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III Giuige Bemerkungen über die deutsche Sprache in Ghstland

Im Dokument Das Inland Eine Wochenschrift (Seite 64-69)

(Fortsetzung.)

. Von allen Provincialdialekten Deutschlands unterscheidet sich der «Mändischr dadurch, daß er im Wesentlichen der Dialekt der Schriftsprache i s t , welchem hier nicht, wie in Deutschland überall, noch cine besondere Volksmundart zur

2) Es wird wohl der Ansicht «ine« Jeden überlassen bleibt«, in welchem Zusammenhange mit andern Wissenschaften «r die physikalisch«

Geographie behandeln will, und namentlich wie die einzelnen Discipli«

nen einander folgen sollen. Vuffon, welcher seine Ibeolie <!e I» terre ungefähr in demselben Sinn nahm, welchen ich hier der physikalischen Geographie gegeben habe, sagt in den ersten Zeilen: ^.'luztolre ge-neral« 6e la terre lloit preceiler !'li,8loire paniculiere de se«

proäuctionz, et les lletail» «!e lait» »ingulier« «le Iz vio et «le«

»wem« äes INlMimx, ou 6e la cullure et 60 Ig Vegetation lies 2pp2rtiennent pent'ütre moln« 5 l'niztoire naturelle yue lz ßenergux 6es obzelVItlons, <iu'on a.kmtez 8ur les

mallere« ^u> comno«ent le ßlode terre«lre — Ich würde m Verlegenheit kommen, sollte ich physikalische Geographie behandeln, ohne Kenntniß der Naturgesetze vorauszusetzen.

Seite geht. Wenn es nun einer Seits nicht ohne großen Nachtheil ist — wovon späte? — , daß das Deutsche hier nur die Umgangssprache einer geringen Anzahl ist und seiner Basis und Wurzel in der Gesammtheit des Volkes entbehrt, so hat es anderer Seils doch auch de» kleinen Vortheil davon, daß es nicht neben den anderen Verun-reinigungen auch noch der Vermischung mit einer Volks-mundarl ausgesetzt ist, wie sie in Deutschland nicht bloß in der gewöhnlichen Umgangssprache, sondern auch wohl in Schriften sich zeigt. Durch diese Isolirtheit der Sprache bei uns hat sich auch die in Deutschland wohl unmögliche wie unerhörte Verwandlung aus einem Dialekt in den an-deren gemacht. Die ersten deutschen Einwanderer kamen hieher vorzugsweise aus Norddeutschland und brachten die plattdeutsche Sprache mit zu einer Zeit, wo es noch keine ollgemeine hochdeutsche Schriftsprache gab. Nachdem diese sich in Deutschland gebildet hatte, finden wir sie auch hier, zuerst — schon seit dem X V I . Jahrhundert — nur als Schriftsprache austretend. I n der Conversation erhielt sich das Plattdeutsche indessen sehr viel länger, und es sind noch nicht fünfzig Jahre her, seitdem es ganz aufgehört hat;

ich selbst habe als Kind noch Personen in meiner Verwandt«

schast gehabt, welche neben dem Hochdeutschen, das sie auch kannten und sprachen, doch noch im vertrauten Kreise dem Plattdeutschen ben Vorzug gaben. Manches Wort hat sich aus dem früheren Dialekt noch erhalten, dieß ist indessen keine ausschließliche Eigenheit des Ehstländischen, sondern findet sich auch im Munde gebildeter Norddeutscher, die der plattdeutschen Conversation neben der hochdeutschen noch gar nicht entsagt haben.

