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Ziel von Inklusion: Individuell bestmögliche Qualifizierung

7 Deutungen von Inklusion 109

7.1.1 Ziel von Inklusion: Individuell bestmögliche Qualifizierung

Um abzubilden, wie Differenzierung im Lernprozess in den Instrumenten operationalisiert wird und inwiefern sich die Bundesländer voneinander unterscheiden, bietet es sich an drei Aspekte näher zu betrachten: Arten der Differenzierung, wahrgenommene Heterogenität einer Lerngruppe in den Messinstrumenten sowie Formen der Outputmessung.

Arten der Differenzierung: In Bezug auf den Lernprozess werden verschiedene Arten der Differenzierung von Seiten der Schulinspektionen abgefragt:

• Kennen und Berücksichtigung der unterschiedlichen Lernstände, z. B. „Die Lehrkraft infor-miert sich über individuelle Lernschwierigkeiten“ (UBB_BY).

• Ansprechen von unterschiedlichen Lerntypen durch das Anbieten von unterschiedlichen Aufgabentypen, z. B. „Die Lehrkraft bietet Wahlmöglichkeiten oder erteilt differenzierte Arbeitsaufträge bezüglich der Arbeitsform, Informationsquelle oder der Ergebnisdarstellung“

(UBB_HE).

• Qualitative Differenzierung, z. B. Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, z.B.„DieSchülerinnenundSchülererhaltendifferenzierteLernangebotedurchverschiedene Aufgabenschwierigkeiten“(UBB_BW).

Berücksichtigung von Konzepten in Bezug auf Inklusion 111

• Quantitative Differenzierung durch Variation innerhalb der Lerngruppe in Bezug auf die Anzahl der Aufgaben bzw. die gegebene Zeit, z. B.

„Es gibt Differenzierung nach Umfang bzw. Zeit“ (UBB_NRW).

„Für schnell arbeitende Schüler steht zusätzliches Arbeitsmaterial bereit“ (UBB_BY).

• Leistungsrückmeldung, z. B.

„EsgibtFormenderdifferenziertenLeistungsrückmeldung“(UBB_BE).

„Die Schülerinnen und Schüler erhalten differenzierte Leistungsrückmeldungen“

(UBB_HH).

• Zusatzangebote, z. B. „Die zusätzliche Förderung ist auf das bestmögliche Lernen aller Schü-lerinnen und Schüler ausgerichtet“ (ÜI_HH).

• Wahlmöglichkeiten in Bezug auf Themen und Inhalte, z. B. „Die Lehrkraft bietet Wahl-möglichkeiten oder erteilt differenzierte Arbeitsaufträge bezüglich der Themen / Inhalte“

(UBB_HE).

• Förderplan, z. B. „Förderplangespräche mit den betreffenden Eltern“ (LFB_HE).

IndenInstrumentensowieinden„MerkmalenvonguterSchule“(ÜI)werdeninallen Bundes-ländern verschiedene Aspekte der Differenzierung aufgeführt. Die Länder unterscheiden sich jedoch darin, welche und wie viele Arten der Differenzierung, z. B. bei der Leistungsrückmel-dung, bei den Aufgabenformaten usw., aufgeführt werden. Da es zwischen den Bundesländern variiert, welche Dokumente zugänglich sind und welches Format die Instrumente aufweisen, ist der Vergleich der Bundesländer über die Anzahl der Nennungen nicht aussagekräftig und wird daher nicht realisiert.

Wahrgenommene Heterogenität innerhalb der Lerngruppe: Im vorherigen Abschnitt ist deutlich geworden, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Heterogenität der Lerngruppe in der Unterrichtsgestaltung zu berücksichtigen. Hierbei ist jedoch zu beachten, wie die Lerngruppe bei der jeweiligen Differenzierungsform unterteilt wird. Daher wird im Folgenden dargestellt, aufwelcheArtundWeiseindenInstrumentendieHeterogenitätderLerngruppebeschrieben wird.SokristallisiertensichbeiderAnalysedreiFormenheraus:

a) Unterteilung der Lerngruppe in kleinere Gruppen ohne genauere Angaben, auf welcher Basis die Unterteilung stattfindet, z. B. „Es gibt ein vorbereitetes, differenziertes Unterrichts-angebot in Bezug auf Umfang und Zeit“ (UBB_NI).

b) Unterteilung der Lerngruppe auf der Grundlage einer Differenzlinie, z. B. „In meiner Schule werden leistungsstarke Schüler/innen besonders gefördert“ (LFB_BE) oder „Leistungsschwä-chere Schüler/innen erhalten in meiner Schule besondere Unterstützung“ (LFB_BE).

c) Betrachtung auf Individualebene, z. B. „Die Lehrkraft informiert sich über den individuellen Lernfortschritt“(UBB_BY)oder„EinzelneSchülerwerdengezieltgefördert“(ÜI_BLI).

