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Akteure des Umschlags (dritte Phase)

2. Theoretische Grundlagen und Konzeption

2.5 Akteure des Hafensystems

2.5.4 Akteure des Umschlags (dritte Phase)

Im dritten Abschnitt der prozessgeleiteten Gruppierung von Akteuren des Hafensystems sind viele spezialisierte Arbeitsvorgänge des Be- und Entladens von Schiffen zu

berücksichti-2.5 Akteure des Hafensystems 109 gen. Da im Massengutverkehr von diesem Prozessschritt an in der Regel weiterverarbeitende Unternehmen (beispielsweise der Ölindustrie) jeden weiteren Schritt bis zum Hinterlandtrans-port ausführen, die vertikale Integration also ihre maximale Ausprägung erreicht hat und hori-zontale Verschiebungen vor allem auf Entscheidungen der jeweiligen Industrie beruhen, soll dieses Segment in den folgenden Kapiteln weitgehend unberücksichtigt bleiben.

Die traditionell fragmentierte Akteursstruktur des Be- und Entladens sowie der daran an-schließenden landseitigen Prozesse (MARTIN,J.;THOMAS,B.J.2001, S.283) war nicht mehr für die Anforderungen eines schnellen und flexiblen Land-See-Umschlags des Containerzeital-ters geeignet. Durch Zusammenfassung weiter Teile der Lade-, Transit- und Lageraufgaben unter der Zuständigkeit und Kontrolle der Terminalbetreiber wurde nicht nur das Terminal als funktionale Einheit innerhalb des Hafens geschaffen, sondern auch die Organisationsstruktur des Hafens an die Erfordernisse des Containertransports angepasst. Dies war allerdings nur durch den Rückzug der Hafenbehörde aus dem operativen Tätigkeitsfeld möglich (vgl. Kap.

2.5.9). Die drastische Reduktion der beteiligten Akteursgruppen im Land-See-Umschlag ver-einfachte auch die Zuständigkeiten in der maritimen Transportkette, insbesondere bei der Ko-ordination zur Abwicklung von Seeschiffen (MARTIN,J.;THOMAS,B.J.2001,S.284f.).

Die beschriebenen Marktkonzentrationsprozesse der Schifffahrtsgesellschaften (vgl. Kap.

2.5.2) und der daraus folgenden dominanten Verhandlungsposition gegenüber Terminalbe-treibern (HEAVER,T.2000,S.301;NOTTEBOOM,T.E.2004,S.97) einerseits, sowie Privatisie-rungen und DereguliePrivatisie-rungen landseitiger Umschlagsprozesse (MIDORO,R. et al. 2005,S.90) andererseits haben dazu geführt, dass sich auch eine steigende Anzahl von Terminalbetrei-bern zu transnationalen Unternehmen entwickelt haben. Linienbetreiber waren in der Lage, aufgrund ihrer Größe und Marktmacht die Preise von zunehmend standardisierten und damit austauschbaren Dienstleistungen in Häfen mit vergleichbaren Lageparametern weitgehend nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Terminals ihrerseits können sich der Loyalität von Schifffahrtsgesellschaften keineswegs mehr sicher sein, wodurch sie dem ständigen Risiko ausgesetzt sind, wichtige Kunden zu verlieren (NOTTEBOOM,T.E.2002,S.258;NOTTEBOOM, T.E.2004,S.98). Um wettbewerbsfähig zu bleiben, war auch in der Organisation der Termi-nalbetreiber eine strukturelle Anpassung notwendig.

Eine Folge dieser Ausgangslage waren horizontale Kooperationen und Integrationen, die nach einer ersten Investition des britischen Unternehmens P&O Ports in Malaysia (MIDORO,R.

et al. 2005,S.90) in den Folgejahren vor allem von einigen wenigen asiatischen Terminalbe-treibern und ihren Heimathäfen in Hongkong (Hutchison Port Holdings – HPH) und Singapur (Port of Singapore Authority – PSA) ausgingen, von welchen sie rasch ein umfangreiches Standortnetzwerk mit globaler Präsenz (Abb. 45) aufbauten (AIRRIESS,C. A.2001, S.267ff.;

MIDORO,R. et al. 2005,S.89;NOTTEBOOM,T.E.2004,S.98;NUHN,H.2010,S.159f.).

