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B. Adressatenkreis, Inhalte und Verhältnismäßigkeit einer dem § 161 AktG

I. Präambel

Aus-nahme6. Während Ziel der Anwendung eines GmbH-Kodexes für die personalistisch-strukturierte GmbH regelmäßig der Ausbau des Gläubigerschutzes und -vertrauens zur leich-teren Akquisition von Fremdkapital ist, ist die kapitalistisch-strukturierte GmbH vor allem an Corporate Governance-Vorschriften zugunsten von Anlegern zur Stärkung ihres Vertrau-ens interessiert. Die Entscheidung den Adressatenkreis auf nur eine dieser Gestaltungsfor-men der GmbH zuzuschneiden, hätte folglich eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung des Kodexes insb. hinsichtlich gläubiger- und anlegerschützender Vorschriften zur Folge. Gegen eine solche Beschränkung des Adressatenkreises spricht jedoch zum einen, dass eine klare Trennung aufgrund des fließenden Übergangs von der personalistischen- zur kapitalistisch-strukturierten GmbH nicht möglich ist. Zum anderen können auch für die personalistisch-strukturierte GmbH die Stärkung des Anlegerschutzes und für die kapitalistisch-personalistisch-strukturierte GmbH die Stärkung des Gläubigerschutzes sinnvoll sein. Der Kodex sollte vielmehr so for-muliert werden, dass beide Gestaltungsformen von einer Anwendbarkeit profitieren können.

Dies bedeutet, dass sowohl anleger- als auch gläubigerschützende Vorschriften in den Kodex aufzunehmen sind.

bb) Einmann-GmbH

Bei der Wahl des Adressatenkreises ist zudem die besondere Situation in der Einmann-GmbH, bei der üblicherweise der einzige Gesellschafter auch Geschäftsführer ist, zu berück-sichtigen. Die Rechtsform der GmbH wird von dem alleinigen Gesellschafter regelmäßig nicht zur Gewinnung von Anlegern, sondern lediglich aus Gründen der Verringerung seines unternehmerischen Risikos gewählt.7 Anlegerschützende Corporate Governance-Vorschriften würden bei diesen GmbH daher regelmäßig keine Anwendung finden und ins Leere laufen. Einzig und allein auf die Eigenarten der Einmann-GmbH bei der Kodexgestal-tung abzustellen, würde bedeuten, den Adressatenkreis in besonderem Maße einzuschränken.

Stattdessen sollten die Besonderheiten für Einmann-GmbH – z. B. das Fehlen einer Gesell-schafterversammlung – und gesetzliche Sondervorschriften8 in den Kodex integriert werden.

Dabei sollte bewusst darauf verzichtet werden, dies in einem gesonderten Abschnitt zu tun, um den Kodex nicht in zu viele einzelne Sonderabschnitte zu unterteilen und seine Hand-habbarkeit zu erhöhen.

cc) Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

Die durch das MoMiG eingeführte Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) bildet keine eigene Rechtsform. Sie ist ebenfalls GmbH, weißt jedoch einige wenige Besonderhei-ten auf9. Den GmbH-Kodex allein auf sie zu beschränken, würde bedeuten, den Adressaten-kreis stark einzuengen, obwohl GmbH mit einem Stammkapital von mindestens 25.000,- €

6 Siehe oben S. 49.

7 Vgl. Teichmann, NJW 2006, 2444, 2445.

8 S. z. B. § 7 Abs. 2 S. 3, § 48 Abs. 3 GmbHG; Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG § 7 Rdn. 30; Koppen-steiner in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG § 48 Rdn. 22 ff.

9 Siehe oben S. 66.

weitgehend der gleichen Corporate Governance-Regeln wie die UG bedürfen. Vielmehr scheint es sinnvoll, die UG ebenfalls in den Adressatenkreis des Kodexes aufzunehmen und die wenigen Kodex-Regeln, die allein für sie Geltung entfalten sollen, allein auf diese zu beziehen.

Dass auch die UG vom Adressatenkreis erfasst wird, sollte aus der Präambel hervorgehen.

Hier wäre vor allem deutlich zu machen, dass ihr Stammkapital zwischen 1,- und 25.000,00

€ liegt.

dd) Kleine, mittlere oder große GmbH

Maßgeblich für die Einordnung einer GmbH in die Kategorien „klein“, „mittel“ oder

„groß“ i. S. d. § 267 HGB sind Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Arbeitnehmerzahl10.11 Die-se Kriterien sagen jedoch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls, welche Corporate Go-vernance-Maßnahmen in diesen Unternehmen sinnvoll sind. Sie sind allenfalls Indizien für die Struktur der GmbH und die Vergabe von GmbH-Beteiligungen. Von einer Bestimmung des Adressatenkreises durch die Größe der GmbH i. S. d. § 267 HGB ist daher Abstand zu nehmen.

ee) Vorhandensein eines Aufsichtsrates

Für die Option die Anwendbarkeit des Kodexes, vom Vorhandensein eines Aufsichtsrates abhängig zu machen, spricht, dass für GmbH ohne Aufsichtsrat sämtliche Vorschriften mit Bezug auf den Aufsichtsrat unanwendbar würden und GmbH ohne Aufsichtsrat somit große Teile des Kodexes nicht umsetzen könnten. Die Intention der Kodexverfasser sollte es je-doch nicht sein, GmbH ohne Aufsichtsrat pauschal von einer Anwendbarkeit auszuschließen.

