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B. Wirtschaftliche Hintergründe und Motive für den Ausschluss

I. Zweistufige Unternehmensübernahmen bzw. Unternehmenszu-

Unternehmenszusammenschlüsse

Der entscheidende Schritt eines Zusammenschlusses oder einer Übernahme, unabhängig davon, ob es sich um eine freundliche Übernahme (friendly takeover), feindliche Über-nahme (hostile takeover) oder einen Zusammenschluss unter Gleichen (merger among equals) handelt, ist die Zusammenführung der Kontrolle über die beteiligten Unternehmen in einer Hand, regelmäßig vermittelt durch die Aktienmehrheit.10 Diese Aktienmehrheit an der Zielgesellschaft (target) gewinnt die übernehmende Gesellschaft entweder selbst oder mittels einer von ihr beherrschten Holdinggesellschaft. Für das Gelingen einer Übernah-me ist somit entscheidend, ob die Aktionäre - im Fall der einseitigen ÜbernahÜbernah-me die der Zielgesellschaft, im Fall des Zusammenschlusses unter Gleichen die Aktionäre beider Gesellschaften - in genügender Zahl dazu bewogen werden können, ihre Aktien zu ver-äussern beziehungsweise gegen Aktien der neuen Gesellschaft einzutauschen. Befinden sich die benötigten Aktien nicht bereits in der Hand eines verkaufsberechtigten Mehrheits-aktionärs und wären so durch Paketerwerb zu erlangen, ist ein öffentliches Übernahme-oder Umtauschangebot (tender offer) erforderlich.11 Derartige Übernahmeangebote führen

9 Vgl. Greene, Corporate Freeze-out Mergers: A Proposed Analysis, 28 Stanford L.Rev. 487, 491 f. (1976);

Brudney/Chirelstein, A Restatement of Corporate Freezeouts, 87 Yale L.J., 1354, 1356 f. (1978). Zwar standen die ame-rikanischen Gerichte einer typisierten Betrachtung von freeze-outs bisher eher ablehnend gegenüber, vgl. Roland Inter-national Corp. v. Najjar, 407 A.2d 1032, 1034 (Del.1979) während hingegen sowohl der kalifornische Gesetzgeber, als auch die SEC einem typspezifischen Ansatz den Vorzug geben, vgl. § 13e-3g(1) SEA, §§ 1001, 1101, 407 Cal.Corp.

Code. Dennoch ereignen sich freeze-outs zumeist in ähnlichen oder gleichen Fallvarianten, so dass eine typisiertere Betrachtungsweise als gerechtfertigt erscheint (was nicht gleich zu einer Einebnung der von Fall zu Fall bestehenden Unterschiede und Einengung der Flexibilität führen muss, wie wohl von Teilen der amerikanischen Rechtsprechung be-fürchtet), vgl. auch Clark, Corporate Law, S. 514, 515 (siehe dort auch Fn. 7)

10 Zum Komplex der freundlichen, wie feindlichen Unternehmensübernahmen vgl. z.B. Cox/Hazen/O´Neal, Corporations, S. 615 f.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 592 f.; Strothmann, Feindliche Unternehmensübernahmen in den USA, 1994; Watter, Unternehmensübernahmen, S. 285 ff.; Herkenroth, Konzernierungsprozesse im Schnittfeld von Konzernrecht und Übernahmerecht, S. 79 ff.

11 In den USA ist das bei tender offers einzuhaltende Verfahren und die bestehenden Publizitätspflichten (nicht dagegen die materiellrechtlichen Rechte und Pflichten der Aktionäre) bundesgesetzlich durch den sog. Williams Act, einem Zu-satz zum Securities Exchange Act von 1934 geregelt, vgl. Securities Exchange Act §§ 13 (d) - (f) und 14 (d) - (f); 15 U.S.C. §§ 78m (d) - (f) und 78n (d) - (f). In Deutschland besteht eine umfassende und verbindliche Regelung dieser Ma-terie erst seit Einführung des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG) am 1.1.2002.

allerdings fast durchweg nicht dazu, dass sich alle Aktionäre beteiligen und ihre Aktien veräußern oder umtauschen.12 Wesentliches Ziel vieler Zusammenschlüsse ist jedoch, dass der Bieter die Zielgesellschaft als 100 %ige Tochter und in aller Regel als „normale"

Konzerngesellschaft fortführen kann.13 Es besteht häufig somit der Wunsch des Über-nehmers, die Zielgesellschaft vollständig unter seine Kontrolle zu bringen.14 Dies vor al-lem auch deshalb, weil sich viele Unternehmensstrategien15 und sinnvolle, wirtschaftlich notwendige unternehmerische Entscheidungen gegen den Willen von Minderheitsaktionä-ren nicht oder nur äußerst schwer durchsetzen lassen.16

Exemplarisch können in diesem Zusammenhang aufgeführt werden:17

· Die Durchführung riskanter Investitionen oder Transaktionen, die die Verwaltung bzw. der Mehrheitsaktionär mit vorhandenen Minderheitsgesellschaftern nicht wa-gen möchte. In diesem Zusammenhang spielt insbesondere auch in den USA die Haftung des Mehrheitsaktionärs, der Verwaltung und des Übernehmers, nament-lich wegen Verletzung ihrer Treuepfnament-lichten (breach of fiduciary duties) gegenüber den Minderheitsaktionären und der Gesellschaft, eine gewichtige Rolle.18 Auch in Deutschland ist das Bestehen einer Treuepflicht der Aktionäre untereinander höchstrichterlich anerkannt worden.19

· Die Hauptaktionärin möchte an den Wertzuwächsen der Gesellschaft zu 100 % partizipieren und sog. "Trittbrettfahrer" ausschließen, die bewusst oder ungewollt

