpfung und Kostensenkung angewiesen.

- Kennzeichnend ist auch hier der Einzug von Betrieblichkeit (vgl. auch Schrader, 2011b, S. 66 ff.) und betriebswirtschaftlichen Instrumenten der Betriebsführung und Gestaltung:

- Als „Bestandteil von Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung“ oder als Angebot und Leis-tung „von öffentlich anerkannten und sog. freien Trägern (vgl. Meisel, 1999; Meisel, 2001, S. 27 ff.) stand die „Betriebsförmigkeit der Erwachsenenbildungsorganisation“ in den 1980er-Jahren nicht im Mittelpunkt der Betrachtung, insofern sich institutionelle Weiterbildung eingebettet in größere organisatorische Zusammenhänge insbesondere auch als öffentliche, von Trägern geför-derte Funktion vollzog (vgl. auch Harney, 2002), die Finanzierung von Weiterbildung war ange-sichts der skizzierten Steuerungsphilosophie der 1970er-Jahre innerhalb dieser Zusammenhänge gesichert. In Folge der jüngeren Entwicklungen sehen sich auch Weiterbildungseinrichtungen da-zu gezwungen, neue betriebliche Funktionen wie etwa Marketing da-zu gestalten – oder auch Quali-tätsmanagement (vgl. zu QualiQuali-tätsmanagement als Managementaufgabe von Weiterbildungsein-richtungen Meisel, 2001).

34

Gewandelte Rahmenbedingungen, erhöhte Anforderungen an die Einrichtungen der Weiterbildung Die gewandelten Rahmenbedingungen für die Einrichtungen in allen Sektoren der Weiterbildung – öffentlich verantwortete, berufliche und betriebliche gleichermaßen – und Änderungen, auf die Qualitätsmanagement gleichsam reagiert, können mit Bender wie folgt zusammengefasst werden:

Von diesen geht dabei ein steigender „Leistungs- und Legitimationsdruck“ (Bender, 2008, S. 4) aus, wobei dieser mit internen als auch externen Anforderungen einhergeht, welche gleichermaßen durch die Einführung von Qualitätsmanagement bewältigt werden sollen: So müssen die Einrichtungen einerseits „umfangreichere und komplexere Aufgaben“ vielfach „mit knapper budgetierten Mitteln und damit Personal“ erledigen, was eine „straffere und effizientere Organisation“ erfordert;

andererseits müssen diese zudem „ihre Wirksamkeit und ihren Nutzen“ (ebd., S. 4) gegenüber Auftrag- und Geldgebern durch Outputs sowie den Einsatz von Effizienz und Effektivität versprechenden Verfahrensstandards entsprechend der Qualitätssicherungs- und -management-Systeme nachweisen.

Besondere Bedingungen und Anforderungsstruktur des quartären Sektors

Die Debatte um Qualität sowie um das Verhältnis von Qualitätsmanagement und pädagogischer Professionalität vollzieht sich dabei vor dem Hintergrund besonderer Kontextbedingungen, die sich aus den besonderen institutionell-organisatorischen Strukturmerkmalen der Weiterbildung als dem

„quartären Sektor“ des Bildungssystems ergeben und sich wie folgt zusammenfassen lassen:

- ein im Vergleich zu anderen Sektoren größeres Maß an Heterogenität und Unübersichtlichkeit der Strukturen;

- einer Pluralität aus Trägern, Einrichtungen sowie institutionell-organisatorischen Formen

- einer dezentralen Struktur mit einem geringen Grad an Systematisierung und staatlicher Regulie-rung;

- ein Nebeneinander von Staat und Markt als Ordnungsprinzipien, wobei sich zahlreiche Misch-formen der Finanzierung finden lassen;

- einer Vielfalt und Uneinheitlichkeit der Berufszugänge, Qualifikationen und Berufsbiografien des Personals sowie der Ausbildungs-, Fort- und Weiterbildungsformen.

Vor diesem Hintergrund kommt Ansätzen des Qualitätsmanagements in der Weiterbildung zum einen eine hohe Bedeutung als Instrument bildungspolitischer Steuerung, Marktregulation und zur Sicherung von Angebots- und Leistungstransparenz für die Abnehmer zu sowie – aus Einrichtungsperspektive – zur Sicherung des Marktzugangs, der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschaffung legitimatorischer und finanzieller Ressourcen.