Vielmehr sollten sie das zweigliedrige System von Geschäftsführung und Kontrollorgan unterstützen, indem sie GmbH ohne Aufsichtsrat dessen Einrichtung raten. Der Corporate Governance-Kodex sollte folglich nicht vom Vorhandensein eines Aufsichtsrats abhängig gemacht werden.

ff) Sämtliche GmbH

Als weitere Möglichkeit bleibt, sämtliche GmbH in den Adressatenkreis des Kodexes aufzu-nehmen. Dies hätte den bereits erwähnten Vorteil eines größtmöglichen Adressatenkreises, jedoch den Nachteil, dass nicht alle Kodexregelungen für alle GmbH sinnvoll wären. Son-derregelungen für bestimmte GmbH würden die Übersichtlichkeit und Praxistauglichkeit des Kodexes verringern. Damit der Kodex eine Chance auf eine Beachtung und Umsetzung hat, dürfte er daher nicht durch ein Übermaß an Ausnahmeregelungen geprägt sein. Dieser Pro-blematik ist bei der Aufstellung des Kodexes besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Sie sollte jedoch ins Auge gefasst werden, um dem Kodex zu einem weiten Anwendungsbereich zu verhelfen.

10 Siehe unten S. 186 f.

11 Merkt in: Baumbach/ Hopt, HGB § 267 Rdn. 1 ff.

c) Folgerungen

In der Präambel sind folglich sämtliche deutsche GmbH ohne weitere Einschränkungen als Adressaten des Kodexes zu benennen. Um die Präambel nicht zu überfrachten, ist entspre-chend dem DCGK nicht durch eine Erörterung in der Präambel, sondern durch den Aufbau und die Inhalte des Kodexes deutlich zu machen, dass nicht alle Vorschriften auf jede GmbH anwendbar sein können. Sonderregelungen für bestimmte GmbH, etwa die Einmann-GmbH, bedürfen in der Präambel ebenfalls keiner ausdrücklichen Erwähnung. Stattdessen muss auch diesbezüglich aus dem jeweiligen Kontext im Kodex verständlich werden, dass es sich um Sondervorschriften handelt.

3. Gesetzliche Vorschriften, Empfehlungen und Anregungen

Der Kodex sollte gesetzliche Vorschriften ebenso wie Empfehlungen und/oder Anregungen enthalten. Zu überdenken ist, ob eine Dreiteilung in Muss-, Kann-, und Soll-Vorschriften ähnlich wie bei anderen Kodizes vorgenommen werden und eine Kennzeichnung der Rege-lungen durch Verwendung dieser Worte stattfinden sollte.

Die Aufnahme der wichtigsten gesetzlichen Vorschriften in den Kodex scheint besonders sinnvoll. Dabei sollte einer einfachen und verständlichen Sprache vor einer wortgenauen Wiedergabe des Gesetzestextes der Vorzug gegeben werden, da der Kodex nicht als Geset-zesersatz dienen, sondern aufklärende Funktion haben soll. Auf das Fehlen einer wortgetreu-en Wiedergabe sollte in der Präambel zur Klarstellung hingewieswortgetreu-en werdwortgetreu-en. In diesem Zu-sammenhang sollte ferner erläutert werden, dass die GmbH keiner Satzungsstrenge unter-liegt und das GmbH-Recht in weitem Umfange dispositiv ist. Diese Klarstellung ist erforder-lich, da die Abdingbarkeit des Gesetzes für juristische Laien aus Gesetz und Kodex nur schwer erkennbar ist. Ohne Klarstellung würde diesen nicht verständlich werden, dass eine in den Kodex aufgenommene gesetzliche Vorschrift nicht zwingend umgesetzt werden muss und der GmbH Gestaltungsräume eröffnet sind. Statt das Gesetz wiedergebende Kodexrege-lungen stets mit dem Wort „muss“ zu kennzeichnen, sollte daher eine besondere Kennzeich-nung von Kodexregelungen, die dispositive gesetzliche Vorschriften widerspiegeln, vorge-nommen werden. Leitmaximen bei dieser Kennzeichnung sollten wiederum Einfachheit und Verständlichkeit sein, da ein kompliziertes Kennzeichnungssystem den Zielen des Kodexes hinderlich wäre. Empfehlenswert wäre etwa eine Kennzeichnung dispositiven Rechts durch den Begriff „grundsätzlich“.

Eine Unterteilung der Vorschriften in Empfehlungen und Anregungen macht auf den ersten Blick nur Sinn, wenn auch die Abgabe einer Entsprechenserklärung Pflicht ist12. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass durch diese Kennzeichnung darüber hinaus zum einen eine Differenzierung zwischen wichtigeren und weniger bedeutsamer Regelungen stattfinden kann. Zum anderen kann durch diese deutlich gemacht werden, welche Kodexregelungen bei Abgabe einer freiwilligen Entsprechenserklärung Erwähnung finden sollten. Entscheiden sich die Verfasser für eine Unterscheidung zwischen Empfehlungen und Anregungen, so sollten sie ihre Vorgehensweise in der Präambel darlegen.

12 Siehe oben S. 97 f.

4. Kurze Darstellung der Verfassung der GmbH

Ebenfalls dem DCGK entsprechend könnte eine kurze Darstellung der Verfassung der GmbH in der Präambel stattfinden, wobei auf ihre Besonderheiten eingegangen werden soll-te. Auf diese Weise würde dem Leser des Kodexes eine kurze Einführung in die Materie gegeben, die es ihm ermöglicht sich über die GmbH zu informieren, ohne sich mit Details beschäftigen zu müssen. Solche Besonderheiten sind die Führung der Geschäfte durch die Geschäftsführer in von den Gesellschaftern abgeleiteter Verantwortung13, die Allzuständig-keit der Gesellschafterversammlung14, die Unterscheidung zwischen GmbH mit fakultativem und obligatorischem Aufsichtsrat15 und das Haftungssystem der Gesellschaft.

II. Vorüberlegungen zum allgemeinen Aufbau und insb. zur Verortung