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H. Staatliche Kodizes für staatliche Unternehmen – Der Public Corporate Governance-

I. Zusammenfassung

1. In der Vergangenheit wurden eine Vielzahl verschiedener Corporate Governance Kodizes aufgestellt, die bei der Verbesserung der Unternehmensführung eine Anleitung geben sollen.

Sie wurden auf ihre Anwendbarkeit durch die GmbH untersucht:

a) Die OECD-Grundsätze der Corporate Governance dienen primär der Unterstützung von OECD-Staaten und Nicht-OECD-Staaten bei der Aufstellung nationaler Corporate Gover-nance-Standards. GmbH können dem Adressatenkreis dieser Grundsätze unterfallen. Da jedoch bereits der DCGK auf nationaler Ebene besteht, bedarf die GmbH nicht des Rück-griffs auf die OECD-Grundsätze der Corporate Governance.

b) Der DCGK nimmt eine Sonderstellung unter den Kodizes ein, da er durch § 161 AktG mittelbare gesetzliche Verankerung erfahren hat und Einfluss auf die Inhalte der Entspre-chenserklärung nimmt. Er richtet sich primär an „börsennotierte Gesellschaften“154. Der sekundäre Adressatenkreis des Kodexes erfasst sämtliche GmbH. Die Prüfung hat ergeben, dass von dem DCGK allenfalls ein faktischer Zwang für eine Umsetzung ausgeht; eine rechtliche Verbindlichkeit des DCGK besteht hingegen nicht. Die Zweifel an der Verfas-sungsmäßigkeit des Kodexes konnten ausgeräumt und eine daraus folgende Nichtigkeit ver-neint werden.

c) Da der Adressatenkreis des Governance Kodex für Familienunternehmen sich nicht auf bestimmte Rechtsformen beschränkt, ist auch die GmbH, wenn deren Gesellschafter zuei-nander in familiärer Beziehung stehen, Adressatin dieses Kodexes. Da GmbH häufig Fami-lienunternehmen sind, kann eine Anwendung dieses Kodexes für die GmbH sinnvoll sein.

Allerdings ist der Kodex, da er nicht rechtsformspezifisch ist, in vielen Bereichen wenig konkret und kann Rechte und Pflichten von Gesellschaftsorganen der GmbH nicht detailliert beschreiben. Auf die rechtsformspezifischen Problemfelder der GmbH wie z. B. den Gläubi-gerschutz geht der Kodex nicht ein. Für GmbH, die keine Familienunternehmen sind, ist seine Anwendung nicht sinnvoll. Vom Governance Kodex für Familienunternehmen geht keine rechtliche Verbindlichkeit aus. Seine Anwendung ist freiwillig.

d) Als Adressaten des Derivate-Kodexes kommen Emittenten von Derivaten in Betracht. Da dies insb. Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute sind, die nicht dem Zwang unter-liegen, in einer bestimmten Rechtsform organisiert zu sein, können dies auch GmbH sein.

Der Derivate-Kodex kann somit auch auf GmbH Anwendung finden, wenngleich die über-wiegende Zahl der GmbH mangels Emission von Derivaten nicht dem Adressatenkreis unterfällt. Der Kodex ist rechtlich unverbindlich.

e) Zum Adressatenkreis des Corporate Governance-Kodex für Asset Management-Gesellschaften gehören insb. Kapitalanlagegesellschaften und Investmentaktiengesellschaf-ten. Da Kapitalanlagegesellschaften auch in der Rechtsform der GmbH geführt werden kön-nen, ist auch die GmbH Adressatin des Kodexes. Für die Vielzahl der GmbH kann eine An-wendbarkeit des Kodexes jedoch ausgeschlossen werden. Der Kodex gibt teilweise gesetzli-che Bestimmungen wieder, er selbst ist jedoch unverbindlich.