Zum anderen kann aufgrund weniger stark reglementierter Zugangswege, die Vielfalt der Ausbildungs- und Fortbildungswege, die daraus resultierende Uneinheitlichkeit der Qualifikationen und andere Merkmale der Beruflichkeit kein spezifisches Qualifikations- und Kompetenzprofil als Voraussetzungen von Professionalität vorausgesetzt werden, so dass Qualitätsmanagement auch als Instrument der Professionalisierung betrachtet bzw. als alternativer Ansatz betrachtet wurde.

Weiterhin schwächen diese strukturellen Bedingungen prinzipiell die Möglichkeit einer Sicherung der Qualität durch Professionalität, worin die Verunsicherung durch die ISO einen Ursprung hatte (vgl.

Wittpoth, 1997, S. 64).

Heterogene Qualitätsstrategien und Maßnahmen

Weitere für die vorliegende Untersuchung zentrale Kontextbedingungen resultieren dabei aus der Heterogenität der Qualitätsdebatte, die auf der System-, Organisations- und Interaktionsebene

35

geführt wird und in der jeweils unterschiedliche Akteure und Interessen, Anforderungen und Qualitätsgesichtspunkte zusammenprallen. Die einzelnen Teildebatten sowie Strategien, Maßnahmen und Aktivitäten sind dabei nur locker miteinander verbunden, so dass die Qualitätsdebatte als Ganzes diffus wirkt (vgl. Hartz & Meisel, 2011; Meisel, 2008).

Für den hier vorliegenden Problemzusammenhang ist zunächst das Bestreben seitens der Bildungspolitik, der Berufspraxis und der Disziplin bedeutsam, die verschiedenen Qualitätsaktivitäten auf den unterschiedlichen Handlungsebenen im Dienst von Qualität zu einem gemeinsamen funktionierenden, sowie transparenten Handlungssystem zusammenzuführen, wobei dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ein Desiderat darstellt.

Ein einschlägiges Beispiel für dieses Postulat auf der bildungspolitischen Ebene stellen die weiterbildungspolitischen Empfehlungen der Konzertierten Aktion Weiterbildung) (KAW) dar (vgl.

Pahl, 2002; Hartz, 2011), die in Orientierung an einer umfassenden, systemorientierten Qualitätspolitik zahlreiche, auf allen Aggregatsebenen liegende Strukturelemente formulieren, welche in den letzten Jahren in verschiedenen Initiativen, Projekten und Modellversuchen (vgl.

Meisel, 2001; Hartz & Meisel, 2011; Hartz, 2012, S. 26) aufgegriffen worden sind. Gefordert werden im Einzelnen:

- „Entwicklung eines Referenzrahmens im Sinne eines Leitbildes unter Berücksichtigung der [rele-vanten] Kriterien für die Qualitätsentwicklung,

- Verknüpfung des Qualitätsmanagements mit Konzepten der Organisations- und Personalentwick-lung,

- Stärkung der Position der Verbraucher, z. B. durch Bildungstests oder durch Integration vorhan-dener Checklisten,

- Erhöhung der Transparenz des Angebots durch Weiterentwicklung z. B. bereits bestehender re-gionaler und überrere-gionaler Datenbanken im Internet, Bestandsaunahmen, (...)

- Förderung der Professionalität des Personals in der Weiterbildung,

- Unterstützung von träger- und einrichtungsübergreifenden Initiativen wie beispielsweise Ver-gleichsringen und Entwicklungsgruppen, Ausbau internationaler Kontakte zur Sicherung des An-schlusses an Entwicklungen von Qualitätsmanagementsystemen,

- Förderung der Qualitätsforschung in der Weiterbildung, insbesondere der Wirkungsforschung“

(KAW, 2002, S. 148).

Qualitätsmanagement und Professionalität respektive Professionalisierung werden hier – wenngleich auch ohne konkrete Festlegung auf einen spezifischen Ansatz oder ein konkretes Modell – als zwei zentrale Teilaktivitäten zur Förderung der Qualität im Dienste eines umfassenden Qualitätsverständnisses benannt.

Als Beispiel für das Postulat einer Integration der verschiedenen Ebenen innerhalb der Zunft können die Ausführungen von Schiersmann (vgl. Schiersmann, 2002) aufgeführt werden, welche Qualität als mehrdimensionales Konstrukt bestehend aus „Qualität der Lehr-/Lernprozesse einschließlich der Lerninfrastruktur“, „Qualität der organisationalen Dimension“ sowie „Qualität gesellschaftspolitischer Rahmenbedingungen“ bestimmt und Aufgaben auf jeder der drei unterschiedenen Bereiche (vgl. ebd., S. 28).

