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Studierende an Hochschulen gehen im Urlaubssemester und während des Teilzeitstudiums keiner BAföG-förderungsfähigen Ausbildung nach und haben daher i. d. R. regulären Leistungsanspruch, sofern sie hilfsbedürftig im Sinne des Gesetzes sind und dem Arbeits-markt zur Verfügung stehen.

a) Studierende im Urlaubssemester

Grundsätzlich wird bei einer Beurlaubung vom Studium die Ausbildung unterbrochen und somit besteht kein Anspruch auf Leistungen nach BAföG. Dementsprechend greift der Leistungsausschluss von Studierenden im SGB II hier nicht. Sie haben Anspruch auf reguläre, ggf. ergänzende Leistungen nach SGB II.

Ist eine Studentin oder ein Student während eines Urlaubssemesters weiterhin an der Hochschule eingeschrieben, prüfen manche JobCenter allerdings, ob es nach vorliegendem Hochschulrecht des Landes der oder dem Studierenden ermöglicht ist, während der Phase der Beurlaubung gleichwohl an Veranstaltungen teilzunehmen sowie Prüfungen abzulegen.

Das bloße Fernbleiben von Lehrveranstaltungen führt noch nicht dazu, dass das Studium nicht betrieben wird. Wird in einem Urlaubssemester häusliche Prüfungsvorbereitung betrieben und dadurch die Arbeitskraft der oder des Studierenden voll in Anspruch genommen (§ 2 Absatz 5 BAföG) oder wurden zur Prüfungsvorbereitung Einrichtungen der Hochschule (auch unregelmäßig) aufgesucht, bleibt ggf. die Förderfähigkeit der Ausbildung abstrakt bestehen und der ggf. festgestellte Leistungsausschluss liegt somit weiterhin vor.

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Beachten Sie außerdem, dass Sie sich nicht vom Studium beurlauben lassen dürfen, um einen Leistungsanspruch nach SGB II zu begründen. Dies könnte insbesondere bei einer Beurlaubung zur Prüfungsvorbereitung unterstellt werden. Selbstverständ-lich können Sie sich aus anderen Gründen, wie z. B. um mehr Zeit zum Arbeiten zu haben, Elternzeit zu nehmen oder aus gesundheitlichen Gründen, beurlauben lassen und dann (ggf. ergänzend) ALG II beantragen, weil Ihr Einkommen und/oder Vermö-gen nicht zur Sicherung Ihres Lebensunterhalts ausreicht. Der Grund für das Urlaubs-semester darf nur nicht die Vermeidung des Leistungsausschlusses nach §7 Abs. 5 SGB II sein, da sonst vom JobCenter sozialwidriges Verhalten unterstellt wird, was Leistungsverweigerung zur Folge haben kann. Ob JobCenter allerdings überhaupt befugt sind, sich den Grund für ein Urlaubssemester nennen zu lassen, ist aus daten-schutzrechtlichen Gründen fraglich.

b) Wegen Schwangerschaft oder Krankheit studierunfähige Studierende

Unterbricht eine Studentin oder ein Student aus Krankheitsgründen oder infolge einer Schwangerschaft die Ausbildung bis zur Dauer von drei Monaten, wird gemäß § 15 Absatz 2a BAföG weiter Ausbildungsförderung geleistet; der zuvor festgestellte Leistungsaus-schluss nach § 7 Absatz 5 SGB II bleibt demzufolge bestehen. Der Grund hierfür liegt in der Möglichkeit, bis zu drei Monate studierunfähig krankgeschrieben zu sein, ohne den BAföG-Leistungsanspruch zu verlieren.

Wird die Ausbildung aber für länger als drei Monate unterbrochen, besteht kein Anspruch auf Ausbildungsförderung und es können Leistungen zum Lebensunterhalt beansprucht werden, ohne dass der Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 5 SGB II dem entgegensteht.

Leistungen, die Sie für die ersten drei Monate der Studierunfähigkeit nach BAföG erhalten haben, müssen Sie in dem Fall nicht zurückzahlen. Beachten Sie aber, dass Sie solche Leistungen nach BAföG zurückzahlen müssen, die Sie in einem rückwirkend bewilligten Urlaubssemester erhalten haben! Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation unsicher sind, welche Variante für Sie sinnvoller ist, lassen Sie sich unbedingt persönlich bei der Sozialbe-ratung Ihres Studierendenwerks oder Ihrer Studierendenvertretung beraten.

c) Teilzeitstudierende

Ein Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG besteht für Studierende nur dann, wenn das Studium die Arbeitskraft der oder des Studierenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt (§ 2 Absatz 5 BAföG). Dies wird bei einer Vollzeitausbildung an einer Hoch-schule grundsätzlich unterstellt (Tz. 2.5.3 der BAföG-VwV). Für ein Teilzeitstudium besteht demnach kein Anspruch auf Ausbildungsförderung. Der Ausschlusstatbestand des § 7 Absatz 5 SGB II greift in diesen Fällen nicht. Die Entscheidung über den Förderausschluss nach § 2 Absatz 5 BAföG von der örtlichen BAföG-Stelle ist bindend.

