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C. Schutzinstrumente der Minderheitsaktionäre gegen einen Freeze-out

II. Bundesrecht

1. Überblick über das Federal Securities Law

Die Existenz eines eigenständigen federal securities law mit seinen auch für den Aus-schluss von Aktionären bedeutsamen Ausprägungen ist das Produkt einer Entwicklung, in der der Bund und die Einzelstaaten im Laufe des 20. Jahrhunderts neben den

179 Das Verfassungsrecht spielt im Hinblick auf den Schutz von Minderheitsaktionären bei der Beurteilung von

Ausschlussvorgängen eine nur noch untergeordnete Rolle. Der Beitrag des Verfassungsrechts wurde nach und nach auf das aus der „Contract Clause“ und „Due Process Clause“ fließende Willkürverbot reduziert, aus welchem auch das allgemeine Fairnessgebot abgeleitet wird. Das Gebot der Fairness gegenüber Minderheitsaktionären ergibt sich jedoch breits aus dem einfachen Gesellschaftsrecht, weshalb auch eine Verlagerung der Problematik auf das sich schon tradi-tionell mit der Ausprägung des Fairnissgebots zwischen Mehrheitsaktionär, Management und Minderheit befasste ein-zelstaatliche Gesellschaftsrecht stattgefunden hat. Seit der Einschränkung der insbesondere auf dem „Dartmouth Col-lege Case“ aufbauenden Vertragstheorie durch die Aufnahme der sog. „reserved power“-Bestimmungen in die einzel-staatlichen Aktiengesetze und der Aufgabe bzw. Aufweichung der „vested right doctrine“ wird deshalb auch von den Ge-richten heutzutage bei der Beurteilung von Ausschlussvorgängen kaum jemals auf das Verfassungsrecht zurückgegrif-fen. Zum Ganzen vgl. v. Falkenhausen, Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft, S. 125 ff, Seiler, „Free-zeout“ von Minderheitsaktionären, S. 74 ff., jeweils m.w.N.

180 Daneben besteht natürlich für den Minderheitsaktionär – wie für alle Aktionäre – die Möglichkeit, eine Klage auf die Ver- letzung von § 14 (a) SEA 1934 in Verbindung mit den dazu von der SEC erlassenen proxy-rules zu stützen. Ein eigenes Klagerecht ist zwar von § 14 (a) SEA 1934 nicht ausdrücklich vorgesehen, um jedoch das gesetzgeberische Ziel eines wirksamen Investorenschutzes zu verwirklichen, wird ein Privatklagerecht für die Aktionäre von der Rechtsprechung anerkannt, vgl. J. I. Case v. Borak, 377 U.S. 426, 84 S.Ct. 1555 (1964); Henn/Alexander, Corporations, S. 527 m.w.N.

Für den Fall, dass die Aktionäre der verschmolzenen Gesellschaft für ihre Altaktien Wertpapiere der überlebenden Ge-sellschaft erhalten,eröffnet sich bei Verletzung der Registrierungsvorschriften des SA 1933 (vgl. insbesondere § 5 SA 1933) darüber hinaus die Möglichkeit einer auf § 11 SA 1933 gestützten Schadensersatzklage gegen den Emittenten, die directors des Emittenten und die Emissionsbank.

setzen zahlreiche Gesetze zum Schutz des Kapitalanlegers geschaffen haben.181 Resul-tierend daraus bestehen insbesondere für die Ausgabe und den Handel mit Wertpapieren sehr weitgehende, detaillierte und strenge Bestimmungen sowohl in der Form von Bun-desgesetzen182 als auch aufgrund einzelstaatlicher gesetzlicher Regelungen (sog. „blue sky laws“)183 und der auf Grundlage dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften (securities laws und securities regulations).

Nach und nach entstand hieraus sowohl auf Einzelstaats - wie auch auf Bundesebene ein umfassendes Wertpapier- und Kapitalmarktrecht das unter Industrieländern als vorbildlich angesehen wird.184

Die wesentlichsten wertpapierrechtlichen Schutzvorschriften für Kapitalanleger, die insbe-sondere auch bei der Beurteilung von Ausschlussvorgängen relevant werden sind im Se-curities Act von 1933 (SA 1933)185 und im Securities Exchange Act von 1934 (SEA 1934)186 sowie in den darauf bassierenden Rechtsverordnungen geregelt.