12 Dokumentation über Kaufangebote nach dem Übernahmekodex, WM 1997, 1409 ff.

13 Than, in: FS Claussen, S. 422

14 Solomon/Palmiter, Corporations - Examples and Explanations, S. 284; Ebke, in: Mestmäcker/Behrens (Hrsg.), Das Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich, S. 297, 312; Greene, Corporate Freeze-out Mergers:

A Proposed Analysis, 28 Stanford L.Rev. 487, 488 (1976);

15 Vgl. Allgemein zu M&A Aktivitäten: Achleitner, Handbuch des Investment Banking, S. 138 ff.

16 Standpunktpapier der Börsensachverständigenkommission zur künftigen Regelung von Unternehmensübernahmen, Jan. 1999, S. 26. Zur Problematik der Anfechtungsklage im deutschen Recht vgl. unten 4. Teil, B.

17 Vgl. Solomon/Palmiter, Corporations - Examples and Explanations, S. 284, Gilson, The Law and Finance of Corporate Acquisition, S. 854 ff. und die Aufzählung bei: Lipton/Steinberger, Takeovers and Freezeouts, Vol. IA, § 9.01

18 Booth, Management Buyouts, Shareholder Welfare and the Limits of Fiduciary Duty, 60 N.Y.U.L.Rev., 630, 638 ff.;

Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 206 ff.; Hill, The Sale of Controlling Shares, 70 Harv.L.Rev., 986 (1956/57); Sherwin, Creditors Rights against Participants in a Leveraged Buyout, 72 Minn.L.Rev., S.

449, 461 (1988); Insuranshares Corp. V. Northern Fiscal Corp., 35 F.Supp. 22, 25 (E.D. Pennsylvania 1940); Doleman v.

Meiji Mut. Life Ins. Co., 727 F.2d 1480, 1483 f. (9th Cir. 1984); Swinney v. Keebler Co., 329 F. Supp. 216, 224 (D.S.C.

1971); Mc Daniel v. Painter, 418 F.2d 545, 547 (10th Cir. 1970); Estate of Hooper v. Virgin Islands, 427 F.2d 45, 47 (3d Cir. 1969); Swinney v. Keebler Co., 329 F.Supp. 216, 225 (D.S.C. 1971)

19 Vgl. BGHZ 103, 184 = NJW 1988, S. 1579; BGH NJW 1992, S. 3167, 3171; BGHZ 127, 101, 111 = NJW 1994, 3094;

BGHZ 129, 136, 142 f. = NJW 1995, 1739

in der Zielgesellschaft ausharren, um an diesen teilzuhaben (sog. free rider prob-lem20).

· Der ungehinderte Zugriff auf den Gewinn, gegebenenfalls auf die stillen Reserven und den Cash-flow der Zielgesellschaft zwecks Fremdkapitalbesicherung-, bedie-nung und -tilgung zur Finanzierung der Kosten der Übernahme.21 Dies kommt vor allem im Rahmen der sog. (leveraged) management buyouts (mbo´s) zum Tragen, bei denen unter primärem Einsatz von Fremdkapital die Alteigentümer des Unter-nehmens durch das amtierende Management, sowie institutionelle und private In-vestoren substituiert werden.22

· Die Reduzierung von Verwaltungskosten und die Verbesserung des Zugangs der Hauptaktionärin zu den Angelegenheiten der Zielgesellschaft.

· Die Durchführung von Umschuldungsmaßnahmen, wie z.B. das Ersetzen hoher Kapitalkosten durch billigeres Fremdkapital.

· Das Optimieren der Steuerplanung der Zielgesellschaft, einschließlich der Ände-rung der Gesellschaftsform der Zielgesellschaft.

· Die Vermeidung von Veröffentlichungspflichten, insbesondere unter dem Ge-sichtspunkt der Durchführung wichtiger Transaktionen.

· Das Zusammenführen der Zielgesellschaft in ein Joint Venture, welches nur durch eine begrenzte Anzahl von Gesellschaftern geführt werden soll.

Diese beispielhaft aufgeführten unternehmenspolitischen Entscheidungen und Maßnah-men liegen naturgemäß nicht immer im Interesse der verbliebenen Restminderheit der Zielgesellschaft, weshalb häufig versucht wird, sich dieser Minderheit in einem sich an die Akquisition anschließenden zweiten Schritt, z.B. mittels eines back-end merger, zu entle-digen (two-step acquisition).

20 Gilson, The Law and Finance of Corporate Acquisition, S. 855

21 Picot, Unternehmenskauf und Restrukturierung, Rnr. 178; Lerbinger, Die Bank 1986, 133; Ebke, ZHR 1991, 132, 134 ff.;

Peltzer, DB 1987, 973; Hitschler, BB 1990, 1877; Lutter/Wahlers, AG 1989, 1 ff. Zu einer erheblichen Steigerung des Cash-flow kommt es dabei durch den wesentlich erhöhten Fremdkapitalanteil und die durch eine Verschmelzung erziel-baren Buchwertaufstockungen (step-up), mit denen erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten einhergehen, vgl. zur Buch-wertaufstockung: Picot, Unternehmenskauf und Restrukturierung, Rnr. 49 ff.

22 Lowenstein, Management Buyouts, 85 Colum.L.Rev., 730, 732 ff. (1985); Booth, Management Buyouts, Shareholder Welfare and the Limits of Fiduciary Duty, 60 N.Y.Univ.L.Rev., 630 ff.; Peltzer, DB 1987, 973; Hauschka, BB 1987, 2169 ff.; siehe auch die Literaturnachweise in Fn. 21

II. Übernahme der Tochter- durch die Muttergesellschaft