In Bezug auf die erste Unterscheidungsform (siehe a) fehlt es an Informationen darüber, anhand welcher Differenzlinie(n) Unterteilungen innerhalb der Lerngruppe vorgenommen werden. Es bleibt offen, ob in diesem Fall die Schüler_innen in ihrer Individualität wahrge-nommen werden (wie bei (c) Betrachtung auf Individualebene). Es ist auch möglich, dass auf der Grundlage einer Differenzlinie zwischen zwei Gruppen unterschieden wird, z. B. leistungs-stark/leistungsschwach. Dies würde dann der zweiten Unterscheidungsform „(b) Unterteilung der Lerngruppe auf der Grundlage einer Differenzlinie“ entsprechen. Ausgehend von dem hier verwendeten Verständnis von Inklusion würde diese Form der Operationalisierung nicht

als Instrument zur Erfassung von Inklusion verstanden werden. Danach spielen bei einem Individuum stets diverse Differenzlinien in ihrer Verschränkung eine Rolle.

Es zeigt sich, dass in den einzelnen Bundesländern immer auf verschiedene Unterteilungsformen in Bezug auf die Lerngruppe zurückgegriffen werden, das heißt die oben beschriebenen Formen werden miteinander kombiniert. Demnach gibt es kein Bundesland, welches bei den Items nur auf der Individualebene oder auf der Gruppenebene differenziert. Bundesländerübergreifend zeigt sich jedoch, dass bei den meisten Items die erste Unterscheidungsform, (a) Unterteilung der Lerngruppe ohne genauere Angabe, gewählt wird, d. h. es fehlen Angaben darüber, welche Form der Unterteilung innerhalb der Lerngruppe stattfindet. Als bundesländerübergreifendes Musterzeigtsich,dassdieDifferenzierungaufindividuellerEbeneinsbesondereinBezugauf das„KennenundBerücksichtigen“desLernstandeseineRollespielt(z.B.UBB_BY;UBB_BB;

UBB_HH;UBB_ST;ÜI_BLI).

ImFallvonSchleswig-HolsteinfehltesangenauerenAngabenimUnterrichtsbeobachtungsbogen, dadieserqualitativangelegtistunddementsprechendStichwörterenthält,dieineinemoffenen Textfeldkommentiertwerdenkönnen.DasThema„UnterteilungderLerngruppe“wirdinsofern angesprochen, als es das Stichwort „Umgang mit Heterogenität“ gibt und Schulinspektor_innen dazu aufgefordert werden, offene Angaben zu diesem Aspekt zu machen. Es gibt jedoch keine Informationen darüber, welche Formen der Unterteilung innerhalb der Lerngruppe angestrebt werden sollte.

Bei der zweiten Unterscheidungsform, der Unterteilung der Lerngruppe auf der Grundla-ge einer Differenzlinie, wird stets auf die gleiche Differenzlinie zurückGrundla-gegriffen: die Leistungs-fähigkeit der Schüler_innen. Demnach spielen andere Differenzlinien bei der Unterteilung der Lerngruppe im Hinblick auf Lernprozesse keine Rolle. Bei der Beschreibung von Leistungsfä-higkeit unterscheiden sich die Bundesländer darin, welche Adjektive verwendet werden. Dies wirdhieramBeispieldesSchülerfragebogens(SFB)illustriert(→ Tab7.1).

HierbeizeigtsichalsMuster,dassüberwiegendaufdichotomeUnterscheidungen zurückgegrif-fenwird.DieFokussierungaufdichotomeKategorienistausInklusionsperspektivekritisch zubetrachten,dadamitstabileRollenzuschreibungeneinhergehen.Diesistinsbesondere pro-blematisch,wenndiesemitnegativenZuschreibungenverknüpftsind(nähereAusführung folgt).EineAusnahmestellenBrandenburg,HamburgundHessendar,dainvielenFällen keine dichotome Unterscheidung in Bezug auf Leistungsfähigkeit gewählt wird, sondern die Schüler_innen auf einem Spektrum verortet werden können, z. B. „Meine Lehrerinnen und Lehrer geben uns unterschiedlich viele Aufgaben, je nachdem, wie viel der Einzelne schafft“

(SFB_HE).