Die Durchführung dieser und anderer Bundesgesetze zur Regelung des öffentlichen Kapi-talmarktes und des Handels mit Wertpapieren hat der Kongress der Securities Exchange Commission (SEC), einer Bundesoberbehörde mit Sitz in Washington, übertragen, die er zu diesem Zweck mit weitreichenden legislativen, judikativen und administrativen Befug-nissen ausgestattet hat.187

181 Eine Darstellung der Entwicklung der securities regulation geben z.B.: Loss/Seligman, Securities Regulation I, S. 1 ff.;

Cox/Hazen/O´Neal, Corporations, S. 694 f.; Conard, An Overview of the Laws of Corporations, 71 Mich.L.Rev., 623, 658 ff. (1973)

182 Vgl. u.a. den Securities Act 1933 (15 U.S.C. §§ 77 a – 77 aa), den Securities Exchange Act 1934 (15 U.S.C.

§§ 78a – 78jj), den Public Utility Holding Company Act 1935 (15 U.S.C. §§ 79 – 79z-6), den Trust Indenture Act 1939 (15 U.S.C. §§ 77aaa – 77bbb), den Investment Company Act 1940 (15 U.S.C. §§ 80a-1 – 80a-64), den Investment Ad-visors Act 1940 (15 U.S.C. §§ 80b-1 – 80b-21)

183 Vgl. z. B. §§ 25100 ff. Cal.Corp.Code; §§ 1600 ff. N.Y.Bus.Corp.L.; ausführlich Loss/Seligman, Securities Regulation I, S. 60 ff.; siehe auch Choper/Coffee/Gilson, Cases and Materials on Corporations, S. 310 f. - die Herkunft des Begriffes

"blue sky laws" wird auf S. 306 erläutert; Cox/Hazen/O´Neal, Corporations, S. 692 f.; Henn/Alexander, The Laws of Corporations, S. 844, 845, 847; Jennings, The Role of the States in Corporate Regulation and Investor Protection, 23 Law & Contemp. Probl., 193, 207 f. (1958)

184 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S. 482, 487

185 15 U.S.C. §§ 77a – 77aa

186 15 U.S.C. §§ 78a – 78jj

187 15 U.S.C. § 78d (§ 4 SEA 1934); ausführlich Loss/Seligman, Securities Regulation I, S. 285 ff.; vgl. auch Wolfson, A Critique of the Securities and Exchange Commission, 30 Emory L.J., 119 (1981); Cary, Administrative Agencies and the Securities Exchange Commission, 29 Law and Contemp. Prob., 653 (1964)

a) Securities Act 1933 (SA 1933)

Der Securities Act 1933, dessen Verabschiedung auf die Erfahrungen der schweren De-pression mit dem Börsencrash des Jahres 1929 zurückzuführen ist und insbesondere das Vertrauen von Investoren in die Durchsichtigkeit und Zuverlässigkeit der Kapitalmärkte si-cherstellen wollte, regelt in erster Linie die Emission von Wertpapieren. Er schreibt dem-zufolge umfangreiche Publizitätspflichten im Hinblick auf alle erheblichen Informationen bei der Ausgabe von Wertpapieren an die allgemeine Öffentlichkeit vor.188

Publizität wird unter anderem dadurch erreicht, dass die Anbieter von Wertpapieren und die von den Anbietern als Emissionsunternehmen (underwriter) eingeschalteten Invest-mentbanken vor dem Verkauf der betreffenden Wertpapiere ausführliche und detaillierte Informationen über das Wertpapier in einem der Öffentlickeit zur Einsichtnahme zur Ver-fügung stehenden registration statement (Zulassung) bei der SEC einreichen müssen;189 zuvor ist jegliche Art von Angebot oder Werbung für die zu verkaufenden Wertpapiere un-tersagt.190 Die SEC überprüft diese Angaben auf Vollständigkeit und Eindeutigkeit, nicht jedoch auf ihre Ausgewogenheit und Fairness aus Sicht der Anleger. Diese Informationen müssen darüberhinaus auch in einem (Gründungs-)Prospekt (prospectus) enthalten sein, der den Anlegern vor dem Kauf der Papiere vom underwriter übergeben werden muss.191 Bei Verstößen gegen die Registrierungs- und Publizitätserfordernisse sind sowohl zivil-rechtliche Sanktionen in Form eines Rücktrittsrechts für den Käufer als auch strafrechtli-che und verwaltungsrechtlistrafrechtli-che Sanktionen (durch die SEC) vorgesehen.192

Neben den Publizitätsvorschriften sind im SA 1933 auch Bestimmungen enthalten, durch welche Manipulationen und betrügerische Massnahmen bei der Ausgabe von Wertpapie-ren verhindert werden sollen (anti-fraud provisions).193 Diese sehen zivil- und strafrechtli-che Sanktionen für falsstrafrechtli-che, irreführende oder unvollständige Angaben im Zusammenhang mit dem Angebot und Verkauf von Wertpapieren vor.194

188 Hierzu und zum folgenden vgl. Choper/Coffee/Gilson, Cases and Materials on Corporations, S. 306 f.;

Cox/Hazen/O´Neal, Corporations, S. 695 m.w.N.; Conard, An Overview of the Laws of Corporations, 71 Mich.L.Rev., 623, 657 ff. (1973); Henn/Alexander, Corporations, S. 796 ff.; Cohen, Truth in Securities Revisited, 79 Harv.L.Rev., 1340 (1966); zur Anwendung des SA 1933 ausführlich Loss/Seligman, Securities Regulation II, S. 867 ff., III, S. 1139 ff.