Eine Folge davon, daß das Deutsche bei uns nicht im ganzen Volle von jeher wurzelt, sondern gewissermaßen nur künstlich genährt wird durch Schriften, daß es mit anderen Worten fast eine todte Sprache ist, die — man mag gegen die Mißgriffe und einzelnen Ungehörigkeiten in der Sache sagen, was man wolle — fortwährend des Lehrcns und Lernens bedarf, eine Folge — sage ich — hiervon ist ihre auffallende Armuth. Wie viele in Deutsch-land ganz gebräuchliche Wörter hört man hier nie, wenn auch ihre Bedeutung dem Gebildeten und Belesenen nicht eben fremd ist. Vielleicht ist dieß mit eine Ursache, wes«

halb der weniger Gebildete und Belesene leichter zu einem inländischen Fremdworte greift, als er eS thun würde, wenn er sich in dem ganzen, reichen deutschen Sprachschatze vertrauter und heimischer fühlte. Wie wunderselten auch hört man hier einige von den alten guten, kräftigen deut-schen Sprüchen und Sprüchwörtern, die für Leben und Charakter des Volkes so bezeichnend sind! — Sprüchwörter Haben freilich neben dem characteristisch volksthümlichen in der Regel auch einen allgemein verständlichen S i n n , und der deutsche Bewohner der Ostseeprovinzen wird darum wohl auch den Sinn eines deutschen Sprüchwortes ver-stehen, wenn er es hört, so gut wie er auch ein französi-sches oder mongolifranzösi-sches verstehen würde; wenn es aber auf die Anwendung ankommt, so mochte ich fast behaupten, daß man eben so oft Hinbeutungen auf ehstnische, lettische und russische Redeweisen hört, wie ein deutsches Sprüchwort.

Cine andere Folge des nur kümmerlichen und, wenn

ich so sagen darf, künstlichen Lebens der deutschen Sprache bei uns scheint mir das f«st ganz unmodulirte Sprechen.

Wenn auch eine zu starke Modulation dem Ohre allerdings unangenehm w i r d , wie z. V . im Schwedischen, wo das Sprechen fast ein Netttativsingen wird, nur mit dem Unter, terschiede, daß die wechselnden Höhen und Tiefen sich nicht genau in den gebräuchlichen musikalischen Intervallen befinden, so hat doch ein ganz unmodulirtes Sprechen auch wieder etwas sehr Kaltes und Todtes, wenn auch nicht eben Mißtönendes. W i r Ostsceprovmcialen heben und senken die Stimme nur nach dem Inhalte eines Satzes, — am auffallendsten ist die Hebung am Ende eines Fragesatzes und die Senkung am Ende eines landeren, — in ganz Deutschland aber modulirt die Stimme, ganz besonders in der Volkssprache, noch auf eine ganz andere Weise, näm, lich in jedem einzelnen Worte, so daß in dem ganzen Satze, nicht bloß am Ende, ein stetes Auf- und Abwogen zu ver-nehmen ist. Diese Modulation, welche der Sprache ohne Zweifel etwas Naives, Herzliches, Lebendiges giebt, ist zwar nicht gleich in allen Gegenden Deutschlands — am stärksten im Süden, namentlich in der Schweiz, viel schwächer im Norden — aber nirgends fehlt sie so ganz, wie bei

uns. Auch in anderen Sprachen finden sich in diesem Stucke Unterschiede, die man, wenn man darauf achten will, leicht gewahr werden kann. Der Ilaliäner z. B . mo-dulirt sehr stark, der Engländer und Däne schwach, der Schwede stärker vielleicht als alle Anderen.

I n dem B a u unserer ehstländisch-deutschen Sprache möchte sich wenig Abweichendes auffinden lassen. Das am Ungebildeten oft gehörte "hätte" st. „hatte" ist woHl keine Verwechselung der Modi, sondern nur eine fehlerhafte Aus, spräche, wie auch in Norddeutschland hier und da das ge-meine Volk a st. a spricht. I m Gege,itheil kann man unserem Dialekt eher eine fehlerhafte A b n e i g u n g gegen de» Conjunttiv vorwerfen, und wie in Schwaben der Ge, brauch des Imperfecls, so, ist bei uns der des Conjunctivs

ein ziemlich sicheres Merkmal des Svrachgebildeteu. Hier«

mit hängt zusammen die Liebhaberei, den Conjuncliv mit HiWverben zu umschreibe», welche uns Ehstländern nebst den Oesclern von einem Kritiker in den pädagogischen Beilagen zum » I n l a n d « einmal die Benennung der

