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C. Schutzinstrumente der Minderheitsaktionäre gegen einen Freeze-out

II. Bundesrecht

3. SEC Rule 13e-3

Eine weitere bundesrechtliche Vorschrift, die den Schutz von Minderheitsaktionären spe-ziell für die Situation des going private zum Ziel hat, ist SEC Rule 13e-3.249

Hintergrund dieser Vorschrift war ein Sturz der Aktienkurse Mitte der siebziger Jahre, der die Mehrheitsaktionäre vieler Aktiengesellschaften dazu veranlasste, die teilweise erst kurz zuvor in Zeiten wirtschaftlicher Euphorie an die Börse gebrachten Unternehmen wie-der in einen nicht-öffentlichen Gesellschaftsstatus zurückzuführen, um unter anwie-derem von den besonders günstigen Einstiegsmöglichkeiten in Aktien des eigenen Unternehmens, die in der Regel nicht auf einen verminderten Ertragswert zurückzuführen waren, zu profi-tieren.250 Minderheitsaktionäre, die zu diesem Zeitpunkt nicht zu einem Verkauf ihrer Be-teiligung bereit waren, wurden schlichtweg mit einer Abfindung ausgeschlossen, die sich in ihrer Höhe an dem vorübergehend wesentlich niedrigeren Marktpreis orientierte.

248 Private Securities Litigation Reform Act 1995, Pub. L. No. 104-67, 109 Stat. 737; vgl. Securities Act § 27, 15 U.S.C.

§ 77 aa; Securities Exchange Act § 21 D, 15 U.S.C. § 78 u-4. Dieser sieht unter anderem Beschränkungen von auf Rule 10b-5 gestützte class actions und Möglichkeiten für die Verteilung von Anwaltskosten als Sanktion für grundlose Klagen vor.

249 17 C.F.R. § 240.13e-3

250 Note, Going Private, 84 Yale L.J., 903, 905 f. (1975); Note, Rule 13e-3 and the Going Private Dilemma, 58 Wash.U.L.Q., 83, 886 (1980); Holman, Going Private, Ann. Survey Am.L., 279 (1978); Note, SEC Proposed "Going Private" Rule, 4 Del.J.Corp.L., 184, 195 ff. (1978); zu den Motiven vgl. auch SEC Release Nr. 34-17719, 46 Fed.Reg. 22,571 (1981);

SEC Release Nr. 34-17720, 46 Fed.Reg. 22,602 (1981)

Als Antwort auf diese in ihrer Dimension unerwünschte Entwicklung erließ die SEC im Jahre 1979 auf Grundlage des § 13(4) SEA 1934251 Rule 13e-3252, die den ein going priva-te Betreibenden umfassende Publizitätspflichpriva-ten hinsichtlich der geplanpriva-ten Transaktion auferlegt.

a) Überblick über den Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist in erster Linie nicht durch die rechtliche tung der Transaktion eingeschränkt. Ausweislich der aufgezählten rechtlichen Gestal-tungsformen ist Rule 13e-3 neben dem merger auf alle gängigen GestalGestal-tungsformen des freeze-out anwendbar.253 Entscheidend für die Anwendbarkeit sind vielmehr die beabsich-tigten oder wahrscheinlichen Auswirkungen auf den wertpapierrechtlichen Status der Ge-sellschaft.254 Ist die Gesellschaft nach § 12 (g) SEA 1934255 zur Registrierung ihrer Aktien verpflichtet oder unterliegt sie nach § 15 (d) SEA 1934256 einer regelmässigen Informati-onspflicht, so greift Rule 13e-3 zugunsten der Minderheitsaktionäre durch, sofern als rechtliche Folge der Transaktion eine Einschränkung bzw. Beseitigung der Verkehrsfähig-keit der Aktien oder eine Verminderung der nach dem SEA 1934 bestehenden Informati-onspflichten angestrebt wird oder jedenfalls wahrscheinlich ist.257 Von daher erfasst Rule 13e-3 zunächst einmal alle Vorgänge, die zu einem Wegfall der Registrierungspflichten nach dem SEA 1934 (vgl. §§ 12 (g), 15 (d) SEA 1934) oder zu einer Einstellung der Notiz der Anteile der Gesellschaft an einer nationalen Börse oder im over-the-counter - Handel führen.258 Ausserdem kommt Rule 13e-3 auch im Falle einer Übernahme der Tochter- durch die Muttergesellschaft zur Anwendung, selbst wenn die genannten Wirkungen ledig-lich hinsichtledig-lich der Anteile der Tochtergesellschaft eintreten.259

251 15 U.S.C. § 78m (e)

252 17 C.F.R. § 240.13e-3

253 Vgl. 17 C.F.R. § 240.13e-3 (a) (3); es werden bspw. der merger, der sale of assets, der reverse stock split und die consolidaion aufgezählt

254 Note, Regulating Going Private Transactions, 80 Colum.L.Rev., 783, 784 (1980); Note, Fairness in Freezeout Trans- actions, 69 Ky.L.J., 77, 121 (1981)

255 15 U.S.C. § 78l (g)

