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Fehler bzw. bewusst schädigende Handlungen der Geschäftsführer und insb. der

B. Adressatenkreis, Inhalte und Verhältnismäßigkeit einer dem § 161 AktG

III. Fehler bzw. bewusst schädigende Handlungen der Geschäftsführer und insb. der

form mit der GmbH in Augenhöhe stehen, da für sie kein Mindestkapital von 120.000 € wie für die SE, sondern lediglich von 10.000,- € notwendig sein wird. Erschwerend kommt für die GmbH hinzu, dass die EPG im Wirtschaftsverkehr flexibel ausgestaltet werden soll, in-dem sie zum einen aus bereits bestehenden Gesellschaften oder infolge einer Verschmelzung von Gesellschaften gegründet werden kann und ihr verschiedene Umwandlungsmöglichkei-ten zur Verfügung stehen sollen.77

III. Fehler bzw. bewusst schädigende Handlungen der Geschäftsführer und insb. der

normalem Geschäftsverlauf mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lässt.“80 Eine solche Unterkapitalisierung hat jedoch in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte in keiner Entscheidung zu einer Durchgriffshaftung gemäß §§ 128, 129 HGB analog bei der GmbH geführt.81 In seinem GAMMA-Urteil vom 28.04.2008 lehnte der II. Zivilsenat eine solche eindeutig ab82 und erklärte, eine unzureichende finanzielle Ausstattung einer GmbH sei einem existenzvernichtenden Eingriff 83 nicht gleichzusetzen.84 Begründet hat der BGH dies damit, dass der Gesetzgeber eine ausreichende Kapitalausstattung nicht vorgeschrieben ha-be.85 Selbst wenn nur ein Teil des Stammkapitals eingezahlt werde, führe dies nicht zu einer Durchgriffshaftung.86 Stattdessen zog der BGH eine Haftung wegen qualifizierter materieller Unterkapitalisierung ausschließlich bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen des

§ 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung in Betracht.87 Dies bedeutet freilich, dass hin-sichtlich des subjektiven Tatbestandes ein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden muss,88 wobei die Rechtsprechung einen dolosen Vorsatz bereits aus dem Vorliegen des objektiven Tatbestandes folgert.89 Der BGH hat die unter dem Schlagwort „Aschenputtel-GmbH“ be-handelte Konstellation ausdrücklich nicht dem existenzvernichtenden Eingriff zugeordnet.90 Bei dieser werden der GmbH von Anfang an alle Risiken aber keine Ertragschancen zuge-wiesen. Richtigerweise ist sie als Unterfall der materiellen Unterkapitalisierung zu behan-deln.91

2. Vermögens- und Sphärenvermischung

Des Weiteren entschied der BGH im Jahre 1985 erstmals, dass die für eine Vermögensvermi-schung verantwortlichen Gesellschafter sich nicht auf das Prinzip der Vermögenstrennung zwischen Privat- und Gesellschaftsvermögen berufen können und mit ihrem Privatvermögen

80 BAG ZIP 1999, 878, 879; ebenso Pentz in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff GmbHG § 13 Rdn. 135.

81 BGHZ 68, 312, 315 = NJW 1977, 1449 (Typenhaus); BGH NJW 1979, 2104; NJW-RR 1991, 1312; BAG ZIP 1999, 24; BAG ZIP 1999, 878 ff.; hinsichtlich materieller Unterkapitalisierung offengelassen BSG NJW 1984, 2117, 2119; s. aber zum Vereinsrecht, wo eine Durchgriffshaftung bejaht wurde: BGHZ 54, 222, 224 ff.

= NJW 1970, 2015; demgegenüber hat ein Teil der Literatur bislang einen Haftungsdurchgriff für den Fall einer qualifizierten Unterkapitalisierung befürwortet, s. Lutter/ Hommelhoff GmbHG § 13 Rdn. 10; Roth/ Alt-meppen GmbHG § 13 Rdn. 122.

