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2 ‚Pädagogische Professionalität‘ und Qualitätsmanagement als Zugänge zu Weiterbildungsqualität

Sortierung 4: Ordnung nach Problemgesichtspunkten bzw. Strukturelementen des Handelns, unter denen das Verhältnis von Qualitätsmanagement und pädagogischer Professionalität diskutiert

3.3 Vertiefung: (Ausgewählte) Theoretische Stränge der erwachsenenpädagogischen Fachdebatte erwachsenenpädagogischen Fachdebatte

3.3.5 Kritische Reflexion und Desiderate

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und Schnittstellen zwischen Professionalität und Qualitätsmanagement – in diesem Falle z. B. die Einwirkungsmöglichkeiten von Qualitätsmanagement auf pädagogische Professionalität sowie die wechselseitigen Verschrankungen und Durchdringungen – durch die Analysekategorien gleichsam theoretisch eher in den Hintergrund rücken und stattdessen von einem Wechsel von Kontexten und Sinnzusammenhängen der Kommunikationen ausgegangen wird. Das Zusammenprallen von unterschiedlichen Systemlogiken in Kommunikations- und Handlungszusammenhängen führt eher zu Markierungen der Grenzen von füreinander unzugänglichen Kontexten sowie einem Sprung zwischen den sinnhaften Kommunikationssystemen je nach Situation. Insofern Systeme aus dieser Perspektive immer eigensinnig, selbstbezüglich sowie nach ihren eigenen identitätsstiftenden Regeln operieren und von der Umwelt, an die sie lediglich strukturell gekoppelt sind, nur perturbiert werden, werden die gegenseitigen Verschrankungen und wechselseitigen Einwirkungs- und Durchdringungsmöglichkeiten – wie sie bei der Untersuchung des Passungsverhältnisses ebenfalls relevant sind – nur allgemein erfasst.52

Verschrankungen, Durchdringungen und letztlich auch die Transformationen des Feldes wiederum werden in der gouvernementalitätstheoretischen Perspektive beleuchtet, die hier als Folge der Etablierung von diskursiv in Sprechakten hervorgebrachten Sprach- und Wissensstrukturen analysiert und als Kennzeichen einer Regierung durch das Qualitätsmanagement gedeutet werden. Die Beeinflussung des Professionellen Handelns durch das Qualitätsmanagement erfolgt aus der Perspektive der Gouvernementalitätstheorie gleichsam ‚von unten‘ durch eine Beeinflussung der Sprach- und Wissensstrukturen als den kognitiv-symbolischen Regeln des Handelns sowie der identitätskonstituierenden Regeln der Selbst- und Fremddeutung, wodurch die Professionellen Strukturen im Feld gleichsam subversiv unterwandert werden. Im Gegensatz zu den systemtheoretisch fundierten Betrachtungen von Harney, Hartz und anderen stützt sich die Perspektive – wenngleich der Fokus auf dem Diskurs und seinen strukturellen Regeln liegt – auf handlungstheoretische Grundkategorien und geht von Subjekten bzw. Akteuren und ihren Situationen sowie vom Handlungsbegriff aus. Gleichwohl ist auch zu konstatieren, dass – wenngleich die Handlungsdimension in den Blick rückt – mit den strukturellen Regeln die Voraussetzungen des Handelns anstatt die Handlungsstrukturen selbst in den Blick genommen werden. Zudem verweist die gouvernementalitätstheoretische Perspektive auf strukturalistische Momente, so dass sie – wie auch die Systemtheorie – aus sozialtheoretischer Perspektive den kulturalistischen Positionen zuzuordnen ist, in denen die Gefahr besteht, dass das Handeln von der Tendenz her als Epiphänomen von Strukturen – z. B. Systemen und Systemcodes bei der Systemtheorie oder Diskursregeln für die Sprachpraxis in der Foucaultschen Perspektive – erscheint (vgl. Reckwitz, 2000). Insofern werden hier

52 Weniger eine Grenze, sondern eine bislang unausgeschöpfte Analysemöglichkeiten auf Basis von Luhmanns systemtheoretischen Theorievokabluar ergibt sich daraus, dass die betriebswirtschaftlich-organisationale und pädagogisch-professionelle Sinnhaftigkeit und Handlungslogik von Harney zwar in zahlreichen Aspekten der sachlichen Dimension des Sinns herausgearbeitet wird, die soziale sowie insbesondere die zeitliche Dimension als den zwei weiteren Dimensionen von Sinn jedoch noch nicht umfassend beleuchtet wurden. Während die soziale Dimension in der Beleuchtung des Verhältnisses von Teilnehmer- und Kundenorientierung abgebildet wird, erfährt die zeitliche Dimension in der aktuellen Debatte trotz ihrer zentralen theoretischen und hand-lungspraktischen Bedeutung noch keine hinreichende Wahrnehmung, so dass sich hier weiterführende Deside-rate zeigen. Insofern lassen sich die Sinn- und Handlungslogiken weiter im Hinblick auf die soziale und zeitliche Dimension entfalten.

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Handlungs- und Einflussmöglichkeiten der Subjekte gegenüber dem Diskurs tendenziell aufgrund der Wirkmächtigkeit struktureller Grundlagen unterbewertet (vgl. Reckwitz, 2000).53

Zusammengenommen sind die Perspektiven sowie Befunde der Analysen zum Verhältnis von Professionalität und Qualitätsmanagement einerseits mit Blick auf die fehlende Abbildung von Differenzen zwischen den Ansätzen sowie andererseits mit Blick auf die Analyseinventare zur Beleuchtung der Handlungsebene für das Erkenntnisinteresse der Arbeit nicht erschöpfend.