189 § 5 (a) SA 1933, 15 U.S.C. § 77e (a)

190 § 5 (a)-(c) SA 1933, 15 U.S.C. § 77e (a)-(c)

191 § 10 (a) SA 1933, 15 U.S.C. § 77j (a)

192 § 12 (1) SA 1933, 15 U.S.C. § 77l (1); §§ 8 (b), (d) SA 1933, 15 U.S.C. § 77h (b), (d); vgl. auch §§ 5, 24 SA 1933, 15 U.S.C. § 77e und x

193 § 11 SA 1933, 15 U.S.C. § 77k; § 17 SA 1933, 15 U.S.C. § 77q

194 § 11 SA 1933, 15 U.S.C. § 77k

Aus einem Verstoß gegen SA 1933 resultierende zivilrechtliche Ansprüche können sowohl vor den Bundesgerichten, als auch vor den Gerichten der Einzelstaaten geltend gemacht werden.195

b) Securities Exchange Act 1934 (SEA 1934)

Im Gegensatz zum SA 1933 regelt der Securities Exchange Act 1934 nicht die Emission, sondern den Handel mit Wertpapieren an den Börsen, wodurch eine Börsenaufsicht er-möglicht wird.196 Das Gesetz erstreckt die Publizitätsphilosophie des SA 1933 auch auf die Phase nach der Erstausgabe und sieht für Gesellschaften, deren Wertpapiere entwe-der an öffentlichen Wertpapierbörsen197 oder im freien Verkehr (sog. over-the-counter) gehandelt werden, soweit ihr Aktienkapital US $ 10 000 000 und die Zahl ihrer Aktionäre 500 übersteigt198, die Einreichung eines weiteren registration statement (Zulassung) bei der SEC sowie die regelmäßige Information der SEC und der Öffentlickeit in ähnlichem Umfang wie bei der Erstemission vor.199

Der SEA 1934 enthält außerdem detaillierte Regeln zur Kontrolle der seitens des Verwal-tungsrates an die Aktionäre gerichteten Werbung um Stimmrechtsvollmachten.200 Die von den auf Grundlage des § 14 (a) SEA 1934 erlassenen proxy-rules201 geregelte proxy-Werbung ist danach nur dann zulässig, wenn den umworbenen Anlegern umfangreiche von der SEC geprüfte Informationen im Hinblick auf den Hintergrund der jeweils zur Ab-stimmung gestellten Beschlüsse und deren wirtschaftliche Auswirkungen offengelegt wer-den.

Ein weiterer bedeutsamer Teil des SEA 1934 beschäftigt sich mit der Kontrolle des sog.

insider trading.202 Zu einer sehr wirksamen Beschränkung solcher Insidergeschäfte trägt u.a. jene Bestimmung bei, die vorsieht, dass alle innerhalb von 6 Monaten erzielten

195 § 22 SA 1933, 15 U.S.C. § 77v

196 § 6 SEA 1934, 15 U.S.C. § 78f; §§ 15, 15a SEA 1934, 15 U.S.C. §§ 78o, 78o-3; vgl. hierzu und zum folgenden auch Choper/Coffee/Gilson, Cases and Materials on Corporations, S. 309 f.; Cox/Hazen/O´Neal, Corporations, S. 707 f.

m.w.N.; Cohen, Truth in Securities Revisited, 79 Harv.L.Rev., 1340 (1966); Loss/Seligman, Securiries Regulation I, S. 228, 229

197 § 12 (a) SEA 1934, 15 U.S.C. § 78l (a)

198 § 12 (g) SEA 1934, 15 U.S.C. § 78 l (g) (1); Zur Bestimmung des erforderlichen Aktienkapitals siehe 17 C.F.R.

§ 240.12 g-l

199 § 13 (a) SEA 1934, 15 U.S.C. § 78m (a); zu den erforderlichen Angaben siehe § 12 (a) SEA 1934, 15 U.S.C. § 78 l (b)

200 § 14 SEA 1934, 15 U.S.C § 78 (n)

201 14 A SEC Regulation, 17 C.F.R. §§ 240.14a-1 ff., insb. die SEC Rules 14a-3, 14a-6, 14a-7, 14a-8, 17 C.F.R.

§§ 240.14a-3, 240.14a-6, 240.14a-7, 240.14a-8

202 § 10 (b) SEA 1934, 15 U.S.C. § 78j (b)

gewinne (short-swing profits) der directors, officers und Aktionäre mit einem Mindestkapi-tal von 10% an die Gesellschaft abgeführt werden müssen, gleichgültig, ob die Gewinne aus der Ausnutzung von Insiderinformationen resultieren oder nicht.203

Eine Ergänzung zu dieser Insiderkontrolle stellt Section 10 (b) SEA 1934204 und die auf dieser Vorschrift bassierende Rechtsverordnung 10b-5205 dar, die im Jahre 1942 von der SEC erlassen wurde.206