Dabei hat die Weiterentwicklung der Debatte in den letzten Jahren zu einer erheblichen Ausdifferenzierung des Qualitätsmanagements geführt. Gegenwärtig existieren daher eine Vielzahl von unterschiedlichen Qualitätsmanagementansätzen, zwischen denen sich die Einrichtungen der Weiterbildung entscheiden können, sodass in der berufspraktischen sowie fachwissenschaftlichen

36

Debatte der Frage nach den Merkmalen der jeweiligen Ansätze, dem jeweils für die jeweiligen Einrichtungsbedarfe passenden Ansatz sowie nach den zugrunde zu legenden Auswahlkriterien eine hohe Bedeutung zukommt (vgl. z. B. Rahe, 2007). Und auch mit Blick auf den Professionalitätszugang existieren gegenwärtig heterogene Begriffsverständnisse, Konzepte und Formen der Professionalität sowie der Professionalisierung (vgl. auch Galiläer 2005, S. 188 ff.) die eine Vergleichbarkeit sowie die Diskussion etwa um Professionalitätsstandards in der Debatte erschweren. In diesem Zusammenhang kommt auch die Frage nach dem jeweils passenden Ansatz für die Abbildung pädagogischer Ansprüche (vgl. Hartz & Meisel, 2011, S. 60 ff.) sowie für die Förderung der Professionalisierung (vgl. Rahe, 2007; Schmidt-Herta & Aust, 2012, Spiewok et al., 2015) auf.

Zentrale Bedingungsmomente der gegenwärtigen Debatte, die diese gegenüber früheren Abschnitten der Diskussion abgrenzt, resultieren dabei zum einen aus der Entwicklung bzw. dem Vorliegen branchenadaptierter bzw. -spezifischer Qualitätsmanagementansätze sowie einer zunehmenden pädagogischen Erschließung der Organisationsseite im Rahmen einer Pädagogisierung des Qualitätsmanagements, zum anderen aus einer Re-Integration der Seite der Professionalität und Professionalisierung, die lange Jahre gegenüber der Organisationsseite vernachlässigt worden ist.

Auch die Frage nach neuen Formen der Professionalität und Professionalisierung angesichts veränderter Bedingungen wird gestellt (vgl. Seitter, 2011; Schicke-Gerke, 2012; Zech, 2012).

Als archetypisch für die pädagogische Erschließung der Qualitätsmanagementdebatte und eine Adaption und Modifikation entsprechender Konzepte kann die LQW angeführt werden, aber auch die branchenspezifische Version des EFQM (vgl. Heinold-Krug et al., 2001) sowie die DIN ISO 29990 sind hierfür Beispiele (vgl. Rau, 2011; Brandt & Veltjens, 2011). Alle drei Ansätze bringen eine Öffnung der erwachsenenpädagogischen Fachdebatte für Qualitätsmanagement sowie eine aktive Nutzung der organisationalen Steuerungsinstrumente für pädagogische Zwecke zum Ausdruck.

Ein Indiz für die zweite Entwicklung stellt dar, dass in der Debatte gegenwärtig wieder Initiativen und Projekte der Professionalität sowie Professionalisierung (z. B. Fallarbeit, aber auch die Debatten um einen Europäischen Qualifikationsrahmen (ECR)) intensiv diskutiert werden (vgl. exemplarisch Kraft et al., 2009; Egetenmeyer & Schüßler, 2011; Schrader et al., 2010), während bis vor Kurzem noch die Verengung auf Qualitätsmanagement und -entwicklung bzw. eine Verdrängung der pädagogisch-professionellen Seite kritisiert und der gegenüber eine Wiederaufnahme respektive Intensivierung der Debatte um Professionalisierung gefordert wurde (vgl. Veltjens, 2008; Meisel, 2009).

In Folge dieser Entwicklungen kann einerseits von einer zunehmender Auflösung bestehender, ideologisch aufgeladener Gegenüberstellungen und Differenzlinien etwa von Pädagogik bzw.

Profession und Organisation gesprochen werden mit der Bemühung um neue begriffliche, konzeptionelle und theoretische Grundlagen; andererseits wird die Debatte auch flankiert von Diskussionen und Bemühungen um die Identität und die Absteckung der Grenzen der Kategorien an solchen Stellen, an denen die Gestaltungskonzepte oder aber Fragmente aufeinander prallen (vgl.