Für die weitere Untersuchung kann mit Blick auf die Frage nach den Schnittstellen festgehalten werden, dass Qualitätsmanagement auf pädagogische Professionalität auf der Handlungsebene auf unterschiedlichen Wegen – sowohl über die Konfrontation mit anderen Leitcodierungen, Bedingungen und Vollzügen als auch auf tieferlegenden Ebenen über die Beeinflussung seiner strukturellen Voraussetzungen – einwirkt und sich systematisch verschiedene Relationskontexte, Relationsebenen und -mechanismen unterscheiden lassen.

Dabei sind einerseits Kontextwechsel, Verschiebungen und gegenseitige Abschirmungen zwischen den verschiedenen Ebenen sowie den jeweils hier verorteten sinnhaften Kommunikations- und Handlungszusammenhängen innerhalb von Einrichtungen denkbar, andererseits aber auch subversive Unterminierungen durch die strukturellen Verschiebungen.

Mit Blick auf die Frage nach der Identität und Differenz der Ansätze ist in den Blick zu nehmen, inwiefern die Zugänge zum einen in ihren einzelnen Ansätzen auf eine einheitliche Handlungsordnung zurückgeführt werden können sowie zum anderen, worin ihre identitätsstiftenden Merkmale bestehen. Dabei lassen sich ausgehend von dem Diskussions- und Forschungsstand und den hier verbreiteten gegenstandstheoretischen Betrachtungen und Modellbildungen von Professionalität und Qualitätsmanagement folgende Vorannahmen im Sinne einer sensibilisierenden Folie für die weiteren Untersuchungen extrahieren:

In den vorliegenden Analysen von pädagogischer Professionalität und Qualitätsmanagement werden die Ansätze, welche in den Blick genommen werden, über unterschiedliche Strukturkomponenten und ‚Logiken‘ identifiziert, welche jedoch in der Betrachtung nicht analytisch immer scharf getrennt werden:

‚Pädagogische Professionalität‘ etwa wird mit einer inhaltlich bestimmten Aufgabenverfolgung in Orientierung am Teilnehmer entsprechend des Prinzips der Teilnehmerorientierung identifiziert, die sich aus pädagogischen, lern- oder bildungstheoretischen Idealen speist und auf der Basis einer Applikation von (wissenschaftlichen) Wissen im situativen Fallbezug erfolgt. Die organisatorische Dimension von Professionalität wird dabei weitgehend ausgeblendet und die Problematik von quantitativen Erfolgsparametern und begrenzte Möglichkeiten der Standardisierung als kennzeichnend erachtet.

Das dem Qualitätsmanagement unterstellte Ordnungsmuster umfasst eine betriebswirtschaftliche organisationale Logik, die sich zusammensetzt aus:

- einer Primärorientierung am einzelbetrieblichen Überleben unter Knappheitsbedingungen, - einer am bürokratischen sowie am Taylorismus orientierten Organisation und organisationalen

Standardisierung sowie

53 Die Rolle und Einflussmöglichkeiten des Subjekts sowie die Möglichkeiten der Autonomie in Foucaults Den-ken sind umstritten, so dass nicht von einer Determiniertheit des Subjekts durch gesellschaftliche Wissens- und Machtstrukturen ausgegangen werden kann.

102 - einer technologischen Rationalität.

Angesichts der neueren Entwicklungen – etwa die pädagogische Ausrichtung der Organisation im Modellrahmen der LQW sowie den Ökonomisierungstendenzen des pädagogischen Professionalitätskonzepts – ist insofern die Frage aufgeworfen, ob und inwiefern sich diese Elemente in den einzelnen Ansätzen der Zugänge wiederfinden und wie sie hier strukturell miteinander konzeptionell zu einem Ordnungszusammenhang verbunden werden.

Im Weiteren werden ausgewählte empirische Befunde zum Passungsverhältnis von pädagogischer Professionalität und Qualitätsmanagement zur Beleuchtung der Zusammenhänge in der Erfahrungswirklichkeit dargestellt, insofern in der Debatte zunehmend die Zusammenhänge zwischen beiden Zugängen in den Blick genommen werden und somit die Schnitt- und Kontaktstellen als Teil der Passungsfrage weiter ergründet werden können. Hier beziehen sich die Befunde einerseits auf die Förderung von Professionalität durch Qualitätsmanagement im Sinne einer Professionalisierung sowie andererseits auf die Effekte auf professionelles Handeln selbst, womit verschiedene Relationsebenen und -mechanismen in den Blick geraten. Zum anderen wird in zahlreichen empirischen Studien durch eine vergleichende Betrachtung verschiedener Qualitätsmanagementansätze im Hinblick auf ihre Wirkung auf Professionalitäts- und Professionalisierungsphänomene auch die Differenz zwischen den verschiedenen Qualitätsmanagementansätzen abgebildet, so dass auch in dieser Hinsicht durch die Rezeption empirischer Befunde die Sachzusammenhänge differenzierter beleuchtet werden können.

3.4 Das Verhältnis von pädagogischer Professionalität und

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