• Keine Ergebnisse gefunden

Geschichte der Entwicklung des Hypertexts und Hypermedia

2.1.4 Multimedia, Hypermedia und Hypertext in Computerlernprogrammen .1 Definitionen der Begriffe .1 Definitionen der Begriffe

2.1.4.3 Geschichte der Entwicklung des Hypertexts und Hypermedia

Mit dem Aufkommen von Multimediasysteme, die Informationseinheiten (Knoten) nicht in traditi-onell linearer Abfolge, sondern auch zahlreiche Verweise (Links) zum wahlfreien Zugriff anbie-ten, also den Hypertexten und Hypermedia, wurden besondere Hoffnungen zu einer neuartigen didaktisch Form von Lehr-/Lerngeboten geweckt (Hasebrook, 1995a/b).

Ursprünglich waren die Knoten in dem Hypertext auf Text beschränkt, später kamen Grafiken hinzu. Systeme, deren Knoten multimediale Inhalte enthalten, sind hier jedoch zur präziseren Abgrenzung als Hypermedia bezeichnet, d.h., dass Hypertext erst durch Kombination mit Multi-media (Text, Photo, Grafik, Audio, Animation und Video) zu HyperMulti-media wird (Schwill/Schumer, 2001, S. 5).

Die Idee von Hypertextsystemen ist die, dass Menschen assoziativ denken. Wir verknüpfen In-formationen, welche unser Gehirn erreichen, indem wir sie bewerten, filtern und zueinander in Beziehung setzen (Tober, 1993, S. 35).

Die Grundideen von Hypertext sind inzwischen in Lernsoftware beinahe zu einer Selbstverständ-lichkeit geworden, die frühere, im wesentlichen sequentielle und starre Abläufe weitgehend er-setzt haben. Weil sich einerseits Hypermediastrukturen und die dafür typischen Interaktionsfor-men - Lernergesteuertes Aufsuchen von Informationen - in vielen Typen von Computerlernpro-gramme finden, andererseits aber in HypermediaproComputerlernpro-grammen auch andere Interaktionsformen, wie z.B. Eingabe über die Tastatur, integriert sein können, bildet Hypermedia für sie keine eige-ne, in sich geschlossene Kategorie von Computerlernprogrammen (Kramer, 1998, S. 87).

Viele Lehrmittel wurden mit Hypertext stark strukturiert, wobei man davon ausgeht, dass eine von Experten hergestellte Reihenfolge von Wissen eine Wissensstruktur bietet, die einen in die-sem Wissensgebiet typischen Lernweg darstellt (Dobler et al., 1999, Nielsen, 1995), der ermög-lichte Lernweg ist also immer auch ein vorgeschlagener Lernweg, und seine Ablaufstruktur ent-spricht dem Weg, den der Experte geht oder gehen würde.

47 Die Informationen in einem Hypertextsystem sind durch Assoziationen in Form von Querverwei-sen verbunden. Die Assoziationen sind im allgemeinen explizit dargestellt, indem diejenigen Textstellen durch Unterstreichung, Farbmarkierung oder Fettdruck markiert sind, welche zu wei-teren Informationen führen. Um einen gewissen Bedienungskomfort zu ermöglichen, wird in der Regel eine Maus benutzt, um die Assoziationen schneller ansteuern zu können. Der Lerner braucht dann nur noch den Zeiger auf den gewünschten Begriff zu bringen und kurz anzukli-cken, die gewünschte Information wird umgehend aufgerufen. Auf diese Weise werden Vernet-zungen und Assoziationen zwischen verschiedenen Begriffen explizit dargestellt und man hat eine Lerneroberfläche, welche dem menschlichen Denken nahe kommt (Tober, 1993, S. 36).

Vannevar Bush weist darauf hin, dass immer mehr Informationen aufgenommen werden müs-sen und dass dafür ein Gerät zur Unterstützung erforderlich sei. Zentral für ein solches Gerät sei eine formale Umsetzung, entsprechend der für die menschliche Informationsverarbeitung cha-rakteristischen Fähigkeit, nämlich der Assoziation. Eine solche Umgebung soll, generell formu-liert, Informationsverarbeitung optimieren und, enger für Lernsysteme formuformu-liert, soll sie das Lernen optimieren (vgl. dazu Dobler et al., 1999).