256 15 U.S.C. § 78o (d)

257 Note, Regulating Going Private Transactions, 80 Colum.L.Rev., 783, 784 (1980);

258 17 C.F.R. § 240.13e-3 (a) (3) (i), (ii)

259 17 C.F.R. § 240.13e-3 (a) (1) i.V.m. (a) (3) (i, ii)

Ausnahmen vom Anwendungsbereich sind von der SEC für die Fälle vorgesehen, in de-nen ein gesteigertes Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre nicht besteht.260 So soll die Gefahr einer unfairen Behandlung der Minderheitsaktionäre bspw. dann nicht bestehen, wenn diesen anstatt einer Barabfindung solche Aktien angeboten werden, die ihnen ihre wesentlichen Aktionärsrechte weiterhin erhalten.261

Eine weitere bedeutsame Ausnahmeregelung, in der die Gefahr einer unangemessenen Abfindung der Minderheit nicht bestehen soll, betrifft going privates, die sich im Anschluss an eine tender offer ereignen. Sofern der Bieter seine Absicht, als weiteren Schritt nach der tender offer ein going private durchzuführen, schon im Rahmen derselben bekanntge-geben hat, zwischen dem Fristablauf für das Angebot und dem going private eine zeitliche Spanne von nicht mehr als einem Jahr liegt, der Bieter nicht schon zuvor mit dem target verbunden war und die Abfindung nicht geringer ist als das höchste im Zusammenhang mit der tender offer abgegebene Angebot, ist nach der Vorstellung der SEC eine Benach-teiligung der Minderheitsaktionäre nicht zu befürchten.262 Dieser Annahme liegt der Ge-danke zugrunde, dass sich ein going private in zeitlicher Nähe zu einer tender offer nicht von der Situation eines einheitlichen Unternehmenskaufs unterscheide, bei dem die von der Mehrheit ausgehandelten Bedingungen von den restlichen Aktionären akzeptiert wer-den müssen.263

b) Publizität aller bedeutsamen Informationen

Ist der Anwendungsbereich hernach eröffnet, wird von Rule 13e-3264 bzw. deren schedule 13E-3265unter anderem die Veröffentlichung folgender Informationen gefordert:

· Die Offenlegung des mit dem going private verfolgten Zwecks und die damit ein-hergehenden Auswirkungen. Sofern andere Möglichkeiten zur Verfolgung dieses Zwecks bestanden, muss deren Ablehnung begründet werden.266

260 17 C.F.R. § 240.13e-3 (g)

261 17 C.F.R. § 240.13e-3 (g) (2)

262 17.C.F.R. § 240 13e-3 (g) (1)

263 Vgl. Brudney/Chirelstein, A Restatement of Corporate Freezeouts, 87, Yale L.J., 1354, 1359 ff. (1978); diess., Fair Shares in Corporate Mergers and Takeovers, 88 Harv.L.Rev., 297, 337 (1974); kritisch Borden, Going Private, 49 N.Y.U.L.Rev., 987, 1006, Fn. 100 (1974),

264 17 C.F.R. § 240.13e-3 (d), (e)

265 17 C.F.R. § 240.13e-100

266 Schedule 13E-3, Item 4-7, 16

· Eine Begründung für die Wahl der angewandten Ausschlusstechnik.267

· Eine detaillierte Darstellung der Vor- und Nachteile der Transaktion im Hinblick auf die Beteiligung der außenstehenden Aktionäre268 einschließlich der Angaben über die Abfindungsrechte der Aktionäre269 und die finanziellen Daten der Gesell-schaft.270

· Eine Begutachtung außenstehender Dritter unter dem Gesichtspunkt der Fairness der Transaktion.271

· Eine Stellungnahme der Gesellschaft selbst zur materiellen Fairness gegenüber den Minderheitsaktionären einschließlich einer Versicherung, dass der Ausschluss die ausgeschlossene Minderheit nicht unangemessen benachteiligt.272 Das Mana-gement muss in diesem Zusammenhang darlegen auf welchen Erwägungen ihre Einschätzung zur materiellen Fairness beruht, welche Faktoren für die Höhe der angebotenen Abfindung maßgebend sind und ob das going private die Zustim-mung einer Mehrheit der Minderheitsaktionäre gefunden hat.

Dabei hatte sich gerade an dem besonders für die Anteilseigner nützlichen und interes-santen Item 8 der SEC Schedule 13E-3, der die Stellungnahme der Gesellschaft zur ma-teriellen Fairness vorsieht, Kritik in der Literatur entzündet.273 Danach soll die Fassung dieser Bestimmung aufgrund mangelnder gesetzlicher Autorisation rechtswidrig und damit unwirksam sein. § 13 (e) SEA 1934 ermächtige die SEC lediglich zum Erlass von Vor-schriften, die betrügerische, irreführende oder manipulierende Handlungen im Zusam-menhang mit going private Vorgängen zum Gegenstand haben, eine Ermächtigung zur Regulierung materieller Fairness stelle dies jedoch gerade nicht dar. Dieselben Erwägun-gen, die den Supreme Court in seiner Entscheidung Santa Fe Industries, Inc. v. Green zu einer restriktiven Auslegung von Rule 10b-5 veranlassten, hinderten auch in diesem Falle die Anordnung materieller Fairness durch den Bundesgesetzgeber. Allerdings habe die SEC wegen der zweifelhaften gesetzlichen Grundlage entgegen der ursprünglichen

