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hungstheorio Feuerbach's

Im Dokument Das Inland Eine Wochenschrift (Seite 101-104)

V 0 n P r 0 f. »«-. N- 3 i e g l « r.

Seit dem Ende des vorigen und seit dem Anfange unseres Jahrhunderts gelangten, ans 5em Gebiete des Slrafrechts, allgemeine wissenschaftliche Princivien zur An-erkennung, der innere, oft verdeckte, Zusammenhang der einzelnen Lehren wmte näher untersucht, die Auclorität bestehender Gesetze, gegenüber der unbegränztcn Willkühr früherer Zeiten, wurde von neuem den Nichtern eingeschärft, in der ganzen Behandlung der Strafrcchtswifsenschaft ging eine folgenreiche Umgestaltung vor. Ein s. g. allgemeiner T h e i l , und dies ist ein besonderes Verdienst der neuern Richtung, wurde mit der Entwicklung der Lehren von der Natur des Verbrechens, des Strafgesetzes, der Strafen und deren Anwendung begründet. Und in Wahrheit, man muß die systemlose und unlogische Anordnung der allgemeinen strafrechtlichen Lehren eines W e s t p h a l ' ) , , Q u i s t o r v " ) , ja eines K l e i n s c h r o d " ) sclbst kennen lernen, um sich eine Vorstellung von dem Eindruck zu machen, den F e u e r , bach's geniale Schriften auf die gebildeter« Zeitgenossen hervorbringen konnten. Vor allem aber waren es die Ansichten von dem rcchtlichrn Grund und Zw^cck der Strafe, von dem'Grundvrmckp, das der Staat bei Bestrafungen zu befolgen habe, welche die Aufmerksamkeit dcs juristischen Publicums auf sich zogen.

Indem ich hier in gedrängtem Ucberblick eine kritische Darstellung der obersten strafrechtlichen Grundsätze F c u e r -bach'S zu geben versuche, scheint es angemessen zu sein, bevor ich zu ihrem bcsondcrn Inhalt weiter fortgehe, einige Bemerkungen von allgemeinerer Bedeutung voranzuscnden.

Ohne Strafe ist keine rechtliche Ordnung und Sicher-heit, und ohne diese keine höhere sittliche That möglich,

1) E. C. W t i t p h a l , das «Zriminalrecht. 1765.

2) I . C. v. Quistorp, Grundsätze des peinl. Rechts. 6. Auf.

läge, I7W.

- 3 ) G. A. K l c i n s c h r o d , systematische Enwickelunz der Grund-begriff, und Trundwahrheittn des plinl. Recht. !?9<l.

wodurch erst das Leben der Menschen Werth und Vldeu«

lung erhält. Diese edlere geistige Richtung, im Vergleich mit dem allgemeinen Wohl, als dem mit dem Rechte Iden-tischen, ist eine jener höheren Wirkungen, die der Eintritt in den Staat, als in einen sittlichen Organismus, hervor-bringt. Darum darf aber nicht der Einzelne, z. B . ' der unmittelbar Verletzte, welcher in der Regel vornehmlich seine Privatinteressen wahrnehmen w i r d , das Recht zu strafen besitzen, sondern ausschließlich der Staat. Allein, auf welchen Ncchtsgrund sich die Strafgewalt des Staates stütze, ob und welche Zwecke die Strafe zu erreichen habe, welche Bedingungen über die Slrafbarkcil entscheiden, j a welches der Maßstab sei zwischen Verbrechen und Strafe,

— das sind Fragen, deren Wichtigkeit unverkennbar ist, von denen die meisten Grundsätze über Bestrafung abhän«

gen, und durch die wir unmittelbar auf das eigentliche Gcbict des großen Streites geführt werden.

Viele Schriftsteller nämlich gehen bei der Strafe von keinem bestimmten für die Rechtsordnung zu erreichenden Zweck aus, sondern stellen der Thatsache dcs Verbrechens die Strafe, einzig um der Gerechtigkeit willen anwendbar, als ein nicht weiter zu beweisendes Gebot der Vernunft gegenüber, als eine an sich nolhwendige, gerechte und vcr, diente Folge einer rechtswidrigen Handlung, ohne alle Rücksicht auf die durch die Strafe zu erzeugende Wirkung.

Dieses ist der Grundcharacler der s. g. a b s o l u t e n S t r a f » r e c h t s t h c o r i e e n , welche nach den verschiedensten Ria>

tungen hin von K a n t * ) , Henke"), R i c h t e r « ) , H e g e l ' ) , A b e g g / ) l«. s. w . näher und mit Scharfsinn ausgebildet

4) I K a n t , metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, 2.