Die dritte Unterscheidungsform, die Betrachtung der Individualebene, wird im Rahmen der Schülerfragebögen beispielsweise so operationalisiert, dass die einzelnen Schüler_innen gefragt werden, inwiefern der Einzelne im Unterricht berücksichtigt wird, z. B. „Die Lehrkräfte kennen die Stärken und Schwächen der einzelnen Schülerinnen und Schüler“ (SFB_ST; siehe auch SFB_HE). Des Weiteren nutzen viele Bundesländer das Format des Schülerfragebogens, umdieSchüler_innenumSelbsteinschätzungenzubitten,z.B.„IchfühlemichinderSchule zurZeitüberfordert“(SFB_SL;sieheauchSFB_BY;SFB_BE;SFB_BB;SFB_HE;SFB_ST;SFB_SH).

DiesesFormatermöglichtes,SelbsteinschätzungenaufindividuellerEbenezuerfassenundgibt somitersteHinweiseinBezugaufdasZiel„individuellbestmöglicheQualifizierung“.Indiesem Zusammenhangistjedochzuberücksichtigen,wiedieWertevonSeitenderSchulinspektion indenBerichtendargestelltwerden.BeispielsweisegibtesimFallvonBrandenburg(IB_BB;in Bezug auf Darstellung siehe auch IB_BE; IB_ST) das Item „Wenn ich zusätzliche Hilfe brauche,

Berücksichtigung von Konzepten in Bezug auf Inklusion 113

bekommeichsievonmeinerLehrerinodermeinemLehrer“.DieSchüler_innentreffenAussagen auf einer Skala von 1 („stimme nicht zu“) bis 4 („stimme voll und ganz zu“). Bei der Auswertung im betrachteten Inspektionsbericht von Brandenburg (IB_BB) wurde der Durchschnitt errechnet.

Es fehlen jedoch Aussagen zur Verteilung der Werte. So kann es sein, dass eine niedrige Standardabweichung besteht und alle Schüler_innen ähnliche Werte vergeben haben. Es besteht theoretisch auch die Möglichkeit, dass ein geringer Teil der gesamten Schülerschaft den Wert

„1“ angegeben hat. Durch die Angabe des Durchschnittswerts fehlt die Information, ob dies der Fall ist und wenn ja, wie viele Schüler_innen niedrige Werte angegeben haben. Dies ist aus Inklusionsperspektive problematisch, denn es geht darum, dass alle Schüler_innen individuell bestmöglich gefördert werden und somit auch die Situation von Schüler_innen, die innerhalb einerLerngruppezahlenmäßiggeringvertretensind.Sokannesbeispielsweisesein,dasseine bestimmteGruppevonSchüler_innen,z.B.diejenigenmitsonderpädagogischemFörderbedarf, imSchülerfragebogenEinschätzungendarüberabgibt,dasssienichtbestmöglichunterstützt wird. DadieseGruppejedochimVergleich zuSchüler_innenohnesonderpädagogischen FörderbedarfinnerhalbderLerngruppeinderUnterzahlist,würdeihreSituation,fallsdiese abweichendvomDurchschnittist,nichtsichtbarwerden.DemnachbietetdasInstrument zwar das Potenzial, Aussagen darüber zu treffen, inwiefern alle Schüler_innen bestmöglich qualifiziert werden. Indem jedoch bei der Darstellung der Ergebnisse bestimmte Attribute der Schüler_innen, z. B. Geschlecht oder sonderpädagogischer Förderbedarf, nicht mit dem Antwortverhalten verknüpft werden und die Verteilung der Antworten nicht dargestellt wird, lassen sich nur begrenzt Aussagen darüber treffen, inwiefern alle Schüler_innen bestmöglich qualifiziert werden.

„leistungsstärkeren/-schwächeren“ (SFB_BB); schwächeren Schülerinnen (SFB_ST)

Langsamoder Lernschwierigkei-ten/schnell

fürlangsamere/schnellereSchüler_innen(SFB_SL);

„dieLernschwierigkeitenhabenundoderandiejenigen,die schnellervorankommen“(SFB_HH);

„wenn man besonders gut und schnell lernt“ (SFB_HH);

„SuS, die Lernschwierigkeiten haben und/oder SuS, die schneller vorankommen“ (SFB_SH).

