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Computergestützter Unterricht als spezielle Lernform 4 mit dem Computer

Die erste Nutzung von Computern für Lehr- und Lernzwecke fällt in das Ende der 50er Jahre. In dieser Zeit wurden die ersten Rechenanlagen in Universitäten zur Unterstützung administrativer Zwecke eingesetzt. Gleichzeitig begann man aber auch über den Einsatz dieser Maschinen für Unterrichtszwecke nachzudenken (Fickert, 1992, S. 37). Der Computer zeigt, erklärt, beschreibt, gibt Information vor, führt Lernkontrollen durch, indem er Fragen stellt und Aufgaben formuliert, gibt die entsprechenden Rückmeldungen, ggf. auch Hilfen oder zeigt die richtige Lösung bzw.

Antwort (Sacher, 1990, S. 60).

An der Universität von Illinois wurde 1960 das Projekt PLATO (Programmed Logic for Automatic Teaching Operations) gestartet, das zum Ziel hatte, einen computergestützten Unterricht zu ent-wickeln. Die Grundidee von PLATO war, dem Schüler Informationen in Form eines Lehrpro-gramms darzubieten, welches hinsichtlich Aufbau und Bearbeitung dem gewohnten Medium Buch entspricht (Fickert, 1992, S. 37). Von besonderem Interesse aus heutiger Sicht ist die Tat-sache, dass PLATO über eine Reihe von Jahren weiterentwickelt wurde, so dass man bis zur gegen Ende der 70er sich abzeichnenden Entwicklung von Personal Computern einen kontinu-ierlichen Verlauf erkennen kann (vgl. Alessi/Trollip, 1985).

19635 trat die weltweit führende Computerfirma IBM in die pädagogische Nutzung von Compu-tern in einem größeren Maßstab ein, nachdem vorher schon z.B. mit der IBM 650 in Verbindung mit einer Schreibmaschine ("IBM 650 Inquiry Station") Versuche gestartet hatte. Dabei gründete sie eine Partnerschaft mit dem „Institute for Mathematical Studies in the Social Sciences“

(IMSSS), geleitet von Patrick Suppes. Es entstand das erste umfangreiche Elementarschulcurri-culum zur Unterstützung des Lesens und Rechnens nach dem Muster des „drill and practice“

unter Verwendung der IBM 1500. In einer großen Anzahl von Schulen in Kalifornien und Missis-sippi wurde es umgesetzt. Mit „Coursewriter“ entstand eine Vorform eines Autorensystems, in-dem das Prinzip von Steuerzeichen eingesetzt wurde, die dann von den Computern als Regie-anweisungen in Aktionen umgesetzt wurden, im Gegensatz zu den tatsächlich gezeigten Tex-ten; z.B.:

1 rd 15. Stromstärke x Widerstand = Spannung

Ist in einem Stromkreis die Stromstärke 3 Ampere und der Widerstand 4 Ohm, dann beträgt die Spannung 12 Volt.

4 Für das Lernen mit dem Computer gibt es viele verschiedene Bereiche der Lernformen (vgl. dazu Teilkapitel 2.1.1.2), eine davon ist der computergestützte Unterricht.

5 Die folgende Darstellung greift Hinweise auf, die in einem im Internet präsentierten Kursmaterial des

„College of Education“ der Universität von Houston als „a Hypertext history of instructional design“ enthal-ten sind: http://www.coe.uh.edu/courses/cuin6373/idhistory/index.html (7.12.2002).

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2 qu Wenn die Stromstärke 3 Ampere und der Widerstand 6 Ohm beträgt, wie groß ist dann die Spannung?

3 ca 18 Volt 4 ca 18 V 5 ty Richtig

Jede Zeile stellt über die Nummer das Element einer Anweisung dar. Dann steht “rd” für “rea-ding”, d.h. der folgende Text soll dem Schüler auf einer Schreibmaschine herausgeschrieben werden; „qu“ steht für „question“ also eine Frage, auf die als Antwort eine Schülereingabe er-wartet wird; „ca“ heißt „correct answer“ und “ty“ („type“) bedeutet die bedingte (wenn die Ant-wort richtig war) Rückmeldung (vgl. O. A., S. 74f).