Auflage, 1798, S . 22« ff.

5 ) W . E . H e n k e , Handbuch de! I r i m i n brecht« und b «

<5riminalpolilit, !823 § 3 ff.

L ) H . R i c h t e r , das philosophische Gtrafrecht, begründet auf die Idee der Gerechtigkeit, 1823, S . 93 ff.

?) W . F. H e g e l , Grundlinien der Philosophie dtö Rechts, 1832, Z 82.

8) I . F. H. A b e g g , Lehrbuch der Ctrafrechtöwiffenfchaft, 1636 , Z 37, 48, und die verschiedenen Strafrechtstheorieen in ihrem Ntrhättniss« ,u einander und zu dem positiven Rechte und dessen Geschichte, 1835, § w , 19 ff.

197 433 worden sind, deren besondere Darstellung aber gänzlich

außer den Gränzen meiner Abhandlung liegt.

Andere Ncchtslehre'r dagegen suchen das Slrafrecht des Staates, mit Umgehung des Princips der Gerechtigkeit, durch positive Nechtsgründe zu begründen und die Strafe als Mittel eincS für Gegenwart und Zukunft zu erreichen-den vernünftigen Zwecks zu rechtfertigen. Die Tl) e o r i e e n dieser Schriftsteller nennt man r e l a t i v e , welche wiederum in zwei Hauptclassen »zerfallen: in die S i c h c r u n g S l h e o r i e e n und in die s. g. gemischten oder s y n c r e t i s t i -schen Systeme. Der gemeinschaftliche Character der Sicherungstheorieen besteht aber dann, daß der Staat, als die Gesellschaft zum Rechtsschutz, berechtigt «nd ver-pflichtet ist, von seinen Miedern Störungen ihrer Rechte abzuwenden, die Strafe als ein Sicherungsmiltel ist dazu bestimmt, begangene Rechtsverletzungen möglichst auszu«

gleichen, künftigen Beleidigungen vorzubeugen, das Gemein-wesen und die Einzelnen für die Zukunft vor Verbrechen zu schuhen. An der Spitze der Sichcrungsthcorieen steht Feuerbach's Abschreckung^- oder Androhungssystem, wie cr es in'mehreren Schriften") mit Geist und glänzendem Scharfsinn festgestellt, und in seiner Anwendung durch alle strafrechtliche Lehren des allgemeinen Thcils durchgeführt hat.

Als Feuerbach auftrat, fand cr die s. g. unmittelbare Abschrcckungstheorie vor, deren Verteidiger, wie F i l a n -g i e r i ' ° ) , G m e l i n " ) , K l e i n " ) , nur die nolhdürfti-g- nolhdürftig-sten Gedanken zusammenzubringen vermochten. Wer ein Verbrechen begeht, so sagte man, dürfe und müsse mit einem sinnlichen Uebel öffentlich belegt werden, damit da-durch alle andere Bürger, als mögliche künftige Beleidiger, von widerrechtlichen Handlungen abgehalten, der Staat durch die Strafe gesichert und die Rechtsordnung aufrecht erhallen werde. — Diese rohe Sttafrechtsansicht bedarf heutzutage kaum einer ernstlichen Widerlegung. Denn hiernach soll die abschreckende Wirkung, welche die Zufügung des Nebels auf die Gemülhcr der übrigen Bürger hat, der rechtliche Grund der zu vollziehenden Strafe sein, der Ver-brecher wird nicht bestraft wegen feiner innern Verschul-dung', sondern als ein Abschreckungsmittel für die bösen

Neigungen seiner Mitbürger gemißbraucht.

Weit umfassender, tiefer, alle frühern Bearbeitungen weit hinter sich zurücklassend " ) , hat Feucrbach seine

Ab-9) Vgl. P . A . F e u e r dach, Revision der Grundsatze und Grund«

begriffe des positiven peinl. Rechts, !7!19, S . 5 6 ff., ferner die Strafe al« Sicherungtzmittel vor künftigen Beleidigungen des Verbrecher«, S . N2, Lehrbuch des peinl. Recht« Z 8 ff.

10) G. F i l a n g i c r i , System'der Gesetzgebung lV. S . 19 ff.

I l ) C . V . G m e l i n , Grundsätze der Gesetzgebung über Ver«

brechen und Strafen, l?85, S . 35.

12) E. F. K l e i n , Grundsätze des gemeinen pelnl. Rechts.

1796, 8 10.