Gut/schwer fallen

„besondersguteSchülerinnenundSchüler“(SFB_HE);„Wenn Kinderetwasbesondersgutkönnen“(SFB_BE);

„denendasLernenschwerfällt“(SFB_HE);

„WennKindernimUnterrichtetwasschwererfällt“(SFB_BE);

Keine dichotome Leistungsunterschei-dung

„je nach unserem Können“ (SFB_BB); „Gruppen (…), die nach unserenFähigkeiteneingeteiltsind“(SFB_HH);„Meine LehrerinnenundLehrergebenunsunterschiedlichviele Aufgaben,jenachdemwievielederEinzelneschafft“(SFB_HE)

Beim Elternfragebogen zeigen sich im Vergleich zum Schülerfragebogen

ähnliche Formen der Operationalisierung und damit einhergehende Implikationen. So wird beispielsweise die Individualebene hier folgendermaßen abgefragt: „Ich habe den Eindruck, dass mein Kind im Unterricht angemessen gefördert wird“ (EFB_BB).

Eine ausführlichere Aufschlüsselung der Daten zeigt sich im betrachteten Inspektionsbericht aus Schleswig-Holstein (IB_SH). Beim Indikator „Meine Lehrerin/ mein Lehrer sagt mir, was ich tun kann, um mich zu verbessern“ werden die einzelnen Werte aufgeführt. Im Fall der Beispielschule gaben 27 Prozent an „in fast keiner Stunde“; 45,4 Prozent „in einigen Stunden“;

17,6 Prozent „in den meisten Stunden“ und 6,3 Prozent der Schüler_innen gaben an, dass sie „in jeder Stunde“ individuelle Rückmeldung darüber erhalten, wie sie sich verbessern können.DurchdieseAufschlüsselungderDatenwerdensomitInformationenzugänglich,wie dieWerteinnerhalbderSchülerschaftverteiltsind.EsgibtjedochauchindiesemFallkeine Informationendarüber,obmöglicheErklärungenfürdieunterschiedlichenWertedarinliegen, dasssystematischbestimmteSchülergruppennichtausreichendgefördertwerden.

Zusammenfassendlässtsichbeobachten,dassindemDokumententyp„Merkmalevon gu-terSchule“(ÜI)sowieimUBB derAspektheterogeneLerngruppehäufigangesprochenwird, aber nähere Angaben dazu fehlen, wie die Lerngruppe unterteilt bzw. betrachtet werden soll.

Ausgehend von dem in dieser Arbeit verwendeten Verständnis von Inklusion würden die-se Instrumente nicht als „inklusionsorientiert“ verstanden werden, wenn sie sich stets auf gleichbleibende dichotome Unterscheidungen beziehen, z. B. Schüler_innen mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. Darüber hinaus bieten die Eltern- und Schülerfragebögen die Möglichkeit, Einschätzungen auf Individualebene zu erfassen. Hierbei ist zu berücksichtigen, wie die Abfragen im nächsten Schritt für die Rezipienten der Daten aufbereitet werden. Wenn nur Durchschnittswerte dargestellt werden, kann es sein, dass die spezifische Situation von bestimmten Schülergruppen durch die Datendarstellung nicht sichtbar wird.

Formen der Outputmessung: Das hier verwendete Verständnis von Inklusion (→ Kapitel 2) grenzt sich von der Annahme ab, dass es eine „normale“ Lernkurve gibt. Solche Vorstellungen spiegeln sich in schulübergreifenden Lernstandserhebungen wie den Vergleichsarbeiten wider.

Wie bereits dargestellt in Abschnitt 2, können solche Operationalisierungen aus Inklusions-perspektiveproblematischwerden.Sosteht stattdessenimFokus, inwieferndieeinzelnen Schüler_innenindividuellbestmöglicheLernfortschrittegemachthaben.DieserAspektkann durchQuerschnittsmessungennichtabgebildetwerden.

IndiesemZusammenhangstelltsichdieFrage,inwelcherWeisedieErgebnissevon Lernstands-erhebungenbeidenSchulinspektioneneineRollespielen.JenerAspektwirdsowohlinden

„MerkmalenvonguterSchule“sowieim„Lehrerfragebogen“thematisiert.

