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Forschungsstand zum maritimen Transport

1. Akteursbasierende Bewertung von Hafenstandorten

1.1 Einordnung in den Stand der Forschung

1.1.2 Forschungsstand zum maritimen Transport

Die Forschung im Bereich des maritimen Transports war bis in die frühen 1970er Jahre auf Transportkosten und deren erklärende Wirkung auf Austauschbeziehungen konzentriert (vgl. PEDERSEN,P.O.2001, S. 85f.). Erst durch die dann einsetzende Containerisierung kam es nicht nur zu weitreichenden Umbrüchen in der Struktur des maritimen Transports, son-dern auch zu einer starken Konzentration der Forschung auf dieses Phänomen und dessen Folgen. Zudem haben die ansteigende Globalisierung der Weltwirtschaft und das damit ver-bundene rasche Wachstum des Welthandels dem Seeverkehr zu einem enormen Bedeu-tungszuwachs verholfen. Aus der aktuellen Forschung sind es unter anderem PINDER und SLACK (2004), NOTTEBOOM (2004), LEMPER (2009), PALLIS und DE LANGEN (2010) sowie NUHN und THOMI (2010) die in einem Themenheft einen allgemeinen Überblick über den ma-ritimen Seeverkehr und dessen unterschiedliche Elemente geben.

Im Einzelnen haben sich nach der Einführung des Containers in den 1960er Jahren unter anderem RITTER (1981) und CHILCOTE (1988) mit den Auswirkungen dieses Systembruchs auseinandergesetzt, wobei die Veröffentlichungen neueren Datums zum Prozess der Con-tainerisierung, wie die Beiträge von VIGARIÉ (1999), MCCALLA et al. (2004) oder NUHN

(2010), die langfristigen Auswirkungen der Einführung zeigen. Neben allgemeinen Übersich-ten bezüglich der notwendigen technischen Veränderungen von HAYUTH und HILLING (1992) haben sich GRAHAM (1994), BUXTON und AKGUL (1989) und auch CULLINANE und KHANNA

(2000) mit den Folgen der Größenentwicklung und Technik der Schiffe beschäftigt. Der For-schungsschwerpunkt verlagerte sich in den letzten beiden Jahrzehnten jedoch immer mehr auf die Anforderungen und Optimierungsmöglichkeiten für die landseitigen Umschlagsanlan-gen in Häfen (u. a. BALLIS,A. et al. 1997; KIM,K.H.;GÜNTER,H.-O.2007;KOZAN,E.2006;

DUINKERKEN,M.B. et al. 2007).

Ein weiterer Schwerpunkt im Bereich des maritimen Transports liegt in der Analyse der Gestaltung und der Ausprägungen des Liniennetzes im Containerverkehr. Dessen komplexe

1.1 Einordnung in den Stand der Forschung

11 und hierarchische Struktur wurde vor allem an regionalen Beispielsräumen dargestellt. So haben beispielsweise MCCALLA (2004) für den karibischen Raum und ROBINSON (1998) für den asiatischen Raum die dortigen Liniensysteme untersucht. Auf globaler Ebene haben dies EXLER (1997) und zuletzt DUCRUET und NOTTEBOOM (2010) in detaillierter Form und unter Bezug auf die Arbeiten von DERUDDER und TAYLOR (2005) zum Fluglinienverkehr dar-gestellt. Auch der von FLEMING und HAYUTH (1994) erarbeitete Zentralitätsbegriff im Kontext des maritimen Verkehrs wurde in dieser aktuellen Untersuchung aufgegriffen.

Zudem befassen sich eine Reihe von Studien mit der Optimierung der Linienführung (z. B. FAGERHOLT, K. 2004) und der Erschließung und wirtschaftlichen Integration von ein-zelnen Regionen (für Südamerika: GUY, E. 2003; für China: COMTOIS, C. 1999) oder der Ein-gliederung wirtschaftlich aufstrebender Länder (z. B. WILMSMEIER, G.; SÁNCHEZ, R. J. 2010).

Da sich die Auswirkungen der Containerisierung aber nicht nur auf technische Aspekte und die Linienführung des Schiffsverkehrs beschränkt haben, sondern auch Häfen beein-flusst haben, wurden in den letzten Jahrzehnten auch Aspekte dieses Themenfelds unter-sucht (Übersichten dazu u. a. bei NUHN,H.1994;NOTTEBOOM,T. E. 2004; NUHN, H. 2010).

Die größte Aufmerksamkeit in diesem Bereich konzentrierte sich aber auf die veränderte Wettbewerbssituation zwischen den Hafenstandorten des Containerverkehrs. Neben der zentralen Arbeit von HAYUTH und FLEMING (1994) zur Lagebewertung von Häfen, die unter anderem von SLACK und WANG (2002) durch deren Untersuchung zu peripheren Hafen-standorten fortgeschrieben wurde, stand insbesondere die Privatisierung der Hafentätigkei-ten (CULLINANE,K.;SONG,D.-W.2002;FLEMING,D.K.;BAIRD,A.J.1999;BAIRD,A.2002) und die veränderte Rolle und Aufgabe der Hafenbehörde (BROOKS,M.R.2004a;NOTTEBOOM,T.