Vorteile des Hypertexts bzw. der Hypermedia sind, dass der Lerner flexi bel auf die dargebote-nen Informatiodargebote-nen zugreifen und das Material selbständig erkunden kann (vgl. dazu Grabow s-ki/Curtis, 1991), das heißt, dass bei dem Lernenden Eigeninitiative gefordert wird. Hypertext scheint unter der Annahme kognitiv plausibel zu sein, dass Wissen, dessen Erwerb allgemeines Ziel von Lernen ist, im menschlichen Gehirn in vernetzten topologischen, nicht-linearen Struktu-ren organisiert ist. Unter dieser Annahme könnte die Wissensaufnahme über eine vergleichbare Organisationsform, wie sie durch Hypertext gegeben ist, effizienter sein als eine Aufnahme, wel-che den Umweg über lineare Präsentationsformen geht oder gehen muss (Vorlesung, Text) nimmt (Kuhlen, 1991, S. 182).

Hypertext befreit vom sturen “Programmierten Unterricht“. Er lässt dem Lerner Gelegenheit zum individuellen Lernen. Jeder Lerner kann sich seinen Weg durch das Wissen bahnen. Dabei fin-det er seine eigenen Assoziationen und kann sich die benötigten Informationen aus großen Wis-sensbeständen selbst erschließen. Ihm wird eine Lernumgebung zur Verfügung gestellt, in der er das, was gelernt werden soll, im Sinne eines entdeckenden Lernens selbständig aufspürt, ausprobiert und anwendet. Natürlich gibt es auch eine Vielzahl von Problemen, welche sich im Zusammenhang mit Hypertextsystemen ergeben. Zum einen können Schwierigkeiten auftreten, die gewünschte oder benötigte Information in der Stofffülle überhaupt zu finden, zum anderen

kann man bei einer großen Anzahl von Informationen schnell den Überblick verlieren. Unnötige Lernumwege und ein wenig zielgerichteter Lernvorgang sind die Folge (Tober, 1993, S. 37).

Hypertexte bieten im Vergleich zu traditionellen, linearen Texten die Möglichkeit einer stärkeren Selbststeuerung des Wissenserwerbs. In einer empirischen Untersuchung wurde geprüft, wie-weit der Wissenserwerb mit Hypertexten bei Lernanfängern durch Vermittlung einer spezifischen Zielorientierung unterstützt werden kann. Probanden mit geringen Vorkenntnissen sollten an-hand eines Hypertextes oder eines linearen Textes Wissen über einen komplexen Sachverhalt erwerben, wobei der Hälfte der Lernenden eine spezifische Zielorientierung gegeben wurde.

Den Ergebnissen zufolge scheinen lineare Texte für einen Wissenserwerb ohne spezifische Zielorientierung besser geeignet zu sein, weil sich die Verarbeitung in höherem Maße auf die zielrelevante Information konzentrieren kann. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Ler-nende eine hinreichend klare Zielvorstellung der relevanten Textinformation identifiziert hat. Pro-zesse der Zielspezifikation und der Informationsbewertung verdienen demnach beim Wissens-erwerb mit Hypertexten besondere Aufmerksamkeit (Shuell, 1988, S. 7).

Hypertextsysteme verzichten in der Regel auf tutorielle Dialoge und Lernzielkontrollen. Sie ha-ben eine mit Enzyklopädi en vergleichbare Funktion, welche dazu dient, große Mengen von Wis-sen zu speichern und sie entsprechend den Kriterien des Lerners zugänglich zu machen. Des-halb könnte man Enzyklopädien als Hypertextsysteme im weiteren Sinne bezeichnen, weil ja auch hier Querverweise vorhanden sind, denen der Lerner nachgehen kann, doch der Computer hat gegenüber dem Buch große Vorteile (vgl. Tober, 1993, S. 35f):

• Das “Nachschlagen“ der Querverweise erfolgt automatisch, d.h. der Computer springt di-rekt zu der Stelle, welche ausgewählt wurde.

• Geht man in einem Buch verschiedenen Verweisen nach, so weiß man bald nicht mehr, wo die Suche begonnen hat. Der Computer „merkt“ sich bei entsprechender Program-mierung den Weg, man kann ihn dann jederzeit zurückverfolgen.

• Informationen bestehen nicht nur aus Text- und Bildseiten, sondern aus allen möglichen elektronisch gespeicherten Daten, also auch aus Filmen, Sprach- und anderen Tonauf-zeichnungen oder auch ganzen Datenbanken.

Mit diesen Vorteilen ausgestattet, geht der Unterricht oder das Lernen mit Hypermedia über die Möglichkeiten herkömmlicher Medien hinaus.