110 2. Theoretische Grundlagen und Konzeption Dies wurde ermöglicht durch die deregulierte Vergabe von Terminallizenzen und deren weltweite Ausschreibung (AIRRIESS,C.A.2001,S.267;SLACK,B.;FREMONT,A.2005,S.119).

Transnationale Betreiberunternehmen können heute durch ihr spezialisiertes Wissen und ihre Finanzkraft in die lokalen Märkte eintreten, wo sie oft zusammen mit ansässigen Unternehmen als joint venture agieren (MIDORO,R. et al. 2005,S.104;NOTTEBOOM,T.E.2004,S.98;NUHN, H.2010,S.159;PALLIS,A.A.; DE LANGEN,P.W.2010,S.14). Auch nordamerikanische, euro-päische und Terminalbetreiber anderer Regionen sind mittlerweise diesen erfolgreichen Bei-spielen gefolgt und erwerben Niederlassungen, die den jeweiligen strategischen Ausrichtun-gen und Kooperationen des Unternehmens entsprechen und durch die lokale und nationale Politik ermöglicht wird (SLACK,B.;FREMONT,A.2005,S.117ff.). Meist wird dabei eine Kombi-nation aus organischem Wachstum durch neue Terminals und Übernahmen bestehender An-lagen eingesetzt (NOTTEBOOM,T.E.2004,S.100).

Abb. 45: Globales Terminalnetzwerk von PSA International

Als Folge der Marktkonzentration im Bereich des See-Land-Umschlags wird beispielswei-se der nordeuropäische Markt von einigen wenigen Akteuren dominiert, und auch in Südeuro-pa sind aufgrund steigender Anteile transnationaler Unternehmen ähnliche Tendenzen er-kennbar (SLACK,B.;FREMONT,A.2005,S.127;NOTTEBOOM,T.E.2002, S.261;NOTTEBOOM, T.E.2004,S.100). Durch ihre finanziellen Möglichkeiten sind sie in der Lage, kleinere Markt-teilnehmer in Nischenbereiche zu verdrängen, wodurch die Gefahr einer Monopolstellung in-nerhalb von ranges oder Hafensystemen besteht (AIRIESS,C.A.2001,S.276;NOTTEBOOM,T.

2.5 Akteure des Hafensystems 111 E.2004,S.100;SLACK,B.;FREMONT,A.2005,S.119;JACOBS,W.;HALL,P.V.2007,S.332).

Andererseits bilden sie durch den effizienten Terminalbetrieb und ihre auf Netzwerkgröße und -reichweite basierende Verhandlungsmacht ein Gegengewicht zu den Allianzen und Koopera-tionen der Liniengesellschaften der Seeseite (NOTTEBOOM,T.E.2002,S.261).

Hinsichtlich vertikaler Integrationsbemühungen ist Terminalbetreibern bisher der Zugang zum konsolidierten und finanzstarken Markt der Linienbetreiber weitgehend verwehrt geblie-ben (SLACK,B.;FREMONT,A.2005,S.118;HEAVER,T. et al. 2000,S.365). Lediglich im feeder-Bereich konnten einige eigene Dienste einrichten (z. B. Eurogate mit United Feeder Services) (NOTTEBOOM,T.E.2002,S.259). Im Gegenteil, sie sind, wie bereits beschrieben, vornehmlich Ziel von Übernahmen oder Kooperationsangeboten von Schifffahrtsgesellschaften, welche an dedicated terminals mit langfristigen Exklusivverträgen interessiert sind. Auch der Markteintritt von Tochterunternehmen dieser Akteursgruppe (z. B. AP Moeller Terminals von Maersk-Sealand) und deren weltweites Standortnetzwerk sind unter diesem Licht zu sehen (SLACK,B.;

FREMONT,A.2005,S.123).

Terminalbetreiber sind in ihrem Bestreben nach vertikaler Integration deshalb vor allem landseitig orientiert. So hat HPH beispielsweise in den Hinterlandverkehr in Großbritannien investiert und zwei Straßentransportunternehmen gegründet (NOTTEBOOM,T.E.2002,S.259).