154 S. Präambel Abs. 1 S. 1 DCGK.

f) Primäre Adressaten des Corporate Governance Kodex der deutschen Immobilienwirt-schaft sind börsennotierte und zur künftigen Börsennotierung vorgesehene Immobilienak-tiengesellschaften. Da der sekundäre Adressatenkreis sämtliche andere Unternehmensformen erfasst, unterfällt ihm auch die GmbH, sofern sie im Immobiliengeschäft tätig ist. Letzteres ist jedoch bei den meisten GmbH abzulehnen. Der Kodex hat keine rechtliche Verbindlich-keit.

g) Die OECD-Guidelines on Corporate Governance of Stateowned Enterprises richten sich primär an OECD-Staaten und Nicht-OECD-Staaten zur Aufstellung nationaler Corporate Governance-Vorschriften für staatliche Unternehmen. Diese Guidelines erfassen ausdrück-lich auch nicht-börsennotierte staatausdrück-liche Unternehmen. Somit gehören auch die wenigen GmbH mit staatlicher Beteiligung zu ihrem Adressatenkreis. Eine rechtliche Verbindlichkeit geht von diesen OECD-Guidelines ebenfalls nicht aus.

h) Der PCGK des Bundes richtet sich primär an Kapitalgesellschaften, sofern der Bund an diesen mehrheitlich beteiligt ist. GmbH können somit seinem primären Adressatenkreis unterfallen. Mangels einer Beteiligung des Bundes an den meisten GmbH, gehören die we-nigsten GmbH jedoch zu seinem primären Adressatenkreis. Da die Beachtung des Kodexes auch juristischen Personen des Privatrechts empfohlen wird, an denen der Bund nicht mehr-heitlich beteiligt ist, gehört die GmbH auch zum sekundären Adressatenkreis des Kodexes.

Eine rechtliche Verbindlichkeit geht vom PCGK nicht aus.

2. Fazit: Es ist anzunehmen, dass ein Kodex nur dann zur grundsätzlichen Verbesserung der Corporate Governance und zur Lösung der Probleme bei der Rechtsform GmbH beitragen kann, wenn sein Adressatenkreis die typische GmbH und somit möglichst viele GmbH er-fasst. Die meisten der untersuchten Kodizes betreffen GmbH nur unter bestimmten Voraus-setzungen, die bei der überwiegenden Zahl der GmbH nicht vorliegen. Sie sind daher bei der Problemlösung der GmbH nur bedingt hilfreich. Eine Ausnahme bilden der DCGK und der Governance Kodex für Familienunternehmen. Während der sekundäre Adressatenkreis des DCGK sämtliche GmbH erfasst; unterfallen dem Corporate Governance Kodex für Fami-lienunternehmen zwar nicht alle jedoch die überwiegende Zahl der GmbH.

Beide Kodizes kommen daher aufgrund ihres Adressatenkreises zur Verbesserung der Cor-porate Governance der GmbH und zu deren Problemlösung in Betracht. Allerdings greift der Corporate Governance Kodex für Familienunternehmen nur die Probleme auf, die vorwie-gend bei Familienunternehmen bestehen. Der übrige Teil der GmbH wird von ihm gerade nicht erfasst. Darüber hinaus kommt diesem Kodex in Literatur und Rechtsprechung weit weniger Beachtung zu als dies bezüglich des DCGK der Fall ist, da er von einer privaten Initiative und nicht wie Letzterer von einer Regierungskommission entwickelt wurde und zudem im Gegensatz zum DCGK nicht gesetzlich verankert ist. Ferner ist der Corporate Go-vernance Kodex für Familienunternehmen nicht rechtsformspezifisch, so dass er auch keine rechtsformspezifischen Regelungen enthält. Der sekundäre Adressatenkreis des DCGK ist zwar ebenfalls nicht auf bestimmte Rechtsformen beschränkt, aber sein primärer Adressa-tenkreis richtet sich vor allem an börsennotierte AG als Kapitalgesellschaften. Es ist daher möglich, dass die GmbH als Kapitalgesellschaft ebenfalls von diesen Regelungen profitieren kann. In der Folge soll überprüft werden, ob die Anwendung des DCGK als bedeutsamster der deutschen Kodizes für die GmbH sinnvoll ist und somit zu einer Verbesserung ihrer

Corporate Governance und damit als wirkungsvolle Problemlösungsstrategie eingesetzt wer-den kann.