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Beachten Sie, dass Sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, wenn Sie während eines Teilzeitstudiums ALG-II-Leistungen beanspruchen. Sie sind dann den gleichen Regularien des „Forderns und Förderns“ (Eingliederungsvereinbarung, Mitwirkung an der Beendigung der Hilfsbedürftigkeit, ggf. Teilnahme an Maßnahmen etc.) unterworfen wie nicht-studie-rende ALG-II-Bezieherinnen und ALG-II-Bezieher. Die Aufnahme einer angebotenen Arbeitsstelle oder die Teilnahme an einer vom JobCenter auferlegten Maßnahme zu verweigern, weil sich diese nicht mit Ihrem persönlichen Studienplan vereinbaren lässt, kann zu Sanktionierung und schlimmstenfalls auch Leistungsverweigerung durch das JobCenter führen. Dies ist aber immer von den Umständen des Einzelfalls sowie den zuständigen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern abhängig. Erfahrungsgemäß haben alleinerziehende und/oder neben dem Studium sozialversicherungspflichtig beschäftigte Teilzeitstudierende weniger Vermittlungsinitiativen seitens des JobCenters zu erwarten.

Tipp:

Damit Sie sich tatsächlich auch während des ALG-II-Bezugs uneingeschränkt um ihr Studium kümmern können, empfiehlt sich der Versuch, die ordentliche Durchführung und Beendigung Ihres Studiums als Ziel in Ihrer Eingliederungsvereinbarung zu vereinbaren.

Bei Fragen oder Schwierigkeiten sollten Sie eine spezialisierte Beratungsstelle vor Ort aufsuchen oder sich als GEW-Mitglied an Ihren Landesverband wenden.

Achtung: Seit einiger Zeit versuchen JobCenter in einigen Regionen Studierenden, die während ihres Studiums von Voll- auf Teilzeit wechseln, sozialwidriges Verhalten zu unterstellen, also sich mit einem Wechsel auf Teilzeit Sozialleistungen zu „erschleichen“, um ihnen so Leistungen nach SGB II verweigern zu können. Sollten Sie mit einem solchen Vorwurf konfrontiert werden, wenden Sie sich bitte an eine örtliche Sozialbe-ratungsstelle oder an eine fachanwaltliche Beratung, als GEW-Mitglied ggf. über Ihren Landesverband.

Grundsätzlich ändert aber auch dieser Vorwurf nichts daran, dass Studierende im Teilzeitstudium keiner BAföG-förderungsfähigen Ausbildung nachgehen und somit i. d. R.

Anspruch auf reguläres ALG II (ggf. ergänzend) haben, sofern sie hilfsbedürftig im Sinne des SGB II sind und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

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19.1.2 Leistungen nach § 27 SGB II

Die Leistungen nach dem § 27 SGB II gelten nicht als Arbeitslosengeld II. Mit der Einführung dieser Festlegung hat der Gesetzgeber verhindert, dass durch den Bezug von Leistungen nach dem § 27 SGB II eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung ausgelöst wird und das Jobcenter somit die Krankenversicherungsbei-träge für die Auszubildenden zu zahlen hätte.

Zu den für Auszubildende zugänglichen Leistungen nach §27 SGB II gehören:

a) Mehr­ und Ausstattungsbedarfe nach §21 Abs. 2

Mehrbedarf für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche (17 % des maßgeblichen Regelbedarfssatzes),

Mehrbedarf(e) für alleinerziehende Elternteile, die mit einem oder mehreren minder-jährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen (je nach Alter und Anzahl der Kinder mind. 12 %, höchstens jedoch 60 % des maßgeblichen Regelbedarfssatzes),

Bedarfssätze nach SGB II (Stand 2020) Regelbedarf für Alleinstehende/Alleinerziehende

(Regelbedarfsstufe 1) 432 Euro

Regelbedarf für volljährige Partner/-in innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft

(Regelbedarfsstufe 2)

389 Euro

Regelbedarf für unter 25-Jährige im Haushalt der Eltern/

Strafregelleistung für ohne Zustimmung ausgezogene unter 25-Jährige sowie für Erwachsene mit Behinderung in stationären Einrichtungen

(Regelbedarfsstufe 3)

345 Euro

Regelbedarf für Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahre

(Regelbedarfsstufe 4) 328 Euro

Regelbedarf für Kinder von 6 bis unter 14 Jahre

(Regelbedarfsstufe 5) 308 Euro

Regelbedarf für Kinder bis 5 Jahre

(Regelbedarfsstufe 6) 250 Euro

Kosten der Unterkunft

(soweit angemessen, regional unterschiedlich) in tatsächlicher Höhe

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Mehrbedarf für medizinisch notwendige kostenaufwändige Ernährung (in „angemessener“

Höhe),

Anspruch auf Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwanger-schaft und Geburt (als Sach- oder Geldleistung, ggf. auch Pauschalen),

Mehrbedarf für einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf.

Der letztgenannte Mehrbedarf ist in der Praxis leider stark eingeschränkt und umfasst z. B.