Ein anderes Beispiel bildet der durch Eurogate initiierte shuttle-Dienst mit Güterzügen, welcher die north und south range in Europa verbindet (GOUVERNAL,E. et al. 2005,S.119). Auch die Errichtung und Betreibung von Binnenterminals (HEAVER,T. et al. 2000,S.372;NOTTEBOOM, T.E.2002,S.259) ist Teil dieser Strategie zur Integration landseitiger Prozesse und zum Auf-bau eigener logistischer Netzwerke durch Containerterminalbetreiber. Nicht in jedem Fall je-doch ist eine vollständige Integration nötig, auch erfolgreiche Beispiele von Kooperationen mit eigenständigen Unternehmen des Hinterlandverkehrs sind zu beobachten (NOTTEBOOM,T.E.

2002,S.259f.; EVANGELISTA,P.;MORVILLO,A.2000,S.346).

Zusammenfassend sind also vornehmlich zwei Arten von Terminalbetreibern marktbe-stimmend: Betreiber, deren Fokus auf dem Umschlag in Häfen beruht und die strategisch auf Standortdiversifizierung und Hinterlandintegration ausgerichtet sind, und global agierende Schifffahrtslinien, die Terminalaktivitäten selbst ausführen, um bei zeitweise auftretenden Engpässen in Häfen sichere Verbindungen zu nachgelagerten Prozessen der Transportkette zu gewährleisten (SLACK,B.;FREMONT,A.2005,S.117;MIDORO,R. et al. 2005,S.89ff.). Die daraus entstehende Wettbewerbssituation zwischen Terminals ist äußerst komplex, da bei-spielsweise dedicated terminals und von Linienunternehmen betriebene Anlagen keiner direk-ten Konkurrenz unterliegen. Dass die Entwicklung von Terminalbetreibern, Liniengesellschaf-ten und Hinterlandakteuren durch eine Vielzahl horizontaler wie vertikaler Prozesse

miteinan-112 2. Theoretische Grundlagen und Konzeption der verbunden ist, zeigt das Beispiel der CSX Gruppe, die ursprünglich im Bahntransport tätig war, aber durch den Kauf von Sea-Land in den 1980er Jahren als Linienunternehmen auftrat.

Als dieses Segment jedoch 1999 von Maersk übernommen wurde, blieben Umschlagsanlagen im Besitz der Gruppe. Das rasch expandierende Terminalnetzwerk unter dem Namen CSX World Terminals wurde dann allerdings von Dubai Ports Authority (DPA) aufgekauft, welche dadurch, und durch die Übernahme von P&O Ports, unter dem Namen Dubai Ports World (DP World) zu einem der führenden Terminalbetreiber weltweit aufstieg (JACOBS,W.; HALL, P.V.

2007,S.339;MIDORO,R. et al. 2005,S.92;NUHN,H.2010,S.159f.).

Die einzelnen Aufgaben eines Terminalbetreibers sind nicht in jedem Fall unter dessen al-leiniger Verantwortung zusammengefasst, so dass Stauer und Lader (bunkering), Kranbe-treiber, Energieversorger, Abfallmanager und andere schiffsbezogene Dienstleister (P EE-TERS,C.;WEBERS,H.2006,S.139;CHLOMOUDIS,I.C. et al. 2003,S.82;KIA,M. et al. 2000,S.

334;ROH,H.-S. et al. 2007,S.284;HEAVER,T.2000,S.303) an vielen Terminals als eigen-ständige Akteure agieren. In Terminals, die von Linienbetreibern geführt werden, ist dies über-durchschnittlich oft vorzufinden, da zum Beispiel MSC oder CMA-CGM diese Leistungen be-vorzugt auszulagern versuchen (MIDORO,R. et al. 2005, S.104). Insbesondere Schiffsaus-rüster (ship chandler), Schiffsversorger (ship supplier) und Unternehmen der Schiffsrepara-tur sind in den meisten Fällen noch nicht Ziel von vertikaler Integration geworden. Allerdings wurde deren weltweite Situation im Standortnetzwerk der Häfen bislang wenig untersucht.