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Kausalität zwischen guter Corporate Governance und Unternehmenserfolg

B. Adressatenkreis, Inhalte und Verhältnismäßigkeit einer dem § 161 AktG

I. Kausalität zwischen guter Corporate Governance und Unternehmenserfolg

Die Förderung des Unternehmenserfolgs ist das wichtigste Ziel von Corporate Governance-Maßnahmen256. Dieses Ziel und die Maßnahmen zu seiner Erreichung lassen sich klar defi-nieren. Demgegenüber ist die Kausalität zwischen guter Corporate Governance und Unter-nehmenserfolg fraglich257 und nur schwer nachweisbar.258 Es gibt zahlreiche Möglichkeiten zur Verbesserung der Unternehmensführung und aufgrund der Komplexität von Unterneh-mensentscheidungen und -organisation ist es nur schwer zu beweisen, ob eine bestimmte Corporate Governance-Maßnahme etwa zur Gewinnmaximierung oder Steigerung der Ak-tienrendite beitragen kann.259 Erschwerend tritt hinzu, dass die Interaktion verschiedener Maßnahmen nicht auszuschließen ist. Trotz dieser Hindernisse, ist der Nachweis des Be-stehens oder Fehlens der Kausalität für die Corporate Governance-Debatte von besonderer Bedeutung. Erst mit dem Nachweis der Kausalität könnten für Corporate Governance-Maßnahmen tatsächliche und nicht rein hypothetische Gründe angeführt werden. Kausali-tätsnachweise einzelner Corporate Governance-Maßnahmen ließen deren begründeten steu-ernden Einsatz zu.

251 Http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor.php?source_opus=819&la=de.

252 Börsensachverständigenkommission, Pressemitteilung v. 04.03.2002 (http://deutsche-boerse.com/dbag/

di-spatch/de/binary/gdb_content_pool/imported_files/public_files/10_downloads/11_about_us/KodexAbloesung.p df); Nach Weber, scheiterte der Übernahmekodex, da ihn seinen Angaben zufolge "nicht einmal die Hälfte aller börsennotierten Aktiengesellschaften anerkannt hat", s. NJW 2000, 3461, 3472.

253 Von 1.016 börsennotierten Unternehmen (exklusive Freiverkehr) haben bis zum 11.04.2001 755 börsenno-tierte Gesellschaften, von denen 86 Unternehmen des DAX-100 waren, den Kodex anerkannt, s. RegBegr. BT-Drucks. 14/ 7034 S. 22 f. Nicht erforderlich war eine Umsetzung aufgrund europäischer Vorgaben RegBegr.

BT-Drucks. 14/7034 S. 23.

254 Siehe S. 13 f., 170.

255 RegBegr. BT-Drucks. 15/5577.

256 Siehe oben S. 27.

257OECD, Corporate Governance - A Survey of OECD Countries, S. 27; Mit einer Zusammenfassung über zahlreiche Studien Prigge/ Offen, ZBB 2007, 89, 91 f., 102 f.

258 So auch Vetter, NZG 2008, 121, 122 m. w. Nw.

259 So auch Hopt, ZIP 2005, 461, 472.

Aus diesem Grunde sind seit dem Aufkommen der Corporate Governance-Diskussion eine Vielzahl von Studien durchgeführt worden, in denen der Zusammenhang zwischen Corpo-rate Governance und verschiedenen unternehmensrelevanten Daten wie z. B. Aktienrendite oder Unternehmenswert untersucht wurden.260 In der Folge wird eine Auswahl internationa-ler Studien und Studien zum DCGK dargestellt.

1. Internationale Studien

Die vielbeachtete Untersuchung von Black/ Jang/ Kim aus dem Jahr 2002 ergab, dass die Umstellung der Unternehmenspraxis von einer sehr schlechten auf eine sehr gute Corporate Governance bei koreanischen Firmen einem Anstieg der Aktienkurse zur Folge hatte.261 Klapper/ Love fanden im Jahr 2003 heraus, dass Corporate Governance in Unternehmen aus Staaten mit geringer gesetzlicher Regelungsdichte wirkungsvoller ist.262

Detailliertere Erwähnung soll an dieser Stelle die Studie von Gompers/ Ishi/ Metrick finden.

