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D. Gesamtbetrachtung

V. Verschmelzung, §§ 2 ff. UmwG

Das rechtstechnische Gegenstück zum US-amerikanischen statutory merger, ist die in §§

2 ff. UmwG geregelte Verschmelzung. Danach kann das gesamte Vermögen eines Rechtsträgers bzw. mehrerer Rechtsträger auf eine schon bestehende Gesellschaft (Ver-schmelzung durch Aufnahme) oder eine neu gegründete "newco" (Ver(Ver-schmelzung durch Neugründung) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Auflösung ohne Abwicklung übertragen werden, § 2 UmwG. Die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers führt zum Erlöschen der übertragenden Ge-sellschaft (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) und damit auch zu einem automatischen Delisting von der Börse565.

1. Voraussetzungen

Der erforderliche Verschmelzungsvertrag (§§ 4 - 8 UmwG), mit dem die Pflicht zur Erstat-tung eines Verschmelzungsberichts (§ 8 UmwG) und Prüfung der Verschmelzung ( §§

9 - 12 UmwG) einhergeht, bedarf der Zustimmung der Anteilseigner durch einen in einer Versammlung gefassten Beschluss (§ 13 Abs. 1 UmwG), wobei § 65 Abs. 1 UmwG bei Beteiligung von Aktiengesellschaften an der Verschmelzung eine Mehrheit von drei Vier-teln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals verlangt.

564 Than in: FS Claussen, S. 405, 419 f.; Kossmann, NZG 1999, 1198, 1200, 1201; Kühn, BB 1992, 291, 296, 297

565 Aufgrund dessen ist die Verschmelzung auf eine nicht börsennotierte Erwerbergesellschaft (sog. going private merger) eine der am häufigsten angewandten going private-Techniken, und eine gangbare Alternative zum formellen Delisting, vgl. Richard/Weinheimer, BB 1999, 1613, 1615; Steck, AG 1998, 460, 462; Land/Hasselbach, DB 2000, 557, 558 f.

Der im Hinblick auf einen Ausschluss von Aktionären alles entscheidende Unterschied zum US-amerikanischen merger-Verfahren besteht darin, dass den verbleibenden Min-derheitsaktionären gemäß § 2 UmwG im Zuge der Verschmelzung für ihre Aktien an der übertragenden Gesellschaft zwingend Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft gewährt werden müssen. Ebenso wie im Rahmen der Eingliederung steht dem Minderheitsaktio-när also auch für den Fall der Verschmelzung ein Anspruch auf Beteiligung an der entste-henden Vermögensmasse zu.

Das hierbei festzulegende Umtauschverhältnis muss gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwG angemessen sein,566 was durch ein Testat eines Verschmelzungsprüfers zu bestätigen ist.567 Je nach Verhältnis der Werte der verschmolzenen Vermögensmassen zum Ge-samtwert der entstehenden Vermögensmasse müssen sich die Minderheitsaktionäre da-bei mit einem Rückgang ihrer prozentualen Beteiligungsquote abfinden.

Eine Abfindung in Bargeld (cash-out merger) oder anderen Wertpapieren (debt-merger), wie z.B. Schuldverschreibungen (debentures, bonds) und rückkaufbare Vorzugsaktien (redeemable prefered stock), mit denen wie im US-amerikanischen merger-Verfahren568 ein Ausschluss der Minderheit herbeigeführt werden könnte, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 UmwG somit nicht möglich. Ebenso schließt es § 2 UmwG aus, dass im Rahmen einer Verschmelzung den Aktionären der übertragenden Gesellschaft statt Aktien der aufnehmenden Gesellschaft Aktien einer dritten Gesellschaft, etwa der Mutter der aufnehmenden Gesellschaft, geboten werden. Aus diesem Grund sowie im Hinblick auf § 71 d AktG, wonach eine Tochter der Erwerbergesellschaft keine Aktien an ihrer Mutter er-werben kann, um sie der aufzunehmenden Gesellschaft oder deren Aktionären im Aus-tausch gegen deren Aktien anzubieten, sind sowohl der „forward triangular merger“ als auch der „reverse triangular merger“ nach deutschem Recht nicht möglich.569