13) Es ist eine bizarre Behauptung einzelner Feinde Feuerbach's lvg'- Gerstäcker im N . Arch. des Crim.»R. V l l . S . 4l9). die ihm nlcht nur die Originalität der Grundideen seiner Theorie absprechen, sondern auch annehmen, dieselbe sei vor ihm'bereit« von I . H. B ö h -m e r , Michaelis und Andern tbenso dargestellt worden. — Allerdings ist einem so wissenschaftlichen Mann, wie Fcuerbach es war, ein Ha-schen nach originellen Setzen nicht in den Sinn gekommen; ihm war

"ur zu bekannt, daß der innere Werth einer höheren wissenschaftlichen

schreckungs< oder psychologische Zwangstheorie zu begründen versucht. Um nämlich die Nothwcndigkcit eines psycholo-gischen Zwangs im Staate zu beweisen, geht er davon aus, zur Aufrcchthaltung der rechtlichen Ordnung sei ein Zwang überhaupt uöthig, physischer Zwang aber dazu nicht hinreichend, der die nähere Kenntniß von jeder bevorstehen»

den Verletzung zu seiner Wirksamkeit, erfordere. Hieraus folge, daß die andere Art des Zwangs, der Psychologische, als der Beleidigung vorhergehend, zur Anwendung kommen müsse. Der Beweis nun der Rechtmäßigkeit dieses Straf«

zwangs wird darauf gegründet, daß der Grund und die Triebfeder alles Begehrens gesetzwidriger Handlungen,

aller Bestimmung der Willkühr in dem Reiz und in der Lust an der Handlung selbst liege, die zum Unrecht antrei-bende Sinnlichkeit müsse daher nach ihrer eigenen Natur, nach ihrem eigenen Gesetz unterdrückt werden. Das Gesetz der Sinnlichkeit sei also h»s Gesetz der ?ust, unmöglich könne der sinnliche Mensch zu einer Handlung vermocht werden, die Unlust zur Folge habe, und so müsse der Staat eine Anstalt treffen, durch die jedem Einzelnen, im Fall einer rechtswidrigen Handlung, ein positives Uebel drohe, das größer sei, als die sinnliche Unlust, die für ihn aus der Unterlassung des Unrechts, aus der Nichtbcftiebigung des innern Antriebs entspringe. Hierzu bedürfe es aber zunächst eines Gesetzes, das ein sinnliches Uebel androhe, und sodann der Vollziehung dieses Gesetzes in jedem ein, zelnen Fall. Beides fei erforderlich, weil das Gesetz an und für sich nur eine rechtliche oder ideale Ordnung be«

gründe, die erst durch die Vollziehung Realität empfange, wogegen die bloße Zufügung des bürgerlichen Strafübels, ohne vorhergegangene gesetzliche Androhung, nicht hinreiche, denn erst durch das Gesetz eristire die allgemeine Ueber-zeugung, die Zufügung werde nicht nur in dem einzelnen Fall, sondern in allen ähnlichen Fällen erfolgen. Dieser Zwang sei nun durchaus zuvorkommend und schütze zugleich die unersetzlichen Rechte, tenen der nachfolgende Zwang gar wenig entspreche, ja er sei anwendbar in jedem Fall, der Staat brauche die bevorstehende Rechtsverletzung nicht vorherzuwissrn. So ergebe sich der Begriff der bürger-lichen Strafe lnoena ^orensis), bei welcher man den Zweck der Androhung der Strafe, alle Bürger, als mög«

liche Verbrecher, vom Verbrechen abzuschrecken, und den Zweck der Zufügung derselben, die Wirksamkeit der gesctz«

lichen Drohung zu begründen, unterscheiden müsse"). — Bei der Frage endlich nach der rechtlichen Möglichkeit der

Leistung in der ganzen Komposition des Stoffs und in der logischen Consequenz der' leitenben.Grundgedanken besteht, und gerade hierin ist Feuerbach musterhaft.

14) Diese wichtige Unterscheidung übersieht L u d e n , Handbuch des Strafrechts, 1347, S . 44, in seiner sehr rhapsodischen Darstellung dieser Strafrechtstheorie gänzlich. Auch ist es sicher nicht zu billigen, wenn er hier, ebenso wie H e f f t e r , Lehrbuch de« Criminalrechts, S . 6, und Andere, ganz allgemein von eincr Gcncralprävention spricht.

Denn G r o l m a n ' s Praventionötheorie hat, wie weiter unten nä.

her gezeigt werben soll, in manchen Fällen, z. V . bei ihren absoluten Sicherheitsstrafcn, gar nicht den Zweck der Prävention durch Abschre-ckung, sie will vielmehr auf andere Weise, alt durch AbschreAbschre-ckung, den Rechtsverletzungen und der durch dieselben dem Staate drohenden Ge-fahr vorbeugen.