»Würde-vollen" zugezogen hat. Wenn ich mich veranlaßt finde, etwas hiergegen zu sagen, so geschieht es nicht etwa, weil ich die Umschreibung für preiswürdig halte, oder gar gegen die eigene bessere Ueberzeugung für die Schwächen meiner Landsleute zu Felde ziehen will. Ich halte es im Gegenlheil mit dem Spruche: „kru»tr2 Kt per plur«, yuoH Kerl potest per pauciora," und glaube daher, daß man Unrecht thut, einen umschriebenen Conjunctiv zu gebrauchen, wenn Einem ein einfacher zu Gebote steht, ich meine aber,

daß jener Kritiker das Gebiet der Würdevollen viel zu eng begränzt hat. Beispiele von dem fehlerhaften Gebrauch des „ W ü r d e " werben sich 1,,'cht aus allerlei Gegenden Deutschlands anführen lassen»), und sogar in Livlanb

selbst, dem Mutlerlande des Kritikers, schreibt man, wie folgt: „es stände sehr schlecht um die wissenschaftliche und

„bestimmte Unterscheidung der Naturgegenstäude, wenn die

„Natur bei deren Bildung leine bestimmten Gesetze befol-g e n w ü r d e " . — Ich weiß wohl, daß es der umschrie-bene Conjunctiv in S u b s t a n t i v sähen ist, den man an den Ehstländern besonders auffällig findet, weil solche Sätze dadurch die Form von bedingten bekommen, und sich so zuweilen ziemlich komisch ausnehmen; aber das kommt jenen oben angeführtes Sätzen weiter nicht zu Gute, und Jeder wird zugeben, daß ein Adverbialsatz eben so gegrün, dcle Ansprüche auf einen richtig gebildeten Conjunctiv hat, wie ein Substantivsall. — D i e etwas mangelhafte, vom I n -dicativ nicht durchgängig deutlich unterschiedene Form deS Conjunctivs scheint übrigens die Veranlassung zu sein, daß

"man leicht im Deutschen in die deutlichere Umschreibung verfällt, und in den so nah verwandten scandinavischen Sprachen und im Englischen eristiren nur noch sehr -spär-liche Ueberbleibsel davon, so daß man sich jetzt regelmäßig an die umschriebene Form hält.

I m Widerspruch mit der Liebhaberei für den umschrie-benen Conjunctiv steht die Neigung der Ehstlänbcr, statt des zusammengesetzten Perfects das Imperfect zu gebrau-chen, vielleicht eine Folge der Beschäftigung und Vertraut-heit mit einer Sprache, welche gerade in der Beziehung der verschiedenen Präterita einen von dem Deutschen durch-aus abweichenden Characler hat und namentlich einen Un-terschied, wie zwischen unserem Imperfcct und Perfect, weder macht noch kennt. Ob dieser Fehler auch in den . anderen Ostseevrovmzen vorkommt, ist mir nicht bekannt,

in allen dreien aber hört man häusig genug die aus dem Plattdeutschen stammende Umschreibung des possessiven Ge-nitivs mit dem Possesivvronomen der dritten Person, z. B .

»mein Mann sein Zimmer" — sonderbarer Weise buchstäb-lich wie im Türkischen! — oder statt dessen noch gewöhn-licher, mit einer beabsichtigten Verbesserung, pleonastisch

„meines Mannes fein Zimmer," oder gar, wie ich in Kur-land gehört habe, „meines Mann sein Zimmer."

* j Hi«r nur ein Paar Beispiele, die zufällig gerade vor mir 'liegen. , E l wäre nicht übel, wenn wir uns unsichtbar machen w ü r -d e n , " <. bellettr. Auslan-d B -d . 446-443 S . 200. — .Wenn man gut suchen w ü r d e , fände man Pulver im Keller/ >b. S . 167. —

»Wenn Prüfungen und Leiden ihren Gatten nur so leicht betroffen haben w ü r d e n , so hätte sein Leben ein Leben voll Freuden und Heiterkeit sein müssen" s. Nicolas Nickleby, übers, von C. Kolb. Bd. I».