566 Zur Ermittlung des angemessenen Umtauschverhältnisses siehe Lutter, UmwG, § 5, Rnr. 23 f; Bermel/Hannappel, in:

Goutier/Knopf/Tulloch, Umwandlungsrecht, § 5, Rnr. 11 ff.; Kallmeyer, UmwG, § 8, Rnr. 10; Streitig ist hierbei insbeson-dere, ob und inwieweit bei der Bemessung des Umtauschverhältnisses zu berücksichtigen ist, dass die Anteile an einer nicht börsennotierten Gesellschaft aufgrund ihrer eingeschränkten Fungibilität weniger wert sind, die Aktionäre mithin also trotz eines rechnerisch exakten Umtausches ihrer Anteile an der übertragenden Gesellschaft in Anteile an der auf-nehmenden Gesellschaft einen Verlust erleiden, vgl. Steck, AG 1998, 460, 463, 464 mit Vorschlägen zur Ermittlung des Fungibilitätsausgleichs; bejahend auch Richard/Weinheimer, BB 1999, 1613, 1617; ablehnend demgegenüber z.B.

Land/Hasselbach, DB 2000, 557, 559

567 Hannapel, in: Goutier/Knopf/Tulloch, Umwandlungsrecht, § 12, Rnr. 3 f.; Kallmeyer, UmwG, § 12, Rnr. 9

568 Vgl. hierzu oben, 2. Teil, B. IV., 1., 3. a), b)

569 Zum US-amerikanischen Recht vgl. oben, 2. Teil, 3, IV, 2.

Für den Fall der Verschmelzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine Gesell-schaft mit anderer Rechtsform sowie bei bestehenden Verfügungsbeschränkungen für die Anteile des übernehmenden Rechtsträgers (insbesondere vinkulierte Namensaktien) muss den widersprechenden Aktionären gemäß § 29 Abs. 1, Satz 1, 2 UmwG zwar ein angemessenes Barabfindungsangebot unterbreitet und damit eine auch in der Regel fi-nanziell reizvolle Ausstiegsmöglichkeit angeboten werden. Erscheint den Anteilseignern das Barabfindungsangebot jedoch als zu niedrig, so steht ihnen gemäß § 34 UmwG die Möglichkeit einer Überprüfung der Abfindung durch das zuständige Landgericht (§ 306 UmwG) offen; die Erhebung einer Unwirksamkeitsklage gegen den Verschmelzungsbe-schluss hingegen ist nach § 32 UmwG ausgeschlossen.

Das Barangebot nach § 29 UmwG führt jedoch nicht zu einem unfreiwilligen Ausscheiden des Aktionärs aus der Gesellschaft. Es steht dem Aktionär vielmehr frei, dieses Angebot anzunehmen oder mit seinen nach dem Umtauschverhältnis bestimmten Anteilen in der übernehmenden Gesellschaft zu verbleiben.

2. Folgerungen

Die Verschmelzung bietet den Vorzug, dass die Geschäftstätigkeit der Ziel-AG vollständig übernommen wird. Das Vermögen der übertragenden AG erlischt und geht gemäß § 20 UmwG auf die Erwerbergesellschaft über.

Dennoch kommt es in der übernehmenden Gesellschaft zu einem Verbleib der ursprüngli-chen Minderheitsaktionäre, sofern sich diese nicht zu einem freiwilligen Ausscheiden ent-schließen. Aber auch im Falle eines freiwilligen Ausscheidens bei Annahme des Barabfin-dungsangebots herrscht weiterhin eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich etwaiger Nach-zahlungsverpflichtungen infolge einer womöglich unangemessenen Abfindung.

Ein zwangsweiser Ausschluss von Minderheitsaktionären gegen Barabfindung kann dem-nach - im Gegensatz zum US-amerikanischen Recht mit dem dort zur Verfügung stehen-den cash-out merger - mit dem deutschen Umwandlungsinstrument der Verschmelzung nicht zu bewerkstelligen.