267 Schedule 13E-3, Item 4-7

268 Schedule 13E-3, Item 7, 14

269 Schedule 13E-3, Item 13, 15

270 Schedule 13E-3, Item 13, 17

271 Schedule 13E-3, Item 8-10

272 Schedule 13E-3, Item 8

273 Zum Folgenden vgl. insb. Note, Regulating Going Private Transactions, 80 Colum.L.Rev., 782, 787 ff. (1980); Gannon, New Going Private Rule, 7 J.Corp.L., 55, 67 f.(1981); Note, Rule 13e-3 and the Going Private Dilemma, Wash.U.L.Q., 883, 911 ff.; Note, Freezeout Merger Regulation, 37 Wash. Lee L.Rev., 964, 984 (1980)

Diskussionsentwürfe274 von Rule 13e-3 auf eine ausdrückliche Anordnung materieller Fairness verzichtet. Die stattdessen aufgenommene Regelung sei jedoch nur formal eine Publizitätsvorschrift, da die Bundesgerichte nach dem Willen der SEC im Streitfall die ma-terielle Fairness zu überprüfen hätten; tatsächlich stelle sie deshalb eine unzulässige indi-rekte Fairnissregelung dar.

Diese von Schedule 13E-3 geforderten Informationen müssen sowohl der SEC als auch den Minderheitsaktionären übermittelt werden und sollen insbesondere die vom Aus-schluss betroffenen Anteilseigner zur Beurteilung der materiellen Fairness der Transaktion befähigen.275

Ergänzt werden die Informationspflichten durch ein Verbot von betrügerischem Verhalten in Zusammenhang mit going privates.276 Bei Verletzung dieser Bestimmung soll den Akti-onären ähnlich wie im Rahmen von § 10 (b) SEA 1934 ein privates Klagerecht gewährt werden.277

c) Nutzen von Rule 13e-3

Rule 13e-3 statuiert damit wichtige Informations- und Publizitätspflichten der Kontroll-mehrheit gegenüber den von einem going private betroffenen Minderheitsaktionären, die für diese mitunter sehr bedeutsam sind im Hinblick auf die meist komplizierte und schwie-rige Entscheidung darüber, ob die angebotenen Bedingungen einen reellen Gegenwert für ihre Beteiligung darstellen, ob im Falle inakzeptabler Bedingungen das appraisal right gel-tend gemacht werden soll oder ob ein einzelstaatliches Gericht wegen Verletzung des Fairnessgebots angerufen werden soll.

Der Nutzen der von Rule 13e-3 angeordneten Publizität besteht daher vorwiegend darin, dass er die hinter dem going private stehende Kontrollmehrheit in eine schwierige Lage versetzt: einerseits muss sie um, den Publizitätspflichten zu genügen, Informationen

274 SEC Release Nr. 5567, 40 Fed.Reg. 7947 (1975); SEC Release Nr. 14185, 42 Fed.Reg. 60.090 (1977)

275 17 C.F.R. § 240.13e-3 (d), (e)

276 17 C.F.R. § 240.13e-3 (b)

277 SEC Release Nr. 34-16075, 44 Fed.Reg. 46736 (1979); Howing v. Nationwide Corp., 826 F.2d 1470 (6th Cir. 1987);

Fisher v. Plessey Co., 559 F.Supp. 442 (S.D.N.Y. 1983); Note, Regulating Going Private Transactions, 80 Colum.

L.Rev., 783, 798 ff. (1980); Gannon, New Going Private Rule, 7 J.Corp.L., 55, 68 ff. (1981)

preisgeben, die von den Minderheitsaktionären in einem sich unter Umständen anschlie-ßenden gerichtlichen Verfahren gegen die Mehrheit selbst verwendet werden können.278 Zum anderen besteht für die Kontrollmehrheit und das Management die Gefahr, dass durch die erzwungene Offenlegung der Konditionen ein unfaires Verhalten gegenüber der Minderheit ans Licht der Öffentlichkeit gelangt. Angesichts des aus einer Negativ-Publicity resultierenden Drucks auf das Management kann dieses auch schon in der Phase der Planung der Transaktion zu einer angemessenen Gestaltung der Bedingungen und fairen Behandlung der Minderheitsaktionäre motiviert werden.

Auch wenn gerade letzterer Gesichtspunkt nicht überschätzt werden sollte, da eine siche-re und klasiche-re Einschätzung der materiellen Fairness durch die Öffentlichkeit häufig auf-grund der Komplexität und Kompliziertheit der Transaktion eingeschränkt sein wird, recht-fertigen die für die Minderheitsaktionäre sonstigen positiven Effekte den für die Unter-nehmen mit der Einhaltung von Rule 13e-3 verbundenen zusätzlichen organisatorischen und finanziellen Aufwand.