Korrespondenz.

M i t a n , im Febr.483<. Auf hohe Anordnung des Hrn.

Dirigircnden des Ministeriums der Volksaufklärung ist die Bestimmung getroffen worden, daß in den hebräischen

Krous, und Privatschulen vor dem jedesmaligen Anfange und nach dem Schlüsse des Unterrichts Gebete nach einem besondern beim Departement desselben Ministeriums in

russischer und hebräischer Sprache angefertigten und gedruck-ten Formular abgehallen werden sollen, und zwar sollen diese Gebete von den an hebräischen Schulen angestellten christlichen Lehrern in russischer und von den hebräischen Lehrern in hebräischer Sprache gelesen werden.

M i r a « , den 7. Febr. Der erste Termin des K u r l . L a n d t a g s , welcher am 7. Jan. begann, ward den 6. Fbr.

geschlossen. ^ M i t den aus den Verhandlungen gewonnenen.

von allen Seilen beleuchteten und sorgfältig erörteren Vor-lagen (Delibcratorien) kehrten die Dcpulirten in ihre 33 Wahl» und Landtags-Kirchspiele zurück, und werden dann zu dem vorläufig auf den 49. April angesetzten 2. Termin mit den definiljven Instructionen ihrer rcsp. Committenten verschen, Hieher zurückkehren. Zu ihrem Landbotcnmarschall (Director der Landtags,Verhandlungen) halten tie Dcpu-tirtcn unmittelbar nach der feierlichen Eröffnung desLandiags den Oberhauptmann zu M i t a u , Baron v. V i e t i n g hoff, erwählt, welcher diesem Amte bereits 4831 mit A n -erkennung vorgestanden hat. Auf Kosten der Ritterschaft wurden in Folge von Kirchfpiels-Bcschlüssen am 3 l . J a n . 28 junge Leute aus dem ritterschaftlichcn Verbände, welche sich zum Eintritt in die Reihen der vaterländischen Krieger gemelrct b"ttcn, nach cinrm feierlichen Akte der Einsegnung in ver Mitaufchen E t . Tritutatiskirche und nach einem im N/tterhause veranstalteten Abschiedemahle, unter Anführung des Kammerjnnkers Baron von F i r c k s nach S t . Peters-burg entlassen. I n mehrfältiger Veranlassung trat um die-selbe Zeit der Landesbevollmächtigte, Baron von H a h n , seine Neise zur K a i s e r l i c h e n Residenz an. Hienächst wurden vom Landtage snl, separat» lÄtilladitiolle der Kirchspiele zehn, wenn gleich nicht zur riltcrschaftlichen Corporation gehörende, junge Leute, ausgesteuert und tra-ten am l 0 . d. M . unter Anführung des Majors v. E r e nach ebenmäßiger kirchlicher Feier und Bcwirthung die Ncife nach S t . Petersburg an.

Der unmittelbar vor Eröffnung des Landtags aus dem Leben geschiedene Nitterschas'ts Sccrctair Eduard v c n N u -t e n b e r g is-t nich-t mi-t seinem noch lebenden Binder, dem Nitterschafts.Actuar Ferdinand von R u t e n b e r g , zu ver-wechseln gewesen, wie im Inland N r . 3 S p . 48 in An«

deutungcn über den plötzlich aus dem Leben Getretenen ge-schehen zu sein scheint. Der Verstorbene ist dem Publicum dieser Provinzen keinesweges durch die'dort angeführten Leistungen bekannt geworden.

Die Erden der väterlichen Güter ' C a b i l l e n ur.d W i s c h e i n im Goldingenschen Kreise, Geschwister Grafen K e y s e r l i n g , haben im Laufe des vergangenen Monats die genannten Güter und die dazu gehörenden Höfe für 452,000 Nub. S . - Mze. an ten General-Major a . ' D . , Fürsten O t t o L i c v e n , Erbherrn auf B l i e b e n , verkauft.

T a g e s ch v o n i k.

