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Verringerung des Prinzipal-Agenten-Konflikts

B. Adressatenkreis, Inhalte und Verhältnismäßigkeit einer dem § 161 AktG

II. Verringerung des Prinzipal-Agenten-Konflikts

Governance-Maßnahmen zur Erreichung eines dieser Ziele Einfluss auf die anderen Ziele haben kann.

bleme.175 Sie führen dazu, dass Agency-Kosten entstehen, die bei einem Zusammenfallen von Eigentum und Entscheidungsmacht nicht auftreten würden. Agency-Kosten können ers-tens für die Kontrolle der Agenten und zweiers-tens für die Bindung der Agenten an die Ziele des Prinzipals und drittens darüber hinaus für weitere Agency-Probleme anfallen, die trotz Maßnahmen zur Bindung und Kontrolle der Agenten entstehen.176 Corporate Governance-Maßnahmen sollen zur Verringerung des Prinzipal-Agenten-Konflikts dafür Sorge tragen, dass die mit der Verwaltung von fremden Vermögensmassen Betrauten dies im Interesse der Eigentümer tun.177 Die Folge sollen sinkende Agency-Kosten und eine höhere Investitions-bereitschaft der Prinzipale sein.178

In der Institutionenökonomik als Teil der Betriebswirtschaftslehre finden sich verschiedene Modelle zur Überwindung des Prinzipal-Agenten-Konflikts. Die Modelle schließen sich nicht gegenseitig aus. Die Wahl des Modells hängt vielmehr davon ab, welche Interessen-gruppen bei der Einführung von Corporate Governance-Maßnahmen als Prinzipale im Mit-telpunkt stehen sollen. 179 Auf sie soll im Folgenden kurz eingegangen werden.

1. Der Shareholder Value-Ansatz

Der Shareholder Value-Ansatz stellt allein auf die Interessen der Eigenkapitalgeber eines Unternehmens ab,180 so dass Corporate Governance-Maßnahmen bei diesem Ansatz aus-schließlich zu ihren Gunsten durchgeführt werden.181 Die Eigenkapitalgeber, welche regel-mäßig die Gesellschafter sind, sind die Prinzipale, die die Geschäftsführung auf von ihnen personenverschiedene Agenten übertragen.

Der Lösung des Prinzipal-Agenten-Konflikts unter dem Shareholder Value-Ansatz dienen Corporate Governance-Maßnahmen zum Anlegerschutz und zur Stärkung des Anlegerver-trauens. Maßgebliche Elemente des Anlegerschutzes sind die Aufklärung der Anleger über ihre Rechte und die Erleichterung der Wahrnehmung und Durchsetzung ihrer Rechte.182 Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Schaffung von Transparenz und die Ein-richtung von Kontrollmechanismen183.

175 Zu den weiteren Merkmalen des Prinzipal-Agenten-Konflikts s. Marten/ Quick/ Ruhnke, Wirtschaftsprü-fung, S. 33 f.

176 Bassen/ Kleinschmidt/ Prigge/ Zöllner, DBW 55 (2006), 375, 380.

177 Lutter, ZIP 2003, 737; Kirschbaum, BKR 2006, 139, 140.

178 Bassen/ Kleinschmidt/ Prigge/ Zöllner, DBW 55 (2006) 4, 375.

179 Vgl. Jost, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre, S. 86 ff., 94 ff.; 104 ff.; so im Ansatz auch Wagenhofer/ Ewert, Externe Unternehmensrechnung, S. 132.

180 Das Shareholder Value-Model geht auf die Arbeit von Rappaport, Havard Business Review, 1981, 139 ff.

zurück; Jost, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre, S. 86 ff.

181 Jost, spricht von „Eigenkapitaleigentümer[n]", s. Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschafts-lehre, S. 86 und meint damit wohl die Eigenkapitalgeber.

182 Große/ Boos, WM 2006, 1177, 1183.

183 Hierbei handelt es sich um ein weiteres Ziel von Corporate Governance-Maßnahmen siehe unten S. 26 ff.

Die Corporate Governance-Debatte beschäftigte sich bislang primär mit dem Interessen-schutz der Anleger von AG. Ein Grund hierfür war, dass aufgrund starker Kurseinbrüche in den Jahren 2000 bis Mitte 2003 und der hohen Zahl von Unternehmensinsolvenzen in diesen Jahren184 das Vertrauen der Anleger in die wirtschaftliche Entwicklung und damit auch in die Kapitalanlage Aktie185 sank. Primäres Ziel der Einführung von Corporate Governance-Kodizes war es, das Vertrauen privater und institutioneller Anleger hinsichtlich der AG zu-rückzugewinnen.186