Die Wissenschafter untersuchten die Corporate Governance von 1.500 börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen in den Jahren 1990 bis 1999. Dies geschah mit Hilfe eines Corporate Governance-Indexes aus 24 Kriterien des Investor Responsibility Research Cen-ters. Sie belegten, dass Unternehmen mit guter Corporate Governance in den untersuchten Bereichen Aktienrendite, Marktwert-Buchwert-Verhältnis und Gewinn pro Aktie besser ab-schnitten als solche mit schlechter Corporate Governance.263

Brown und Caylor264 untersuchten im Jahr 2004 2.327 US-Unternehmen auf ihre Corporate Governance im Jahr 2002. Sie konnten einen positiven Zusammenhang zwischen 51 von ihnen ausgewählten Corporate Governance-Aspekten und den Erfolgselementen Eigenkapi-talrendite, Nettoumsatzrendite, Umsatzsteigerung, Marktwert-Buchwert-Verhältnis, Aktien-dividende und Aktienrückkauf feststellen.265 Brown und Caylor betonten jedoch, dass ihre Ergebnisse auf eine Kausalität hindeuteten, jedoch keinen Beweis für diese böten.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen die Studien von Larcker/ Scott/ Tuna266 und Lehn/ Patro/

Zhao267, die sich ebenfalls auf US-Unternehmen bezogen und auf umfangreichen Datenerhe-bungen beruhten.268

260 Einen Überblick über verschiedene Studien bieten Prigge/ Offen, ZBB 2007, 89, 102 f.; Drobetz/ Schill-hofer/ Zimmermann, European Financial Management, 2004 (Vol. 10, No. 2) 267, 268 f.

261 Black/ Jang/ Kim, Does Corporate Governance Affect Firm Value?, S. 1 ff.

262 Klapper/ Love, Corporate governance, investor protection, and performance in emerging market, Journal of Corporate Finance, Vol. 195, 2003, 1 ff.

263 Gompers/ Ishi/ Metrick, Quaterly Journal of Economics 2003 (118), 107 ff.

264 Brown/ Caylor, Corporate Governance and Firm Performance, S. 1 ff.

265 Brown/ Caylor, Corporate Governance and Firm Performance, S. 1, 32, Tab. 2 S. 41.

266 Larcker/ Scott/ Tuna, Working Paper, Wharton, 24.9 2004, 1 ff.

267 Lehn/ Patro/ Zhao, Journal of Corporate Finance 2007 (13), 907 ff.

268 Eine deutsche Zusammenfassung dieser Studien bieten Bassen/ Kleinschmidt/ Prigge/ Zöllner, DBW Jhrg.

66 (2006), 275, 376 ff.

Festzuhalten ist, dass die Studien ausschließlich Zusammenhänge jedoch keine Kausalität zwischen Corporate Governance-Maßnahmen und dem Unternehmenserfolg nachweisen konnten. Ferner lassen sich die Ergebnisse dieser Studien aufgrund der Ausrichtung der Untersuchung auf den US-amerikanischen Markt wegen der andersartigen deutschen Kapi-talmarktverhältnisse und vor allem aufgrund der unterschiedlichen Gesetzeslage nicht auf hiesige Unternehmen übertragen.269

2. Deutsche Studien

Drobetz/ Schillhofer/ Zimmermann270 befragten im Jahr 2002 alle 253 Unternehmen, die in den damaligen vier Hauptsegmenten (DAX30, MDAX, SDAX, NEMAX50) der Deutschen Börse vertreten waren, durch Versendung eines detailliert ausgearbeiteten Fragebogens nach ihrer Corporate Governance. Die Ergebnisse zeigten, dass für die 91 antwortenden Unter-nehmen eine bessere Corporate Governance in hohem Zusammenhang mit dem Unterneh-mensergebnis, den Kursgewinnen und der Börsenbewertung standen. Im Rahmen dieser Untersuchung konnten sie ferner nachweisen, dass eine Anlagestrategie, bei der man Werte von Unternehmen mit hohen Corporate Governance-Standards gekauft und solche von Unternehmen mit niedrigen Corporate Governance-Standards gekürzt hätte, zu außerge-wöhnlich hohen Gewinnen von ca. 12 % p. a. geführt hätte.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Studie von Zimmermann/ Goncharov/ Werner.271 Sie untersuchten die Entsprechenserklärungen von 61 DAX- und MDAX-Unternehmen der Jah-re 2002 und 2003 und wiesen nach, dass die erklärte Erfüllung des DCGK und die Aktien-rendite miteinander korrelierten. Unternehmen, die angaben, den Kodex zu einem hohen Maße umzusetzen, erzielten eine um 10 % höhere Aktienrendite als Unternehmen, die den Kodex in geringem Maße befolgten.