N i g a . Ein Aufsatz in der Gouvts.,Zig. Nr. 9 giebt eine kurze Geschichte des Wiederaufbaus der hiesigen V o r städte seit dem Kriegsjahre 48l2 und der neuen V o r -ftadt. An lagen. Als Ergänzung zu den gelieferten No-tizen kann hervorgehoben werden, daß der 6. S e p t . 4820 als Tag dlr Einweihung des Wöhrmannschcn Gare lenS anzusehen ist; an diesem Tage, tcm dritten Hunger-kummerfeste, überreichte der Sprachlehrer Johann Fried.

N a u m a n n , der Gründerin des Gartens, der Frau Ael-testin Anna Gertrud W ö h r m a n n geb. E b e l , ein nur m wenigen Eremplaren gedruckt erhaltenes W e i h e l i e d , das in 2 l Strophen v5N je vier gereimten Versen die Wohlthat, die Zierde, die Zukunft der neuen Schöpfung besingt. Die zur Erinnerung an die GroHchalen der Kriegs-jähre 48t2 bis 48lä von der Rigaschen Kaufmannschnft em'chlete S i e g e s s ä u l e auf dem Schloßplatze (geweiht den 13. Septbr. 48l7) wurde von dem Gen.'Gouv. Mar-quis P a u l u c c i nebst ihrer nächsten Umgebung unter dem 9. Ott. 4822 zur Unterhaltung und Instandsetzung der Vorstadt-Anlagen-Eommission zugewiesen.

N i g a . Der hiesige E i n f u h r - H a n d e l im lctztver-fiossenen Jahre betrug an Werth für 6,247,933 Nub. S . - M . Davon importirlen T h . Ppchlau und Westberg k 0 "

über zweimalhundert tausend Rubel S. M., K r i e g s m a n n H V u l m e r i n c q , G . W . Schröder K c", Schaar H 0 ° und W ö h r m a n n und Sohn je über 400,000 Rbl.

S . M . ; der übrige Werth verthcilte sich auf 82 Handels-Firmen (darunter den Manufaktur - Verein).

D o r p a t . Der hiesige Herr Polizeimeister hat in Veranlassung Dessen, daß die Familien der zum Dienste einberufenen, auf unbestimmten Urlaub entlassen gewesenen Unt?r-Militairs für den Augenblick einer Unterstützung von Seiten des Publicums bedürftig sind, aufs Neue eine Col«

leete zur A r m enfpe i su n g veranstaltet. B i s zum 40. Febr.

waren 7080 Portionen mit Vrot, Suppe und Fleisch vertheilt.

K u r l a n d . Den Ge f a n g n i ß - C o m m i t t u e n ist eine neue O r g a n i s a t s b n gegeben worden, nach welcher Förde-rung des moralischen, sittlichen und körperlichen Wohlseins der Gefangenen, unläugbar eine Aufgabe, deren gute Durch-führung von eben so hoher Wichtigkeit für die menschliche Gesellschaft, als auch überaus wohlchatig für die ihrer per-sönlichen Freiheit Beraubten werden muß, die Haupt,Auf-gäbe ist. Alle Geldmittel, welche der Staat zur Ernährung und Bekleidung der Gefangenen und zur Einrichtung und Erhaltung der Gefängniß-Locale bis hierzu hergegeben hat, sind für die Zukunft zur Disposition der G e f ä n g n i ß -Com m i t t u e n gestellt, und damit ist der bedeutendste Theil des mit der Pfiege der Gefangenen verbundenen Geldauf-wands gedeckt, doch reicht dcrjelbe nicht aus, um auch auf die Förderung des moralischen und sittlichen Wohlseins der-selben erfolgreich cinwirlen zu können. Für diesen so hoch-wichtigen Zweck muß die menschenfreundliche Wohlthätkg-keit der Staatöbürger in Anspruch genommen werden, und zwar durch Beisteuern, die jeder freiwillig nach seinen Kräf-ten darbringt.