2. Der Mitbestimmungsansatz

Unter dem Mitbestimmungsansatz ist das Ziel von Corporate Governance-Maßnahmen die Förderung der Interessen der Eigner- und der Mitarbeiter. Es wird davon ausgegangen, dass die Förderung der Eigenkapitalgeberinteressen nicht automatisch auch zu einer Förderung der Mitarbeiterinteressen führt und eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer erforderlich sei.187 Zu den wichtigsten im Rahmen des Mitbestimmungsansatzes zu lösenden Konflikten gehören Lohnverhandlungen sowie Entscheidungen über Betriebsschließungen und Entlas-sungen.188 Corporate Governance-Maßnahmen zur Überwindung dieser Konflikte sind Maß-nahmen der Mitbestimmung z. B. die Entsendung von Arbeitnehmervertretern in Aufsichts-räte oder die Einrichtung von BetriebsAufsichts-räten. Der Mitbestimmungsansatz kann als eine Vor-stufe des Stakeholder Value-Ansatzes189 interpretiert werden, bei der die Interessen der An-teilseigner und der Mitarbeiter vor denen anderer Gruppen (z. B. Fremdkapitalgeber, Liefe-ranten, Kunden, Staat) Vorrang haben.190

3. Der Stakeholder Value-Ansatz

Eine dritte Betrachtungsweise des Prinzipal-Agenten-Konflikts bietet der Stakeholder Value-Ansatz. Bei dieser Betrachtungsweise sind nicht nur die Interessen der Eigenkapitalgeber

184 Das Statistische Bundesamt veröffentlichte für das Jahr 2000 28.235 (+6,6 % zum Vorjahr), das Jahr 2001 32.278 (+14,3 % zum Vorjahr), für das Jahr 2002 37.579 (+16,4 % zum Vorjahr) und für das Jahr 2003 39.320 Unternehmensinsolvenzen (+4,6 % zum Vorjahr), s. Statistisches Bundesamt, Insolvenzen in Deutschland 2003, S. 12.

185 Siehe oben S. 10 ff.

186 Hehn, v./ Hartung, DB 2006, 1909; Semler/ Wagner, NZG 2003, 553, 557; Thümmel, BB 2004 (Heft 27) S. I. Europäische Kommission, Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Modernisierung des Gesell-schaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der EU, KOM 2003, 284 endg. S. 9, der das er-klärte Ziel hat, das Vertrauen der Anleger in die Kapitalmärkte zu stärken.

187 Jost, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre, S. 94 f.; Z. B. werden Gewinne häufig an die Mitarbeiter weitergegeben, wie dies besonders eindrücklich im Fall der Deutschen Bank im Februar 2005 deutlich wurde. Nahezu zeitgleich zur Verkündung eines Reingewinns von 2,55 Milliarden Euro, was einer Renditesteigerung von 25 % entsprach, wurde die Entlassung von 6.400 Stellen weltweit angekündigt. s.

aber auch Buchter, Financial Times Deutschland v. 12.04.2005, S. 30.

188 Jost, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre, S. 96.

189 Siehe unten S. 29 f.

190 Jost, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre, S. 86 ff.

und der Arbeitnehmer, sondern diejenigen sämtlicher Interessengruppen bei der Unterneh-mensführung zu berücksichtigen. Als Interessengruppen kommen neben den genannten, die sonstigen Gläubiger – wie etwa die Lieferanten, Kunden, Fremdkapitalgeber –, die Öffent-lichkeit und der Fiskus in Betracht.191 Der Gedanke, der sich hinter diesem Ansatz verbirgt, ist der, dass auch diese Gruppen ein Interesse an einem Unternehmenserfolg haben. Für die Gläubiger eines Unternehmens wie z. B. Lieferanten und Kreditgeber sollen Corporate Go-vernance-Regelungen primär zur Verringerung ihres Insolvenzausfallrisikos beitragen. Aber nicht nur die in einem Vertragsverhältnis zum Unternehmen stehenden Personen können Vorteile aus der Förderung des Unternehmenserfolgs ziehen. Auch Dritte profitierten von einer Gewinnmaximierung, da erfolgreiche Unternehmen i. d. R. höhere Steuern zahlen, hö-here Investitionen tätigen und Arbeitsplätze schaffen, wodurch eine Standortförderung statt-findet. Eine Verbesserung der Corporate Governance dient somit auch der Volkswirtschaft.

Daraus folgt, dass es sich bei dem Stakeholder Value-Ansatz weniger um den Prinzipal-Agenten-Konflikt als um ein makroökonomisches Problem handelt.192 Dies ist auch der Grund, warum es Staaten weltweit als ihre Aufgabe ansehen, vorteilhafte Bedingungen für eine gute Corporate Governance in ihrem Staatsgebiet zu schaffen, und in den vergangenen Jahren eine inflationäre Einführung nationaler Corporate Governance-Kodizes stattgefunden hat.