Gegen Ende der 70er Jahre begann mit der Entwicklung des Mikrocomputers als einem eigen-ständigen, auf den persönlichen Arbeits - oder Lernplatz bezogenen System eine Nutzungsform, die für pädagogische Zwecke besonders geeignet war. Steve Jobs und Steve Wozniak kon-struierten 1976 den Apple Computer und legten so die Grundlage der heutigen PC-Systeme.

Neben der Hardware spielten auch die Entwicklungen im Bereich der Lernsoftware eine wichtige Rolle für die Verbreitung von Systemen des computergestützten Unterrichts. Eine wichtige Rolle hat die Entwicklung des computergestützten Unterrichts mit dem Einsatz immer komplexerer multimedialer Systeme erreicht, welche das Paradigma des selbstverantwortlichen, selbstorga-nisierten Lernens besonders fördern sollen:

„Per Mausklick können sich Lehrer und Schüler heute in den unendlichen Weiten des Internet bewegen und per Telekonferenz miteinander kommunizieren. Zum ersten Mal in der Ge-schichte des maschinell gestützten Lernens erhält der Begriff Bildungstechnik eine neue Di-mension. Technik ist nicht mehr Sinnbild für digital konservierten Lehrstoff, sondern ein neues Mittel zur Raumüberwindung: Lernen am heimischen Terminal statt in der Schule oder an der Universität“ (Schäfer, 1996, S. 86f).

Im Bereich des computergestützten Unterrichts wurde ein wahrer Boom ausgelöst. Überall da, wo Personal Computer zur Verfügung standen, war es möglich, Lernsoftware einzusetzen. Die neue Technologie selbst förderte dann auch neue Formen der Lehre und führte zu vielfältigeren Formen des Lernens als nach dem ursprünglich sehr stark auf „drill and practice“ gerichteten Konzept des computergestützten Unterrichts aus behavioristischen Zeiten (vgl. Seide/Lipsmeier, 1989, S. 74 ff).

Computergestützter Unterricht konnte sich vor allem in den Bereichen der Aus- und Weiterbil-dung etablieren, wo entsprechende Hardware bereits am Arbeitsplatz vorhanden war. Im Gegen-satz zu klassischen Seminaren konnten die Mitarbeiter dezentral, vor Ort an ihrem Arbeitsplatz und auch zeitlich flexibel die Lernprogramme durcharbeiten (vgl. Gradl, 1999).

Der weltweite Zugriff auf Lernprogramme ist technisch kein Problem mehr. Inzwischen ist ein Stand erreicht, in dem die Frage, ob überhaupt eine Integration des Computers in Bildungsein-richtungen sinnvoll und erstrebenswert ist, kaum noch gestellt wird.

Mit dem „Göttinger Katalog Didaktischer Modelle“ (GKDM) haben Flechsig u.a. eine Systematik und Dokumentation von Grundformen organisierten Lehrens und Lernens „auf mittlerer Ebene“

vorgestellt, in der computergestützter Unterricht in verschiedenen Modellen eine Rolle spielen kann, zentrale Bedeutung aber im „Individualisierten Programmierten Unterricht“ einnimmt:

„Beim Individualisisierten Programmierten Unterricht besteht die Lernumgebung - aus dem LERNPROGRAMM, das entweder die Form eines Programmiertem Lehrtextes hat oder im Falle computergestützten Programmierten Unterrichts (CBT) als Bildschirmtext erscheint und in kleinen Lernschritten Informationen anbietet, Aufgaben stellt und Rückmeldung bietet, und

- aus TESTS (Eingangs-, Zwischen- und Abschlußtests) zur Erhebung möglichst genauer Informationen über die Lernzustände der Lerner.“6

Längst haben Lehr-/Lernangebote im computergestützten Unterricht aber weiterreichende Mö g-lichkeiten der Darbietung, Unterstützung, Steuerung etc. entwickelt. So wird schon 1988 zwi-schen folgenden Nutzungen unterschieden (Armbruster, 1988, S. 124):

• „als spannendes Spielmedium;

• als Mittel der Selbstpräsentation, des eigenen Könnens und spezieller Fähigkeiten und Fertigkeiten;

• als Machtinstrument gegenüber Eltern und Lehrer, die in diesem Bereich über weniger Wissen verfügen;

• als kreatives Medium zum Ausdruck von Anderssein“.