Ergebnisse der Lernstandserhebungen als Indikator für Schulqualität: In einzelnen Bundeslän-dern stellen die Ergebnisse von schulübergreifenden Lernstandserhebungen einen möglichen Output dar, um die Qualität von Schule zu messen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese Daten in vielen Fällen von Seiten der Schulinspektionen nicht bewertet werden (ÜI_BY;

ÜI_BB; IB_HH; ÜI_NRW; ÜI_ST), d. h. die Ergebnisse werden im Bericht abgebildet, aber es findet keine Einschätzung von Seiten der Schulinspektionen statt, wie diese Ergebnisse zu bewerten sind.

Umgang der Schule mit den Werten: In vielen Bundesländern geht es nicht um die Frage, wie SchulenindenVergleichsarbeitenabschneiden,sonderneherumdieFrage,wiesiedamit umgehen,z.B.durchfolgendeIndikatoren„Lernstandserhebungenundggf.weitere

stan-Berücksichtigung von Konzepten in Bezug auf Inklusion 115

dardisierte Schulleitungstests werden systematisch ausgewertet“ (ÜI_BW; siehe auch ÜI_BE;

ÜI_NI; ÜI_NRW; LFB_BY; LFB_HE; LFB_SL; ÜI_HH). Nach dieser Form der Operationalisie-rung kennzeichnet eine gute Schule demnach nicht, dass die Schüler_innen im Querschnitt möglichst hohe Kompetenzwerte erzielen, sondern dass die Schule die Ergebnisse nutzt, um ihr eigenes Handeln zu reflektieren. Dahinter steht ein Verständnis von guter Schule, wonach sich die Schule als lernende Organisation versteht. Demnach verlieren die tatsächlichen Ergebnisse der jeweiligen Schule in den Lernstandserhebungen an Relevanz. Diese Form der Thematisierung impliziert, dass die Ergebnisse von Lernstandserhebungen zwar nicht von Seiten der Schulinspektionen, aber von Seiten der Schulen dazu genutzt werden können, um AussagenüberSchulqualitätzutreffen.

Zusammenfassend lässt sich beobachten, dass in allen Bundesländern, in denen entweder die

„Merkmale von guter Schule“ oder der Lehrerfragebogen zugänglich waren, Lernstandserhe-bungen thematisiert wurden. Jedoch unterscheiden sich die Bundesländer darin, wie sie diese berücksichtigen, z. B. werden die Ergebnisse häufig von Seiten der Bundesländer nicht bewertet bzw. sollen die Daten von Seiten der Schule für interne Schulentwicklungsmaßnahmen genutzt werden. Ausgehend von dem hier verwendeten Verständnis von Inklusion sind Daten aus Lernstandserhebungen nicht weiterführend und verfügen über das Potenzial, Schulen in Bezug auf die Aufnahme von Schüler_innen falsche Signale zu setzen.

IndiesemZusammenhangstelltsichdieFrage,wieindividuellbestmöglicheQualifizierung allerSchüler_innenalseinZielvonInklusionoperationalisiertwerdenkönnte.Ein mögli-chesVorgehenistdieBefragungvonSchüler_innen,obdiesedenEindruckhaben,dasssie ausreichendgefordertwerden(Bayern,Baden-Württemberg,Schleswig-Holstein).Sowird beispielsweiseimSchülerfragebogenvonBayernabgefragt:„Eskommtmanchmalvor,dassich aufanderewartenmuss,wennichmitmeinerAufgabefertigbin“(SFB_BY;auchÜI_BW).Im Fall von Sachsen-Anhalt wird dieser Aspekt durch negativ formulierte Items abgefragt: „Der Unterricht ist so schwer, dass ich nicht mitkomme“ (SFB_ST) sowie „Ich fühle mich in der Schule überfordert“ (SFB_ST; siehe auch SFB_SL). In diesem Zusammenhang tritt erneut die Frage auf, wie die Ergebnisse dieser Werte dargestellt werden. So gibt es beispielsweise im Fall von Baden-Württemberg (IB_BW) – wie oben bereits in Bezug auf Brandenburg thematisiert – keine Aufschlüsselung darüber, welche Werte die einzelnen Schüler_innen angegeben haben, sondern nur den Durchschnittswert. Des Weiteren zeigt sich als Muster, dass der Grad an wahrgenommener Überforderung abgefragt wird und es sich nicht um eine Einschätzung der Schüler_innen darüber handelt, inwiefern sie als Individuen bestmöglich gefördert werden.