E.;WINKELMANS,W. 2001) im Mittelpunkt des Interesses. Die Wettbewerbssituation wurde in den meisten Fällen innerhalb von Regionen untersucht. Dabei verlagerte sich der For-schungsschwerpunkt von Nordamerika und Europa (FLEMING,D.K.;BAIRD,A.J.1999;N OT-TEBOOM,T.E.1997,2002;MARCADON,J.1999) sowie deren Teilgebieten north range (NUHN, H.1996;NOTTEBOOM,T.E.2007), Rhein-Schelde-Delta (NOTTEBOOM,T.E.2009), Mittelmeer (GOUVERNAL,E. et al. 2005; RIDOLFI,G. 1999) und nordamerikanische Ostküste (MCCALLA, R. J.1999) hin zu den schnell wachsenden Häfen in Ostasien (u. a. WANG,J.J.; SLACK,B.

2000;YAP,W. Y. et al. 2006) und Südostasien (LAM,J.S.L.;YAP,W.Y. 2006). Studien über Hafenregionen außerhalb dieser globalen Kernräume, wie etwa Ostafrika (HOYLE,B.;C HAR-LIER,J. 1995), sind dagegen eher selten vorzufinden. Zusätzlich zu diesen regionalen Stu-dien wurden auch vergleichende Analysen zu konkurrierenden Hafenpaaren (z. B. Los Ange-les und Long Beach: JACOBS, W. 2007; Shanghai und Ningbo: CULLINANE, K. et al. 2005) und Fallstudien zur Situation einzelner Häfen unternommen (z. B. Mombasa: HOYLE,B.S.1999;

Felixstowe: BAIRD, A. 1999; Antwerpen: HESSE, M. 2010), von denen Singapur und Hong

12 1. Akteursbasierende Bewertung von Hafenstandorten Kong die größte Aufmerksamkeit auf sich zogen (CHEUNG,R.K. et al.2003;AIRRIESS,C.A.

2001;CULLINANE,K. et al. 2004a; WANG,J.J.1998;LOO,B.P.Y.;HOOK,B.2002).

Im Rahmen dieser Untersuchungen stehen meist einzelne Akteursgruppen im Vorder-grund oder sind selbst Kern des Forschungsinteresses. Häufig sind vor allem Schifffahrtsun-ternehmen sowie deren Strategien (LORANGE,P.2001) und Wettbewerbssituation (GRAHAM, M.G.1998) betrachtet worden, da sie in Folge von Konzentrationsprozesssen (HEAVER,T.et al. 2000; MIDORO,R.;PITTO,A.2000;NOTTEBOOM,T.E.; WINKELMANS, W. 2001; SLACK,B. et al. 2002; BROOKS,M.R.2004a;ALIX,Y.1999;CHAPMAN,K.2003) und Kooperationsvereinba-rungen (BROOKS,M.R.2004a;GRAHAM,M.G.1998;RYOO,D.K.;THANOPOULOU,H.A.1999;

SLACK,B.;COMTOIS,C.2002) über große Marktmacht verfügten (SLACK,B.1993).

Neben den Schifffahrtsunternehmen traten auch Terminalbetreiber in den Forschungsfo-kus (OLIVIER,D.;SLACK,B.2006), deren globale Strukturen (SLACK,B.; FREMONT,A.2005;

MIDORO,R.et al. 2005) und Einfluss auf einzelne Hafenstandorte unter anderem am Beispiel Singapur (AIRRIESS,C.A. 2001) und Hong Kong (AIRRIESS,C.A. 2001a) dargestellt wurden.

Sehr viel seltener wurden andere Akteure des maritimen Transports, wie zum Beispiel Schiffseigner (MITROUSSI,K.2004) oder Schiffsfinanzierer (SALETH,J.2010), untersucht. Die von BICHOU und GRAY (2004) zur Messung von Hafeneffizienz einbezogenen Akteursgrup-pen und deren Bewertung für den Standort stellen eine der seltenen Ausnahmen dazu dar.

Es ist jedoch festzustellen, dass die Rolle der Politik auf unterschiedlichen internationalen, nationalen und lokalen Ebenen ein wachsendes Forschungsinteresse genießt (u. a. ROE,M.

2007;PAIXAO,A.C.;MARLOW,P.B.2001; WANG,J.J.;SLACK,B.2004).

Auch die Interaktionen zwischen den Akteuren eines Hafens und den hafenaffinen Tätig-keiten wurden bislang nur selten in ihrer Gesamtheit betrachtet (vgl. BICHOU, K.; GRAY,R.

2004, S.53), sondern meist beschränkt auf einzelne Teilbereiche, wie etwa in dem Beitrag von HALL und OLIVIER (2005) für den Automobiltransport, oder fokussiert auf Schifffahrtsun-ternehmen und Terminalbetreiber in den oben angeführten Veröffentlichungen zu diesen Akteursgruppen.

Anhand von Standortbetrachtungen aus dem Blickwinkel der port community (FLEMING, D. K.1988;MARTIN,J.;THOMAS,B.J.2001) oder der Interpretation von Häfen als maritime Cluster (DE LANGEN,P.W.2002,2004) wurden einzelne Häfen (z. B. Busan: ROH,H.-S. et al.

2007; Hamburg und Bremen: ELSNER, W. 2005) oder Verbindungen zwischen Clustern (am Beispiel Norwegen und Singapur: KIND,H.J.;STRANDENES,S.P.2002) in bisher nur wenigen Veröffentlichungen behandelt. Zuletzt zeigten BRANDT et al. (2010) die Netzwerkbeziehungen der maritimen Cluster in Deutschland.

1.1 Einordnung in den Stand der Forschung

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1.1.3 Wirtschaftsgeographische und -wissenschaftliche Forschung zum maritimen