Pflege- und Hygieneartikel (Hygieneartikel bei ausgebrochener HIV-Infektion oder Körperpflegemittel bei Neurodermitis o. ä.), Kosten für eine Putz-/Haushaltshilfe für körperlich stark beeinträchtigte Personen oder Kosten zur Wahrnehmung des Umgangs-rechts eines geschiedenen oder getrennt lebenden Elternteils.

Interessant besonders für Schülerinnen und Schüler sowie für studierende Eltern dürfte die neuere Rechtsprechung mehrerer Sozialgerichte bereits vor der Coronapandemie sein, wonach ein für die Schule benötigter, internetfähiger Laptop/Computer zu den unabweis-baren, laufenden Bedarfen gehört. Unabweisbar ist der Bedarf, wenn die Schülerin oder der Schüler nur mit einem Computer „den an sie permanent gestellten Anforderungen des Unterrichts entsprechen, d. h. die erforderlichen Vor- und Nachbereitungen der Unter-richtseinheiten leisten können“. Und auch wenn die Anschaffung eines Laptops nur einmalig erfolgt, so wird dieser für die Schulausbildung über einen längeren Zeitraum hinweg benötigt und kann daher mit einer Anmietung eines Computers verglichen werden, dessen monatliche Miete „vollkommen unstreitig einen fortlaufend fällig werdenden, (…) anerkennungsfähigen Zusatzbedarf darstellen“ würde (SG Cottbus Az. S 42 AS 1914/13). Es würde sich vor dem Hintergrund dieses Urteils lohnen, gerichtlich prüfen zu lassen, ob auch Studierende mit einer ähnlichen Begründung die Kosten für die Anschaffung eines entsprechenden Laptops auf diese Weise geltend machen könnten.

b) Härtefallregelung des § 27 Abs. 3

Nach der Härtefallregelung des § 27 Abs. 3 erhalten Auszubildende SGB-II-Leistungen, also auch den Regelbedarf sowie die Kosten der Unterkunft als Darlehen, wenn die Beschrän-kung auf Leistungen nach § 27 SGB II eine besondere Härte darstellt.

Zur Begründung einer besonderen Härte müssen zum Härtefall Umstände hinzutreten, die einen Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzes-zweck, die „Sozialhilfe“ von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhal-ten, als übermäßig hart, d. h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen lassen.

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Im Hinblick auf das Ziel der Integration der „Hilfebedürftigen“ in den Arbeitsmarkt und der gezielten Förderung zu diesem Zweck hat es die Rechtsprechung als nicht vertretbar angesehen, dass die Ausbildung ggf. ganz oder vorübergehend aufgegeben werden muss, um Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Von einem „besonderen Härtefall“ kann daher auch ausgegangen werden, wenn wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden ist, der nicht durch BAföG oder Ausbildungsbeihilfe gedeckt werden kann und deswegen begründeter Anlass für die Annahme besteht, dass eine vor dem Abschluss stehende Ausbildung nicht beendet wird und das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit droht.

Beispielhafte Fallkonstellationen für „besondere Härtefälle“:

War der Lebensunterhalt während der Ausbildung durch BAföG/SGB-III-Leistungen oder andere finanzielle Mittel bisher gesichert – sei es durch Elternunterhalt, Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit oder möglicherweise bisher zu Unrecht gewährte Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts (Vertrauensschutz) – und entfällt die bisherige Finanzie-rung der Ausbildung nun kurz vor deren Abschluss, kann ein besonderer Härtefall ange-nommen werden.

Ähnliches gilt auch bei einer drohenden Unterbrechung der bereits weit fortgeschritte-nen und bisher kontinuierlich betriebefortgeschritte-nen Ausbildung, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls im Falle einer Behinderung/Erkrankung die nicht mehr geför-derte Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt.

Da Alleinerziehenden eine Nebenerwerbstätigkeit neben dem Studium i. d. R. nicht mög-lich ist, ist auch hier – zumindest bei der Erstausbildung – das Vorliegen eines Härtefalls anzunehmen.

Ist die Ausbildung zur Integration ins Erwerbsleben zwingend notwendig, droht der Abbruch der Ausbildung ohne Erbringung von Leistungen und erhält die oder der Auszubil-dende nur aufgrund des Überschreitens der Altersgrenze von 30 Jahren zu Ausbildungsbe-ginn kein BAföG, besteht Anspruch auf Leistungen im besonderen Härtefall in Form eines Zuschusses. Dies gilt allerdings nur für Studierende in Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, Abendgymnasien und Kollegs und nicht für Studierende an Höheren Fachschulen, Akademien oder Hochschulen. Diese Regelung gilt für Ausbildungen, die vor dem 31.12.2020 begonnen werden.

Außerdem können unabhängig vom Vorliegen eines Härtefalls für den Monat des Ausbil-dungsbeginns Regelleistungen als Darlehen erbracht werden, wenn für diesen Monat voraussichtlich (andere) Leistungen anfallen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Sie BAföG beantragt haben, dieses aber noch nicht beschieden wurde, eine Bewilligung aber

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