Viele Lehrer, die mit Computer arbeiteten, waren sich nicht darüber im Klaren, was sie mit ihrem neuen Computer machen können, und verließen sich deshalb darauf, dass fertige Lernpro-gramme für ihren Computer angeboten werden. In Großbritannien wurden von der Regierung in Auftrag gegebene Lernprogramme in den Vor- und Grundschulen benutzt. Diese Art von Pro-grammen kann als Beispiel dafür gelten, was die offiziellen staatlichen Stellen mit ihren Schul-computerprojekten beabsichtigten (Curran/Curnow, 1984, S. 23).

6 Zitiert aus dem Computersystem „CEWID/CEWIDchen“ zur Tätigkeitsunterstützung bei dem Erstellen eines didaktischen Designs nach dem Modell IPU (Individualisierter Programmierter Unterricht). „CE-DID/CEDIDchen“ ist eine von Flechsig und Haller entwickelte Autorenumgebung zum Erstellen didakti-scher Designs, vgl. Haller, 2002a/b.

25 Die Ergebnisse der Untersuchungen zum computergestützten Unterricht stehen manchmal im Widerspruch zueinander. Eine Untersuchung zum computergestützten Unterricht hat gezeigt, dass computergestützter Unterricht sich im Unterricht erfolgreich einsetzen ließ und zu beträcht-licher Zeitersparnis führte. Die Zeitersparnis lag in dieser Untersuchung bei 30 Prozent (vgl. da-zu Seidel/Lipsmeier, 1989, S. 78). Währenddessen haben aber andere Untersuchungen da-zum Vergleich von computergestütztem Unterricht und personalem oder normalem Lernen gezeigt, dass sich keine gravierende Unterschiede des Lernfortschritts zwischen Klassen, welche am computergestützten Unterricht und Klassen, welche am personalen oder normalen Unterricht teilgenommen hatten, feststellen ließen (ebd. S. 77).

Anhand der Untersuchung von Schaper (1999, S. 7) über computergestützten Unterricht ergab sich, dass dem pädagogischen Anspruch in der Entwurfs- und Entwicklungsphase von elektro-nisch gestützten Kursen besondere Rechnung getragen werden sollte. Die geschaffenen Lern-einheiten sollen die Grundlage einer Lernerunterstützung für die individuelle Lernerfahrung bil-den. Der Bereich des explorativen und interaktiven Lernens soll durch geeignete Strategien er-möglicht werden.

Dabei sollte auch aufgezeigt werden, dass der spezifische Einsatz von computergestütztem Un-terricht erst mit der Entwicklung von Systemen deutlich wird, welche unterschiedliche getrennte Medientechniken durch die Computersteuerung ermöglichen. Eine derartige Integration liegt vor, wenn nicht nur textliche und graphische Informationen präsentiert werden, sondern darüber hin-aus auch Animationen und akustische Informationen in bestimmter Form abgerufen und so ver-schiedene Wahrnehmungskanäle des Lernenden angesprochen werden können. Darüber hin-aus besteht die Gelegenheit des schulischen Einsatzes computergestützten Unterrichts vor al-lem darin, den Aufbau einer schulischen Lerninfrastruktur zu ermöglichen, welche auf dezentra-les arbeitsplatznahes Lernen abzielt (vgl. Kerres, 1993, S. 89).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach wie vor hinsichtlich der Integration des Compu-ters im Unterricht eine Reihe von Fragen bestehen, die durch viele Entwicklungs- und For-schungsaktivitäten beantwortet werden müssen; insbesondere:

• Für welche Lehrinhalte und Lernziele eignet sich computergestütztes Lernen?

• In welchem zeitlichen Umfang soll computergestütztes Lernen eingesetzt werden?

• Mit welchen Unterrichtsformen sollte computergestütztes Lernen kombiniert werden?

• Welche Wirkungen hat computergestütztes Lernen auf Lehrerverhalten, Schülerverhalten, Unterrichts- und Schulorganisation?

Die in der vorliegenden empirischen Arbeit vorgenommene Untersuchung konzentriert sich vor allem auf die Frage der Entwicklung eines Angebotes und der Vor- und Nachteile einer linearen versus nicht-linearen Strukturierung computergestützter Lernangebote.

2.1.2 Gesichtspunkte zur Entwicklung eines Computerlernprogramms

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