82 BGH WM 2008, 1220 ff. (GAMMA) = BGHZ 176, 204 ff. = NZG 2008, 547 ff.

83 Siehe unten S. 59 f.

84 BGH WM 2008, 1220, 1222; Veil, NJW 2008, 3264, 3265; Weller, ZIP 2007, 1681, 1684; Osterloh-Konrad (ZHR) 2008, 274, 283; a. A. Roth/ Altmeppen GmbHG § 13 Rdn. 93 m. v. w. Nw.

85 BGH WM 2008, 1220, 1223; BGHZ 90, 381, 390; ebenso Lutter/ Hommelhoff, GmbHG § 13 Rdn. 11; s. a.

Spindler, JZ 2006, 839, 842.

86 So BAG ZIP 1999, 878, 879.

87 BGH WM 2008, 1220, 1224 f.; Veil, NJW 2008, 3264, 3266.

88 BAG ZIP 1999, 878, s. Anm. Altmeppen S. 882.

89 BGH NJW 1979, 2104; NJW-RR 1988, 1181 f.; NJW-RR 1991, 1312.

90 BGH WM 2008, 1220, 1222; Habersack, ZGR 2008, 533, 544.

91 Vgl. BGH WM 2008, 1220, 1222, 1223 ff.

aus §§ 128 f. HGB analog haften.92 Eine Vermögensvermischung ist gegeben, wenn die Trennung zwischen dem Gesellschafts- und dem Privatvermögen der Gesellschafter durch eine mangelnde oder undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert wor-den ist.93

Der Fall der Sphärenvermischung ist gegeben, wenn der Gesellschafter im Rechtsverkehr nicht ausreichend zwischen sich und dem von ihm vertretenen Rechtssubjekt trennt.94 Aller-dings ist streitig, ob es sich hierbei um einen Fall der Vermögensvermischung und somit der Durchgriffshaftung95 oder der Rechtsscheinhaftung96 handelt. Dogmatisch richtig ist hier grds. die Rechtsscheinshaftung, es wird aber regelmäßig auf die Details des Einfalls ankom-men, wobei der Tatbestand jedoch geringe praktische Relevanz hat.

3. Existenzvernichtungshaftung

Die Existenzvernichtungshaftung gründet auf der Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern aus dem Jahre 1985, wonach bei Vermögenslosigkeit einer abhängigen GmbH eine Ausfallhaftung des herrschenden Konzernunternehmens gemäß §§ 302, 303 AktG analog in Betracht kam, wenn das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft infolge eines von dem herrschenden Unternehmen – sachlich umfassenden und zeitlich andauernd – ausgeübten Einflusses nachhaltig beeinträchtigt wurde.97 Betraf die Rechtsprechung zunächst Fälle, in denen das herrschende Unternehmen keine natürliche Person war, so dehnte der BGH diese in der Folgezeit auf natürliche Personen aus.98

Im Jahre 2001 verwarf der BGH in seinem Bremer Vulkan-Urteil die konzernrechtliche Lö-sung und die §§ 291 ff. AktG analog als Anspruchsgrundlage99 und bejahte in seinem KBV-Urteil aus dem Jahre 2002 eine auf die §§ 128 ff. HGB analog gestützte Durchgriffshaftung wegen Existenzvernichtung.100

92 BGHZ 95, 330 = NJW 1986, 188; BGH ZIP 2006, 467; offenlassend BGH ZIP 1985, 29 f.

93 Zur Vermögens- und Sphärenvermischung s. Hueck/Fastrich in: Baumbach/ Hueck, GmbHG § 13 Rdn. 14 f.;

Roth/ Altmeppen, GmbHG § 13 Rdn. 112 ff.; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG § 13 Rdn. 13 f.; Pentz in: Rowed-der/ Schmidt-Leithoff GmbHG § 13 Rdn. 141.

94 Hueck/Fastrich in: Baumbach/ Hueck, GmbHG § 13 Rdn. 15; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG § 13 Rdn. 13.

95 Roth/ Altmeppen, GmbHG § 13 Rdn. 113 m. w. Nw.; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG § 13 Rdn. 13 m. w. Nw.