, bMu«,t! Feuerbach, «mcht sti in sowei! jeder / m Schutz eines N.cht« «n»cwendet und ni»cn"ich.e. werde, «elcher die Verlelun«

« 7 ° ° b s i c h ^ Diese« lasse sich nun «°n »em

Androhung e».h«l<e»e« Zw»..«, l>°.

>«°°e°en der in ter Zuf««un« ««.halte««

° n « ? " « b ' °«f °"'« "i°s«we«°°nd°n Emwilligun»

k « Ved °h,en beruhe, die >a dem durch seine Emnl.chleu l herrsch.«,' Verbrecher geradezu widerstrebe >°). sondern

! . N ck,fer!i«u»!, »enesZwangs lieg- dann. da», wer em Nech 3 2«m°°ten zu zwingen, «u« t«« Ncch. haben -3. »>n wiillam zu zwingen, ein unwnlsamer Zwang

^ ' d « Th w Widerspruch. Nich. ohne Grund kann man Wh r t ° Theorie F«»erb°ch's die A«drohung««,e°r.e nennen «ach welcher die Zufllgun» ter E.rafe nur zur M«ch.h«,wna, der g . l ' M . « Drohw'g dien, «nd e.«,g durch die vorhergehende D.oh'wg

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l.ineni Eintritt in den Staatöverband, - . . . n a M AU in diese Idee ist, abgesehen von andern Gründen, schon H b ^ e r f l l c h , ' weil der Staat auch das Necht hat Au«lan er ,u bestrafen, die im Inland« Verbrechen begehen und d,e I«nen Wer-trag nicht mit abgeschlossen haben können. (Der Einwand M a r t i n s freilich und Anderer, welche meinen, der Staat dürfe nach d.eser Ver-tr ä 3«orie nur EigenthumösVer-trafen, nicht Ledenssirafen verhangen

^ der einzelne Mensch kein EinwilligungS- oder Verfugungs recht h " e , ^ i - L ^ ü b e r das Leben über die Inttgrität des Körpers u. s. w. - dieser Emwand,! sage ,ch, .st auerd n hr irrig und gründet sich auf eine falsch« Erklärung von v 9 2 °ü '. ^ , " . fr. ,3 P l . . worin Ulpian keineswegs d,e recht-liche Macht läugnet, die das Individuum über stin Leben und semen K ö r p ^ ha /fondern mit Fug nur behauptet, daß Niemand em din g

»Iches Rcchl an seinen Gliedern habe.) L ^ / e , Grün ag- . N?turr.chts nach Principicn der W'ssenschaftelehre, , . 5 W , M u daher einen andern N«g cin und ging davon aus, daß jeder Wer-brecher durch Begehung einer rechtswidrigen lHanblm'g an und für siH alle Bürger, und Menschenrechte verliere. Zum Behuf der Ab-Wendung eine« so großen Verluste« f i n g i r e man ihm l " " Besten,

^ a b e mit dem Staate einen A b b ü ß u n g ö v e r t r a g abgeschlossen, dessen Wirkung darin bestehe, daß, soweit «s die öffentlich. Sicherheit zulasse, an die Stelle der Rechtlosigkeit wildere Strafen treten, er selbst die Bürger« und Menschenrechte wiedererlangln und so der 6taat feine Unterthamn sich so viel als möglich erhalten tonne. -Allein abgesehen davon, daß diese Theorie auf die wahre Schuld und auf die Na ur des verbrecherischen Willens keine Rücksicht nimmt- so ist der Satz «jeder Verbrecher verliert all« seine Rechte" durchaus nicht erwiesen, und jene ganz, M i " , ohne ein p o s i t i v e s Gesetz, ju

rlstisch undenkbar.

!l. Üeber Wesen und Inhalt der physica-lischen Geographie.

- V o n P r o f . « 5 . K K m tz.

«Fortsetzung.)