Nittel, 2010; Zech, 2012; vgl. die kritische Reflexion zur Vermengung von Handlungslogiken im Kontext der Bemühung um Europäische Qualifikationsrahmen für die Weiterbildung Egetenmeyer, 2011; Egetenmeyer & Käpplinger, 2011).

Fazit für die weitere Arbeit / den weiteren Verlauf der Untersuchung

Resümierend kann damit für die weitere Arbeit festgehalten werden, dass das Betreiben von Qualitätsmanagement aus Sicht der Weiterbildungseinrichtungen gegenwärtig einerseits vor dem Hintergrund der gegenwärtigen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Bedingungen aus betriebswirtschaftlichen Gründen eine notwendige sowie auch selbstverständliche Praxis für die

37

Einrichtungen der Weiterbildung zur Sicherung legitimatorischer und finanzieller Ressourcen darstellt (nach außen gerichtet als Voraussetzung zur Sicherung des Marktzugangs angesichts bestehender Anerkennungs- und Zulassungsverordnungen sowie als legitimationssichernder Nachweis von Qualität gegenüber Auftraggebern bzw. Kunden zum Erhalt finanzieller Förderungen; nach innen als Rationalisierungsinstrument zur Ressourcenausschöpfung); andererseits wird es angesichts der Weiterentwicklungen der Debatten zunehmend mehr auch als Instrument zur Förderung pädagogischer Zwecke sowie der Professionalisierung betrachtet, womit der Zugang nicht mehr einseitig als betriebswirtschaftlich motiviertes Instrument verstanden werden kann. Professionalität und Professionalisierung werden angesichts der Grenzen organisationaler Qualitätssicherung weiterhin als zentraler Zugang zur Qualität insbesondere auf der Lehr-Lern-Ebene gegenüber Qualitätsmanagement profiliert (vgl. Hartz & Schrader, 2009), wobei diese einerseits als Gegenstand von Qualitätsmanagement betrachtet und ihre Inhalte hier aus betrieblich-organisationalen Zielen abgeleitet werden (vgl. Zech, 2012); andererseits wird Professionalisierung und Professionalitätsentwicklung zunehmend wieder in unterschiedlicher Form in eigenständigen Projekten, Initiativen und Ansätzen in der Debatte unter veränderten Bedingungen aufgegriffen. In der Gesamtschau ist somit eine Verschränkung auf unterschiedlichen Ebenen zu beobachten.

Gleichzeitig stellt die Koppelung und Integration beider Zugänge und Debatten weiterhin eine zentrale Aufgabe zur Sicherung der verschiedenen Praxis- und Qualitätsanforderungen an Weiterbildungseinrichtungen dar. Angesichts der dargelegten spezifischen Kontextbedingungen des Weiterbildungssektors sind dabei gleichermaßen politische, ökonomische und pädagogische sowie organisationale und interaktionale Gesichtspunkte, Maßstäbe und Kriterien bzw. Referenzen zu berücksichtigen.

Angesichts der Weiterentwicklung der Qualitätsdebatte wird die Verknüpfung beider dabei nicht mehr länger als Arbeitsteilung zwischen einer organisationalen Sicherung der materiellen, betriebswirtschaftlich-organisationalen Grundlagen über Qualitätsmanagement einerseits und der professionell pädagogischen Ansprüche auf der Lehr-Lern-Interaktion andererseits gedacht; vor dem Hintergrund der neugesehenen Potentiale von Organisation sollen im Sinne eines Ineinandergreifens beider Strategien vielmehr auch die pädagogischen Ansprüche über zwei verschiedene Ebenen – neben der Interaktionsseite auch über die Organisationseite – gesichert werden.

Die Frage nach der Koppelung stellt sich dabei gegenwärtig unter der Bedingung heterogener Ansätze des Qualitätsmanagements einerseits sowie Begriffen, Konzepten und Modellen pädagogischer Professionalität andererseits, aus der sich die Frage nach unterschiedlichen Kompatibilitäten der Ansätze ableitet.

Nach der Darlegung dieser Kontext- und Rahmenbedingungen der Debatte um das Verhältnis sowie die Koppelung beider Zugänge werden im Weiteren die Kategorien Professionalität und Qualitätsmanagement erläutert und somit die begrifflichen Grundlagen für die weitere Untersuchung geschaffen.

2.2 Erwachsenenpädagogische Professionalität und Qualitätsmanagement

als Zugänge zur Weiterbildungsqualität

Outline

ÄHNLICHE DOKUMENTE