Mahr/ Nowak/ Rott272 untersuchten im Jahr 2004, ob sich die erstmalige Veröffentlichung der Entsprechenserklärung i. S. d. § 161 AktG und der Grad der Befolgung von Empfehlun-gen auf den Aktienkurs eines Unternehmens auswirkte. Im Rahmen ihrer Studie analysierten sie die Corporate Governance von 337 Gesellschaften, deren Wertpapiere per 31. Oktober 2003 im Prime Standard273 der Frankfurter Wertpapierbörse notiert waren. Das Ergebnis der Studie war, dass selbst eine überdurchschnittlich gute Befolgung des Kodexes nicht zu einer positiven Überrendite führte. Ebenso kam es nicht zu Kursabschlägen für Unternehmen, die den Kodex unterdurchschnittlich befolgten. Kritik fand diese Untersuchung, da sie

269 Ebenso Bassen/ Kleinschmidt/ Prigge/ Zöllner, DBW Jhrg. 66 (2006), 275, 377.

270 Drobetz/ Schillhofer/ Zimmermann, European Financial Management, 2004 (Vol. 10 No. 2), 267 ff.

271 Zimmermann/ Gonacharov/ Werner, Working Paper, Does Compliance with the German Corporate Govern-ance Code have an Impact on Stock Valuation?, S. 1 ff.

272 Mahr/ Nowak/ Rott, ZGR 2005, 252 ff.; dies., Swiss Finance Institute Research Paper No. 11, 27.04.2006, S.

1 ff.; Papendick, Manager Magazin v. 17.12.2004, S. 15; ders., Manager Magazin v. 15.12.2004 (http://www.manager-magazin.de/geld/geldanlage/0,2828,332787,00.html); s. a. Mülbert, BKR 2006, 349, 350.

273 Weber, NJW 2003, 18, 20; ders., NJW 2004, 28 f.; Spindler/ Christoph, BB 2004, 2197, 2204.

schließlich auf die Entsprechenserklärung, die die Anregungen des Kodexes nicht erfasst274, abstellte.275 Gründe für diese fehlende Kursrelevanz einer mangelnden Umsetzung von Ko-dexempfehlungen wurden darin gesehen, dass die deutsche Zivilrechtstradition einen zu ge-ringen Investorenschutz gegenüber dem anglo-amerikanischen Rechtssystem biete, weshalb die Unternehmen nicht zu einer Umsetzung gezwungen werden. Die zu geringe Kapital-marktorientierung der Unternehmen könne nicht durch das compy-or-explain-Prinzip verän-dert werden.276

Im Jahr 2006 veröffentlichten Bassen/ Kleinschmidt/ Prigge/ Zöllner277 eine Studie, in der unter Zugrundelegung der Daten für das Jahr 2003 96 deutsche Unternehmen des HDAX, (DAX, MDAX, TecDax) untersucht wurden. Alle der Öffentlichkeit zugänglichen Informa-tionen – wie der Geschäftsbericht, die Entsprechenserklärung, die Tagesordnung der Haupt-versammlung, die Satzung sowie Informationen auf Unternehmens-Websides dieser Unter-nehmen – wurden nach einer zuvor festgelegten Suchstrategie ausgewertet. Die Ergebnisse zeigten, dass der DCGK zwar als Regulierungsinstrument wirkte und einen relativ hohen Entsprechensgrad aufwies, „er jedoch keine grundsätzliche Wirkung auf den Unternehmens-erfolg“ hat.278

Angemerkt sei, dass die Entsprechenserklärung keine Rückschlüsse auf die tatsächlich geüb-te Corporageüb-te Governance von Ungeüb-ternehmen zulässt. Diese Problematik ungeüb-tersuchgeüb-ten Thei-sen/ Raßhofer279 im Jahr 2007 bzgl. Ziff. 3.4 S. 4 DCGK und mussten feststellen, dass er-klärte und praktizierte Corporate Governance bei lediglich ca. 10 % der DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen übereinstimmten. Die übrigen ca. 90 % der untersuchten Unternehmen erklärten ordnungsgemäß, änderten jedoch nichts an ihrer tatsächlichen Organisation.

3. Auswertung

Die Studien machen deutlich, dass sich keine allgemeinen Aussagen über eine Kausalität zwischen guter Corporate Governance und Unternehmenserfolg für den deutschen Markt machen lassen. Auch eine steuernde Wirkung von Corporate Governance-Maßnahmen in Richtung Unternehmenserfolg konnte nicht nachgewiesen werden. Ebenfalls nicht erkennen lässt sich, dass die Abgabe der Entsprechenserklärung Einfluss auf das Anlegerverhalten hat.

Dementsprechend konnte eine Kursrelevanz der Entsprechenserklärung nicht nachgewiesen werden.

274 Zu den Begriffen Empfehlung und Anregung siehe unten S. 97 f.

275 Bassen/ Kleinschmidt/ Prigge/ Zöllner, DBW Jhrg. 66 (2006), 375, 379.

276 Mahr/ Nowak/ Rott, ZGR 2005, 252 ff.; Habersack, NGZ 2004, 1, 3.

277 Bassen/ Kleinschmidt/ Prigge/ Zöllner, DBW Jhrg. 66 (2006), 375 ff.

278 Bassen/ Kleinschmidt/ Prigge/ Zöllner, DBW Jhrg. 66 (2006), 375, 396.

279 Theisen/ Raßhofer, DB 2007, 1317 ff.