49 2.1.4.4 Hypertext und World Wide Web

Hypertext gab es schon, bevor es das World Wide Web (WWW, W3) in seiner jetzigen Form gab. Damals meinte man, wenn man von Hypertext sprach, in der Regel einzelne, separate pertextanwendungen. Das sind mehr oder weniger große Projekte, welche mit bestimmten Hy-pertextprogrammen editiert und präsentiert werden und auf lokalen Computern oder LAN-Netzwerken laufen. Bekannte Hypertextprogramme für solche Anwendungen sind Hypercard (Macintosh), Guide (MS-Windows) oder Augment (Workstationumgebungen). Typische Hyper-textprojekte gibt es nach wie vor auch unabhängig vom Internet, z.B. die vielen Hyperlexika auf CD-ROM (vgl. Gertsch, 2000, S. 65).

WWW ist weltweit sicherlich bei weitem das bekannteste Beispiel für ein Hypertext-System, das zunehmend zum Hypermediasystem wird. 1989 kam der Vorschlag von Tim Berners-Lee und Robert Cailliau am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf auf, das bestehende Forschungsnetz für Spezialisten in ein weltweites Netz für Millionen von Nutzern zu transformie-ren, was in die Tat umgesetzt wurde. Und weil im Januar 1993 der grafische Browser „Mosaic“

verfügbar wurde, entwickelte sich das WWW explosionsartig (vgl. Schwill/Schumer, 2001).

WWW bietet mit seiner leicht bedienbaren Benutzungsoberfläche (WWW-Browser; z.B. Netsc a-pe, Mosaic) nicht nur vereinfachten Zugriff auf wichtige Internetdienste (News, FTP, Telnet), sondern integriert auch verschiedene Informationstypen wie beispielsweise Hypertext (vgl.

Chang, 2001, S. 33).

WWW-Seiten haben dieselbe Funktion wie andere kommunikative Internetdienste. Die Nutzer können sowohl eine rezeptive Rolle einnehmen und die Botschaften anderer Personen einfach schweigend zur Kenntnis nehmen als auch selbst aktiv werden, indem Beiträge produziert und publiziert werden. Man kann im WWW auf vorhandenen fremden oder auf eigenen WWW-Servern Seiten platzieren (vgl. Döring, 1997, S. 77f). Typischerweise ist eine WWW-Seite ein Hypertextdokument, das sich aus einzelnen Textteilen zusammengesetzt, welche durch Hyper-links untereinander sowie mit externen WWW -Seiten verknüpft sind (vgl. ebd., S. 317).

Hypertext für das WWW muss in der Regel mit Hilfe der Dateibeschreibungssprache HT ML er-stellt werden. Dazu benötigt man spezielle Programme, sog. HTML-Editoren, welche ähnlich wie Textprogramme oder Layoutprogramme den Hypertext für ein bestimmtes WWW-Projekt gene-rieren. Die gängigen Browser stellen ebenfalls Hypertext-Editor-Funktionen zur Verfügung. Die Handhabung dieser Funktionen muss natürlich erlernt werden, genauso wie man den Umgang mit Textverarbeitungsprogrammen erlernen muss. Anweisungen dazu finden sich in den

ent-sprechenden Handbüchern. Neuere Textprogramme enthalten zwar Filter, welche aus einem normalen Text ein HTML-Dokument machen, aber das Layout und die Links (auch zu den ge-wünschten grafischen Elementen) in einem Hypertextdokument müssen danach immer von Hand erstellt werden (Gertsch, 2000, S. 65).

Hyper-G (Hyperwave) ist ein weiteres Hypertext- und Hypermediasystem im Internet; es wurde an der Universität Graz entwickelt und ist mittlerweile unter dem Namen Hyperwave als kom-merzielles Produkt verfügbar. Hyperwave ist in mancher Hinsicht dem WWW überlegen. Es kann komplexe Zugriffsrechte verwalten, ist überhaupt ein komplexeres Datenmodell mit Clustern und enthält eine integrierte Volltextsuche. Die separate Linkverwaltung ist gerade bei großen Datenbeständen sinnvoll, d.h. die Informationen über Start und Ziel aller Links sind nicht in die Knoten integriert, sondern sie werden in spezialisierten Strukturen verwaltet. Wird nun ein Knoten gelöscht oder verlegt, so wird der Link automatisch angepasst. Die auf Webseiten allge-genwärtigen "dangling links" (tote Links, die auf nicht existente Knoten verweisen) werden so verhindert (Gloor, 1997, S. 36). Zusätzlich erlaubt Hyperwave die einfache Entwicklung und Verwaltung mehrsprachiger Dokumente - ein weiterer Vorteil gegenüber dem WWW. Hyperwave unterstützt die Standard-Internet-Technologie, ist also auch im Zusammenhang mit dem WWW einsetzbar. Die Zukunft des Produkts ist sicherlich auch nur in Verbindung mit der bestehenden Web-Technologie denkbar (vgl. Schwill/Schumer, 2001, S. 12).

Outline

ÄHNLICHE DOKUMENTE