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Stärkung von Transparenz und Kontrolle

B. Adressatenkreis, Inhalte und Verhältnismäßigkeit einer dem § 161 AktG

IV. Stärkung von Transparenz und Kontrolle

Ein wichtiges Ziel guter Corporate Governance ist die Schaffung von Transparenz und von Kontrollmöglichkeiten. Diese sollen stakeholdern die Nachvollziehbarkeit von Unterneh-mensentscheidungen und insb. der Kapitalverwertung erleichtern.197 Auf diese Weise soll wiederum einer Stärkung des Anleger- und Gläubigervertrauens und aufgrund verstärkter Kontrolle dem Unternehmenserfolg gedient werden. Auch dieses Ziel ist somit unmittelbar mit den bereits erwähnten Zielen verbunden.

1. Transparenz

Stakeholdern soll die Möglichkeit einer leichten Informationsbeschaffung über für sie wich-tige Informationen durch Corporate Governance-Vorschriften eingeräumt werden,198 damit sie auf einfachem Wege Einblick in bestimmte Unternehmensbereiche erlangen können.

Aufgrund einer erhöhten Einsehbarkeit und Durchsichtigkeit der Unternehmenspolitik sollen Entscheidungsträger und -prozesse besser überwacht werden können.

195 Siehe oben S. 27 ff.

196 Siehe unten S. 159, 162 ff, 203 f.

197 S. zu den Zielen der Public Corporate Governance und Transparenz und Kontrolle Dietrich/ Struwe, ZögU, 2006, 1, 8.

198 Dietrich/ Struwe, ZögU, 2006, 1, 8.

Die Pflicht zu einer zeitgleichen, fristgebundenen und für alle Stakeholder gleich zugängli-chen Offenlegung bestimmter Informationen hat zudem das Ziel, Informationsasymmetrien und -vorsprünge einzelner Personen zu vermeiden und insb. Insiderdealing zu unterbin-den.199 Bei der Offenlegung ist allerdings zu beachten, dass das Maß an Informationen über-schaubar bleiben muss und die Stakeholder nicht durch eine Fülle von Informationen daran gehindert werden, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.200

Informations- und Offenlegungsvorschriften können innerhalb und zwischen den Gremien eines Unternehmens und zu Gunsten einzelner Stakeholdergruppen bestehen.

Für die Offenlegung ist die Wahl des Mediums von besonderer Bedeutung. Bei Gesellschaf-ten mit einem kleinen Gesellschafterkreis kann eine Versendung per Post oder durch Ein-richtung eines E-Mailverteilers und bei Gesellschaften mit einem großen Gesellschafterkreis durch Veröffentlichung auf der unternehmenseigenen und u. U. passwortgeschützten Home-page geschehen. Die Veröffentlichung auf der HomeHome-page hat den Vorteil, dass Stakeholder einen weltweiten Zugriff auf Informationen haben, was zu einer Gleichstellung inländischer und ausländischer Stakeholder führt. Über das Internet erhalten auch ausländische Investoren und Gläubiger die Möglichkeit, sich über das Unternehmen auf einfachem Wege zu unter-richten, ohne dem Nachteil von Verzögerungen oder höheren Kosten für die Informationsbe-schaffung gegenüber Inländern zu unterliegen. Transparenz kann zudem durch eine Veröf-fentlichung in Fremdsprachen, z. B. auf Englisch geschaffen werden. So dient etwa Ziff. 6.8 DCGK, welche die Veröffentlichungen von Informationen auf der Internetseite von Unter-nehmen auch in englischer Sprache empfiehlt, der Überwindung von Sprachbarrieren aus-ländischer Anleger. Neben ihrer Homepage ist der elektronische Bundesanzeiger gemäß § 25 S. 1 AktG für AG und KGaA Publikationsmedium, das für in- und ausländische Aktionäre kostenlos barrierefrei zugänglich ist.201

2. Kontrolle

Corporate Governance-Vorschriften zur Schaffung von Kontrollmöglichkeiten gründen auf der Annahme, dass eine stärkere Überwachung zu überlegteren und den Unternehmenserfolg besser fördernden Entscheidungen führt sowie eine Möglichkeit der Revision falscher Ent-scheidungen eröffnet. Durch eine höhere Informationsdichte und einfachere Informationsbe-schaffung werden Kontrollmöglichkeiten geschaffen, die Unternehmensorganen die Erfül-lung ihrer Aufgaben und Stakeholdern auf das Unternehmen bezogene Entscheidungen ver-einfachen.

199Wackerbarth, ZGR 2005, 686, 702; Black/ Jang/ Kim, Journal of Law, Economics & Organization 2006 (Vol. 22), 366, 399 f.

200 S. etwa zum Verbot überflüssiger Ad-hoc Meldungen Weber, NJW 2000, 3461, 3463; ders., NJW 2003, 18, 20. Weber in Bezug auf Informationen des Kapitalmarkts von den "Negativeffekten einer overload informa-tion" s. NJW 2004, 3674; Dierksmeier/ Scharbert, BB 2006, 1517, 1521.