Es war eine schöne Idee der Griechen, den Hermes zugleich zum Voten der Götter und zum Gott der Kauf, leute zu machen, und einer der größten Dichter dieses V o l -les läßs den gefeilten Prometheus fast nur mit diesem Gotte und den Occaniden verkehren. Denn in der That sind es die durch die Natur bedingten Handelsverhällnisse, welche auf den Entwickelungsgang der Völker den größten Einfiuß haben und den Menschen antreiben, sich zum Herrn der Nattlrverhältmsse zu machen. Denn wenn gleich die Natur Vieles thut und vermag, so ist sie es doch nicht allein, welche alle Bedingungen erfüllt, vielmehr treibt sie den Menschen nur zu einer Anstrengung seiner Kräfte und fordert dringend die Mitwirkung der letzteren. Daher bleibt auch der Einfiuß der Nalurvcrhältmsse nicht zu allen Zei-ten gleich, sondern mit dem Gange der Cultur bemerken wir auch hier Veränderungen. J a nie zeigt sich der Geist des Menschen größer, als in dem Kampfe mit der Natur, wenn er mit den M i t t e l n , welche sie ihm liefert oder an-deutet, sie selbst zwingt, sich seinem Willen zu unterwerfen und ihm Ncichthümer zu geben, welche sie ihm für alle Zei-ten schien rauben oder verbergen zu wollen. I n dieser Hinsicht sind die Arbeiten der alten Vabvlonier und Aegyptcr, um dieThäler ihrer Flüsse zu erweitern und den stets dro-henden Einbruch ter Wüste zn verhindern, die der Hollän-der, um über die Meercswogen den Boden zu erobern, die der Venetianer, um die Lagunen von Rialto zu befesti-gen und hier den Grund ihres Staates zu lebefesti-gen, merkwür-dige Beispiele dessen, was Geduld und ausdauernder Fleiß über dis Nal^r vermögen; zugleich aber zeigen sie uns, wie ein Nachlassen der letzteren die Verhältnisse ganz än-dcrt. Ein großer Theil von Aegypten und Babylonicn ist wieder zur Wüste geworden und Sicilien, einst Roms Korn-kammer, hat ein nicht viel besseres Loos gehabt, so wie Venedigs Schicksal in dem Momente tine andere Wendung nahm, wo eine reiche Aristokratie mit Neid jeden Fremden an der freien Ausübung seiner Kräfte hinderte.

Durch diese Anstrengung/ menschlicher Kräfte und die damit notwendig verbundenen Fortschritte der Cullur wer-den die Naturbedingungcn wieder vielfach abgeändert. Ur-wälder und Sümpfe verlieren dadurch ihre Bedeutung, wo-^

von uns die Vereinigten Staaten Nordamerikas ein so schönes Beispiel liefern. Die Meere, welche einst für so starke kränzen der Länder galten, haben ihre Bedeutung in dieser Hinsicht verloren, seit eine verbesserte Nautik zeigte, wie man sie leicht überschreiten könnte, und während sie frü>

her den Völkerveikchr hinderten, dienen sie jetzt vorzugs-weise zur Vcrmittelung desselben. Ganz dasselbe gilt von den Straßen, welche qucer durch die Gebirge geführt sind.

Je weiter man den Gegenstand verfolgt, desto mehr erkennt man, daß nicht allein die nachbarliche Lage der Länder ent-scheidend ist, daß Länder, die ln weit größeren Distanzen liegen, weit wichtiger für einander sein können, sobald mit den Fortschritten der Cullur die Verbindungsmittel verbes-sert sind. Daher kann eine kleine Insel mitten im Meere

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für die Verbindung der Continente von weit größerer Be-deutung werden, als große kändermassen, wovon uns die Sandwichs,Inseln ein so schönes Beispiel liefern. Wie schnell aber durch diese erleichterten Verbindungen Orte sich heben können, welche lange Zeit ohne Bedeutung waren, davon liefert uns San Francisco ein lehrreiches Beispiel.

Zugleich sehen wir in diesen Verhältnissen auch den Grund, weshalb Orte, welche lange Zeit bedeutend waren, durch äußere Umstände in ein Nichts versinken können.

Schriftliche Ueberlieferungen und Denkmale zeigen uns, wie die Produkte Hindostans und der Inseln bei Hinter-Indien seit den ältesten Zeiten einen wichtigen Gegenstand deS Welt-handels ausmachten, eben so wie es noch jeyt der Fall ist;

aber je nachdem der Handel seinen Weg nahm, hoben sich manche Orte schnell zu Ansehen und Macht, während an-dere in Nichts versanken. I m hohen AlterHumc ging der Handel von Hindostan nach jcnen Inseln auf dem gradcn Wege durch die Malaccastraße, dorthin zogen nicht bloß die indischen Handelsflotlm, sondern auf diesem Wege gingen auch die Kolonien friedlicher Ackerbauer und buddhistischer Priester. Aber nur auf der O M s t e Sumatra's finden wir Mberreste dieser Unternehmungen, während sie auf der

Westküste dieser Insel ganz fehlen. Dadurch wuchsen manche

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