K u r l a n d s Bewohner haben ihren Sinn zur Förde-rung nützlicher und wohlthätiger Institute schon vielfach bethäligt, und sind von dem tturl. Herrn Civil,Gouverneur in einer herzlichen Ansprache zu Beitragen und zur B i l -dung von FiU'al-Vercinen aufgefordert worden.

M i s c e l ^ e n . Z u r S t a t i s t i k Mitau'«f.

Laut officicllen Beuchten sind in der Gouvernements-Stadt Mitau im verflossenen Iabrc 4853 bei der Römisch-K a t h o l i s c h e n Gemeinde g e b o r e n : 33Römisch-Kinder; darunter männliche 24 und weibliche 44. Gestorben (mit Ein-schluß der an der Eholera Verschiedenen): 8 3 ; darunter männliche 33 und weibliche 48. G e t r a u t : 9 Paare.

Bei der R e f o r m i r t e n Gemeinde sind g e b o r e n : 4 0 ; darunter 6 männlichen und 4 weiblichen Geschlechts.

G e s t o r b e n : 44; darunter H männlichen und 7 wliblichen Geschlechts. G e t r a u t : H Paare.

Bei der E b r ä i s c h e n Gemeinde: G e b o r e n : 470 Kinder; darunter 90 männlichen und 60 weiblichen Ge-schlechts. G e s t o r b e n : 487, davon 90 männlichen und 97 weiblichen Geschlechts. G e t r a u t wurden 33 Paare und geschieden 4 Paare. Zur christlichen Confession ttalen H Ebräer über.

I n Hinsicht der männlichen Seelenzahl der verschiede-nen hiesigen ebrälschen Familien ergab sich laut dem Re-lrutenreihcfolgebuch pro 4833 nachstehendes Verhältnis:

2 Familien, jede bestehend aus 20 Seelen männl. Geschlechts, i 46

48 42 34.

63 88 426 439 62

43 42 40 43 8 47 6 3 3

2

1

Willwen-Familien ohne männliche Seele».

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L i t e r a r i s c h e N o t i z e n .

Herr R. I . W u n d e r b a r , Neligionslehrer an der hebräischen Kror.sfchule zu M i t a u , hat drucken lassen:

„Geschichte der J u d e n in den Provinzen i?iv- und Kurland, seit ihrer frühesten Niederlassung daselbst bis auf die gegenwärtige Zeit. Nach den authentischen Quellen bearbeitet. M i t a u . Hoffmann und Iohannsohn, 4833 80 S . 8. 80 Kop. S . " — Der Verf. hätte seine Schrift rich-tiger bezeichnet, wenn er sie «ine Zusammenstellung der die Duldung der Juden in v i v , und Kurland betreffenden Verordnungen rnd Verhandlungen genannt Halle. Auch in dieser Richtung ist sie jedoch mangelhaft. Wenn der Verfasser auch die Landtagsversammlungcn über dieDuldung der Juden in Kurland mit vielem Fleiße gesammelt und angeführt hat, so sind ihm doch die Streitigkeiten darüber im Menschen Kreise fremd geblieben, wo die Kirchspiele Dondangen und Erwählen um die Mitte des vorigen

Jahr-hunderts die Juden ausrriesen und sie seitdem nicht geduldet haben. Auffallend ist aber, daß er die neuernVerordnun-gen über ihre Rekrutenvflicht, das Verbot des Wohnens innerhalb 60 Werst von den Strand - und Zollgränzen, des Hausircns, Branntweinbrennens und Nrügens auf dem

<ande, u. s. w. unerwähnt läßt- Angehängt sind biogra-phische und literarische Nachrichten über ausgezeichnete cin-bemusche Juden. Daß der Verfasser für seine Nation Parthci nimmt, ist natürlich. Die Sprache ist einfach und ziemlich fließend, jedoch nicht ohne Fehler. Besonders sollte er vermeiden, ihr einen gelehrten, Anstrich zu geben, er winde dann lm'cht Phrasen, wie die folgenden schreiben:

«Indem ich die Geschichte der Juden obi'ecliv dar.

zustellen versucht habe, bin ich wohlbedächlia. bemüht ge-wesen, alles dasjenige, welches bis htezu in Bezug auf die dasigen Juden — geschrieben, dispulirt oder durch Gesetze emanirt worden ist, speciell anzuführen, damit Jeder — einen klaren statistischen Ueberblick von der c u l t u r g e « schichtlichen Entwickclung derselben gewinnen und daraus unparteiisch lincn p r a g m a t i s c h e n Schluß ziehen könnte.«(!)