201 Weber, NJW 2004, 28, 32.

a) Kontrollmöglichkeiten von Anlegern und Gläubigern

Kontrollmöglichkeiten der stakeholder erleichtern es ihnen, die Geschäftspolitik des Unter-nehmens zu verfolgen, zu beurteilen und zu ihren Gunsten zu reagieren, z. B. Beteiligungen zu kaufen oder zu verkaufen202 oder von einer Kreditvergabe Abstand zu nehmen. Durch Offenlegung können sie initiiert werden, ihre Rechte wahrzunehmen und notwendige rechts-erhebliche Informationen erhalten, auf die sie die gerichtliche Geltendmachung von Ansprü-chen oder Rechtverletzungen stützen können.

Dabei gilt, je schwieriger die Informationserlangung ist, desto höher sind regelmäßig ihre Kosten und demzufolge diejenigen einer Kontrolle für die einzelnen Stakeholder. Transpa-renz und Kontrollmöglichkeiten dienen somit auch einer Kostenreduktion bei der Informa-tionsverschaffung.203 Für den einzelnen Aktionär übersteigen die Kosten der Überwachung regelmäßig ihre Vorteile.204 Dabei wirkt es sich negativ aus, dass den überwachenden Ge-sellschaftern dieselben Vorteile zukommen, wie denjenigen, die keine Überwachung vor-nehmen.205 Dies führt dazu, dass der Anreiz für die Ausübung von Kontrolle für Kleinanle-ger in Publikumsgesellschaften Kleinanle-gering und ihre Passivität für sie wirtschaftlich sinnvoll ist, sog. rationale Apathie.206

b) Kontrollmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens

Einer guten Corporate Governance dienen zudem Regelungen zur Kontrolle durch Unter-nehmensorgane. Corporate Governance-Vorschriften können die Kontrollmechanismen in-nerhalb der Unternehmen verbessern, indem sie die Vorgehensweise bei der Überprüfung von Berichten und Informationen konkretisieren und den ausführenden Organen strenge Maßstäbe für die Durchführung von Kontrollaufgaben vorgeben.

c) Die Öffentlichkeit als Kontrollinstrument

Durch Offenlegungspflichten und die damit verbundene Zugänglichmachung von Daten für die Öffentlichkeit wird automatisch eine Kontrollmöglichkeit über die Unternehmensführung eröffnet. So erhofft man sich nicht nur, dass Unternehmen in einen Wettbewerb zueinander treten, indem sie anstreben möglichst positive Informationen veröffentlichen zu können, sondern dass die Öffentlichkeit auch gleichzeitig eine Kontrollfunktion übernimmt. Dies soll wiederum dazu führen, dass eine Verbesserung der Corporate Governance stattfindet.

Durch die Veröffentlichungen entsteht eine Transparenz, die aber nicht nur stakeholdern bei der Verwirklichung ihrer Interessen dient, sondern auch die Gefahr birgt, dass Konkurrenten Informationen auswerten und ausnutzen. Durch Offenlegungsvorschriften soll freilich nicht

202 S. a. Drobetz/ Schillhofer/ Zimmermann, European Financial Management, 2004 (Vol. 10), 268 f.

203Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ (AKEU) der Schmalenbach-Gesellschaft Köln, DB 2006, 1069, 1071; Drobetz/ Schillhofer/ Zimmermann, European Financial Management, 2004 (Vol. 10), 268 f.

204 Jungmann, ECFR 2006, 426, 433.

205 Jungmann, ECFR 2006, 426, 433.

206 Kübler in: FS Zöllner, S. 326; m. w. Nw. auch zur Historie dieses Begriffs.

erreicht werden, dass sensible interne Informationen öffentlich gemacht werden, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind oder Wettbewerbern zugute kommen.207

3. Verbesserung der Vergleichbarkeit von Unternehmen

Offenlegungsvorschriften führen aber nicht nur zu einer Informationsgewinnung bzgl. eines einzelnen Unternehmens, sondern – wenn viele Unternehmen sie beachten und somit diesel-ben Aspekte offen legen – auch zu einer Vergleichbarkeit von Unternehmensdaten. Diese Vergleichbarkeit entsteht nicht nur innerhalb des deutschen Corporate Governance-Systems, sondern auch zwischen deutschen und ausländischen Unternehmen. Dies beruht darauf, dass sich deutsche Corporate Governance-Vorschriften, obwohl sie auf die Bedürfnisse des deut-schen Gesellschaftsrechts zugeschnitten sind, regelmäßig auch an internationalen Standards orientieren, wodurch eine hohe Übereinstimmung zu den Vorschriften ausländischer Kodizes entsteht.208 Daraus folgt, dass stakeholdern nicht nur national, sondern auch international eine Vergleichbarkeit von Unternehmensdaten möglich ist. Damit dies auch in Zukunft der Fall und die Konkurrenzfähigkeit deutscher Corporate Governance-Kodizes gesichert ist, ist ein steter Abgleich wichtiger Corporate Governance-Kodizes wie z. B. des DCGK mit euro-päischen und weltweiten Corporate Governance-Vorschriften notwendig.