96 Hueck/Fastrich in: Baumbach/ Hueck, GmbHG § 13 Rdn. 15; Gehrlein, WM 2008, 761, 768.

97 BGHZ 95, 330, 344 (Autokran); zur Entwicklung der Existenzvernichtungshaftung s. z. B. Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34, 37 ff.; Osterloh-Konrad, ZHR 172, (2008), 274, 277 ff.

98 WM 1994, 203 f., s. a. Burgard, Natürliche Person als herrschendes Unternehmen im qualifizierten fakti-schen Konzern, Anmerkung aus WuB II C § 13 GmbHG 2.94; s. auch BVerfG WM 1993, 1714 (Video-Urteil);

s. zu letzterem Burgard, Verfassungsmäßigkeit des „Video"-Urteils des BGH, Anmerkung aus WuB II C § 13 GmbHG 1.94.

99 S. BGHZ 149, 10 = ZIP 2001, 1874 (Bremer Vulkan); s. Burgard, Aufgabe der Rechtsprechung zum quali-fiziert faktischen GmbH-Konzern; Bestandsschutz der Einpersonen-GmbH durch Verbot der Existenzgefähr-dung, Anmerkung aus WuB II C § 13 GmbHG 1.02.

100 BGHZ 151, 181 (KBV) = BGH WM 2002, 1802; s. Burgard, Zur Durchgriffshaftung gegenüber den Gesell-schaftern bei einem existenzgefährdenden Eingriff in die Gesellschaft, Anmerkung aus WuB II C § 13 GmbHG

In seiner Entscheidung Trihotel101 aus dem Jahre 2007 gab der BGH diese rechtsfortbildende Konzeption zur Existenzvernichtungshaftung jedoch wieder auf und stützt diese nunmehr als eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung auf § 826 BGB.102 Ein Unterschied zu seiner vormaligen Rechtsprechung besteht darin, dass er die Haftung als Innenhaftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft und nicht wie zuvor als Außen-haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgeformt hat.103 Eine Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB setzt voraus, dass eine vorsätzliche Schädi-gung des Gesellschaftsvermögens stattgefunden hat, die gegen die guten Sitten verstößt.

Dies nimmt der BGH bei einer „planmäßigen Entziehung von – der Zweckbindung zur vor-rangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger unterliegendem – Vermögen der Gesell-schaft mit der Folge der Beseitigung ihrer Solvenz“104 an, wenn dies zudem zum unmittelba-ren oder mittelbaunmittelba-ren Vorteil des Gesellschafters oder eines Dritten geschieht. Für den sub-jektiven Tatbestand ist es ausreichend, wenn dem Gesellschafter die Tatsachen bewusst sind, die den Eingriff sittenwidrig machen105.106

In der Vergangenheit haben sich verschiedene Fallgruppen zur Existenzvernichtungshaftung gebildet. Zu den wichtigsten gehört der Vermögensabzug zu Gunsten von Gesellschaftern oder diesen zuzurechnenden Personen107, die Auferlegung existenzvernichtender Risiken108, wozu auch der cash pool mit wirtschaftlich gefährdeten Gesellschaftern gehört109, und der Entzug überlebenswichtiger Geschäftschancen110, Lizenzen111 oder Produktionslinien112.

1.03; zu den genauen Voraussetzungen der Existenzvernichtungshaftung nach dem KBV-Urteil s. Burgard, in:

Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2002, S. 53 f.; vgl. Hueck/ Fastricht in: Baumbach/ Hueck GmbHG § 13 Rdn. 19; Roth/Altmeppen GmbHG § 13 Rdn. 92.