*

Von Petersburg aus ist durch die Consistorien sämt-lichen cvangcl.-luth. Predigern des Reiches zu 60 Kop. S . angeboten worden: „(^

S . 4 B d . und 8 S . Register 8.) I n Tabellenform ent-hält diese Schrift aus ofsicieNeu Berichten den Namen des Predigers und seiner Gemeinde und deren Seelenzahl, das Geburts- und Ordinationsjahr des erstem und den Betrag seines Gehalts. Schade, daß diese interessante Uebersicht durch viele Druckfehler und Verunstaltung von Namen (z. B . Kirchner st. Hillner N r . 3 l ä , Kallmepcr st. Attelmeper N r . 290 u. s. w.) entstellt ist.

* . *

Am Ente vorigen Jahres ist endlich die letzte Liefe-rung der Lcriptore« rerum I^ironicerum fertig geworden und in Riga angekommen. Wird das Inland darüber nicht bald eine ausführlichere Vcurlhcilung liefern?

Das Correspondenzblalt des Nalurforschenden Vereins zu Riga, Siebenter Jahrgang, N r . 4 berichtet über ein von Herrn F. B u h s e unter Mitwirkung des Herrn Dr.

Buch-holtz angefertigtes chronologisches Verzeichniß von Schriften über naturhistorische VerhäKnisse der Ostseeprovinzen und thcilt den Anfang desselben mit, in welchem zuerst diejenigen Wette Berücksichtigung fanden, die sich mit der Beschaffen-heit der Oberfläche beschäftigen.

448 Universstäts- und Schulchronik.

Preisaufgaben der Universität Dorpat für das Jahr 4 8 5 4

I. Von der theologischen Facultät.

Histori» 82erae ^onlirmationig ennarrotur ot üogmn-tic illiu8 nalura styli« i»llole8 ckÜFenter exponalur. — Die homiletische Aufgabe: eine Osterpredigt über das Evang.

I o h . XX., i l — t 8 mit beigefügter ausführlicher Disposition.

! l . Von der juristischen Facultät.

Darstellung der Rechtsverhältnisse desjenigen Personen, welche nach dem örtlichen Gebrauche in den Ostsee-Gou-vernements Literaten heißen, — mit einer rcchtsgeschichllichen Einleitung und einer Vergleichung dieser Literaten mit den sogenannten Cremten des Nusstscken Neickorecktes.

(Der Gebrauch der lateinischen Sprüche wird für die ivortung dielcr Preisfrage nicht gefordert.)

III. Von der medicinischen Facullät.

l i l

P i l u 5 , vari» c o r p o i i » c o n l l i t i o n L p l l ) 8 i o l a giea et p a l l w l o g i c u , i n imimalium zpooiebu« all e x p e r i -inenta p l e r u m y u o Älllliliitis Äccuratius «leüniÄlll^, «t oum l t u m totiu« orFgmsmi t u m a l i o r u m «l-Fanorum

IV. Von der historisch-philologischm Facultät.

4) ll2loni8 et ^riztotoN« «1e auima lloctrin«« ex ili serizitis exziounntur 2l<zu« inlor p e l l l u i . 2 ) Wiederholte Aufgabe: Das Zeit-alter P e t e r s d e s G r o ß e n soll in Bezug auf Russische

4) ll2loni8 et ^riztotoN« «1e auima lloctrin«« ex ili serizitis exziounntur 2l<zu« inlor p e l l l u i . 2 ) Wiederholte Aufgabe: Das Zeit-alter P e t e r s d e s G r o ß e n soll in Bezug auf Russische

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