§ 5 DER DEUTSCHE CORPORATE GOVERNANCE KODEX ALS MITTEL ZUR PROBLEMLÖSUNG BEI DER GMBH

Nach einer Studie, in der die Entsprechenserklärungen von Unternehmen im General Stan-dard und im DAX ausgewertet wurden, setzten diese die Empfehlungen des DCGK bereits zu 75,5 % bzw. 95,7 % um.1

Untersuchungen zur Kodexakzeptanz bei GmbH sind demgegenüber bislang mangels obliga-torischer Entsprechenserklärung nicht durchgeführt worden. Es liegt zudem die Vermutung nahe, dass auch freiwillige Entsprechenserklärungen bei der GmbH bislang die Ausnahme bilden. Diese Vermutung fußt auf der Annahme, dass es sich bei der Kodexanwendung um Neuland handelt und das Betreten dieses unbekannten Terrains für die GmbH mit einer Rei-he von ungeklärten Fragen verknüpft ist. Diese Fragen beruRei-hen insbesondere auf der Tatsa-che, dass die primäre Kodexadressatin nicht die GmbH, sondern die AG ist.

Ein Geschäftsführer, der sich für die Kodexanwendung einer GmbH interessiert, muss sich zunächst Klarheit darüber verschaffen, welche Unterschiede die Rechtsform GmbH gegen-über der der AG aufweist und inwiefern sich diese Unterschiede bei der Kodexanwendung auswirken. Sodann stellt sich für ihn die Frage, inwiefern die für die AG geltende Untertei-lung der KodexregeUntertei-lungen in gesetzliche Vorschriften, EmpfehUntertei-lungen und Anregungen auch für GmbH gilt und welche Konsequenzen sich daraus bei der Kodexanwendung für die GmbH ergeben.

Hat ein GmbH-Geschäftsführer diese grundsätzlichen Fragen geklärt, wird er sich dem Pro-blem widmen, wie die einzelnen Kodexregelungen von der GmbH anzuwenden sind, wobei er sich über den Inhalt, die Bedeutung und die Anwendbarkeit der einzelnen Regelungen durch die GmbH unter Berücksichtigung der geltenden Rechtslage informieren muss. Ein weiterer, wichtiger Gesichtspunkt, den er in seine Überlegungen einbeziehen muss, ist der Sinn oder Unsinn der Anwendung der einzelnen Regelungen, bei der Abgabe einer freiwilli-gen Entsprechenserklärung und die mit ihr verbundenen Haftungsrisiken. Erst wenn er all diese Fragen geklärt hat, kann ein Geschäftsführer sich für oder gegen eine Umsetzung des Kodexes in der GmbH entscheiden und sich der konkreten Umsetzung widmen. Da einem durchschnittlichen Geschäftsführer die Beantwortung der genannten Fragen nahezu unmög-lich sein dürfte, sollen sie im Folgenden näher betrachtet werden:

1 Werder, v./ Talaulicar, DB 2007, 869, 875; s. auch dies., DB 2006, 849, 855, zu den Werten des Vorjahres von 69,1 % im General Standard und 95,3 % im DAX; Dass die Inhalte der Entsprechenserklärung jedoch nicht mit der tatsächlichen Unternehmenspraxis übereinstimmen haben Arnsfeld und Growe bewiesen, s. dies., Fi-nanz Betrieb, 8. Jg. 2006, 715 ff. ; Zum Begriff der Empfehlung siehe oben S. 96 ff.

A. Unterschiede bei AG und GmbH und ihre Relevanz bei der