101 BGH ZIP 2007, 1552 ff. (Trihotel) = WM 2007, 1572 ff.; s. a. BGH, Der Konzern 2008, 176.

102 S. hierzu Schwab, ZIP 2008, 341 ff.; Leuering/ Rubner, NJW-Spezial 2007, Heft 8, 363 f.; Weller, ZIP 2007, 1681 ff.

103 S. hierzu Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 275, 276.

104 BGHZ 173, 246, 258 f. (Trihotel).

105 Vergleiche oben zur materiellen Unterkapitalisierung S. 57 f.

106 BGHZ 173, 246, 259 (Trihotel).

107 BGHZ 151, 181 (KBV); BGH NZG 2005, 177, 178; OLG Jena GmbHR 2002, 112; OLG Rostock NZG 2004, 385 (Sicherungsübereignung ohne Gegenleistung); s. aber auch BGH ZIP 2004, 2138 ff., wo der BGH eine sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB annahm, jedoch eine Existenzvernichtungshaftung offen ließ, obwohl ein Gesellschafter einer GmbH und deren von ihm beherrschte Schwestergesellschaft planmäßig deren Vermögen entzogen und es auf die Schwestergesellschaft verlagerten, um den Zugriff der Gesellschaftsgläubi-ger zu verhindern und auf diese Weise das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen ohne Rücksicht auf die entstandenen Schulden fortführen zu können.

108 Vgl. BGH NJW 2000, 1571, 1572; ZIP 1994, 207, 208 (EDV-Peripherie); BGHZ 122, 123, 132 (TBB);

Drygala, GmbHR 2003, 729, 733 ff.

109 Burgard, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2002, S. 45 ff.; Henze, NZG 2003, 649, 658.

110 BGH NZG 2005, 214, 215.

111 Röhricht, ZIP 2005, 505, 515.

112 Lutter/ Banerjea, ZGR 2003, 402, 415.

Keinen existenzvernichtenden Eingriff sieht der BGH hingegen in der Beendigung der Ge-schäftstätigkeit einer GmbH infolge der Weigerung des Gesellschafters weitere notwendige Investitionen vorzunehmen.113 Unternehmerische Fehlentscheidungen, die eine Insolvenz verursachen, werden ebenfalls nicht von der Existenzvernichtungshaftung erfasst.114

4. Institutsmissbrauch

Unter dem Begriff des Institutsmissbrauchs werden diejenigen Fälle diskutiert, bei denen die Gesellschafter die GmbH so ausgestalten, dass die Nachteile notwendig die Gläubiger der Gesellschaft treffen müssen.115 Der BGH lehnte für die wenigen Fälle, die sich allein unter den Institutsmissbrauch einordnen lassen, eine Existenzvernichtungshaftung ab oder ließ die Frage nach ihrem Vorliegen unbeantwortet und bejahte stattdessen eine Haftung aus sitten-widriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Allerdings sind Überschneidungen mit der mate-riellen Unterkapitalisierung nicht auszuschließen.116

5. Ausblick

Der Überblick hat deutlich gemacht, dass die Rechtsprechung sich immer wieder mit Fällen auseinandersetzen muss, in denen Gesellschafter die Rechtsform ihrer GmbH missbrauchen und das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG zum Nachteil der GmbH oder von Gläu-bigern ausnutzen. Mit der Trihotel-Entscheidung hat der BGH rechtsrückbildend § 826 BGB als Anspruchsgrundlage für Existenzvernichtungsfälle gewählt und steuert damit auf deren einheitliche Behandlung mit Fällen zur materiellen Unterkapitalisierung und zum Instituts-missbrauch an. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt deuten Stimmen in der Literatur darauf hin, dass § 826 BGB und nicht mehr die §§ 128 f. HGB maßgebliche Norm für die Behandlung von Missbrauchsfällen sei,117 wobei die Beschränkung des BGH von Existenzvernichtungs-haftungsfällen auf eine reine Innenhaftung häufig kritisch betrachtet wird.118 In Fällen einer Vermögens- und Sphärenvermischung bleibt die Durchgriffshaftung jedoch – wie der BGH ausdrücklich erklärt hat – bestehen.119

113 BGH BB 2005, 232, 234; Gehrlein, Der Konzern 2007, 1, 7.

114 BGH BB 2005, 286 ff.; Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34, 45; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 283.

115 Pentz in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff GmbHG § 13 Rdn. 132; Lutter/ Hommelhoff GmbHG § 13 Rdn. 26;

s. BGH NJW 1979, 2104 = WM 1979, 229; BGH ZIP 1992, 694 = WM 1992, 735, 736.

116 So auch Pentz in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff GmbHG § 13 Rdn. 132.

117 Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 284; Gehrlein, WM 2008, 761, 768.

118Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34, 46; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 305; Schwab, ZIP 2008, 341, 347, 350; so wohl auch Leuering/ Rubner NJW-Spezial 2007, Heft 8, S. 363, 364; Hönn, WM 2008, 769, 774 f.; a. A. Altmeppen, ZIP 2008, 1201, 1205.

119 BGHZ 173, 246, 257; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274, 284; kritisch Gehrlein, WM 2008, 761, 768, der § 826 BGB als einheitliche Anspruchsgrundlage befürwortet.

2. Weitere Missbrauchsfälle

Neben den bereits behandelten Fällen eines Missbrauchs schaden zwei weitere Vorgehens-weisen den Gläubigern der GmbH in besonders hohem Maße. Dies ist zum einen die Insol-venzverschleppung und zum anderen die sog. „Firmenbestattung“.

a) Insolvenzverschleppung

Bereits vor der GmbH-Reform waren die Geschäftsführer bei Zahlungsunfähigkeit der GmbH zu einer unverzüglichen (spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsun-fähigkeit) Insolvenzantragstellung gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG a. F. verpflichtet. Die Norm diente dem Schutz der Gläubiger, die bei einer Insolvenzverschleppung den sie schädigenden Abfluss von Sach- und Geldmitteln fürchten mussten, bei einer frühzeitigen Insolvenzan-tragstellung hingegen zumindest auf eine Befriedigung nach der Quote hoffen konnten. Trotz der Haftung der Geschäftsführer gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. für Zahlungen, die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Über-schuldung geleistet wurden, und der Strafandrohung in § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG a. F. kam es häufig zu einer zu späten Insolvenzantragstellung.

b) Die sog. „Firmenbestattung“

Dem Insolvenzverfahren gänzlich entzogen werden angeschlagene GmbH häufig im Wege sog. „Firmenbestattungen.“ Firmenbestatter entziehen angeschlagene GmbH dem ord-nungsgemäßen Insolvenzverfahren, indem sie die Veräußerung aller GmbH-Anteile, die Ab-berufung der Geschäftsführer und die Aufgabe des Geschäftslokals organisieren.120 Ersteres kann etwa durch die Abtretung der Geschäftsanteile an vermögenslose Personen geschehen und Letzteres geschieht häufig durch eine Sitzverlegung und/oder Namensänderung der GmbH, so dass Gläubigern die Verfolgung ihrer Ansprüche erschwert wird.

3. Gründe für das erhöhte Aufkommen von Missbrauchsfällen bei der GmbH im Ver-gleich zur AG

Primärer Grund für das erhöhte Aufkommen von Missbrauchsfällen bei der GmbH ist, dass Unternehmensgründer sich für die Rechtsform der GmbH aufgrund deren Haftungsbe-schränkung entscheiden. Die AG hat hingegen vor allem eine Kapitalsammelfunktion, die darauf gründet, dass Anleger bereit sind, Kapital zum Erwerb von Geschäftsanteilen anzule-gen. Als Mitunternehmergesellschaft hat die GmbH regelmäßig eine geringere Gesellschaf-terzahl als die AG121. Diese geringere Zahl an Gesellschaftern kann bei der GmbH über na-hezu jede Geschäftsführungsangelegenheit entscheiden.122 Zudem sind GmbH-Gesellschafter häufig neben ihrer Gesellschafterstellung als Geschäftsführer tätig. Die weiten Entschei-dungsbefugnisse der GmbH-Gesellschafter und die oft fehlende Trennung zwischen

120 Anschaulich zur Firmenbestattung Karsten, NJ 2006, 385, 389 f.

121 Siehe oben S. 49.

122 Siehe im Detail unten S. 126 ff.